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Sonniger Frühlingstag am Waldrand (Gelesen 6599 mal)

Natur und Umwelt erleben und schützen
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lerchenzorn
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

lerchenzorn » Antwort #15 am:

Hinter dem Waldrand zieht sich die "Heide" weit hin. Was in Brandenburg nichts weiter heißt, als das da ein großer Wald ist. Vielleicht waren es einmal richtige Heiden aus Heidekraut und Haarginster, ein paar schüttere Gehölze, aber das ist lange her. Zwei Stunden mittendurch, zu altbekannten Plätzen mit kleinen Kostbarkeiten.Mitten in der Heide, in einer Senke, fließt die kalte Luft zusammen und hält den Waldboden ein wenig frischer als die Dürre drumherum. Nach Jahren blühen die Moosglöckchen endlich einmal. Spärlich, die Knospen sind zur Hälfte vertrocknet. Aber immerhin. Fast alle Blüten haben Bissspuren. Irgend jemand frisst sich von der Seite hinein.Bild Bild BildBild BildOben am Hang ist es heiß und trocken. In den Böschungen über der Bahn reifen Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) und Frühlings-Spergel (Spergula morisonii), am Gleisschotter der kleine Dreifinger-Steinbrech (Saxifraga tridactylites).Bild BildBild Bild BildAn einer nordseitigen, kleinen Böschung stehen auf zwei Quadratmetern die letzten paar Schwarzwurzeln (Scorzonera humilis). Selten erwische ich die Blüte, meist die einzige aus den zehn, zwölf Rosetten. Entweder bin ich kurz davor am Ort oder knapp zu spät.Bild Bild
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lerchenzorn
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

lerchenzorn » Antwort #16 am:

Durch Löcher im Zaun geht es ins verlassene kleine Übungsgelände, viele Löcher in vielen Zäunen. Die Schweine bahnen immer wieder den Weg.Aus abgeräumten Böden hatte sich unter dem Übungsbetrieb eine bunte Vielfalt entwickelt. Ganz langsam holt sich der Wald die Fläche zurück, Hitze und Nährstoffarmut lassen es aber nur langsam vorangehen.Heide-Günsel (Ajuga genevensis) und Sand-Fingerkraut (Potentilla incana) sind immer noch zahlreich in den kleinen sonnigen Winkeln. Die Sand-Veilchen (Viola rupestris) sind vielleicht schon verschwunden. Was hier noch wächst, sind vermutlich Hybriden mit dem Hunds-Veilchen (Viola canina), das rundherum gerade vielfach in Blüte steht. Die samtig behaarten Blütenstiele zeigen den Sand-Veilchen-Anteil.Bild BildAm kleinen Hügel hat die Späte Traubenkirsche fast allein ein Wäldchen "gebaut". Wohl auf rohem Boden, der nach dem Schieben von Wällen und Gruben ohne Pflanzung liegen geblieben war, den sie allein erobern konnte. Auch nach mehr als 50 Jahren hat sich kaum Streu oder Humus gebildet, so schnell schwindet das Laub zu fast nichts. Obwohl wenig Licht an den Boden kommt, halten sich die Kräuter der Waldränder unter dem Blätterdach und blühen sogar. Die Berg-Platterbse (Lathyrus linifolius) schwindet immer mehr aus den umgebenden Kiefernforsten. Hier aber hat sie scheinbar einen festen Platz. Mondraute (Botrychium lunaria) und Ästiger Rautenfarn (B. matricariifolium) waren in manchen Jahren zahlreich in diesem Wäldchen. Diesmal sehe ich nur wenige Mondrauten und eine einzige Pflanze, die vielleicht der Ästige Rautenfarn ist. Das Frühjahr ist einfach zu trocken.Prunus serotina, der gefürchtete Neophyt, scheint hier der heimischen Tier- und Pflanzenwelt ein guter Schutzpatron zu sein.Bild Bild Bild Bild BildBild Bild
bristlecone

Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

bristlecone » Antwort #17 am:

Vielen Dank für die höchst interessante Exkursion! :D
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pearl
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

pearl » Antwort #18 am:

:D speziell die Mondraute ist genial! :D
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lerchenzorn
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

lerchenzorn » Antwort #19 am:

Ein ganz anderer Waldrand, im Osten des Landes - heiß, trocken, aber auf kräftigem Boden und deshalb auch mit kräftigen Rotbuchen. Eine Spinne, die ich noch nicht gesehen hatte, die aber, außer duch ihre leuchtende Hinterleibs-Färbung, durch "Vertrautheit" und Gelassenheit aufgefallen ist. Carrhotus xanthogramma, die "Wärmeliebende Springspinne", scheint sich in den letzten 20 Jahren kräftig nach Norden auszubreiten. In Brandenburg ist sie erst in den letzten Jahren und erst wenige Male beobachtet worden.

Bild
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pearl
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

pearl » Antwort #20 am:

wow, die sieht gigantisch aus! Ich schau mal im Netz nach mehr Informationen.
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pearl
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

pearl » Antwort #21 am:

Carrhotus xanthogramma müsste hier auch vorkommen. Ich werde mal drauf achten, vielleicht seh ich mal eine.
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lerchenzorn
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Re: Sonniger Frühlingstag am Waldrand

lerchenzorn » Antwort #22 am:

Sooo groß ist sie dann doch ncht, aber deutlich wahrnehmbar. Aus besonnten Zweigen klopfen oder auf nackt am Boden liegenden Stämmen suchen könnte erfolgreich sein.

Hier die Karte des Spinnentier-Atlas: Carrhotus xanthigramma. Die enthält unten links einen Zeitschieber. Danach gab es bis in die 1950er Jahre nur Nachweise aus den südwestdeutschen Wärmeinseln (Oberrhein, Frankfurt, Würzburg). In den 1990er Jahren stieg die Zahl der Nachweise sprunghaft, verbunden aber auich mit dem Anstieg der Feldforschung bei Spinnentieren. Dass die Art in Brandenburg erst neu nachgewiesen wurde, deutet dennoch auf eine tatsächliche Ausbreitung hin, denn es ist, durch Berlin als alte Forschungs-Hochburg, eine gut untersuchte Region, in der sie den frühen Arachnologen nicht verborgen geblieben wäre.
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