Wir besuchten dann noch Anemospili, einen minoischen Tempel an der Nordspitze des Jouchtas. Dort hat vor einigen Jahren der Archäologe Jannis Sakellarakis ausgegraben. Er fand die Überreste des um 1700 v. Chr. eingestürzten Tempels mit drei Räumen, die durch einen Gang verbunden waren. Zwischen den Mauern fand er zerbrochene Kultgegenstände, die Füße einer größeren Skulptur ... und drei Skelette. Im Gang vor dem mittleren Raum, in dem die Füße der Skulptur gefunden wurden, lag ein Skelett mit einem zerbrochenen Gefäß, an dessen Resten sich Hinweise auf Blut haben nachweisen lassen. Im rechten Raum lag ein weiteres Skelett auf dem Boden, aufgrund aufwendigen Schmuckes als Priester interpretiert. Und in demselben Raum lag auf dem Altar das Skelett eines jungen Mannes, in dessen Brustkorb ein langer Dolch steckte.
Die Interpretation von Sakellarakis: Als das heftige Erdbeben einsetzte, das um 1700 v. Chr. alle alten Paläste des minoischen Kreta zerstörte, versuchte der Priester hier, die zürnende Erdgottheit zu besänftigen, indem er einen Menschen opferte ... dessen aufgefangenes Blut in den Raum mit dem Götterbild gebracht werden sollte, das sich im mittleren Raum befand. - Aber es hat nichts genützt, der Tempel stürzte ein, und bewahrte so die Szene von vor rund 3.700 Jahren, bis Sakellarakis sie aufdeckte.
Aus urheberrechtlichen Gründen kann ich leider keines der Fotos posten, die ich im kleinen Museum von Archanes von den Funden und den zugehörigen Skizzen gemacht habe. Googelt bei Interesse mal Anemospilia, und schaut euch die Bilder an. Man findet dort u.a. eine Rekonstruktionszeichnung des mutmaßlichen Geschehens.
Wir traten neben der Absperrung rund um die Tempelruinen beinahe auf Ophrys iridocolor ...
Wir nahmen in einer sehr netten, stilvollen alten Taverne in Archanes noch einen kleinen Imbiss ein und fuhren zurück nach Iraklion.