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Der Pflanzenschutz und die Vorsicht (Gelesen 39881 mal)

Pflanzenstärkung, Krankheiten und physiologische Störungen

Moderator: Nina

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thuja thujon
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #45 am:

Ok, dann ist der Inhalt wohl der Vielfältigkeit der Themen geschuldet. Das ist im Weinbau anders. Beim Gemüsebau muss man auch schon Glück haben, dass man interessante Themen erwischt.

Das Grundwissen, ob man ein systemisches Mittel eher grobtropfig oder fein versprüht, ok, da müssen dann wohl mehr Bildungsveranstaltungen durchgeführt werden. Die kommen dann aber von den Herstellern, im Idealfall beim Vorstellen eines neuen Produkts.
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hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #46 am:

Würde mich schon sehr interessieren. Das ist jetzt natürlich OT: die Pflege ist ein Riesenbereich im Gartenbau, aber völlig vernachlässigt, alle wursteln vor sich hin. Es gibt keine Ausbildung dafür, somit auch nicht wie Pflanzenschutz betrieben wird, noch wie vernünftig gedüngt wird. Muss man sich selber beibringen. Die meisten haben in der Ausbildung ein bisschen Theorie über Pflanzenschutz gehabt, aber kaum mal Praxis, so dass alles schnell vergessen ist (bei mir anders- aber da wurde ganz anderes ausgebracht). Die Beipackzettel und ganzen Abkürzungen machen es nicht einfacher, wer hat denn Zeit da jedes Mal ein Buch an kaum lesbaren Vorschriften durchzulesen, dann im Netz zu suchen was die jeweilige Abkürzung bedeutet, dann ob man sich im Wasserschutzgebiet befindet, dann welche Kategorie, dann ob das Mittel bienengefährdet, wann und zu welcher Tageszeit es aber doch erlaubt ist - das ganze ist recht absurd, wenn man das mit der Landwirtschaft, Hektar und Kubiklitern Spritzbrühe vergleicht und wir sitzen da mit teils drei Litern und einer Stunde Vorbereitung...
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #47 am:

Ok, aber wie viele Mittel habt ihr im Schrank stehen? Das sind doch keine 25, oder?
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #48 am:

Schätze mal etwa 15, aber wann soll ich das noch machen? Schleppe noch Buchhaltung aus dem letzten Jahr rum, die Kunden toben teils schon und andere warten auf Angebote...hier brechen massenhaft Gärtner weg und ich bin nur am Anfragen sichten. Alles was gemacht wird ist zu spät, mir fehlt einfach die Zeit jetzt noch stundenlang kleingedrucktes mit der Lupe zu studieren.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #49 am:

Deswegen sollte dann ein Konzept her, ein vernünftig aufgesetzter Prozess.
Klare Abläufe, Mitarbeiter die drüber Bescheid wissen, wenn was gemacht wurde, dokumentieren, alle zu jeder Zeit auf dem selben Stand, wir haben hier auch Spracherkennung ums in die Systeme einzutragen, dann bleiben die Hände frei. Sowas ist aber nix für kleine 10 Mann Betriebe. Trotzdem würde sich wohl auch im kleinen so manch umgestellter Prozess rentieren. Immer nur auf Zuruf tut nicht gut. Die Saison kommt doch erst noch.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #50 am:

Das muss jeder Betrieb für sich entscheiden, je nachdem wieviel Pflanzenschutz überhaupt betrieben wird. Was ich ansprechen wollte, ist das sehr strenge Bestimmungen bei gleichzeitiger Schwermacherei diese auch einzuhalten keine gute Strategie ist. Die Mittel sollten auf der Flasche, nicht im Beiheft, gut sichtbar und verständlich die erforderliche PSA aufführen. Wenn ich vom Bundesministerium das Blatt für Tebuconazol/
Trifloxystrobin aufrufe, finde ich auf 25 Seiten keinen Hinweis. Vorschriften machen wenig Sinn, wenn es einem so schwer gemacht wird sie einzuhalten - hier haben ja auch andere Gärtner ihren Alltag mal angedeuted, wenn nicht mal Zeit ist Kundenanfragen zu beantworten, wann soll man sich denn mit sowas aufhalten? Selbst wenn man bereit ist, da Zeit zu investieren, muss das schon in irgendeinem Verhältnis zum Erfolg stehen, statt immer strengere Pflanzenschutzgesetze, wäre da vielleicht eine Schulung der Ausbringer sinnvoller. In der Landwirtschaft, scheint das ja irgendwie zu funktionieren? Bessere Ausbildung?
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #51 am:

Ja, ich weiß, was du meinst. In der Landwirtschaft hat man evtl nur 4 Kulturen, 3 Mittel pro Kultur und kennt die dann.
Die Frage, die sich ja bei euch stellt, was kann ich von dem Geraffel aus dem Pflanzenschutzkoffer ablegen, was wird da nicht zwingend gebraucht, um die 2ml in eine 5Liter Spritze zu füllen.
Da kann man schon mal auf den Gedanken kommen, sich an den Kopf zu fassen. Also das System ist halt so gar nicht für euch gemacht.
In US werden PSM teilweise mit dem Tankzug angeliefert und kommen in einen Edelstahltank, 20 Kubik. Das ist das andere extrem, und da hat man lieber mal eine Schürze und Vollgesichtsschutz an, falls mal ein Flansch platzt und die Umfüllpumpe noch läuft.

Ich darf dir da jetzt halt auch nix empfehlen, zumal die PSA angezogen sein sollte bevor man die Flasche anfasst, um zu lesen, was drauf steht. Mittel mal rausschreiben, eine Liste an die Tür hängen mit Schutzbrille, Handschuhe oder umgekehrt, alles was mehr verlangt ein Hinweis an den Schrank.

Beispiel Tebuconazol mit Trifloxystrobin, kennt man zB unter Baymat, gabs früher als Konzentrat, heute nur Anwendungsfertig oder Spray. Durch die starke Verdünnung entfallen die Gefahrensymbole (bis auf das mit dem Fisch) also ist eine Schutzbrille eigentlich ausreichend. Auskunft darüber gibt immer das Sicherheitsdatenblatt unter Abschnitt 8.
Also immer nur Name vom Mittel plus SDB oder MSDS eingeben, dann das pdf angucken (ist immer ein pdf, hochstandardisiert, deswegen lesen wir die zB maschinell aus und lassen uns die Symbole für zB Schutzkleidung auf dem Bildschirm anzeigen).
Beispiel für ein Sicherheitsdatenblatt (SDB) hier, wie gesagt, Punkt 8:
https://www.raiffeisen.com/agrar_sdb/detail/21005

PS: wenn es um Mehltau geht ist Tebuconazol ja nicht mehr das gelbe vom Ei. Sercadis mit der höchsten Schutzstufe gegen Mehltau hat zumindest eine §18 Notfallzulassung für Zierpflanzen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #52 am:

Na, das ist doch mal ein praktischer Tipp - Danke! Das ich mit der vierrädigen Spritze rumfahre kommt nicht mehr vor, weiß gar nicht mehr, wo die hin ist. Also ja, in der Regel Rückenspritze und nicht mehr. Und ich überlege immer mal wieder son Sprühgebläse anzuschaffen - schon wegen der Mitarbeiter- aber bis man da die Kosten wieder drin hat…
Es ist schon frustrierend wenn die Kunden den Gärtner holen wegen Problemen und die dann zu hören kriegen, dass sie doch lieber selber spritzen sollen, weil wir zu viele Auflagen haben, oder die Spritzabstände wegen Zeitmangel nicht einhalten können - und überhaupt wie teuer es mit Dokumentation, Stahlschrank, Weiterbildung etc. ist, wenn wir das machen. Manchmal klappt aber auch mal alles, das ist dann schön - aber mit der zunehmendenWirkungslosigkdit halt auch immer seltener.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #53 am:

Machs doch einfach, 150€, ist nicht verboten, braucht kein Spritzen-TÜV weil Rückentragbar. Luftstrom stufenlos regulierbar. Das Provisorium hält immer noch und ich komme bestens mit klar.
Sprühgebläse Prototyp.jpeg


F I auf dem Druckbehälter ist klar, Fungizid und Insektizid, kein Herbizid. Die H-Spritze ist eine andere.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #54 am:

😂

Na, wie zielgenau das ist?
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #55 am:

Durch das Stufenlose einstellen vom Luftstrom sehr. Zuerst luft geben bis sie passt, also zB Blattunterseiten sichtbar werden und dann erst Spritzbrühe zudosieren.
Der Luftstrahl ist bei 2m Abstand kaum breiter als 50cm.
Also mit der Tropfenverteilung bzw bedecktem Blattflächenanteil bin ich zufrieden.
Sprühgebläse Applikationsqualität.jpeg
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #56 am:

Da musst du aber pumpen wie ein Derwisch….trotzdem gute Idee.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #57 am:

Nein, 1,5 bis 2 bar, nicht mehr, sonst wird es zu fein. Die Arbeit macht der Luftstrom. Bin aber schon am überlegen eine Autoscheibenwaschanlagepumpe dran zu bauen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

hobab » Antwort #58 am:

Erfinderisch... die Ausbringungsmethode ist aber definitiv sympatisch - weg vom Anwender.

Ich versuche mich tatsächlich etwas einzulesen wieder, aber die Menge an Daten ist einfach zu erschlagend. Wenn man das alles durchzieht (Betretungsverbot für die Kunden nach einer Mehltaubehandlung beispielsweise) kann man eigentlch keinen Pflanzenschutz mehr betreiben. Für Agrar ist das sinnvoll, aber in der Pflege einfach nur absurd.

Was funktioniert denn gut bei falschen Mehltau? Gibt es da überhaupt noch was außer Backpulver? Ortiva, Baymat, Saprol sind ja wohl eher was für echten.

OK, beim Durchgehen der Listen ist sowieso so gut wie alles verboten/Zulassung ausgelaufen, Karate und Kerb wusste ich, Baymat, Ortiva, Saprol hatte ich geahnt, Spruzit war mir neu, Azadirachtin ist wohl auch ausgelaufen. Bleibt da überhaupt noch was? Wenn nicht, braucht man sich mit dem Thema wohl nicht mehr ausseinanderzusetzen in meiner Sparte. Im Agrarsektor ist wohl noch mehr erlaubt.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht

thuja thujon » Antwort #59 am:

Zierpflanzenbau spielt keine Rolle und dient nur der Belustigung dekadenter Großstädter.
Ist vielleicht hart formuliert, aber so wird das wohl in dem ein oder anderem Gremium einem Antragsteller vor den Latz geknallt.
Wenn man das wahrnimmt, kann man sich überlegen, ob man da eine sechs- bis siebenstellige Summe investiert.

Was den falschen Mehltau angeht, eh schwierig, biologisch betrachtet, also ist ja kein Pilz, sondern Eipilz, also Azole sind da schon mal raus, Ortiva, alles längst resistent, Phosphonat, tja, könnte man, wenn man dürfte. In den verseuchten Hausgärten müsste man wohl auch was Sporenabtötendes haben, Cyazofamid, nicht schlimm, aber halt nur gut aufgehoben in Händen die Resistenzmanagement machen können.
So leid es mir tut, vor 20 oder 30 Jahren wollte man mit dem Pflanzenschutz einen anderen Weg gehen. Das Aufräummittel für den Hausgarten gibt es deshalb nicht mehr. Antwort der amtlichen Beratung auf die Frage, was man macht, wenne s zwar ein Mittel gibt, aber nicht für die Indikation ausgelobt ist: beim Amt nachfragen, ob man eine Ausnamegenehmigung fürs verbrennen der Kultur bekommt.

Das ist jetzt kein Witz. Ich kenne da einen, der hat dafür gebrannt, theoretisch machbares auch praktisch zu ermöglichen. Der ist letztes Jahr in Pension verabschiedet worden. Gleichzeitig wurden noch ein paar andere Stellen mehr auf dem Amt gestrichen. Der ist jetzt so verbittert, der mag nicht mal mehr gegen Bezahlung eine halbe Stunde referieren.

Also wenn man keine Genehmigung vom Amt fürs verbrennen der gerodeten Kulturen bekommt, ich würde ja auch gerne mal einen Räumpanzer durch die Gartenanlage fahren lassen... Ich habe ehrlich gesagt keine Hoffnung aktuell. Es gibt doch auch Plastikblumen. Das ist wohl der Wille in einer immer grüner werdenden Gesellschaft.
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