Wo genau befindet sich das Kambium ? (Gelesen 836 mal)

[thuja thujon]

Müsste man nicht, weil das Reis ja auch Kambium mitbringt.

Wenn das Kambium am Holz kleben bleiben würde, würde bei größeren Wunden das Holz ja überwallen. Tuts aber nicht. Es liegt frei.

[cat1]

Jaaa, das Kambium, wo ist es denn ?

Bei uns gibt's mehrere Möglichkeiten, bei euch wahrscheinlich auch, ob die praktiziert werden? Mein Deutsch ist leider unzureichend, aber: Crown Grafting, Four Flap, Notch, Inlay, Cleft - vermutlich die gängigste Methode in Deutschland.

Die Bezeichnung Veredeln finde ich übrigens äußerst abwertend, deswegen verwende ich sie nicht. Wer entscheidet, ob die Unterlage nur unterirdisch leben darf und irgendetwas darauf tanzen kann? Ja, gar parasitieren darf! Die darauf parasitierende Existenz ist folgendermaßen "edel", alles darunter - ist "unter", oder wie

Ich veredle sehr ungerne, ich ziehe meine Pflanzen wurzelecht...ich weiß, stark OT, mit Obstbäumen kaum machbar

[555Nase]

Nun, die Fronten sind verhärtet.
Hier http://www.mein-garten-ratgeber.de/vere ... ation.html steht geschrieben:
"Das zwischen der Rinde und dem Holz sitzende Kambium..., denn das Auge wird direkt unter die Rinde auf das Kambium bzw. das Holz mit Kambiumschicht aufgesetzt."
Also, ob das Kambium nun beim Lösen getrennt wird und an beiden Seiten klebt, ist hier unklar aber der Rest besagt, daß Kambium sich auf dem Holz befindet.

[ringelnatz]

ich hab mal ein bisschen gegoogelt.
Aus dem Kambium gehen sowohl Xylem/Holz als auch Rinde hervor. Es ist sowie ich es verstehe eine relativ lockere Zellschicht mit hoher Teilungsrate.
Sofern also die Kambiumzellen nicht stärker miteinander verbunden sind, würde ich es für nachvollziehbar halten, wenn beim Rindelösen Kambium an beiden Seiten verbleibt.
Frage, die für mich ungeklärt bleibt, ist wo der Unterschied auf zellulärer Ebene zwischen Lösen und Nicht-Lösen der Rinde besteht. Sofern es stimmt, dass das Kambium im Frühjahr zellteilungsaktiv wird, macht die Erklärung von Bergischer Apfel Sinn. Wobei ich denke, dass dies doch v.a. beim Wachstum des Umfangs passiert. Im Frühjahr findet ja eher Längenwachstum statt, oder?

[partisanengärtner]

Ich bin immer davon ausgegangen das das Kambium auf dem Holz und auf der Rindenseite verbleibt. Wie sollte es auch sonst neue Holzschichten erzeugen ohne das dabei die Verbindung geschwächt wird.
Weil es ja sehr empfindlich gegen Austrocknung ist stirbt es auf der Holzseite auch ab, wenn größere Wunden auftreten.
Wenn man Chippt. ist man nicht auf die kurzen Zeiten angewiesen wo sich die Rinde lösen lässt und kann auch einzelne Augen einsetzen.
Das geht eigentlich fast das ganze Jahr solange man Augen findet. Es trocknet auch nicht so leicht aus wie Reiser und ist auch kaum durch Vögel oder andere Störfaktoren gefährdet.
Für die Rettung einer Sorte die durch ein Unwetter oder menschlichen Einfluß zur Unzeit plötzlich daliegt, meine Methode der Wahl.

[thuja thujon]

Die Aktivität vom Kambium ist Temperaturabhängig, also deckt sich zu großen Teilen mit den Jahreszeiten.

Kambium ist meristematisches Gewebe. Es ist also darauf ausgelegt, die Zellen zu differenzieren, also ihnen eine andere Aufgabe zu geben.
Nach innen wird es Holz, durch die Jahreszeitlich schwankende Aktivität entstehen die Jahresringe im Holz.
Nach Außen wird es Leitgewebe, welches die Blätter und die meristematische Sproßspitze (liegt neben den Blattanlagen in der Spitzenknospe) versorgen.

Dicke des Kambium: ein bis mehrere Zelllagen. Das wird man schwer außeinanderreissen können, da wird der Zellverband schon halten.
Die spannende Frage ist, was chemisch abläuft, ob die Rinde löst oder nicht. Also wenn im Frühjahr zur Zellteilungszeit, wenn die Rinde löst, das Kambium die Aktivität hauptsächlich nach außen verlagert, um Leitgewebe zu bilden, damit die demnächst austreibende Sprossspitze nicht vertrocknet, dann wäre das Energetisch nachvollziehbar aus Sicht der Pflanze. Wenn nach dem entfalten der Blätter und damit photosynthesebedingter Kohlenhydratproduktion der Energiehaushalt etwas entspannter ist, kann die Aktivität auch nach innen loslegen. Also es werden neben oder statt Leitbündeln auch Holzzellen gebildet, welche ja aber auf den bereits vorhandenen Holzkörper mehr oder weniger `draufpolymerisieren´ müssen. Nicht richtig, aber Holz lässt sich ja anhand der Jahresringe spalten. Mal mehr und mal weniger gut. Eventuell werden da auch nur Konglomerate über van der Waals Kräfte der Lignine und Cellulosen gebildet.

Da muss also erstmal geklärt werden, was die einzelnen Schichten von Holz zusammenhält.

Zur Klärung, was meristematisches Gewebe ist: https://www-archiv.fdm.uni-hamburg.de/b ... htm#procam

[hackman]

Unter dem Mikroskop zeigt sich das Kambium als ca. drei aufeinanderliegende Lagen von Zellen. Es ist keine Schicht im technischen Sinn, sondern ein Verband lebender Zellen. Das Verwachsen der beiden Kambien, also des Kambiums der Unterlage und dem des Edelreises, geschieht nur in den Grenzbereich, wo sich diese beiden sehr nahe kommen, d.h. es ist nur ein sehr dünner Berührungsbereich. Das vereinigte Kambium wächst, wenn man es dreidimensional betrachtet, um die beiden Holzkörper herum und schützt diese durch nach außen abgegebene Rinde und bildet nach innen neues Holz.

Je glatter der Schnitt und je geschlossener und größer die Berührungsfläche, desto besser ist die Verwachsung. Letzteres erreicht man durch die entsprechenden Veredelungstechniken z.B. Kopulation mit Gegenzunge oder verbessertes Rindenpropfen, bei dem nur ein Rindenflügel angehoben wird und an dem senkrechten Schnitt ein besserer Kontakt entsteht.

[Monti]

Wenn man Abmoost, also vegetativ vermehrt, soll man den Teil vom Trieb, der von der Rinde befreit wurde gründlich abschaben (mit der Klinge). Sonst besteht die Gefahr, dass sich schnell Kallus bildet. Ergo bleibt zumindest ein Teil des Kabiums auf dem Holz, wenn man die Rinde löst. So dachte ich mir das jedenfalls.

Womöglich funktioniert deshalb auch bei Baumschäden ein möglichst schnelles Verbinden mit schwarzer Folie (Tschuldigt bitte, ich bin zu müde es durchzulesen, soll nur ein "Gedanken-Impuls" sein...). https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dk040489.pdf

[thuja thujon]

Ja, absolut nachvollziehbarer Gedankengang. Aber die beginnende Wundheilung bei flächig abgeplatzer Rinde nach Autounfällen beginnt doch selten flächig, sondern eher Nesterweise, wenn es glückt. Also Verletzungsfrei ist die eine oder drei Zellschichten dann auch nicht. Also bleibt wohl nicht soo viel auf dem Holz zurück.