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Pflanzenwelt => Obst-Forum => Thema gestartet von: frida am 20. Februar 2006, 20:59:18

Titel: Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: frida am 20. Februar 2006, 20:59:18
Hallo miteinander, kann jemand von Euch anhand der Bilder sicher sagen, ob der Apfelbaum Krebs hat? Ich habe diese Stellen (und er hat leider mehrere ähnlich aUsehende, wenn auch meist kleiner) entdeckt, als ich ihn schneiden wollte. Ich fürchte auch, daß es zu viele Stellen sind, um es herauszuschneiden. Der Baum ist zwischen 10-15 Jahre alt, ein Holsteinischer Cox, sehr fruchtbar und nicht perfekt, aber schön gewachsen. Was meint Ihr?
Traurige Grüße von frida





Apfelbaum mit Krankheit




Apfelbaum mit Krankheit (2)




Apfelbaum mit Krankheit (3)




Apfelbaum mit Krankheit (4)


Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 21. Februar 2006, 09:56:18
Das sieht nach Bakterienbrand aus. Meines Wissens nicht heilbar.
Mein Apfelbaum bekam schon kurz nach der Pflanzung 1995 Bakterienbrand. Ich habe das damals vom Landesamt für Pflanzenschutz untersuchen lassen. Die Diagnose lautete "Pseudomonas syringae".

Zuerst befürchtete ich, der Baum würde abgehen, also habe ich nur noch einmal im Sommer den schlimmsten Befall herausgeschnitten (was einer Enthauptung gleichkam) und danach sämtliche Schnittmaßnahmen eingestellt. Stattdessen habe ich ihn mit einer verbesserten Baumscheibe gepäppelt und regelmäßig die offenen Wunden gereinigt, damit sich dort keine Feuchtigkeit stauen konnte. Trotzdem ist er im Bereich der offenen Wunden bis ins Kernholz geschädigt (schwarzer Pilzbelag).
 
Der Baum hat sich seitdem tatsächlich erholt. Er sieht zwar völlig bescheuert aus, hat aber an Stammwachstum zugelegt und neue, gesunde Äste gebildet. Außerdem hat er einige der schlimmsten offenen Wunden inzwischen fast komplett überwallt. Was mich besonders freut ist, daß keine neuen Wunden entstanden sind.
In diesem Sommer werde ich noch zwei kleine der älteren Äste herausschneiden, die sich nicht erholt haben. Ansonsten wird an dem Baum nur noch sehr zurückhaltend, und auch nur noch im Sommer geschnitten werden.
Eine der Hauptursachen für Bakterienbrand liegt meiner Ansicht nach im Herbst- oder Winterschnitt.



Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 22. Februar 2006, 18:35:45
Ich habe solche Schadbilder gelegentlich auch schon gesehen und irgendwo zwischen frühem (untypischen) Krebs und unbekannter Infektion eingeordnet.
Schön, das Biobella das etwas erhellen konnte.
Kragenfäule (Phytophthora cactorum) ausgeschlossen? Kann ich nicht beurteilen, da noch nie gesichert in natura gesehen.

Ich kenne den Infektionsgang bei P. syringae nicht. Vermutlich aber auch durch kleinste Rindenrisse-/verletzungen etc. Evtl. auch über die Blüten und Blattnarben?
Das alles auszuschließen, wäre unmöglich.
Wichtiger scheint mir, wie bei den anderen Hauptkrankheiten auch,
die Sortenwahl und die zur Sorte/Art passenden Boden- und Klimaverhältnisse.
So gut Holsteiner Cox auch schmeckt. Er ist und bleibt in den meisten Fällen eben ein Kränkling.
Damit wird auch nichts hundertprozentig verhindert, die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung kann aber deutlich verringert werden.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: ellison am 23. Februar 2006, 05:27:03
.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 23. Februar 2006, 18:35:19
@ellison,
Danke für die Info.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: frida am 24. Februar 2006, 09:34:58
Danke erstmal für Eure Antworten. Werde am Wochenende das Messer wetzen und hoffe, daß der Baum mittelfristig noch zu retten ist und nicht so viele neue Stellen aufbrechen. Vielleicht stelle ich nochmal ein Foto von der OP rein.
Gruß von frida
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 24. Februar 2006, 10:21:52


Nicht bei Frost schneiden!!!

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: frida am 27. Februar 2006, 22:37:16
Habe am WE mit den Operationen begonnen. Kein Frost übrigens, gerade ein wenig drüber.

Ellison hat Recht, zwei der Schadenstellen waren von Räupchen bewohnt, die auch viele Eier abgelegt hatten. Da der Schaden insgesamt recht tief ist, haben wir die OP abgebrochen und müssen erst noch einen Beitel besorgen. Ich berichte dann mehr und mit Fotos sobald wir weitermachen, vermutlich am nächsten WE.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: kupu malam am 28. Februar 2006, 14:38:49
Nicht bei Frost schneiden!!!

Hallo Biobella,

im Zusammenhang mit dem Bakterienbrand empfiehlst Du obiges. Leuchtet mir auf den ersten Blick nicht unbedingt ein, da diese um diese Zeit nicht aktiv sind, Befall also schwierig, so meine Theorie.
Andererseits benötigen diese Bakterien zwecks Befall lebendige Zellen, müßten also dann im Frühjahr sich durch die Schicht abgestorbenes Holz durcharbeiten.
Vermutlich gibt es also andere Gründe bzw. Erfahrungen die Dich zu Deiner Empfehlung bewegen?
Wenn ich Dich richtig verstehe meinst Du generell keinen Winterschnitt.
Oder nur bei Temperaturen zwischen 0 und minus 7?
Darunter ist es schon wegen des dann leicht splitternden Holzes nicht sinnvoll.


@frida
Die blassen Larven legen keine Eier, das tun erst die ausgeschlüpften Falter, wobei z.B. der Apfelglasflügler (Synanthedon myopaeformis), genauer seine Larven ohne weitere Krankheiten krebsartige Wucherungen erzeugen, schon geschwächte Stellen werden allerdings zur Ablage der Eier vermutlich bevorzugt. Auch sind die befallenen Stellen für Pilz- und Bakterienbefall empfänglicher.

Grüße
kupumalam
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 28. Februar 2006, 19:21:13

Zitat
Wenn ich Dich richtig verstehe meinst Du generell keinen Winterschnitt.

Genau das habe ich gemeint.
Man hat zwar im Winter einen klareren Blick auf das Astgerüst, aber die Wunden trocknen im Sommer einfach schneller ab und der Baum kann sie besser überwallen. Das geht natürlich nicht im Winter.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Amur am 01. März 2006, 12:53:58
Wenn ich unseren Holsteiner Kox ansehe, dann kann ich Zuccalmaglio nur recht geben.
Sinnlos da mit Ausschneiden was retten zu wollen. Allein seine Wuchskraft macht es möglich, extrem befallene Äste immer wieder ganz zu amputieren und neue zu ziehen.
An Kronenerziehung ist dabei nicht zu denken. Man versucht eigentlich immer nur Äste zu ersetzen welche die nächsten Jahre absterben. JEder Schnitt ist ein weit offenes Tor für Krebserkrankungen. Aber ohne ist gehts bei dem starken Wuchs halt auch nicht.

mfg
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Johannes Boysen am 01. März 2006, 15:35:22
Hallo,
es macht alles Sinn, Sommer oder Winterschnitt - aber nie zuviel. Ich schneide bei einer Kundin seit jetzt 4 Jahren einen Holsteiner Cox. Zuerst wollte ich den Baum ganz absägen - weil voller Krebs. Da der Stamm aber noch nicht befallen war, habe ich die Krone stark zurückgeschnitten - Ende Februar. Dann im folgenden Sommer die meisten Jungtriebe rausgenommen, so das es wieder etwas nach Krone aussieht. Und jetzt - nach 4 Jahren - es waren nur 2 Triebe mit kleinen Krebsstellen befallen.
Jetzt kommts - die Kundin hat jedesmal bei mir angerufen und einen genauen Termin abgemacht, wann geschnitten werden sollte - nach dem Mondkallender!! Bisher habe ich nicht daran geglaubt - aber der Erfolg ist zu sehen - ein gesunder Holsteiner Cox.


Johannes
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 01. März 2006, 21:16:24

Hier kommen jetzt mal ein paar Fotos von meinem oben beschriebenen Apfelbaum.

Die ersten Wunden entstanden am Stamm.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 01. März 2006, 21:17:29

Hier weitere Wunden am Stamm, weiter oben.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 01. März 2006, 21:18:29


Man erkennt deutlich den schwarzen Pilzbelag auf dem Kernholz, aber auch, daß der Baum die Wunde schon stark überwallt hat.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 01. März 2006, 21:19:40


Manche Äste sind rundum geschädigt, die werde ich demnächst ganz herausnehmen.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 01. März 2006, 21:20:45

Diese Wunde befand sich auf der Unterseite des Astes, sie scheint tatsächlich zu verheilen.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 02. März 2006, 09:59:48
@biobella,
wie schon gesagt, habe ich mit P.syringae-Infektionen keine Erfahrungen.
Überwallen gut und schön. Aber wieso hast du den schwarzen bakteriellen Befall nicht rausgeschnitten? Ob das jetzt so gut ist??
Der Krebsbefall auf den beiden letzten Bildern ist aber heftig.
Ich kann dir nur raten, so etwas schon in einem früheren Stadium zu
entfernen, damit die Äste später nicht immer wieder vollständig entfernt werden müssen.
Mich würde interessieren, um welche Sorte es sich handelt, auf welcher Unterlage der Baum veredelt ist und in welchem Boden er steht (gut wasserführend oder eher nicht?)
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 02. März 2006, 17:28:49

Zitat
Aber wieso hast du den schwarzen bakteriellen Befall nicht rausgeschnitten? Ob das jetzt so gut ist??

Der schwarze Befall tritt immer nur in den feuchten Wintermonaten als dünner Belag auf dem Kernholz auf. Im Sommer und bei Trockenheit ist er nicht zu sehen. Die Befallfläche wird jedes Jahr kleiner.
Deshalb habe ich entschieden, nicht im Kernholz herumzumetzeln, sondern auf weitere Besserung zu hoffen. Bislang hat mir die Zeit recht gegeben.

Zitat
Der Krebsbefall auf den beiden letzten Bildern ist aber heftig. Ich kann dir nur raten, so etwas schon in einem früheren Stadium zu entfernen, damit die Äste später nicht immer wieder vollständig entfernt werden müssen.
Du wirst mir zustimmen, daß Ferndiagnosen auf Grund weniger Fotos immer ein bißchen schwierig sind... 8)
Die ersten Krebsstellen entstanden an Verletzungen im Stammbereich. Typisch ist, daß die Wunden auf der sonnig-windigen Südwestseite schnell und gut verheilten, während sich auf der Nordostseite Krebs bildete.
Ich habe nach der ersten Diagnose alle stark befallenen Äste oberhalb der Veredelungsstelle herausgenommen, also im Prinzip den gesamten Leittrieb mit damals schon 10 cm Durchmesser. Das kam einer Enthauptung gleich. Ein Schnitt im Stammbereich wäre Unsinn gewesen, dann hätte ich den Baum auch gleich roden können.
Im Grunde habe ich damals damit gerechnet, daß der Baum abgängig ist. Zu meiner Freude trieb er aber neu stark aus, legte an Stammumfang zu und hat auch die nachträglich entstehenden Krebsstellen größtenteils selbst wieder geschlossen. Die an der Schnittstelle des Leittriebs neu entstandenen Äste sind kräftig und gesund. Die Kronenform ist natürlich hinüber, das Ding sieht aus wie eine Kopfweide...

Was das vorletzte Foto angeht, kann ich nur sagen, dazu gibt es keine "früheres Stadium". Die Wunden entstehen und entwickeln sich sehr schnell. Jeder Schnitt, jede Verletzung birgt ein neues Risiko. Ansonsten siehe Bildkommentare.

Zitat
Mich würde interessieren, um welche Sorte es sich handelt, auf welcher Unterlage der Baum veredelt ist und in welchem Boden er steht (gut wasserführend oder eher nicht?)

Alkmene, Halbstamm, Unterlage unbekannt, mit Humus und Sand angereicherter, dauerfeuchter Lehmboden, gute Drainage, gepflegte Baumscheibe, sonniger, geschützter Stand, fürsorgliche Gärtnerin.

Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 02. März 2006, 20:24:26
Ja Biobella,

fürsorgliche Gärtner und Gärtnerinnen brauchen die Pflanzen.

Stimmt, Ferndiagnosen, auch mit Bild, sind grundsätzlich problematisch.

Was das frühere Erkennen von Krebsstellen angeht, kann ich dir aber nicht folgen. Ich meine schon, das man das weit früher erkennen kann
als in dem Zustand auf dem vorletzten Bild.

Ansonsten ist ja Alkmene eine wirklich gut schmeckende Herbstsorte.
Insoweit kann ich verstehen, das du ihn unbedingt trotz aller Malaisen behalten willst.
Ich kenne bisher nur einen Buschbaum auf schwacher Unterlage. Der hat auch mit Krebs zu kämpfen, allerdings nur mäßig. Was darin begründet sein könnte, das dort der Boden extrem wasserdurchlässig ist.
Nach der Literatur gilt die Sorte als krebsanfällig.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 02. März 2006, 22:44:23

Das Problem bei durch Pseudomonas syringae entstandenen Krebs ist wohl, daß der Erreger im ganzen Baum vorhanden ist. Deshalb macht es eigentlich für das Krankheitsbild keinen großen Unterschied, ob du so einen Krebsast nun abschneidest oder noch dran läßt und auf Heilung durch Überwallung hoffst.
Der Wert des Schnitts besteht meiner Ansicht eher darin, daß du gesunde Äste förderst, indem du die geschwächten herausnimmst. Der Nachteil besteht in immer neuen Schnittwunden, und die werden manchmal halt nicht kleiner, sondern größer, und zwar rapide. Dann stehst du da und schneidest und schneidest, und der Baum wird trotzdem nicht mehr gesünder. Geschweige denn größer.




Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 03. März 2006, 08:21:08
@ biobella,
nur noch einmal zur Klarstellung. Die Erkrankungen Bakterienbrand (Pseudomonas) und Obstbaumkrebs (Nectria (Pilz)) sind zwei Verschiedene.
Bei deinen beiden letzten Bildern hatte ich aufgrund des optischen Eindruckes die Vermutung von Krebs (Nectria).
Wir sollten uns um korrekte Bezeichnungen bemühen. Sonst entsteht zuviel Verwirrung.

Wenn P. syringae im gesamten Holz persistiert, scheint mir die fortwährende Aus- und Wegschneiderei aber ziemlich müßig.
Für den Fall hätte ich lieber ein Ende mit Schrecken (plus Neupflanzung ) als ein Schrecken ohne Ende. Auch wenn es bei den meisten Pflanzen wehtut.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Biobella am 03. März 2006, 10:52:19


Nicht jedes Krebsgeschwulst wird durch Nectaria verursacht. Auch Pseudomonas syringae kann Gewebewucherungen verursachen.
Das eingeschickte Material von meinem Apfelbaum wurde mit Pseudomonas syringae diagnostiziert.
Kann natürlich sein, daß sich in zwischen Nectaria dazu gesellt hat.
Solange der Baum sich bemüht, wächst und eßbare Äpfel produziert, bleibt er.




Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: Zuccalmaglio am 04. März 2006, 14:16:42
Die Diagnose hatte ich nicht in Zweifel gezogen. Das schließt nicht aus, das Krebs (Nectria) zusätzlich an anderen Stellen am Baum auftritt.
Titel: Re:Hat der Apfelbaum Krebs?
Beitrag von: frida am 22. Mai 2006, 21:51:32
Ich hatte Euch seinerzeit Fotos von der Operation meines krebsbefallenen Cox versprochen. Die OP hat schon vor einigen Wochen stattgefunden und wir haben tatsächlich neben dem Krebs auch einen Befall mit den Glasflüglermotten festgestellt. In einigen Krebsstellen saßen Raupen, in anderen fanden wir Eier. Hier nun ein Foto von einer operierten Stelle. Wir haben ausgebeilt, bis nichts dunkles mehr zu sehen war. Danach sind die Wunden mit Lac Balsam verschlossen worden.



Krebsoperation am Holsteinischen Cox