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Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 21. Aug 2025, 09:34
von sempervirens
Auch gelb und an solchen Standorten beheimatet ist der
Faden-Enzian (
Cicendia filiformis):
Im Vordergrund zusammen mit dem zuvor gezeigten
Hypericum elodes.
Der Zustand für den
Faden-Enzian (
Cicendia filiformis) hat sich etwas verbessert er ist deutschlandweit von der RL1 ( kurz vorm Aussterben) wieder auf RL2 ( stark gefährdet).
Der Faden-Enzian blüht meist nur bei voller Sonne und dann auch nur um den Mittag herum, das kennt man ja auch von der ein oder anderen Pflanze. Dafür blüht er von Juli-September verhältnismäßig lang.
Er ist ein Standortspezialist der auf feuchten bis wechselnassen, nährstoffarmen und offenen Böden, die meist sandig oder kiesig sind wächst. Typische Lebensräume sind:
- Ufer von nährstoffarmen Teichen und Seen
- Feuchte Wege und Fahrspuren in Heiden und Mooren
- Feuchte, offene Stellen in Sandgruben

- Hier am lückig sandigen Ufer
Als einjährige Pionierpflanze ist der Faden-Enzian auf ein feuchtes Frühjahr zur Keimung sowie auf offene, konkurrenzarme Standorte angewiesen. Er profitiert daher maßgeblich von periodischen Störungen wie Viehtritt oder Befahrung, welche die konkurrierende Vegetation zurückdrängen. Folglich ist sein starker Rückgang direkt auf den Verlust seiner Lebensräume und das Ausbleiben dieser traditionellen, störungsreichen Landnutzung zurückzuführen.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 21. Aug 2025, 10:53
von sempervirens
Die
Knorpelblume (
Illecebrum verticillatum) ist ebenfalls eine hochspezialisierte einjährige Pflanze.
Es teilt viele Eigenschaften mit dem zuvor gzeigten Faden-Enzian und ist auch stark gefährdet (RL2)
Es ist ein kleiner, unscheinbarer Bodendecker aus der Familie der Nelkengewächse.
Es bildet oft kleine, rötliche Teppiche, die flach auf dem Boden aufliegen.
Es hat standörtliche Ansprüche wie der Faden-Enzian, feuchte, saure, nährstoffarme und durchaus sonnig-warme Standorte mit kurzer Vegetation und Störung.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 21. Aug 2025, 13:11
von Nox
Wirklich spannend, welche Pflanzen Du hier vorstellst !
Hypericum elodes sollte bei mir gedeihen, so wie Du es beschreibst. Macht es eigentlich unterirdische Ausläufer und wie hoch wird es ?
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 21. Aug 2025, 13:48
von sempervirens
Ja, das
Sumpf-Johanniskraut bildet Ausläufer, aber nicht vergleichbar mit einem Wiesenknöterich (Bistorta). Sie breitet sich eher oberflächennah und rasenartig aus und entwickelt, wo sie sich wohlfühlt, schöne, dichte Bestände, wie auf den Bildern zu sehen ist. Da sie aber weder hoch wird noch besonders konkurrenzstark ist, sind ihre Ausläufer in der Regel unproblematisch. Allenfalls für deutlich kleinere oder schwächere Nachbarpflanzen könnte sie zur Bedrängung werden.
Hier kann man sehen das andere Stauden wie Ufer-Wolfstrapp sich aus dem Teppich der Hypericum elodes erheben.
Am Naturstandort war sie mit 10-15 cm recht klein; in Kultur und bei nährstoffreicherem Boden könnte sie aber sicherlich auch etwas höher werden.
Hier noch ein paar andere Kandidaten des Standorts
Radiola linoides der
Zwerglein ebenfalls deutschlandweit stark gefährdet (RL2) in der Schweiz gilt er bereits als ausgestorben:
Die Gründe sind ähnlich wie zuvor auch der Verlust seiner Lebensräume durch Nährstoffeinträge aus der Luft und der Landwirtschaft (Eutrophierung), die Entwässerung von Feuchtgebieten und das Zuwachsen seiner Pionierstandorte durch fehlende Störungen (z. B. durch traditionelle Beweidung oder Plaggenhieb)
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 22. Aug 2025, 09:20
von Nox
Interessant ! Ich hätte Schwierigkeiten diese Pflanzen zu bestimmen.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 23. Aug 2025, 17:15
von Suse
Heute haben wir draußen ein paar Exemplare dieser hübschen rotblütigen wilden Möhre gesehen. Das wäre doch mal was für die Zierpflanzenzüchter.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 23. Aug 2025, 23:06
von Starking007
Gibt es, haben wir, blüht. Sorte Dara.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 25. Aug 2025, 13:07
von sempervirens
Nox hat geschrieben: ↑22. Aug 2025, 09:20
Interessant ! Ich hätte Schwierigkeiten diese Pflanzen zu bestimmen.
Die Bestimmung ist tatsächlich einfacher als bei manch anderen Arten. Die Arten überhaupt wahrzunehmen, da sie teilweise sehr klein sind wie der Faden-Enzian, ist die eigentliche Schwierigkeit.
Hier mal eine Apium ist so groß wie mein Fingernagel kann man schnell übersehen:
Hier hatte ich Samenstände gezeigt und Pflanzen die im Wasser wuchsen:
sempervirens hat geschrieben: ↑1. Jul 2025, 09:56
Baldellia ranuncoloides der
Igelschlauch eine tolle Struktur. In NRW RL2 und damit stark gefährdet.
Hier die Rosette unter trockenen Bedingungen und Blüte des
Igelschlauch (
Baldellia ranunculoides) nachgereicht :
Eine Besonderheit des Igelschlauchs ist seine ausgeprägte Verschiedenblättrigkeit (Heterophyllie): Während seine Unterwasserblätter lang und bandartig sind, haben die Luftblätter eine lanzettliche bis ovale Form. Zudem bleibt die Pflanze auf ihren bevorzugten, nährstoffarmen Schlammböden oft deutlich kleiner als ihre maximal mögliche Wuchshöhe von 30 cm
@Suse schöner Fund ! Wie Starking schreibt gibt es bereits eine solche Sorte, aber ich denke wenn das eine von Dara unabhängige Spontanmutation ist schadet es ja trotzdem nicht diese weiterzukultivieren, man könnte sie ja mal dann mit Dara bestäuben, eventuell kommt dann ja dann eine noch ein farbintensivere Variante heraus.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 16. Sep 2025, 09:47
von sempervirens
Diese Aufnahmen sind zwar nicht mehr ganz neu, passen aber augrund des Names der Pflanze zur Jahreszeit, denn sie zeigen die Herbst-Drehwurz (Spiranthes spiralis). Der Name ist bei dieser Pflanze Programm: Ihre Blüten winden sich in einer Spirale den Stängel empor. Interessanterweise gibt es sowohl links- als auch rechtsgedrehte Exemplare. Stehen zwei Pflanzen mit gleicher oder gegenläufiger Drehung nebeneinander, ergeben sich daraus interessante Anblicke.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 16. Sep 2025, 09:50
von sempervirens
Sie ist so unscheinbar, dass man sie leicht übersieht – die meisten Menschen würden wohl einfach an ihr vorbeilaufen.
Ihre Schönheit entfaltet sich erst, wenn man ihr bewusste Aufmerksamkeit schenkt und genauer hinsieht.
Solche Begegnungen werden jedoch immer seltener. Und doch kann man sie, gerade weil sie so rar geworden ist, kaum noch „übersehen“. In NRW gilt sie seit wenigen Jahrzehnten als ausgestorben, und auch in meiner Heimat ist sie in den 80ern verschwunden.
Sie ist „stark gefährdet“ und auf der Roten Liste (Kategorie 2).
Die Pflanze verschwindet aus zwei Hauptgründen: Ihr Lebensraum wird entweder zu intensiv genutzt (durch Düngung und häufige Mahd) oder gar nicht mehr gepflegt. Bei einer Nutzungsaufgabe führt die fehlende Beweidung zur Verbrachung und letztlich zur Wiederbewaldung (Sukzession), wodurch sie ebenfalls verdrängt wird.
Es zeigt sich also, was so oft im Leben gilt: Die Dosis macht das Gift. In einer vom Menschen geprägten Kulturlandschaft ist sowohl ein Zuviel als auch ein Zuwenig an menschlichem Einfluss schädlich für die Biodiversität. Deshalb sei an dieser Stelle noch einmal die Wichtigkeit der Landschaftspflege durch extensive Beweidung hervorgehoben.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 16. Sep 2025, 09:54
von sempervirens
Als Mäßigsäurezeiger ist das gemeinsame Vorkommen von Spiranthes spiralis und Heidekraut (Calluna vulgaris) charakteristisch für ihre Lebensräume.

- Spiranthes mit Calluna
Ihr Auftreten auf Kalkmagerrasen neben Basenzeigern wie der Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich.

- Spiranthes zusammen mit Taubenskabiose und Co
Die Erklärung liegt vermutlich in einem intermediären pH-Wert des Bodens und vor allem in Nährstoffarmut + Beweidung. Unter diesen kargen und kurzrasigen Bedingungen ist der Konkurrenzdruck so gering, dass Spezialisten mit unterschiedlichen Ansprüchen koexistieren können, da keine Art die Kraft hat, die anderen zu dominieren und zu verdrängen.
Hier noch ein netter Massenaspekt von Stachys Germanica, der leider schon verblüht ist :

- Stachys Germanica
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 18. Sep 2025, 11:57
von sempervirens
Aktuell blühen ja insbesondere Enziane und Herbstzeitlose.
Hier Gentianella germanica der Fransen-Enzian.
Selbst mit geschlossenen Blüten hat er in Wiesen eine gewisse Fernwirkung:
Manche Exemplare sind sehr blütenreich:
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 18. Sep 2025, 12:04
von sempervirens
Die Pflanze ist deutlich schwerer zu übersehen als die Herbst-Drehwurz, bietet aber genau wie diese Schönheit in ihren Details wie bspw den namensgebenden Fransen in der Blüte:
Ein weiter Enzian
Gentianella ciliata der Fransen-Enzian ist zwar kleiner als der deutsche Fransen-Enzian ( Im Hintergrund noch zu sehen) ist aber aufgrund seines iridisierenden Blau seiner Blüte kaum zu übersehen:
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 18. Sep 2025, 12:24
von sempervirens
Leider war auch dieser Enzian aufgrund der Witterung geschlossen, durch den Wind sind die Bilder auch etwas verwackelt und unscharf gewesen, sodass ich bei den folgenden Digital etwas nachgeholfen habe und die Details etwas herausgearbeitet habe, sodass es etwas künstlich wirken könnte:
ich finde aber auf diese Weise kann man die filigranen Details dieses Enzian besser sehen.
Re: heimische Pflanzen an ihren natürlichen Standorten
Verfasst: 18. Sep 2025, 13:27
von Mediterraneus
Wunderschöne Schatzkästchen zeigst du da
Hier ist der Focus des Bund Naturschutz leider weg von der Artenvielfalt der Kulturlandschaft hin zu fast ausschließlich Wolf und Biber gewechselt, als gäbe es nichts anderes mehr. Damit lassen sich mehr Unterstützer vom Wohnzimmersofa holen, als durch poplige Wildblumen.