Ich habe mich vor einigen Monaten gefragt, ob man Kirschlorbeerlaub zum Mulchen oder als Winterschutz verwenden sollte. War da nicht was mit giftig?
Ich fand den Nabu-Bremen-Artikel "Eine Betonmauer ist für die Natur wertvoller - Der NABU warnt vor Kirschlorbeer" und der hat mich doch ziemlich geschockt: "Wer Kirschlorbeerhecken pflanzt, begeht ein Verbrechen an der Natur." Meine Vermieter, die vor 20 Jahren hier sehr begeistert Kirschlorbeer pflanzten, sind heute also Verbrecher! Ganz unten wird noch abfällig von "religiös anmutenden Verteidigungen der Pflanze" und "Lieschen Müllers Logik" gesprochen. War also noch ziemlich harmlos, der Verfassungsschutz kam nicht ins Spiel.
Ehrlich gesagt, macht mir dieser neue Fanatismus Angst und ja, er widert mich an und ich lehne schon die Infos ab, weil die Form so abstoßend und konfrontativ ist. Sachliche Infos und Diskussionen wären mir lieber. Das ist aber völlig out in den jungen Social-Media-geschulten Köpfen, die nun leider in sämtliche Medien vorgerückt sind. Hier lese ich bei euch Gärtnern, der Kirschlorbeer ist gar nicht die absolute Pflanze des Todes ... Es gibt also durchaus verschiedene, vertretbare Meinungen darüber, ohne ein Verbrecher zu sein. Bin erleichtert.
Wenn ich Geld für einen eigenen Garten ausgebe, würde ich mir möglichst große Freiheit bei der Gestaltung wünschen. Wenn ich dann meinen Garten zuschottern will, möchte ich das tun, ohne von NGOs und anderen Parteianhängern geächtet, in irgendeiner Weise bedroht und angefeindet zu werden. Bin überhaupt ein sehr freiheitsliebender Mensch und mag keine Verbote und Gebote, erst recht nicht religiöser oder ideologischer Art. Genügen die zahlreichen, gängelnden Vorschriften der Gemeinden nicht? Soweit ich mal las, kann man nicht mal einfach einen Jägerzaun hinstellen, denn es muss ja alles ins Gesamtbild des Wohngebiets passen. Es ist vorgeschrieben, welche Bäume man in welchem Abstand zum Zaun pflanzen darf, usw. Mal abgesehen vom Gemäkel der Nachbarn wegen Schatten, Laub, Überwuchs, Samen, Kompostgeruch. No, bitte keine neuen Vorschriften!
Der ganze aggressive Hyperaktivismus scheint auch nur ein Ersatz- und Ausweichschlachtfeld zu sein, weil Natur und Umwelt jahrzehntelang rücksichtslos ausgebeutet wurden und nun meint man durch möglichst große, radikale Eingriffe in die individuelle Freiheit schnell wieder etwas etwas gut machen zu können.
Gleichzeitig sehe ich hier auf dem Land so viel gravierendere Naturverschandelungen auf öffentlichen Flächen oder auf den völlig heckenfreien Monokulturen der Großbauern. Wenn die Pestizide dort großflächig versprüht werden, muss man als Spaziergänger flüchten. Ich sehe seit Jahren kaum noch Schmetterlinge. Könnte einen Zusammenhang geben ... Wegen der Hochwassergefahr (Klima!) wurden gerade 500 m Deichbewuchs abgerodet, um ihn zu erhöhen. Da gab es Eisvögel und wunderbare alte Bäume und Sträucher. Alles weg. Die Bäume, die vor 20 Jahren als Ausgleich für neue Straßen angepflanzt wurden, sind jetzt auch verschwunden. Da war nicht mal Deich. Gibt es dafür wieder eine Ausgleichspflanzung irgendwo? Ist mir noch nicht aufgefallen. Die Autobahn hat mehr Spuren und einen Parkstreifen für LKWs bekommen. Was an den Böschungen wuchs, ist auch weg. Am Fluss wurden Büsche und Bäume gerodet, die seit Jahrzehnten dort wuchsen. Scheint eine landschaftspflegerische Maßnahme zu sein so wie das furchtbare "auf den Stock setzen" alle paar Jahre in den Gemeindeanlagen und Schulen.
Mich schmerzt es auch immer, wenn unser Gartenservice am Mietshaus diesen vernichtenden, hässlichen Hausmeisterschnitt anbringt und die gerade herausgewachsenen Tulpen wie Unkraut abmäht. Da wird nur auf flächiges Immergrün und Pflegeleicht gesetzt. Geht ja auch schneller für das gleiche Geld und ausgebildete Gärtner sind da ohnehin nicht unterwegs. Kann man nicht den Hausmeisterschnitt verbieten? Wie kann man aus einem herrlichen 3 m hohen Haselnussstrauch so ein trauriges, eckiges Ding von 1 m Höhe machen? Im Gemeindepark wurden alte Beete entfernt und mit Rasen eingesät. Macht weniger Arbeit. Andere Beete werden grundsätzlich mit dem Rasenmäher "gepflegt", egal was da wächst: im Mai wird alles geköpft. Die abgeblühten Narzissen werden sofort abgemäht und blühen dann nicht mehr.
Ich bin sicher, eure Gärten werden unsere Umwelt *nicht* vernichten, ob da nun einheimische Pflanzen wachsen oder nicht.
(Sorry für die lange Tirade, aber ich bin echt traurig.)