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Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 13:45
von neo
Gartenplaner hat geschrieben: 3. Nov 2017, 13:09
Moderne hochwirksame
Pflanzenschutzmittel können aus ökotoxikologischer Sicht trotz geringerer Dosierung das
gleiche Gefährdungspotenzial wie ältere Mittel in hoher Dosierung aufweisen. Andererseits sind viele
neue Pflanzenschutzmittel schneller abbaubar als ältere Mittel (UBA 2011). ..."[/url]


Finde ich auch aufschlussreich. Die Mengenerfassung allein sagt eigentlich nicht viel aus, oder? (Habe die div. Links nicht gelesen, weiss nur, dass in CH zwar die Menge ( ausgebrachte PSM allgemein) pro ha erfasst wird, aber nicht welches Mittel nun genau.)

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 14:37
von thuja thujon
hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Da die meisten modernen Pflanzenschutzmittel jedoch bereits in wesentlich geringerer Konzentration wirksam werden,
hat sich insgesamt die Anwendungsintensität erhöht (FINK-KESSLER & JÜRGENS 2009).
Es ging in der Arbeit um hormonwirksame Substanzen, das ist ein Problem, das viele (alte) Fungizide haben. Was die mit Anwendungsintensität zu tun haben, erschließt sich mir nicht.
Da unterschiedliche ausgebrachte Mengen unterschiedlicher Wirkstoffe nichts mit der (Neben)Wirkung zu tun haben, kann man anhand der Menge unterschiedlicher Stoffe nicht auf den Wirkungsgrad schließen. Die Thematik um den Wirkungsgrad ist komplexer.
Fungizidspritzungen wirken im allgemeinen nicht sehr stark auf Insekten, können einzelne aber empfindlich treffen. Je nach Wirkstoff mal mehr oder auch garnicht.

Falls man die Auffassung vertreten sollte, in den vermaisten Landschaften werden die Insekten mit immer effektiveren Insektiziden totgespritzt, ist das weiter oben klar widerlegt worden.
Bleiben Rapsfelder als Flächenkultur, die mit Insektiziden behandelt wird. Seit dem Verbot der Neonicotinoidbeize werden sie mehr mit Insektiziden behandelt als vorher. Die Häufigkeit einer Insektizidbehandlung lässt aber ebensowenig wie die ausgebrachte Wirkstoffmenge auf die (Neben)Wirkung schließen.
Oftmals sind die behandelten Flächen für die meisten Insekten weitestgehend uninteressant, weswegen Insektizidspritzungen kein wirkliche Ursache für ein generelles Insektensterben ist.
Guttationstropfen auf Weizen machen ihn zu einer Wasserquelle für Insekten und damit wird er öfter angeflogen. Wurde er mit Insektiziden behandelt, ist im Rahmen der Zulassung die Gefährdung von Bienen usw bereits untersucht worden und da gibts meist nur Grünes Licht, wenn alles soweit kein unvertretbares Risiko ist.

Ein Verbot von Insektiziden würde also nicht viel helfen, einen Insektenrückgang umzudrehen.

Man sollte die Ursachen woanders suchen, damit man auch tatsächlich was ändern kann.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 16:11
von lerchenzorn
thuja hat geschrieben: 3. Nov 2017, 14:37
Oftmals sind die behandelten Flächen für die meisten Insekten weitestgehend uninteressant, weswegen Insektizidspritzungen kein wirkliche Ursache für ein generelles Insektensterben ist.[/quote]
Zweitens ist sicher so, erstens zu bezweifeln bzw. eine in der Hinsicht überflüssige Feststellung, dass man sie auch für die artenreichsten und besonders für spezielle Insektenhabitate treffen müsste. Selbstverständlich haben Äcker eine charakteristische Insektenfauna und vor allem die Fehlstellen in ihnen nicht selten auch Besonderheiten der sonst fast verschwundenen Pionierstandorte. Werden diese systematisch von Insektizid-Einsätzen betroffen, entfällt eine ihrer letzten Nischen.

[quote]Ein Verbot von Insektiziden würde also nicht viel helfen, einen Insektenrückgang umzudrehen.
Man sollte die Ursachen woanders suchen, damit man auch tatsächlich was ändern kann.


Selbstverständlich muss man die Ursachen auch anderswo suchen. Veränderungen der Struktur und Dynamik der Lebensräume bleiben immer die Hauptursache für Veränderungen des Arteninventars. Dennoch sind Insektizideinsätze ein wirksamer Einfluss, der mehr als nur Zielorganismen trifft und im Komplex des Biodiversitätsverlustes eine Rolle spielt. Mit dem Schema "woanders suchen" käme man an allen Ecken recht bequem zu "Null-Grund-was-zu-ändern"-Schlussfolgerungen.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 16:13
von thogoer
Autoscheiben? 8) oder 2-20.... Jahre warten bis erkannt wird das es doch alles ganz anders war..wie gehts eigentlich den offiziell und sicher gelagerten Atommuellfaessern im Atlantik? Sind die schon offen? Koennten die damit was zu tun haben? 8)

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 16:19
von lerchenzorn
;) Sag nichts schlechtes über La Hague. Es erreicht seine Grenzwerte spielend in der Verdünnung Vierhundert zu Unendlich. :-X Ach ne, das sind ja keine Fässer, sondern ein Abflussrohr. OT Ende

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 16:54
von thuja thujon
lerchenzorn hat geschrieben: 3. Nov 2017, 16:11Selbstverständlich haben Äcker eine charakteristische Insektenfauna und vor allem die Fehlstellen in ihnen nicht selten auch Besonderheiten der sonst fast verschwundenen Pionierstandorte. Werden diese systematisch von Insektizid-Einsätzen betroffen, entfällt eine ihrer letzten Nischen.
Die sind auch früher schon von Insektizidduschen getroffen worden, damals eher systematisch als heute.
Das was sich geändert hat, es gibt fast keine Fehlstellen mehr. Die Technik wurde besser, das Saatgut auch.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 16:57
von thuja thujon
Zur Erinnerung, sicherlich kein pures Heilwasser was zu Lindan-Zeiten rauskam:
http://www.max-holder.com/uploads/media/1953_Spritze_Obstbau_an_Schlepper_B10.jpg

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 17:10
von Amur
Zumindest bei uns sind die letzten 30 Jahre fast alle Dauerwiesen verschwunden. Und in den Feldern ist der Artenreichtum der Pflanzen sehr übersichtlich. Auch wenn im Herbst der eine oder andere Acker schön blüht.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 18:42
von Roeschen1
Dornroeschen hat geschrieben: 3. Nov 2017, 11:22
An der Uni Tübingen gibt es viele Publikationen zum Thema Insekten.
https://www.buntewiese-tuebingen.de/%C3%BCber-uns/unsere-publikationen/

Wiesenbiotope mit großer Artenzahl verschwinden immer mehr, auch da herrscht Masse statt Klasse. Sie werden zu oft gemäht, gedüngt.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 3. Nov 2017, 22:24
von lerchenzorn
thuja hat geschrieben: 3. Nov 2017, 16:54
lerchenzorn hat geschrieben: 3. Nov 2017, 16:11Selbstverständlich haben Äcker eine charakteristische Insektenfauna und vor allem die Fehlstellen in ihnen nicht selten auch Besonderheiten der sonst fast verschwundenen Pionierstandorte. Werden diese systematisch von Insektizid-Einsätzen betroffen, entfällt eine ihrer letzten Nischen.
Die sind auch früher schon von Insektizidduschen getroffen worden, damals eher systematisch als heute.
Das was sich geändert hat, es gibt fast keine Fehlstellen mehr. Die Technik wurde besser, das Saatgut auch.


Kein Grund, die aktuelle Belastung klein- oder wegzureden. In der aktuellen Betrachtung von Rückgangsursachen muss sie berücksichtigt werden.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 5. Nov 2017, 13:26
von bristlecone
Ein wesentlicher Grund für die weiter oben im Thread beschriebene "Nivellierung": der viel zu hohe Stickstoffeintrag.
Nitrat-Grenzwerte in privaten Brunnen deutlich überschritten.

In Nordwestdeutschland (woanders kenne ich die Situation nicht) gibt es Bereiche, in denen die Einträge von Ammonium aus der Luft (!) so hoch sind, dass sie nährstoffarme Lebensräume ernstlich verändern. Ganz ohne Düngung von Boden aus.


Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 5. Nov 2017, 14:47
von lerchenzorn
Das scheint nicht auf den Nordwesten beschränkt zu sein. Das UBA zeigt in einer Stickstoff-Broschüre eine Karte mit nitratbelasteten Grundwasserkörpern: Seite 21. (Die Auswirkungen sind dort noch moderat dargestellt. Den vergrasten Kiefernforst, der im Bild auf S. 17 als nicht erkennbar stickstoffbelastet gezeigt wird, halte ich schon für erheblich durch Nährstoffakkumulation verändert.)

Weißt Du, inwieweit Ammonium und Stickoxide zur Bodenversauerung beitragen? Oder geht das, im Anteil der Luftpfad-Immissionen, hauptsächlich auf Schwefelbelastungen zurück?

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 5. Nov 2017, 14:56
von bristlecone
"Auf mehr als 80 % der Fläche natürlicher und halb-natürlicher Ökosysteme, inklusive der Wälder, liegen die atmosphärischen Säureeinträge noch immer über den kritischen Belastungsschwellen. Stickstoffverbindungen, insbesondere Ammoniak und Ammonium aus der Landwirtschaft, haben heute dem Schwefel als einstigem Hauptverursacher der Versauerung den Rang abgelaufen."

Quelle: Stickstoff – Zuviel des Guten? (ebenfalls UBA)


Bevor jetzt jemand anmerkt, dass Ammoniak doch alkalisch reagiere und insofern einer Versauerung entgegenwirken müsse:
In der Luft und im nass und trocken deponierten Material liegen Ammoniumionen vor, die schwach sauer reagieren.

Vor allem aber: Im Boden wird daraus Nitrat, dabei wird demnach Säure gebildet.

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 5. Nov 2017, 15:15
von lerchenzorn
Danke!

Re: Studie zu Insektensterben

Verfasst: 5. Nov 2017, 15:38
von Roeschen1
Hauptursache für die Ammoniumbelastung: Massentierhaltung
http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/20247/