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Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 16. Jun 2016, 22:17
von Natura
mmoeblu3: Wie bist du denn zu dem Weinstock gekommen, wenn dein Freund sagt er habe immer getragen? Kannst du den dann nicht fragen wie er geschnitten wurde? Hargrand hat recht, zwei Augen sind wenig. Unsere Rebstöcke bestehen nur aus dem Stamm und einer Rute mit ca. 10 Augen. Dass die Fruchtansätze erfroren sind wie Eva meint, kann schlecht sein. Wenn es noch Frost gibt, sind noch keine Blüten bzw. Fruchtansätze vorhanden, dann erfrieren höchstens die Neuaustriebe. Blühen tun die Reben erst jetzt.
Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 1. Jan 2017, 22:50
von thuja thujon
Hallo,
aktuell reden ziemlich viele vom sanften Rebschnitt nach Simonit und Sirch.
http://simonitesirch.it/
Langnodige und an der Basis verkahlende Sorten wie Portugieser sollen Probleme machen.
Ich selbst habe recht wüchsige Hybridreben im Garten stehen (langnodig, dicke Triebe, hohe Reserveeinlagerung ins Holz), die ich idR auf wenigstens 15 Augen anschneiden muss (2 Ruten). Es wurden auch schon 24 Augen verkraftet.
Hat jemand Erfahrungen zum genannten Schnitt bei solch wüchsigen Stöcken?
Gruß thuja
Re: Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 2. Jan 2017, 18:47
von thuja thujon
Ok, mal anders gefragt: hat schonmal jemand was von diesem Schnitt nach Simonit und Sirch gehört, gelesen oder praktiziert?
Re: Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 2. Jan 2017, 19:31
von floXIII
Gehört und gehört. Wir stellen auch ein paar Reihen Weinreben auf diese Methode um. Da wir aber erst am Anfang stehen, kann ich dir nicht viel darüber berichten.
Sonst hätte ich schon meinen Senf zu deinen eingangs gestellten Fragen gegeben ;)
Re: Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 2. Jan 2017, 21:18
von Deviant Green
Interessanter Link und interessante Menschen. So ganz überzeugen mich die Vorteile der Methode nicht. Kleine Schnittwunden sind besser, wegen eines geringeren Risikos einer Pilzinfektion. Okay.
Aber, dass der Saftfluss besser ist als bei anderen Schnittformen und dass Totholz schützt... Kann ich mir nicht erklären und wird auch nicht erklärt.
Zu den Fragen. Ich habe nur eine begrenzte Anzahl von Reben und ein entsprechend eingeschränktes Bild. Aber so wie ich meine Pflanzen verstehe, denke ich nicht, dass der Schnitt nach Simonit und Sirch einen Einfluss darauf hat, wie viele Augen du aufgrund der Wüchsigkeit stehen lassen kannst. Allerdings: das ist geraten nicht gewusst.
Re: Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 2. Jan 2017, 22:19
von thuja thujon
Danke Flo.
Das mit dem Saftfluss muss man immer dreidimensional betrachten. Wo etwas durch ein Rohr an einer Seitenverzweigung vorbei fliesst, ist der Saftfluss gestört. Der Saft kann nur nach links und rechts ausweichen, obendrüber entsteht ein Versogrungsschatten. Das ist noch halb so wild, geht aber bei zu vielen Seitenverzweigungen auf die Vitalität. Man braucht einfach viel mehr Druck um vorbeizukommen, oben kommt deshalb weniger an.
Beim Obst hat man sich das früher zunutze gemacht und umgelenkt als Höhenreduktion.
Wenn mans nicht übertreibt, wie gesagt, halb so wild.
Das Problem ist vielmehr das Totholz, das drinbleibt. Lebendes Holz wird so gut wie nicht befallen, es sind immer die im Stamm verbliebenen Reste, von denen eine Infektion ausgeht. F.G. Zahn hat seine Süßkirschenäste über Zapfen abgebaut und so den Gummifluss ausgetrickst. So ähnlich macht das auch Simonit. Wo aktives Holz kleine Wunden schnell überwallen kann, kann nicht viel Totholz im Stamm verbleiben. Ein möglicher Ansatz gegen ESCA.
Oeschbergkronen leben nach dem selben Prinzip der kleinen Schnitte statt größerer Reparaturen, damit das nach einigen Jahren `nicht mehr weiter weiss´ nicht vorkommt. Es fehlt im Idealfall die Sackgasse, die sich mit den klassischen Schnitttechniken irgendwann einstellt und dann nach Jahren zu den bekannten Pilzproblemen führt.
Zur Physiologie gibts hier ein paar erklärende Bilder:
https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/weinbau/dateien/2_schneiden_statt_schnippeln.pdf
Das Ziel vom Simonit-Schnitt ist totes Holz in den Reben zu vermeiden und möglichst wenig Umlenkungen entstehen zu lassen, den Saft möglichst ungebremst bis in die fruchtproduzierenden Triebe strömen zu lassen.
Soweit habe ich das jedenfalls verstanden, ich hoffe ich liege nicht all zu falsch. Mir geht es wie Flo, bzw ich bin noch uninformierter. Ich habe nur davon gelesen, noch nichts praktisch gesehen oder gehört.
Bin praktisch Volllaie.
@Flo: hattest du mal was praktisches dazu besucht, Kurs, Vortrag usw? Wird das Thema in der (Hobby)Winzergemeinschaft wirklich angenommen oder gibts da viele Bedenken? Kannst du berichten, wie du das umsetzt? Ich habe den Schnitt bei mir dieses Jahr dummerweise schon so gut wie abgeschlossen. Im Garten gegenüber ist aber letztes Jahr erst gepflanzt worden. Dort kann ich dieses Jahr noch probieren.
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 2. Jan 2017, 22:48
von Deviant Green
Hab jetzt einige Zeit damit verbracht bei einem guten Tropfen Schnittvideos anzusehen. :)
Ich muss die Schnitttechnik im Kontext bewerten. Für uns (Ost und Südösterreich) ist die Erziehung zweier einjähriger Fruchtbögen in entgegengesetzter Richtung ähnlicher zu dem was Simonit vorschwebt, als das, was da in Italien offensichtlich gemacht wird. Er kürzt eine Seite mehr ein.
Warum er allerdings den längeren Trieb senkrecht lässt... Ich weiss es nicht... Vielleicht sagt er ja, er hat kein Bindematerial dabei.
https://www.youtube.com/watch?v=PfeWZV9TnUY
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 2. Jan 2017, 22:56
von thuja thujon
Prost.
Schnitt und Binden sind 2 verschiedene Dinge. Binden kann man später machen, deswegen wohl die senkrechte Rute.
Hier in der Pfalz ist ein Zapfen und eine Gerte Standard. Kordonerziehung, wie in anderen Anbaugebieten auf den Videos gezeigt, wäre hier undenkbar.
Was das Binden angeht, da will ich mal die Welle statt Bogen bzw. Flachbogen ausprobieren.
http://www.vitipendium.de/Freie_Welle
Re: Sanfter Rebschnitt auch bei Tafeltrauben?
Verfasst: 2. Jan 2017, 23:55
von jakob
thuja hat geschrieben: ↑2. Jan 2017, 18:47Ok, mal anders gefragt: hat schonmal jemand was von diesem Schnitt nach Simonit und Sirch gehört, gelesen oder praktiziert?
Natürlich! Das macht doch jeder Winzer so hier zu Lande...Es ist ABC für den Schnitt, so nah und so tief wie nur möglich am Kopf die Trage-triebe belassen ,nach 7-15 Reben Verjüngung(Neue Stamm gebildet aus der Veredelungstelle) wird gemacht weil der Stamm verschnitten ist und Saftflus stark behindert wird…
Wir bei Tafeltrauben schneiden schon immer so weil sonst man keine Leistung für die Großen Trauben kriegt.
Das ist wirklich keine neue Erfindung…
Das ist ein Zapfenschnitt.
https://www.youtube.com/watch?v=a_bL5jiV60Y
Und das ist ganz normaler Schnitt was jeder Winzer hir macht...
https://www.youtube.com/watch?v=PfeWZV9TnUY
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 02:08
von jakob
Und hier schon wieder LWG nicht begeistert oder überrascht nur inspiriert das selbe auf Deutsch zu erklären.
;D
https://www.lwg.bayern.de/mam/cms06/weinbau/dateien/2_schneiden_statt_schnippeln.pdf
Wie ist beim Marco Simonit weiß ich nicht aber bei LWG wie immer vorbildlich..,zb
FOLIE6:
Holzbildung, Reservestoffeinlagerung und Traubenertrag müssen im Gleichgewicht stehen..
FOLIE 8:
zielt auf Trauben in gewünschter Menge und Güte! Nach Folie6 muss im Gleichgewicht stehen 1:1 also die Menge kann nicht mehr gewünscht sein weil Reservestoffeinlagerung begrenzt ist.
FOLIE 9:
Maß für die Leistungsfähigkeit = Holzmasse
Holz : Ertrag = 1 : 4 ::) War bei FOLIE 6 noch nicht im Gleichgewicht Holzbildung und Ertrag? 1:1 ;D
Bis FOLIE 15 wieder alles bla,bla,bla .Bei FOLIe 15 rechte Bild und rechte Rute ist nicht verschnitten und passt nicht ins negatieve Bilder.
FOLIE19 Zeigt Verjungung ,das ist der ausweg zu den allen Bildedrn bis Folie 19.
Jetzt FOLIE 20 endlich die richtigen Fragen!
Der Hammer ist die Antwort bis auf FOLIE 34..Wie bitte? "Wuchs nach der Seite Kopfhöhe bleibt" Spielt FOLIE 14 keine Rolle mehr?Die Rebe ist doch total verschnitten wie Bilder von FOLIE 15-19 soll das jetzt positiv sein? :o
FOLIE 54 ist richtig und ganz wichtig ,nur einen domenantenTrieb belassen ,rest ausbrechen...
FOLIE 56 wieder Falsch ,der Trieb oberhalb der Draht muss ganz weg sein .Der Grund ist Überlastung mit den Augen FOLIE4 punkt 1 und 2 ,und FOLIE 27....
FOLIE 59 alles klar! Der untere Trieb(links) auf 2 Augen für die Ertragruten fürs nächstes Jahr und der rechte Trieb auf Ertrag ,dann ist Saftfluß nicht gestört weil die REBE nur zwei Saftfluße hat links und rechts...
Und was macht dieser Mensch bei FOLIE 63 ???? Der stört Saftflüß von der Ertragsrute mit dem Reserve-Zapfen(unten) und damit schadet auch dem Wachstum von Ertragsruten fürs nächstes Jaht.Die stören sich doch gegenseitig im linken Saftuß.. :o
Und der rechte Saftfluß ist totall unterlastet und hat nur 2 Augen wo er überhaubt kein Ertrag sich leisten braucht...
Ist das ein Witz oder ein Fehler oder Inkompetenz? Wofür das alles dann geschrieben?Ich würde gern mit diesen Menschen darüber reden…
Fazit; Papier ist geduldig! ;D
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 08:12
von zwerggarten
jakob, herrlich! ;D immer wieder ein genuss, deine beiträge. :D ;)
ich muss das jetzt nur irgendwann mal in ruhe mit diesen folien abgleichen, um auch was für meinen eigenen hobbyrebschnitt zu lernen davon, und nicht nur spaß zu haben.
in jedem fall machen simonit & sirch eine top-öffentlichkeitsarbeit, mit hochglanz-star-fotografie, sehr schick. den sexy typen mit der weißen modefrisur (welcher von den beiden ist das eigentlich, simonit?!) würde ich sofort vom fleck weg heiraten. :P 8)
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 08:36
von floXIII
@zwerggarten: Ja, das ist Marco Simonit in den Videos ;D
Zu ihrer Methode: Da ist natürlich nichts groß neues dabei. Es werden halt viele vorteilhafte Elemente zu einer ganzheitlichen Schnitttechnik bzw. Erziehungsform zusammengeführt. Jedes der Kernelemente dieser Erziehungsform leuchtet ja als vorteilhaft ein: Mehr Holz = mehr Reserveeinlagerung etc., Kleine Wunden = verheilen besser bzw. werden schneller überwallt. Beim Schnitt (der alten Fruchtrute) kleine Zapfen belassen um das Eintrocknen von den Leitungsbahnen fern zu halten und so weiter...
Es handelt sich definitiv nicht um eine Revolution in der Erziehung der Weinreben. Vielleicht kann man es als Evolution, Weiterentwicklung betrachten.
Zum Video: Die Fruchtrute wird natürlich zu einem späteren Zeitpunkt runtergebogen. Wie schon erwähnt ist das Schneiden und Binden zeitlich getrennt. Würde auch wenig Sinn machen bei jeder Rebe zwischen Schere und Bindematerial hin und her wechseln zu müssen. Kostet nur unnötig Zeit
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 08:44
von floXIII
Hier im Video sieht man dann wie die Reben dann nach 25 Jahren ausschauen:
https://www.youtube.com/watch?v=f23st4IUx8AHinzuzufügen ist noch, dass diese Weinrebe schon 40 Jahre alt ist und erst nach 15 Jahren umgestellt wurde. Deshalb die doch vorhanden größeren Wunden. Bzw. kommt man auch nach Simonit&Sirch nicht drumherrum hin und wieder doch mal größere Schnitte machen zu müssen.
Eine Erziehungsform in der Theorie lässt sich natürlich nicht immer 1 zu 1 in der Praxis umsetzten ;)
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 12:37
von jakob
zwerggarten hat geschrieben: ↑3. Jan 2017, 08:12jakob, herrlich! ;D immer wieder ein genuss, deine beiträge. :D ;)
ich muss das jetzt nur irgendwann mal in ruhe mit diesen folien abgleichen, um auch was für meinen eigenen hobbyrebschnitt zu lernen davon, und nicht nur spaß zu haben.
in jedem fall machen simonit & sirch eine top-öffentlichkeitsarbeit, mit hochglanz-star-fotografie, sehr schick. den sexy typen mit der weißen modefrisur (welcher von den beiden ist das eigentlich, simonit?!) würde ich sofort vom fleck weg heiraten. :P 8)
Ich verstehe nicht was Marco Simonit da erzielt und ich habe kein Problem wenn er auf diese Art Menschen inspirieren will zum Weinbau an .Ich habe mehr Problem mit unseren „Marcos“ von LWG ….Da muss ich wiedersprechen weil das so nicht alles stimmt und vieles Falsch oder sich wiederspricht.. ;)
Re: Weinbau: Erziehung, Schnitt, Veredeln
Verfasst: 3. Jan 2017, 13:08
von floXIII
jakob hat geschrieben: ↑3. Jan 2017, 02:08Und was macht dieser Mensch bei FOLIE 63 ???? Der stört Saftflüß von der Ertragsrute mit dem Reserve-Zapfen(unten) und damit schadet auch dem Wachstum von Ertragsruten fürs nächstes Jaht.Die stören sich doch gegenseitig im linken Saftuß.. :o
Und der rechte Saftfluß ist totall
unterlastet und hat nur 2 Augen wo er überhaubt kein Ertrag sich leisten braucht...
Ist das ein Witz oder ein Fehler oder Inkompetenz? Wofür das alles dann geschrieben?Ich würde gern mit diesen Menschen darüber reden…
Will jetzt nicht alles aus besagter Präsentation verteidigen, da ich manches auch etwas verwirrend finde.
Aber auf Folie 63 wird einfach die noch junge Rebe auf dieses Erziehungssystem umgestellt. Die beiden Zapfen bilden die zwei Verzweigungen die in den kommenden Jahren langsam immer weiter nach rechts/links wachsen sollen. Das obere Auge an den Zapfen bildet die Ertragsrute fürs kommende Jahr und das untere Auge den Zapfen fürs nächste Jahr. Die belassen Ertragsrute sorgt für den Ertrag in diesem Jahr und wird im kommenden Winter über den zwei Verzweigungen komplett weggeschnitten.
Ob man damit einverstanden ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Aber dieses Erziehungssystem wird halt so gelehrt. So geschnitten wird dann auch nur in diesem einem Jahr, wenn noch kein Zapfen (mit entsprechender Ertagsrute darauf) aus dem vergangenen Jahr vorhanden ist.