Re:Samtfleckenresistente Tomatensorten?
Verfasst: 21. Feb 2012, 12:59
Nein, gerade eben deshalb nicht. Samtflecken sind ein Problem des ungenügend belüfteten Anbaus unter Glas. Das ist eine relativ neue Erscheinung.Um Samtfleckenresistenz zu erhalten, muss zwingend eine Sorte mit Samtfleckenresistenz eingekreuzt werden (denn irgendwoher muss diese kommen). Wenn bisher kein Problem mit Samtflecken bestand (Begründung siehe oben), dann hat man auch nicht nach diesem Kriterium selektiert. Man hat nach Aussehen, Fruchtgröße, Ertrag, Geschmack, Haltbarkeit und was auch immer sortiert, aber nicht nach Resistenz gegen Samtflecken.Ein Einkreuzen von Samtfleckenresistenz kann daher in der Vergangenheit niemals absichtlich erfolgt sein.Bleibt also nur der Zufall. Ein sehr sehr unwahrscheinlicher Zufall, weil die gewünschten Kultursorten großfrüchtig, wohlschmeckend und ertragreich sind. Die resistenten Wildsorten sind hingegen kleinfrüchtig, wenig ertragreich und haben teilweise ungenießbare Früchte.Man sieht schon worauf ich hinaus will: Solche Sorten wurden selten nebeneinader angebaut und die Folgen einer Verkreuzung wären größtenteils unerwünscht gewesen.Wenn also eine solche Wildform durch einen unerwünschten Zufall eingekreuzt wurde, dann hat man früher alles daran gesetzt, um überwiegend unerwünschten Eigenschaften wie Kleinfrüchtigkeit und schwachen Ertrag weniger schmackhafter Früchte wieder auszumerzen (also zumeist: Den Zufallssämling nicht weiter vermehren).Dabei sind die Chancen hoch, das man diese potentielle Resistenz über die Jahre wieder herausgezüchtet hat, weil sie zunächst nahe mit den unerwünschten Eigenschaften verbunden ist. Man hat also das Gegenteil von dem getan, was zu einer Sorte mit umfassender Samtfleckenresistenz führt.Wer etliche hundert Quadratmeter Gewächshausfläche zur Verfügung hat und bereit ist, diese intensiv mit Cladosporium zu kontaminieren und über viele Jahre die Freizeit ganz unentgeldlich zu opfern, nur zu. Es springen defintiv viele kleine leckere Tomaten dabei heraus.Welche Wildformen eine ausgeprägte Resistenz gegen Samtflecken zeigen, findet man leicht heraus (jeder kann das googln). Dann müssen nurnoch Kultursorten zusammengesammelt werden, welche diesen Wildformen möglichst nahe stehen (zB kleinfrüchtig Cherrytomaten) um die erfolgversprechensten Kandidaten für die Suche zu finden. Wer genug Geld hat, kann dann die nötigen Gentests machen um seine Auswahl zu verfeinern und nach jedem Jahr die individuellen Erfolgsaussichten neu auszuloten, oder solange Versuche anstellen, bis man vermeintlich aussichtslose Kandidaten aufgibt. Wenn dann am Ende die Erkenntnis steht, das es eine solche Kultursorte offenbar unter den durchsuchten Pflanzen nicht gibt, dann hat man leider Pech gehabt und garnichts in der Hand - aber hat viele Jahre mit einem schönen Hobby verbracht, massenweise leckere Tomaten produziert - und es bleibt die Hoffnung, das unter den Abertausenden verbleibenden Sorten doch noch irgendwo ein Schatz schlummert.Die Alternative, seine eigene Sorte zu kreuzen bzw eine bestehende Hybridsorte zu stabilisieren, führt garantiert zu einem Teilergebnis, das über kurz oder lang mit einem Erfolgserlebnis verbunden ist, aber leider keinen einzigen Cent einbringt... habe ich eigentlich schon erwähnt, das ein Korn der wohlschmeckenden, frühen, ertragreichen, optisch ansprechenden, [hier weitere Lobhudeleien einfügen], Sorte Diplom F1 ca 11Cent kostet und sich daraus jeweils ein dutzend Stecklinge gewinnen lassen, sodass man pro Pflanze weniger als einen Eurocent ausgibt...?Ich sehe schon, das man am liebsten alles sofort und gratis will - das geht mir nicht anders - aber keiner möchte sich gratis die Arbeit für alle anderen machen.-TillAber gerade weil Resistenzen nicht vom Himmel fallen müssten sie schon in alten Sorten existieren.