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Laubbaumbestimmung (Amerikanische Gleditschie?) (Gelesen 6086 mal)
Moderator: AndreasR
Re:Laubbaumbestimmung (Amerikanische Gleditschie?)
der letzte garten, den ich übernahm, hatte vorher einem imker gehört und war neben herkulesstaude voller ailanthus - bäumchen, die sich offenbar hauptsächlich über wurzelschößling vermehren. zumindest bei mir.in new york heißen sie übrigens "garbage tree" und hier in frankfurt wachsen sie in jedem ungepflegten vorgarten. .durch fällen und dauerndes abhacken der schößlinge habe ich sie an den zaun gedrängt, wo sie mir durch ihre tropischen habitus große freude bereiten.warum man vor ihnen warnt, weiß ich nicht. vorbeugende xenophobie wahrscheinlich.gruß
Re:Laubbaumbestimmung (Amerikanische Gleditschie?)
Eine wachsende Zahl invasiver Neophyten trägt dazu bei, heimische Pflanzenarten und -gemeinschaften zu verdrängen. An die gebietsweise verdrängten Pflanzenarten oder -gemeinschaften gebundene Tierarten gehen zwangsläufig ebenfalls zurück. In unserer Region (unteres Saaletal) bildeten Fingerkraut-Eichen-Trockenwälder die historische Waldvegetation und stellen auch heute noch die potentiell natürliche Vegetation dar. Diese Wälder sind ausgesprochen reich an hoch an extreme Standortbedingungen angepassten Arten. Heute gibt es diesen Waldtyp so gut wie nicht mehr, an seine Stelle sind Robinienbestände getreten. Die Robinie wurde forstlich eingebracht, breitet sich allerdings extrem aus und stellt heute die häufigste Baumart in unserer Region dar. Da sie die Standortbedingungen durch Luftstickstoffbindung und Bodenversauerung (v. a. in Hanglagen) gravierend verändert, ist auch die Bodenvegetation vom Wandel der Waldgesellschaft betroffen. Anstelle der früher vorkommenden, allgemein in Deutschland seltenen Arten sind heute nur noch Taube Trespe, Kletten-Labkraut und Große Brennnessel im Unterwuchs der Bestände zu finden. Eichen können im Unterwuchs der Robinie nicht mehr aufkommen, Winter-Linde, Hainbuche und Feld-Ahorn ebenfalls nicht.Ein anderes Beispiel ist die Spätblühende Traubenkirsche, die sich vorrangig auf den Standorten der bodensauren Eichen-Birken-Kiefernwälder ausgebreitet hat und weiter ausbreitet. Früher waren diese Wälder ebenfalls reich an seltenen Arten. Aufgrund der Lichtheit der Bestände kamen Heidekraut und Beersträucher regelmäßig großflächig vor. Da die Spätblühende Traubenkirsche stärker schattet, werden lichtliebende Pflanzen unter ihr verdrängt. Für das Wild ist sie aufgrund giftiger Inhaltsstoffe keine Äsung, lediglich Drosseln erfreuen sich an den Früchten.Die mit der Ausbreitung des Eschen-Ahorns verbundene Veränderung von Auenwäldern hatte ich an anderer Stelle bereits beschrieben.Sind das wünschenswerte Veränderungen? Es handelt sich immerhin nicht um Bereicherung durch das zusätzliche Auftreten einer gebietsweise neuen Art, sondern um einen grundlegenden Wandel unter teilweisem, oft weitgehenden und nicht selten gebietsweise völligem Verlust heimischer Ökosysteme. In anderen Regionen der Erde wurden durch einzelne Arten invasiver Neophyten ganze Ökosysteme ausgelöscht.Ich persönlich halte es für völlig verfehlt, den Begriff der Xenophobie auf den Umgang mit Neophyten anzuwenden. Der Begriff wird m. E. üblicherweise dazu verwandt, das Verhältnis eines Menschen oder einer Gruppe zu Menschen anderer Kulturkreise oder geografischer Herkunft zu beschreiben. Mithin steht der Begriff der Xenophobie inhaltlich dem Rassismus nahe, der einem auf die eigene kulturelle und regionale Herkunft zentrierten Weltbild enstpringt und im Regelfall mit mangelnder Kenntnis der abgelehnten Gruppe(n) anderer Menschen gepaart ist. Nun können aber Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft und Rassezugehörigkeit ohne Zweifel nebeneinander existieren, ohne dass es zwangsläufig zum Verlust von z. B. kultureller Identität kommen muss. Im Falle des Auftretens invasiver Neophyten ist es eben nicht analog, hier muss man sich oft ganz klar entscheiden, ob man fremde arten unter Verlust der heimischen tolerieren möchte, oder nicht. In meinem eigenen kleinen Wald treten übrigens neben der Robinie noch ein paar weitere Baumarten auf: Rot-Eiche, Spätblühende Traubenkirsche und Götterbaum. Die ursprünglich sicherlich dominant vorhandene Stiel-Eiche macht nicht einmal mehr 1% des Bestands aus, ansonsten sind von den heimischen Baumarten gerade noch ein paar einzelne Eschen und Kirschen eingestreut. Selbst wenn ich größere Weißdorne mitrechne, werden immer noch ca. 98% des Bestands von fremdländischen Arten gebildet. Für mich stellt sich ein ganz klares Ziel: Reduzierung der Fremdländer auf die Hälfte innerhalb der nächsten zehn Jahre. Hoffentlich schaffe ich es.Der Imker, der den von Dir übernommenen Garten bewirtschaftete, wird sich vermutlich auch nicht lange sehr an den Götterbäumen gefreut haben. Der Götterbaum wird zwar wegen seiner späten Blüte als ergänzende Trachtpflanze gelobt, soll aber die unangenehme Eigenschaft haben, dem Honig ein intensives Aroma von Katzenurin zu verleihen, das sich erst nach mehrmonatiger offener Lagerung verliert. Schon weil ich auf derart aromatischen Honig verzichten kann, werden bei mir die Götterbäume gefällt.
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Re:Laubbaumbestimmung (Amerikanische Gleditschie?)
Hallo, Sauzahn,warum Ökologen in den USA eindringlich warnen vor dem Götterbaum und zur Bekämpfung des Gewächses raten, ist hier zu erfahren. Im Mittelpunkt dabei steht genau der Prozess, den Urs beschrieben hat. Nämlich dass extrem konkurrenzstarke invasive Neophyten die einheimische – teilweise seltene – Flora verdrängen, damit gewachsene Landschaften massiv verändern und deren Artenreichtum (in Flora und Fauna) reduzieren. Der Götterbaum, das kann man dem Link entnehmen, hat dabei ein besonders hohes Problem-Potential, weil praktisch unkaputtbar und seine neuen Habitate ausgesprochen herrisch erobernd. Wie wenig die Vorsicht gegenüber invasiven Neophyten zu tun hat mit Xenophobie, zeigt ein Link aus Deutschland. Hier wird wissenschaftlich nüchtern & sehr gelassen dargelegt, ob, wo, warum und wie "gebietsfremde" Pflanzen ein ökologisches Problem sind und bekämpft gehören oder nicht. In etlichen Fällen lautet die Schlussfolgerung: Weitere Verbreitung der "Neulinge" sollte tunlichst vermieden werden, aber besagte Neophyten sind kein Grund zur Aufregung und ökologisch nicht "gefährlich". In anderen – wenigen – Fällen aber wird geraten, energisch was zu tun zur Eindämmung der pflanzlichen Invasionen. Und die Argumente dafür sind schlüssig.In der "Neo-Flora"-Liste ist der Götterbaum übrigens noch nicht dabei. Was aber nicht heißt, dass er in D keine Rolle spielt - die Liste stellt nur Beispiele vor, sie ist alles andere als vollständig.Schöne GrüßeQuerkopf
"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
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Re:Laubbaumbestimmung (Amerikanische Gleditschie?)
Meines Erachtens sollte er aber schleunigst in die Liste aufgenommen.Wenn man mit geschärftem Auge im Rhein-Neckar-Raum und Rhein-Main-Gebiet unterwegs ist, fällt Ailanthus altissima immer mehr ins Auge. Ich war gestern auf der A3 unterwegs, und auf dem Mittelstreifen der Autobahn haben sich abschnittsweise einige Götterbäume breit gemacht. Bisher war er mir vor allem an Bahndämmen aufgefallen.Könnte es sein, dass Ailanthus altissima in Konkurrenz zur Robinie steht? Mir ist aufgefallen, dass sich die Standortvorlieben (Brachflächen, Bahndämme, eher trockenes, warmes Klima) in etwa gleichen. Beide scheinen auch ähnlich anspruchslos und robust zu sein.Die Robinie, die sich auch bei uns stark verbreitet hat, scheint mit dem Götterbaum einen Konkurrenten bekommen zu haben?