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Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 15. Okt 2016, 19:15
von partisanengärtner
Wenn es denn den "Party"-Lockstoff auf dem Markt gibt hat sich das hoffentlich wenigstens im Privatgarten erübrigt.
Ich hoffe auf schlechte Zeiten für diese niedlichen Tierchen.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 16. Okt 2016, 10:24
von Dietmar
Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Allerdings sollte man nicht zu hohe Erwartungen an den Lockstoff setzen, denn bei anderen Schadinsekten gingen nur ca. max. 20 bis 25 % in die Pheromonfalle, meist eher weniger. Die Lockstofffallen dienen da weniger der Bekämpfung als als Indikator, ob ein Befall vorliegt.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 16. Okt 2016, 11:25
von Daniel - reloaded
Das dürfte eher eine Frage der Fallendichte sein wenn ich z.B. an die Borkenkäferbekämpfung denke.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 16. Okt 2016, 15:04
von cydorian
Zum Thema Lockstoffe: http://forum.garten-pur.de/index.php/topic,55090.15.html #17 und Kritik #29

Borkenkäferfallen sind ein gutes Beipiel, das zur Kritik passt. Die funktionieren nämlich trotz perfekt identifiziertem Lockstoff nicht gut zur Bekämpfung. Klar, man sieht sie manchmal im Wald. Aber weniger zur Bekämpfung, sondern zur Populationsdichte-Diagnose. Wie bei Apfelwicklern, Maiswurzelbohrern sind diese Fallen super - fürs Monitoring. Bei Borkenkäfern besteht sogar die Gefahr, dass sie Käfer von ausserhalb anlocken, die dann Randbäume befallen.

Insekten sind keine tauben, blinden Roboter mit ausschliesslich Geruchssinn, die immer einen Duft anfliegen. In der Realität ist das nur ein Reiz unter vielen. Deshalb gibts auch in der Landwirtschaft keine tatsächlich wirkungsvollen Lockstoffköder, egal welches Schadinsekt.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 18. Okt 2016, 08:53
von Dietmar
Ich muss meine kürzliche Aussage zur KEF-Festigkeit der blauen Traubensorte Ontario relativieren. Ich hatte bis auf eine Traube alle anderen mit Organzabeuteln geschützt. Die eine Traube war für Kontrollzwecke.

Vor 2 Wochen war die "Kontrolltraube" noch befallsfrei.
Gestern hatte ich den Rest der Ontariotrauben geerntet und musste feststellen, dass ca. 1/3 der Beeren der Kontrolltraube relativ frische Madengänge hatten. Die meisten dieser Beeren waren noch knackig, also musste der Befall erst kürzlich erfolgt sein.

Selbst in einigen Beeren, die mit Organzabeuteln geschützt waren, gab es einige Beeren mit frischen Madengängen. Andere Beeren waren von Ohrenkneifern angeknabbert worden. Irgendwie mussten diese in die Organzabeutel rein gekommen sein. Diese waren aber noch fest verschlossen und ohne Beschädigung.

Es steht nicht fest, ob es die KEF war, denn ich habe keine der KEF-Fliegen gesehen. Die Maden waren relativ groß, so ca. 5 bis 6 mm lang. Ich frage mich, was das für Maden waren und wie diese trotz unbeschädigter Organzabeutel an die Beeren gelangt sind.

Ich habe auch die restlichen Tigin geerntet. Dort waren die Beeren der Kontrolltraube noch befallsfrei, die mit Organzabeuteln geschützten auch alle gesund, auch keine Pilzinfektion. Aber Tigin ist eine helle Sorte und die mag die KEF nicht so sehr.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 18. Okt 2016, 08:58
von oile
Befanden sich die angrstochenen Beeren außen und lagen den Beuteln an?
Ich habe ja auch Madenbefall bei den Himbeeren, aber die schmeckten trotzdem.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 18. Okt 2016, 11:24
von cydorian
Kischessigfliegenmaden sind kleiner, sieh dir mal welche von den unzähligen Fotos hier im Thread an. Sie sind ziemlich leicht und eindeutig bestimmbar. Anliegende Beutel schützen trotzdem gegen den Schädling. Das Gewebe bremst ihre Stechlust.

Hier ein paar meiner abgestochenen Minikiwis von gestern:

Bild

Stechlöcher, eingesunkene Stellen um die Einstichstelle, schneller Verderb. Schon lange vor dem sichtbaren Verderb schmecken die abgestochenen Beeren komisch, gärend. Was nicht geerntet wird, wird zerstört. Der erste Nachtfrost war schon da, das hat den Schädling nicht gestört. Die Befallssaison hat keine Grenze nach hinten.

An den glatten Kiwis sieht man auch sehr gut ein anderes typisches Merkmal, die Atemschläuche der Eier:

Bild

Innen natürlich die üblichen Maden, sie sich sofort in den Schlabber wegwühlen, wenn Licht auf sie fällt:

Bild

Minikiwis sind ganz offensichtlich so wie blaue Weintrauben höchst attraktiv für den Schädling, aber ebenso wie bei Weintrauben gar nicht so gut für den Reproduktionserfolg. Im Endeffekt nutzt uns das zwar nichts, aber unterschiedliche Nachkommensraten je nach Obstart sind vielleicht mal ein Ansatz für andere Bremsen. An den Kiwis habe ich zwar enorm viele Einstichlöcher mit Atemschläuchen festgestellt, aber an Vielen haben sich gar keine Maden entwickelt. Öffnet man befallene Früchte, findet man nur eine oder wenige Maden. LWG Bayern sagt ebenfalls: "Bei Weintrauben trocknen die Atemanhänge oft ein und das Ei stirbt ab. Häufig lässt sich bei Weintrauben auch eine Verschorfung der Eiablagestellen beobachten, die ebenfalls zum Absterben des Eies führt" und "Schlupfraten bis maximal 18 % der gelegten Eier".

In Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Zwetschgen wimmelte es dagegen nur so von Maden.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 18. Okt 2016, 12:47
von Dietmar
Die befallenen Beeren lagen eher innen und nicht am Organzabeutel an. Pro Beere waren es nur wenige große (5 ... 6 mm) Maden. Bis auf die wenigen Madengänge waren die Beeren noch knackeig, während ich bei der KEF früher matschige Beeren mit vielen kleinen Maden hatte und das ganze roch stark nach Essig. Falls keiner von Euch eine Idee hat, was das für Maden sein können, muss ich mal im Internet recherchieren.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 18. Okt 2016, 12:55
von Dietmar
Im Rebendoktor findet sich nichts und ansonsten stand auf einer Seite, dass die Maden der KEF bis zu 5 mm groß werden können. Meine vor der Organzabeutelzeit waren kleiner in Länge und Durchmesser als die jetzigen. Ich frage mich, wie das Schadinsekt, welches auch immer es gewesen ist, durch die Organzabeutel gekommen ist, um seine Eier durch angepiekte Früchte abzulegen. Die Oranzabeutel waren völlig unversehrt und fest zugezogen. Sie waren auch schon ca. ein viertel Jaar drauf, aber die Maden können erst in den letzten 2 Wochen geschlüpft sein. Das widerspricht dem kurzen Generationenwechsel bei der KEF.

Großes Mysterium!

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 5. Nov 2016, 10:00
von strohblume
Als ich in Südtirol /Okt.im Urlaub war haben die Bauern ganz schön gejammert,diese Jahr war auch zu ersten mal Marillen,Aprikosen betroffen gewesen. Natürlich haben sie auch ganz andere Mittelchen zu Verfügung als wir Hobbygärtner,was mir aufgefallen war ,waren kl. Becherfallen mit Lockstoff die in die Bäume gehängt waren.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 5. Nov 2016, 18:24
von Dietmar
Die Lockstoff-Fallen können einen Befall nicht bekämpfen, sondern nur "messen", d.h. nur ein geringer Teil der KEF geht in die Pheromon-Falle, wie übrigens bei anderen Insekten ebenfalls. Die Lockstoff-Fallen dienen nur zur Entscheidungsfindung, ob die teure chemische Keule sinnvoll ist.

Durch die bis zu 15 Generationen pro Jahr und ca. jeweils 300 Eiern wirkt es sich nicht merklich aus, wenn 10 bis 20 % der KEF in die Falle gehen. Der Rest ist dann umso fleißiger.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 5. Nov 2016, 18:32
von Dietmar
Ich hatte einige Beiträge vorher über unbekannte Maden in Ontario-Beeren trotz Organzabeutel berichtet. Nach Rücksprache mit der zuständigen Fachfrau bei der LWG Bayern, passt dieses Schadbild nicht zur KEF und auch nicht zum Traubenwickler. Es könnte eine neue Art sein, die Trauben befällt.
Um Genaueres zu sagen, soll ich nächstes Jahr die Maden ganz genau beschreiben, z.B. ob Augen sichtbar, Farbe, Gliederung usw.. Dazu werde ich nächstes Jahr mal eine Lupe oder ein Sterreomikroskop bemühen.
Vielleicht war es auch nur ein einmaliges Ereignis.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 29. Jan 2017, 20:42
von Kenobi †
Und wieder einmal ist man auf einen Pilz gestoßen. Niederländische Forscher haben beobachtet, dass Metarhizium robertsii in der Lage ist die Reproduktion der Fliege um 94% zu reduzieren. Was beim Dickmaulrüssler in der Praxis nicht so funktioniert, könnte hier der Durchbruch sein. Jedoch ist man auch hier auf Fallen angewiesen, die entsprechend angeflogen werden müssen. Dann könnte der Pilz durch die Fliege selbst verbreitet werden. Die Taspo verweist für nähere Infos auf die Seite des EU-Projektes Dropsa.

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 29. Jan 2017, 20:44
von zwerggarten
hauptsache, der pilz erledigt nicht gleich noch die früchte mit... 🍄

Re: Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) - Das Ende der Naschzeit im Garten?

Verfasst: 29. Jan 2017, 23:23
von cydorian
Metarhizium-Pilze werden versuchsweise schon seit 30 Jahren gegen Insekten eingesetzt, es gibt seit 15 Jahren auch kommerzielle Insektizide daraus, z.B. Green Guard oder Green Muscle. Diese Variante wird gegen Heuschrecken eingesetzt. Die Anwendung ist schwierig, es ist bienengefährlich, darf nur 5km von Bienenstöcken entfernt ausgebracht werden.