Rib hat geschrieben: ↑17. Jul 2024, 23:03Die Sämlinge der Triploiden sind nichts für die Unterlagenzucht. Dafür kann man Bittenfelder Sämlinge nehmen. Pflanzen aus Triploiden Müttern sind der inbegriff der Genvergrüppelung. Was man hobbyzüchterisch interessant finden kann, hat gar nichts mit der Züchtung von Tetraploider Sorten, wie es bei dem verlinkten Text geht, zu tun.
Auf's einfache heruntergebrochen:
Normaler Apfel: Diploid, selten tetraploid. Alle Chromosomensätze liegen zweifach, in den seltenen Fällen vierfach vor.
Triploider Apfel: dreifacher Chromosomensatz. Kommt natürlich von der Hybridisierung von diploiden und tetraploiden Äpfel vor. Sind i.d.R steril, da Keimzellen den dreifachen Chromosomensatz nicht gleichmäßig teilen können. Das führt zum frühen Absterben des Embryos nach der befruchtung.
Sämlinge der Triploider Äpfel: Planzen bestehend aus dem Mischmasch von meist diploider und vereinzelt triploider Chromosomensätzen in einer Zelle. Beim Menschen mit der Krankheit Trisomerie 21 (Mongoloismus) zu vergleichen.
Ich hatte beim schreiben des Beitrags auf die schnelle nur die Zusammenfassung verlinkt, auf der Seite wird aber auch das PDF der gesamten Veröffentlichung verlinkt, bei der man so finde ich für das Thema viele Antworten findet.
Hier nochmal der direkte Link: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/j.1601-5223.1938.tb03214.x
Du hast grundsätzlich recht mit deinem Zusammenfassungen, ich störe mich aber an deinen Begriffen. Eine "Genverkrüppelung" ist es nicht, die Gene sind ja nicht kleiner oder geschädigt, es handelt sich eher um ein Verteilungsproblem.
Auch hinkt meiner Meinung nach der Vergleich mit Trisomie 21 (Mongoloismus ist nicht mehr zeitgemäß, eher Down Syndrom), es ist ja der gesamte Gensatz bei dem nichts ganzes und nichts halbes herauskommt. Und nicht nur ein Chromosom welches einfach verdoppelt wurde. Aber vielleicht gucke ich da zu sehr ins Detail.
In der verlinkten Population haben sie 34650 volle Samen der Sorte Boskoop ausgesät, aus denen haben sich 2455 Pflanzen entwickelt, also aus rund 7% der Samen, einer aus 14.
Aus den runzligen ("leeren") Samen haben sich aus 30931 Samen nur 46 Pflanzen entwickelt, also rund einer aus 672, 0,0015%. Ist ja auch logisch, bei den Samen ist es offentlicher das da nichts richtiges rauskommen kann.
Von den kräftig entwickelten Pflanzen haben sie dann 40 untersucht: "Von denen 27 sicher oder sehr wahrscheinlich die genaue diploide Zahl 34 erwiesen; 5 Pflanzen waren aneuploid (Zahl 35-41), 2 triploid (51-52), 2 etwas mehr als triploid (55-57) und 4 sicher tetraploid (68)."
Die anderen, schwächeren, nicht untersuchten Pflanzen sind wohl mehr oder weniger aneuploid. Es stimmt das Plfanzen sowas besser wegstecken können, wenn sie z.B. mehr oder weniger nah an den normalen Verteilungen liegen oder weniger wichtige Gene betroffen sind. Ich habe z.B. schon gehört das die Graue Herbstrenette nicht ganz normal diploid ist und der Rote Eiserapfel nicht ganz triploid, was auch immer das heißen mag. Wahrscheinlich in einer art aneuploid.
Die meisten aneuploiden Sämlinge wachsen aber wohl nur kümmerlich. Ich habe einen Boskoopsämling aus 2013 der kaum einen Meter hoch ist und buschig dünne Triebe macht.
Gesunde, normal wachsende Sämlinge sind wohl eher die Ausnahme, aber natürlich möglich. Bei ihnen wird dann "ausversehen" mal ein halber statt ein eineinhalbfacher Chromosomensatz weitergegeben (daraus dann die diploiden Sämlinge) oder ein unreduzierter Chromosomensatz (so kommt es ja auch zu triploiden Sämlingen), aus denen dann die tetraploiden Sämlinge entstehen.
Wenn in alter Litaratur also ausgesagt wird das sich der Rheinische Bohnapfel gut zur Erzeugung von Unterlagen eignet, dann ist wahrscheinlich irgendwas schief gelaufen, z.B. durch Sortenverwechslungen, was ja heute auch noch oft vorkommt, trotz moderner Methoden.
Trotzdem kann man es natürlich ausprobieren was so aus den Samen vom Bohnapfel rauskommt, wie lange die aneuploiden Sämlinge wirklich durchhalten (sie werden ja sicher meist verworfen) etc., da gibt es sicher noch viel Raum für Experimente und Wissen-schaffen ;).
Ich werde z.B. mal versuchen aus tetraploiden Sorten (Grünling aus Rhode Island, Alfa 68) triploide Sämlinge zu ziehen. Die Veredlungen sind aber erst 1-2 Jahre alt, es dauert bis dahin also noch ein paar Jahre :).
Denjenigen die sich hier selbst Unterlagen ziehen wollen würde ich empfehlen einen Mix aus starkwüchsigen diploiden Sorten auszusäen und daraus dann die stärkeren Sämlinge als Unterlage zu verwenden. Oder einfach einen "normalen" Samenmix, Trester von Saftpressaktionen, da ist dann sicher auch viel Boskoop oder anderes Triploides dabei oder auch nicht so robuste, starkwüchsige Sorten wie Goldparmäne oder Ontario. Daraus kann man sich aber denke ich trotzdem die stärkeren Sämlinge auslesen und verwenden.
Oder auch mal fruchten lassen, für ganz Experimentelle ;).
LG