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Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 19. Okt 2023, 21:23
von Bergischer Apfel
Danke für den Link cydorian!

Ich habe in der Zwischenzeit noch weitere Untersuchungen gefunden und habe neue Erkenntnisse zu sehr bekannten und verbreiteten Sorten gefunden. Außerdem habe ich die erste Aufzählung von mir in diesem Thema überarbeitet.

https://journals.ashs.org/hortsci/view/journals/hortsci/57/3/article-p472.xml

https://nph.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/ppp3.10313

https://link.springer.com/article/10.1007/s10341-020-00483-0


Was ich spannend finde ist u.a. das auch in Cox Orange und Golden Delicious die Renette Franche drin steckt. Ich finde es naheliegend da sie ja auch in den Stammbäumen allermeisten sonstigen Tafeläpfeln enthalten ist.

Cox Orange´s zweite Elternsorte ist zwischenzeitlich auch bekannt, es ist Rosemary Russet! Die Elternsorte von Rosemary Russet ist Nonpareil welche wiederum von der Renette Franche abstammt. Schön zu sehen im zweiten Link.
Lustiger Weise habe ich auf meinem Multisortenbaum auf Cox Orange wissentlich die Muskatrenette (Margil) drauf veredelt und direkt daneben, ohne die Verwandtschaft zu wissen, letzes Jahr auch Rosemary Russet. Damit könnte ich in den nächsten Jahren theoretisch die Kreuzung wiederholen welche zu Cox Orange geführt hat.
Wäre spannend ob solche Kreuzungen, aus denen so bekannte Sorten "zufällig" entstanden sind, vielleicht sogar bessere Äpfel hervorbringen können, also einen "robusteren Cox" (es gitb ja sehr viel Nachfahren von Cox, darunter auch robustere Sorten, nur so als Beispiel).

Golden Delicious´s eine Elternsorte, Grimes Golden, ist ja ebenfalls schon bekannt gewesen, die zweite Elternsorte ist jedoch unbekannt. Im ersten Link kann man jetzt allerdings nachverfolgen das einerseits der Gelbe Bellefleur eine Großelternsorte von Golden Delicious ist und die Renette Franche sowohl die Großelternsorte von Grimes Golden und vom Gelben Bellefleur ist.

Das Ziel der Untersuchung war es ja den Stammbaum von Honeycrisp aufzurollen, dabei kam dann auch raus das die Sorte Northern Spy ebenfalls die Renette Franche als Großelelternsorte hat, heißt also sie steckt auch in Ontario und den MM - Unterlagen.
Insgesamt erweitert es nochmal deutlich die ohnehin schon reichen Nachfahren der Renette Franche.
In anderen Sorten steckt sie auch durch andere Vorfahren, z.B. in der Zabergäurenette durch die Goldparmäne oder im Brettacher durch die Champagnerrenette.

Ein anderes Thema, was mich auch schon in der ersten Untersuchung interessiert hat ist die Identität der Sorte "Dutch Mignonne", nach einiger Recherche ist sie tätsächlich identisch mit der Kasseler Renette bzw. ein Synonym dafür.
Sie scheint auch eine der sehr alten Sorten zu sein die in mehreren unserer heutigen sehr bekannten "alten Sorten" drinsteckt. Prominentes Beispiel scheint der allbekannte Boskoop zu sein, aber auch der Dülmener Rosenapfel, Zabergäurenette u.a.

Aufgefallen ist mir auch das der Danziger Kantapfel ebenfalls oft ein Elternteil von bekannten alten Sorten ist und sich somit wohl auch in die Gruppe der sehr alten Sorten bzw. "Gründer" einreihen kann.


Hier nochmal ein paar Herkünfte, nicht ganz sortiert. Natürlich immer mit einem kleinen "?" aber oft durch 2 Untersuchungen bestätigt oder auch so von der pomologischen Ähnlichkeit plausibel:


Ein paar Sorten die ich oben schon Erwähnt habe:

Goldparmäne = Orleans Renette x ?
Kaiser Wilhelm = Orleans Renette (2n) x ?
Harbert´s Renette = Orleans Renette (2n) x ?
Goldrenette von Blenheim = Orleans Renette (2n) x ?
Holzhäuser Renette = Orleans Renette (2n) x ?
Mulhaupts Renette = Orleans Renette (2n) x ?


Und viele triploide Apfelsorten (3n = 3 Chromosomensätze) :

Holsteiner Cox = Cox Orange (2n) x Ananasrenette (1n)

Neue Orleans Renette = Orleans Renette (2n) x Königlicher Kurzstiel (1n)

Schöner aus Boskoop = Kasseler Renette (2n) x ?

Rheinischer Winterrambur = Brabant Bellefleur (vielleicht identisch mit Roten Bellefleur?) (2n) x ?

Biesterfelder Renette = Danziger Kantapfel (2n) x Karmeliterrenette (1n)

Sächsischer Königsapfel = Danziger Kantapfel (2n) x ?

Zabergäurenette = Goldparmäne (2n) x Kasseler Renette (1n)

Brettacher = Öhringer Blutstreifling (2n) x Champagnerrenette (1n)

Englischer Prinz = Prinzenapfel (2n) x ?

Doppelter Prinzenapfel = Prinzenapfel (2n) x ?

Horneburger Pfannkuchenapfel = Boiken (2n) x Prinzenapfel (1n)
Das finde ich noch interessant da ja durchaus eine Ähnlichkeit zum Finkenwerder Herbstprinz besteht, der aus der selben Kreuzung (nur in diploid) entstammt, sowas hatte ich mir schon gedacht. Interessant auch das es schon die dritte durchaus bekannte Sorte aus dieser Verbindung ist, scheinbar alle als Zufallssämlinge enstanden (die andere Sorte ist der Glockenapfel).

Joseph Musch = Baumanns Renette (2n) x ?

Altmärker Goldrenette = Edelborsdorfer (2n) x ?

Davon pomologisch kaum zu unterscheiden der Seebaer Borsdorfer welcher als Edelborsdorfer verbreitet wurde (und wahrscheinlich noch wird), als Synonym auch Fromms Goldrenette hat.
Seebaer Borsdorfer = Edelborsdorfer (2n) x ?

Kanadarenette = Renette Franche (2n) x ?

Bremer Doodapfel = Reinette Franche (2n) x ?

Karmijn de Sonnaville = Cox Orange (2n) x Jonathan (1n)

Bischhofshut = (echter) Purpurroter Cousinot (2n) x ?

Klausdorfer Häger = (echter) Purpurroter Cousinot (2n) x ?

In der zweiten DGO - Bestimmung beschreibt Bannier den Kleinen Brünnerling als älteste der verschiedenen Brünnerlinge und als einzige diploide Sorte die anscheinend der Vorfahr der anderen Sorten ist. In dem zweiten Link steht die Akzession "Trat._Laze" als Elternsorte von Welschbrunner und Welschisner, es muss sich also um den Kleinen Brünnerling handeln.
Oberösterreichischer Brünnerling = Kleiner Brünnerling (2n) x ?
Welschbrunner = Kleiner Brünnerling (2n) x ?
Welschisner = Kleiner Brünnerling (2n) x ?

Einmal taucht "Trat._Laze" auch als 1n Eltenteil auf:
Bühlers Erdbeerapfel = "Roter_Gestreifter_Astrachan" (roter Astrachan?) (2n) x Kleiner Brünnerling (1n)

Igstader Matapfel = Brauner Matapfel (2n) x ?

Roter Münsterländer Borsdorfer = Gelber Münsterländer Borsdorfer (2n) x ?

Schöner aus Haseldorf = Peason (2n) x ?

Schöner aus Wiedenbrück = Ribonde (2n) x Prinzenapfel (1n)

Riesenboiken = Boiken (2n) x ?
(Passende Namensgebung auf jeden Fall)

King of Tokins County = Esopus Spitzenburg (2n) x ?


Ein kleines Fragezeigen habe ich bei "Edler von Leipzig" und "Edler aus Leipzig" in dem zweiten Link. Beide haben Boiken als 2n - Elternteil, einer Kaiser Alexander und der andere die Kasseler Renette als 1n - Elternteil.



Und weitere diploide Apfelsorten:

Allington Pepping = Dumelow's Seedling x Cox Orange (nicht Cox x Goldparmäne wie gedacht)

Cellini = Kaiser Alexander x Langtons Sondergleichen (Alexander schon bekannt in erster Untersuchung)

Königlicher Kurzstiel = Brabant Bellefleur (Roter Bellefleur?) x ?

Cox Pomona = Kaiser Alexander x (Golden_Harvey x (Reinette_Franche x Reinette_des_Carmes)) (Kaiser Alexander war bekannt)


LG

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 19. Okt 2023, 21:33
von cydorian
Man will natürlich was präsentieren in den Studien mit den teuren Abstammungsuntersuchungen, aber nicht alles ist neu, sondern nur bestätigt. Dass die Edelrenette (so heisst sie in Deutschland immer schon, https://library.wur.nl/speccol/fruitvrij/aepfel/Aepf2/Ae085.htm , ich hab sie übrigens auch wenn sie wirklich echt ist) eine wichtige Basis im Stammbaum vieler Sorten ist, war lange bekannt. Auch die Ananas-Renette ist eine wichtige Stammbaumsorte.

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 16. Okt 2024, 12:28
von Bergischer Apfel
Hallo,

zur Info: Die Mikrosatteliten/SSR Daten der DGO sind veröffentlicht worden: https://www.openagrar.de/receive/openag ... s_00092714

Damit kann man jetzt bei vermuteter Verwandtschaft selber ein paar Sorten abgleichen. Es müssen also an jedem Genort 50% der Zahlen übereinstimmen, vereinfacht gesagt. Ich habe es spontan mal mit dem Teltower Wintergravensteiner versucht und siehe da: Der Elternteil der 1n beigetragen hat ist laut den Daten der Weiße Wintertaffetapfel!

LG

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 22. Okt 2024, 23:20
von Mainsand
Hallo Bergischer Apfel,
dein Post ist spannend, aber so ganz hab ich es noch nicht kapiert. Vielleicht könntest du so freundlich sein und es noch ein bisschen genauer erklären. Ich hab mir mal Cellini mit seinen beiden Eltern, Kaiser Alexander und Langston Sondergleichen geschnappt und diese Genmarker verglichen.

Von den 68 Markern sind 36 gleich bei allen, 10 nur gleich mit Kaiser Alexander und 11 nur gleich mit Langston Sondergleichen und bei 11 ist passt kein Elternmarker. Dass die 36 bei allen gleich sind könnte ich mir als nicht Genetiker ja noch mit Verwandschaft erklären, aber dass 11 unterschiedlich zu den Eltern sind verwirrt mich. Und die 50% von einem und 50% vom anderen seh' ich nicht.
Viele Grüße, Mainsand

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 23. Okt 2024, 01:03
von Bergischer Apfel
Hallo,
ja es ist schon recht schwer zu verstehen wenn man sich nicht schon länger mit Genetik beschäftigt hat.

Meine Aussage zum Teltower Wintergavensteiner war auch nicht ganz richtig, der Weiße Wintertaffetapfel ist entweder die reduzierte Elternsorte, Elternsorte der unreduzierten Elternsorte oder hat den selben Stammbaum wie die triploide Sorte, (ermittelt mit dem POR-2 Test). Genau so der Danziger Kantapfel.
Es ist gar nicht so einfach, bei zwei unbekannten Elternsorten da wirklich was zu finden, und bei einer unbekannten ist die meistens nicht unter den untersuchten Sorten. Bei triploiden Sorten ist es auch nicht ganz leicht, da häufig nicht alle drei Varianten erfasst werden konnten und man sich wegen der drei Varianten eher irren kann. Es können ja auch eng verwandte Sorten sein.

Es wurden 17 Genorte untersucht, von "H" bis "BW" ist nicht jede Spalte ein Marker, es werden die Ergebnisse der 17 Genorte, mit ihren zwei (bei diploiden), drei (bei triploiden) oder vier (bei tetraploiden Sorten) Allelen/Genvarianten angezeigt. Beim ersten Gen sind an der ersten Spalte 19 verschiedene Allele, in der zweiten 17 verschiedene Allele möglich, jede Sorte hat ihre einzigartige Kombination der verschiedenen Genvarianten.

Die Fortpflanzung funktioniert vereinfacht gesagt so, das von den beiden Varianten (2n) je eine (1n), welche, ist dabei zufällig, an den Nachkommen weitergegeben wird. Das Selbe passiert bei der anderen Elternsorte. Deswegen sind Sämlinge meist irgendwie ähnlich zu den Elternsorten und den Geschwistern, aber doch immer etwas völlig eigenes. Beim Apfel gibt es wohl 42140 Gene, das mal die Varianten die es gibt, und deren Kombinationsmöglichkeiten. Kann gut sein das ich mich verrechnet habe aber das wären bei im Schnitt 20 Varianten von jedem Gen ungefähr 311810429200000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 verschiedene Kombinationsmöglichkeiten.

Beim Cellini ist das gut zu sehen. Oben Cellini, als zweites Kaiser Alexander, als drittes Langtons Sondergleichen. Beim ersten Gen hat Cellini die 112 von KA, die 129 von LS, beim zweiten die 173 von KA, die 175 von LS, beim dritten die 186 von KA, die 206 von LS, beim vierten die 112 von KA, die 110 von LS und schließlich beim fünften die 165 von KA, die 179 von LS.
Bild

Ich bin noch lange nicht fertig, habe aber z.B. von der prominenten Goldparmäne 7 diploide Sorten gefunden, die wohl von ihr Abstammen, nach der anderen Elternsorte habe ich noch nicht gesucht.
Bayhs Mostapfel
Erstetter Luiken
Fraas Sommerkalvill
Körler Edelapfel
Maischrenette
Schöner aus Berwangen
Spielberger Wieslesapfel

Die triploide Hildesheimer Goldrenette ebenso, welche auch als ähnlich einer großen Goldparmäne beschrieben wird, es also nicht so verwunderlich ist. Bei der Hansa Renette habe ich erst angenommen das sie diploid ist da sich nur an einem Ort 3 Allele zeigen, sie stammt auch irgendwie von der Goldparmäne, und anscheinend von Ontario ab.

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 23. Okt 2024, 02:02
von Mainsand
Danke für deine schnelle und ausführliche Erklärung, Bergischer Apfel. Vielleicht versuche ich mich mal in den nächsten Tagen an einem einfachen Programm. Beim einfachen diploiden Erbverlauf, sollte das ja zB mit Python gar nicht so schwer sein.

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 23. Okt 2024, 13:32
von Bergischer Apfel
Hallo Mainsand, kein Problem, ja das wäre cool :) .

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 25. Okt 2024, 00:05
von Bursche
Bergischer Apfel hat geschrieben: 23. Okt 2024, 01:03 Ich bin noch lange nicht fertig, habe aber z.B. von der prominenten Goldparmäne 7 diploide Sorten gefunden, die wohl von ihr Abstammen, nach der anderen Elternsorte habe ich noch nicht gesucht.
Mir ist das noch nicht ganz klar, wie du bestimmst, dass es eine Elternsorte sein soll. Ich hab mir jetzt auch mal ein kleines Programm geschrieben, das zu allen 17 Genorten eines Apfels Entsprechungen bei den anderen Sorten sucht, bzw. die Anzahl Entsprechungen bei allen Apfelsorten bestimmt. Das Ergebnis ist also eine Zahl zwischen 0 und 17. Beim Goldparmäner sind es 35 Sorten, die in allen 17 Genorten mindestens eine Übereinstimmung haben, 12 Sorten mit 16 Genorten mit min einer Übereinstimmung usw.
Wenn die Genweitergabe wirklich zufällig ist, könnte man doch nur durch die Kombination zweier Elternteile auf die Elternschaft schließen, oder? Sonst könnte bei einer geringen Übereinstimmung ja der Rest, also der große Teil Nichtübereinstimmung vom anderen, unbekannten Elternteil kommen und selbst ein Apfel mit wenig genetischer Ähnlichkeit könnte Nachkomme sein. Oder gibt es da noch Randbedingungen die man berücksichtigen kann?
Genvergleich.PNG

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 25. Okt 2024, 01:50
von Mainsand
Mein Programm ist auch fertig und ich komme auf das gleiche Ergebnis. ~50 Zeilen Python-Code, wenn es jemandem hilft und das Forum Code nicht rausfiltert, kann ich es gern hier posten.

Für den Elterntest hatte ich überlegt eine bekannte oder angenommene Elternsorte zu nutzen und mit dem Kind zu vergleichen. Dann kann man die gleichen Marker streichen und entsprechend nach dem anderen Elter suchen. Ich denke aber, das das nicht klappen wird. Bei der Goldparmäne stimmen im Schnitt 8,5 Marker mit allen anderen Sorten überein. Und dadurch gibt es sehr wahrscheinlich zwischen bekanntem Elter und Kind neben den vererbten Genen auch einige zufällig gleiche Gene. Entsprechend streicht man vermutlich nicht nur die vererbten Gene, sondern auch ein paar zufällig gleiche. Und dann kann man das andere Elter nicht mehr richtig finden. Vielleicht probiere ich es nächste Woche trotzdem noch mal aus.

Bursche, wahrscheinlich ist also deine Technik geschickter aus den ermittelten Verwandten alle möglichen Paare zu bilden und mit denen das gesamte Erbgut zu suchen.

Hier noch die Sorten mit 17 gleichen Markern, also wahrscheinliche direkte Verwandte:
81 Goldparmäne
82 Kaiser Wilhelm
117 Gartenmeister Simon
139 MD_0186
227 Linsenhofer Sämling
257 Kardinal Bea
274 Hildesheimer Goldrenette
348 Harberts Renette
357 Neue Orleans Renette
392 Strauwalds Parmäne
424 Zabergäurenette
545 Laxtons Triumph
596 Röthaer Blenheim
602 Schöner aus Mlejew
768 Schöner aus Berwangen
773 Tannenkrüger
823 Orleans Renette
824 Holzhäuser Renette An
860 MD_1020
861 Schöner aus Dorla
883 Maischrenette
975 Ulmer Beckapfel An
997 Königsapfel aus Ulm
1075 Erstetter Luiken
1120 Wittgensteiner Glasapfel
1169 MD_1355
1178 MD_1364
1199 Schorndorfer Renette
1266 MD_1471
1275 Reinette d'Anjou
1280 MD_1491
1281 Rheinlands Ruhm
1287 MD_1502
1299 Körler Edelapfel
1364 Süßapfel Nr. 1509 An
1369 Deutscher Goldpepping

Allerdings ist auch die "neue Orleans Renette" dabei, die ja vermutlich eher eine anderes Kind der Orleans Renette ist.

und mit 16 gleichen Markern, also direkte Verwandte mit einer Mutation (oder einem sehr ähnlichen Erbgut)
18 Bayhs Mostapfel
247 Karmeliter Renette
279 Goldrenette von Blenheim
289 Biesterfelder Renette
394 Hansa Renette
460 Geheimrat Wesener
464 Fraas Sommerkalvill
597 MD_0720_a
651 MD_0783
771 Spielberger Wieslesapfel
840 MD_0994
994 Fränkischer Süßapfel An

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 25. Okt 2024, 23:13
von knoepfle
Das Beispiel vom Cellini zeigt schön, wie jedes Elternteil genau die Hälfte beisteuert. Deswegen habe ich mal den Brettacher ausprobiert, der eine Kreuzung aus Champagnerrenette und wahrscheinlich Jakob Lebel sein soll. Der Jakob Lebel passt von seinen Allelen überhaupt nicht, die CR aber sehr wohl (mit Einschränkung, dazu später). Wenn man von den Allelen des Brettachers abzieht, was die CR beitragen kann, weiß man, was der andere Partner mitbringen muss. Und wenn man danach sucht, erhält man den Öhringer Blutstreifling. Kaum älter, aber immerhin aus der direkten Nachbarschaft. Er würde absolut perfekt passen, denn bei allen Genen, die beim Brettacher dreifach vorliegen, kämen immer zwei vom ÖB und eine von der CR. Aber bei den letzten 5 Genen (deren Überschrift gelb hinterlegt ist) würde die CR drei mal gar nichts beitragen, sondern nur der ÖB.
Dasselbe beim Siebenkant. Kombiniert man Weißer Winterkalvill mit dem Weißen Wintertaffetapfel, könnte man den Siebenkant erhalten. Bis auf Gen CH04f10 (das 5. Gen von rechts in der Tabelle), das wird beim Siebenkant als 190-190 angegeben. Der Winterkalvill hätte 190-241 und der Wintertaffet 235-235 und hätte somit nichts beigetragen.

Kann man sich darauf verlassen, dass bei jedem aufgeführten Gen BEIDE Eltern einen genetischen Beitrag leisten? Oder haben vielleicht die gelb markierten Gene eine Sonderrolle?

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 30. Okt 2024, 18:30
von Bergischer Apfel
Wow, vielen Dank! Ich hatte die letzten tage wenig Zeit mal drüber zu gucken, das sieht auf jeden Fall mega interessant aus und es sind wieder ein paar Eltern darunter die ich noch nicht kannte.

Bei den Sorten der Verwadntschaft mit Goldparmäne sieht man auch schon die ganzen triploiden Sorten, welche von de Orelans abstammen, also Kaiser Wilhelm, Harberts, Neue Orleans, Röthaer Blenheim, Goldtenette von Blenheim u.a. Die haben natürlich auch eine Kopie gemeinsam, da sie den kompletten Gensatz von der Orleans geerbt haben.

@Bursche: Wenn die Sorten 17 übereinstimmende Genorte haben, sind sie sehr sicher in erster Generaton miteinander verwandt, bei den 16 sind es dann vielleicht Untersuchungsfehler oder serh enge Verwadntschaft in einer andern Generation.
Die Genweitergabe ist zufällig, sie bekommen aber immer den halben Gensatz der Elternsorte, deswegen kann ein Apfel mit wenig übereinstimmungen auch kein direkter Nachkomme sein. Oft kann man auch abschätzen, welche die ältere Sorte ist. Und halt mit der anderen Hälfte auch Sortensuche gehen.

Ich habe ja gar keine Ahnung on Programmieren, könnte man da irgendwie alle Sorten durchlaufen lassen und die übereinstimmenden Marker finden? Oder geht das nur einzeln? Und wie komme ich an so ein Programm?

Interessante Elternsorten wären wahrscheinlich u.a. noch Reinette Franche, Orleans, Kaiser Alexander, Danzinger Kantapfel oder Ananasrenette :).

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 3. Nov 2024, 13:18
von Bursche
Hier mal das Programm als Exe für Windows. Einfach entzippen und per Doppelklick starten, keine Installation nötig. Die Apfel-Daten sind im Programm eingebunden. Benutzung sollte selbsterklärend sein. Gewünschte Sorte in der Tabelle anklicken und dann den Knopf "Sorte Auswerten" drücken. In der orangenen Spalte "Matches" wird dann die Anzahl an Genorten angezeigt, die mindestens eine Übereinstimmung am Genort der Vergleichssorte hat. Mehr Funktionalität gibt es bisher nicht.

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 3. Nov 2024, 13:26
von Bursche
Bergischer Apfel hat geschrieben: 30. Okt 2024, 18:30 sie bekommen aber immer den halben Gensatz der Elternsorte
OK, dann hab ichs verstanden.

Ich hab mir schon überlegt auch doppelte Gleichheit an einem Genort auszuwerten. Das hilft dann zwar nicht bei der Frage der Abstammung, könnte aber einen Hinweis auf Ähnlichkeit geben und evtl auch auf mehrfache Einkreuzung hinweisen?
Ich habe ja gar keine Ahnung on Programmieren, könnte man da irgendwie alle Sorten durchlaufen lassen und die übereinstimmenden Marker finden? Oder geht das nur einzeln?
Man kann prinzipiell alles machen, ist halt immer ein gewisser Aufwand. Man muss sich auch Gedanken über die Darstellung der Ergebnisse machen. Wenn man alles durchläuft, was möchte man dann darstellen? Alle Sorten mit 17 "Treffern" oder zu jeder Sorte ein oder mehrere mögliche Elternpaare finden?

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 3. Nov 2024, 13:52
von meiby
Zitat aus Ariane Müller, Dankwart Seipp, Apfelsorten in Deutschland:

Die größte SNP-Datensammlung wurde von Nicholas Howard im Rahmen
des Projektes Groß angelegte Zusammenarbeit bei der Prüfung der Abstammungen
von Apfelsorten an der Carl-von-Ossietzky Universität in Oldenburg und der
Universität von Minnesota, USA zusammengetragen. Diese Datensammlung fußt
auf den Untersuchungen und Ergebnissen aus verschiedenen Einzelprojekten und
umfasst zur Zeit mehr als 4000 Apfelsorten und Züchtungsmaterial. Ähnlich wie
in der SSR Datensammlung sind in dieser SNP-Datensammlung Prüfungen auf
Duplikate möglich, aber es können auch von vielen Apfelsorten die Abstammungen
mit den beteiligten Elternsorten nachgewiesen werden. Inzwischen liegen einige
Veröffentlichungen vor, in denen auf der Basis von SNP-Daten viele Eltern von
einzelnen Sorten ermittelt werden konnten. Kürzlich sind die Daten auch genutzt
worden, um komplexere Verwandtschaftsverhältnisse wie Geschwistersorten oder
Großelternsorten mit deren Enkelsorten und noch weitere Beziehungen darzu-
stellen. (Howard u.a. 2021). Mit diesen Forschungen zur Genetik von Apfelsorten
kann Licht in die Geschichte von vielen Apfelsorten gebracht werden.
Vielleicht hilft dies https://www.openagrar.de/receive/opena ... s_00092714
bzw. diese darinaufgeführte Excel-Tabelle https://www.openagrar.de/servlets/MCRFi ... 31218.xlsx

Re: Genetische Verwandtschaft europäischer Apfelsorten

Verfasst: 3. Nov 2024, 19:36
von Bergischer Apfel
Hey Bursche,

das ist super! Wirklich eine große Erleichterung. Die triploiden oder solche Sorten mit viel Verwandtschaft wie Orleans, Goldparmäne, Kaseler Renette und deren Nachkommen sind immer noch etwas "tricky" bzw. braucht man dafür schon ein wenig Vorwissen. Ich habe heute mal den ganzen Tag damit rumprobiert und viele interessante Kombinationen gefunden. Ich werde vorraussichtlich um Neujahr rum mal eine Zusammenfassung, mit allem was ich so gefunden habe hier reinstellen.

Besonders interessant finde ich das neben Glockenapfel, Finkenwerder Herbstprinz und Horneburger Pfannkuchen noch eine vierte Sorte, nämlich der Wilstedter Apfel aus der Kombi Prinzenapfel x Boikenapfel oder umgekehrt herausgekommen ist. Da scheint es eine gute Quote zu geben :).

@hackman: Was ist das für ein Link so ganz ohne Berschreibung?

LG