Hallo Martina,jetzt war ich ein paar Tage nicht im Net, und dann sowas! Du drehst Dich ja gehörig im Kreis herum, aber uns ist es genauso gegangen wie Dir, als wir unseren Hausbaum gesucht haben.Zunächst: ich denke Du solltest Dir 2 Dinge nochmal genau überlegen:1) zukünftiger Standort des Baumes: Wind-, Boden- und Lichtverhältnisse, Euer örtliches Klima, Kleinklima am zukünftigen Standort.Grund dafür: nur ein Baum, der sich an seinem Standort wohlfühlt ist ein gesunder und schöner Baum, und manche fallen einfach aufgrund der örtlichen Gegebenheiten weg.2) was erwartet Ihr von dem Baum: soll er "einfach" der dreidimensionale Hingucker sein, wie oft im Jahr seht Ihr ihn, z.B. vom Wohnzimmerfenster aus? Wie wichtig ist es Euch, daß er das ganze Jahr schön aussieht oder etwas Besonderes bietet wie Blüten, Früchte, Herbstfärbung, Wuchsform, Rinde? Was ist schön für Euch? Soll unter dem Baum noch etwas wachsen? Oder soll der Baum in erster Linie der Schattenspender für einen Sommersitzplatz sein?Ich denke, wenn Ihr diese Punkte geklärt habt, wird sich der Kreis der möglichen Kandidaten einengen und wir können zusammen gezielter suchen.So, jetzt versuche ich mal die Kreiserei etwas aufzudröseln:Sorbus (hattest Du im letzten Thread nach gefragt): ergeben im Alleinstand wunderschöne Bäume mit runder Krone, wenn sie sich wohlfühlen. Im Alpenvorland habe ich schon traumhafte Exemplare in den Hausgärten gesehen, hier bei uns kümmern sie und sind ständig krank. Wenn Dich Sorbus interessiert, schau in der Nachbarschaft, wie sie dort aussehen. Malus: wir haben 4: malus Golden Hornet und Evereste, beide auf Hochstamm, jetzt etwa 4 m hoch, sie sind noch jung. Golden Hornet blüht weiß mit rosaroten Knospen, wächst eher aufrecht, bildet Massen von goldgelben Äpfelchen, die leider recht schnell von den Vögeln gefressen werden, weil sie nicht sonderlich frostresitent sind. Evereste blüht ähnlich wie Golden Hornet, wächst aber mehr rundlich, hat hübsches graugrünes Laub, die Äpfelchen sind rotorange und bleiben bis weit in den Winter hängen, weil sie sehr frostresistent sind und nicht so schnell in Vogelmägen enden, das sieht im Winter aus wie ein geschmückter Weihnachtsbaum. Dann die Sträucher: malus Liset (ist eigentlich ein Baum, wir haben aber aus Platzgründen die Strauchform) und malus Tina. Tina blüht auch weiß, bleibt für einen Apfelbaum winzig und bildet Unmassen von winzigen orangeroten Äpfelchen, die aber in kürzester Zeit gefressen sind. Malus Liset hat rotes Laub, das im Laufe des Jahres vergrünt, wächst kugelig bis leicht überhängend, hat weinrote Blüten und sehr kleine dunkelrote Äpfelchen, die ebenfalls sehr frostresitent sind. Ausgesucht haben wir diese Sorten, weil sie weitgehend schorfresistent sind, von Schorf zermatschte und verpickelte Zieräpfel sind nunmal keine besondere Zierde.Feuerbrand: die Gefährdung ist zunächst mal sehr davon abhängig, ob Ihr in einem professionellen Obstanbaugebiet wohnt, in solchen Gebieten ist Feuerbrand ein Problem, ansonsten vernachlässigbar. Am anfälligsten sind die hohen Cotoneaster-Sorten, von den Obst-Sorten ist Birne die Anfälligste, Apfel ist im Vergleich dazu gering anfällig. Wir haben eine der anfälligsten Sorten im Garten, den Cotoneaster salicifolus flocculosus, wenn in unserem Rosaceen-Garten der Feuerbrand ausbricht, der bekommt es dann ziemlich zuerst, bisher ist aber nichts passiert.Prunus (beschränkt auf Zierkirschen): da haben wir folgende: Kiku-Shidare-zakura auf Halbstamm, die hier inzwischen wie alle serrulata-Formen sehr monilia-anfällig ist (sieht fast so aus wie Feuerbrand). Unser hiesiger Gehölzgärtner hat sie und alle anderen serrulata-Abkömmlinge jetzt aus dem Programm geschmissen, er sagt, er bekäme auch über Bruns z.B. nur noch monilia-verseuchte Pflanzen. Bei meiner hält es sich noch in Grenzen, aber es ist einfach traurig, wenn wieder mal ein ganzer Ast abgeschnitten werden muß, weil er braun und verdorrt ist, der überhängend-bizarre Wuchs wird dadurch weitgehend zerstört. Da ich mit Hortu einer Meinung bin, daß ihre Blüten, wie bei Kanzan nur kitschig sind, sie außerdem Probleme macht, sind ihre Tage gezählt. Die nächsten sind 2 Kugelsteppenkirschen auf Hochstamm als Sichtschutz an der Terrasse mit Wolken von winzigen zarten weißen Blütchen, denen im Herbst eine schöne goldene Herbstfärbung folgt, ab und zu findet man auch ein schwarzes Minikirschlein, das die Vögel übersehen haben, völlig monilia-frei.Die 3. im Bunde ist eine Fukubana, prunus autumnalis x irgendwas, einfache rosa, zipfelige Blüten im April, rötlicher Austrieb im Frühjahr, rotorange Herbstfärbung, schöner grazil überhängender Wuchs, keine Monilia. Mein Liebling unter den prunus ist allerdings prunus sargentii, die leider für unseren Garten viel zu groß wird, die ich deshalb nur im Boga Frankfurt bestaunen darf.In meinen Augen die schönste unserer Rosaceen ist Mespilus germanica mit ihren graugrünen Blättern mit weißfilziger Unterseite, im Vergleich zu malus und prunus riesigen weißen einfachen schalenförmigen Blüten im Ende Mai/Juni, ihrem leicht bizarren, schirmartig-breit bis leicht überhängendem Wuchs und ihren braunen Früchten, die bis weit in den Winter im Baum hängenbleiben und dann einen wirklich schönen Anblick bieten bis sie in Tiermägen verschwunden sind. Insgesamt wirkt der Baum sehr mediterran.Pyrus calleryana Chanticleer: wird inzwischen in der Südpfalz häufig als Straßenbaum eingesetzt, weil sie einen hübschen straff aufrechten bis pyramidalen Wuchs hat (behindert den Straßenverkehr nicht) und sehr trockenheitsresistent ist. Ob Du ihr die Wärme und Trockenheit, die sie braucht, geben kannst, hängt halt von den Verhältnissen an Deinem Standort ab.Weiden: eine Kopfweidenallee an einem Kanal am Niederrhein ist schön, eine veritable Trauerweide an einem See ist schön, aber diese verdrehten Korkenzieherweiden und -haseln, für mich gibt es im Pflanzenreich kaum etwas Häßlicheres, wenn man dann noch bedenkt, daß dieses Verdrehte durch eine Virusinfektion hervorgerufen und dann die kranke Pflanze vegetativ weiter vermehrt wird...Ist eben Geschmackssache.Bei dem vorherigen Paar sieht man auch, wie wichtig eine gute Standortbestimmung sit: eine Weide wird an einem Standort, an dem sich Pyrus calleryana wohlfühlt nur dahin vegetieren, umgekehrt die P.c. an einem für Weiden gut geeignetem Standort.Goldrobinie: wir haben 8 Jahre in Düsseldorf an einer Allee aus Robinien gewohnt. Die normale Robinie dürfte ähnlich windunempfindlich sein wie die Goldrobinie, die Straße war durch die Häuser rundherum gut geschützt.Trotzdem sind bei viel Wind immer wieder Äste abgebrochen, andere Straßenbäume wie Ahorn, Linde, Kastanie, Crataegus- und Sorbus-Arten hat das in der Regel nicht mal gekratzt. Ende vom Lied: die Allee wurde gerodet und gegen Sorbus aria, die Mehlbeere ersetzt, ein stadtklimafester Baum, der wenig Probleme macht und mit seinen langhaftenden roten Beeren auch im Winter schön ist.Es gibt noch 2 gute Seiten über Gehölze:
www.lve.de, da muß man sich mit Passwort anmelden, dann kann man aber nach Herzenslust stöbern und
www.bruns.de, dort sind im wesentlichen die Warda-Texte zu den Pflanzen veröffentlicht. Viel Spaß noch beim Suchen!Grüße Karin
Habe nur "Mespilus germanicus" in "Mespilus germanica" geändert, damit man das beim Suchen auch findet. Danke für die ausführliche Beschreibung Karin! Grüße, Iris