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Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 08:56
von Gart
Der Titel ist ein Widerspruch in sich, weil Garten ja eben definitionsgemäss keine ursprüngliche Natur ist. Dennoch fehlt hier ein Thread zum Thema, wie ein Garten so gestaltet werden kann, dass er aussieht, wie ein Stück Natur in der betreffenden Gegend.Erst mag man sich fragen, wozu das dienen soll, wo doch eben schon solche Pflanzengemeinschaften in der Landschaft rundum vorhanden sind. Die Frage ist erstens, wie lange noch, und zweitens gibt es Menschen (ich zähle mich dazu

), die sich in solchen naturnahen Landstücken besonders wohl fühlen, also lieber hohes Gras und Vogelschutzgehölz samt Inhalt um sich haben als Zuchtprodukte wie Rosen, Iris, Thuja oder Rasen.Fest steht: einfach nichts tun geht nicht. Man muss den Prozesss lenken. Man kann auch nicht einfach in den nächsten Wald gehen und Pflanzen ausgraben. Das macht man nicht, und sie würden im Gartenboden auch nicht einfach so leicht anwachsen. Ausserdem muss man Kompromisse eingehen, weil man ja kein undurchdringliches Dickicht im Garten haben kann, wenn man sich dort einigermassen komfortabel aufhalten will.Die definitve Lösung hab ich nicht, aber doch schon einige Erfahrungen und Ideen. Würde mich freuen, hier einige Gleichgesinnte zu treffen.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 09:22
von altrosa
Seit mehr als 40 Jahren versuche ich so etwas zu verwirklichen. Nach diversen Gestaltungsstadien (konventionell - originell -strikt Naturgarten) bin ich nun beim Modell gelandet, das mir wohl am Besten entspricht. Ich versuche, den Garten für möglichst viele Lebewesen (incl. uns und die Enkel) wohnlich zu machen. Ich habe viele einheimische Pflanzen aber auch Rosen und Iris, soweit sie dazu passen und einen biologischen Wert für Wildtiere haben. Der Grundsatz ist heute: mein Garten ist ein persönlicher Erlebnisraum, dessen Funktion und Aestetik ich bestimme und zugleich eine Oase in unserer immer sterileren Agglomerationslandschaft. Er ist nicht ein Prestige- oder Vorzeigeobjekt und ganz sicher nicht ein Bühnenbild.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 09:25
von max.
man kann ein stück land auf irgendeine weise vegetationsfrei machen und dann der dinge harren, die da kommen. das ist spannend, wenn man sich für kleingetier interessiert, zumal man das in den ersten jahren sehr gut beobachten kann. auch die wiederbesiedlung der fläche durch vegetation und deren sukzession ist schön mitanzusehen, besonders dann, wenn man über armen boden verfügt, der nicht sofort und flächendeckend von brennesseln und brombeeren in beschlag genommen wird. eingriffe in das terrain, wie die schaffung von hügelchen oder kleinen senken erhöhen den botanischen und faunistischen reiz.die fläche braucht nicht groß zu sein. je kleiner sie ist, um so mehr nimmt man wahr.bis das neuland verbuscht und bewaldet ist, vergehen einige jahre, zeit genug, sich neuen projekten zuzuwenden.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 10:09
von berta
meine idee ist es eher, möglichst wenig hilfe zu geben .hätte ich mein grundstück wie von max beschrieben, "gelassen", hätte ich heute keinen teich. ich hab die teiche gegraben, folie reingetan und steine rund ums ufer gelegt. pflanzen waren noch von meinen großeltern da, die sie vor -zig jahren aus der au geholt haben. grad ein teich ist ein gutes beispiel für "werden lassen".ich sorge lediglich dafür, daß das wasser nicht kippt, was leider ein paarmal im jahr fast passiert.der restliche garten ist eine ansammlung von teils vor jahren, teils auch mit völlig anderem geschmack gekauften oder getauschten pflanzen, die eigentlich großteils nicht in die region gehören, somit ist das prädikat "naturnah" bei mir nicht mehr zu vergeben. dazu müßten schon pflanzen aus der region vorwiegen.mein garten ist ungeplant gewordenes, ein durcheinander von gekauftem und gekommenem , ich greife nur ein, wenn das was da ist, bedroht wird. das beste beispiel ist giersch. in etlichen beeten darf er wachsen und blühn, im gemüsebeet mag ich ihn nicht. dort greif ich ein.phu...ich seh schon....eine antwort zu finden ist garnicht so einfach....

;Dlg.b.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 10:18
von Aella
ich denke man kann auch teile des gartens unterschiedlich naturnah gestalten wenn er groß genug ist.das ist zwar auch "künstlich" angelegt, aber man kann sich ja an die natur halten.z.b. einen naturnahen teich in dem sich mit der zeit frösche, molche etc tummeln, ein "waldgebiet" mit laub und/oder nadelbäumen auf deren boden bärlauch, walderdbeeren und heidelbeeren wachsen, einen bepflanzten steinhaufen in dem sich eidechsen wohlfühlen, einen teil mit einheimischem gebüsch und wildfruchthecken wie schlehen, holunder mit totholzhaufen für igel, eine obstbaumwiese die nicht oder nur wenig gemäht wird etc etc...
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 11:14
von Gart
Das Überhandnehmen gewisser Pflanzen wie Brennnessel oder Brombeeren ist bei gewissen Böden in der Tat ein Problem. Eigentlich müsste man sie als Naturliebhaber gewähren lassen, möchte aber doch lieber auch ein paar nette Wildblümchen. Also muss man entweder immer mal wieder etwas roden, oder dann gleich radikal von Anfang an mageren Kies auftragen, was wohl genauso wenig "natürlich" ist, wie eine Teichfolie zu verlegen oder einen LKW Lehm zum Teichbau abladen zu lassen.Langsam wirds mir bewusst, was die Krux dieser Idee ist: Soll ich, oder sol ich nicht eingreifen?
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 11:33
von altrosa
um Eingriffe kommt man gar nicht herum - sonst wäre mein Garten ein Brombeerdschungel und mit der Zeit ein Haselnuss - Eschen - Feldahornwald.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 11:43
von Gart
Ja, bei mir dasselbe. Ausser man rodet ab und zu ein Stück radikal und überlässt es sich selbst. Dann hat man verschiedene Entwicklungsstadien der Vegetation. Ich habe z.B. letzte Woche meine Brennnesselwüste gemäht, das Mähgut entfernt, und jetzt wachsen, noch vor den Brennnesseln, andere Pflanzen nach. Auch ein Eingriff.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 12:25
von fars
Warum soll ich meinen Garten so gestalten wie die Natur ein paar Straßen weiter? Warum soll ich mit dem dilettieren, was die Natur viel besser kann?Nix da! Ein Garten ist erst dann ein Garten, wenn er so gestaltet ist, wie es der Gärtner will.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 12:34
von 11vonZwerg
Beim Lesen dieses Threads faellt mir auf, dass wir einfach etwas 'schizophren' sind: zum einen sehen wir die Natur als ein Gegenueber, welches wir als solches im Garten gerne geniessen moechten und bei der Erfuellung dieser Sehnsucht muessen wir feststellen, dass wir (ach du Schreck

) mit dazu gehoeren...mit allen Konsequenzen.Dazugehoeren heisst auch, seinen Lebensraum optimieren. Genauso wie Pflanzen unterschiedliche Strategien dazu entwickelt haben, sich gegenueber Lebensraum-Mitbewerbern durchzusetzen, machen wir das auch. Bei uns geht es da aber wohl nicht nur ums physische Ueberleben und Fortpflanzen, sondern auch um das gute Gefuehl dabei...und so werden unsere Eingriffe in so ein Stueck Naturgarten immer sehr individuell sein.Ich fuer meinen Teil stelle immer wieder fest, wie unterschiedlich meine Toleranz gegenueber brutalen menschlichen Eingriffen ist. Das haengt sehr von meinem momentanen Blickwinkel ab.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 12:47
von altrosa
@ fars: sicher gestaltet der Gärtner den Garten. Die Frage ist: will ich ein nur dem Auge wohlgefälliges Stück Land oder möchte ich in meinem Garten auch Bienengesumse, Glühwürmchenleuchten, Käferkrabbeln... je nachdem richtet sich die Pflanzenauswahl und die Pflege.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 12:59
von Gart
Ausserdem ist das angestrebte Naturbild eben an vielen Orten Vergangenheit. So gesehen ist ein naturnaher Garten bereits wieder künstlicher als ein normaler Garten. Naturnähe als Gestaltungselement gewinnt jedenfalls in einer betonierten Umgebung an Gewicht.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 13:38
von fars
Die Frage ist: will ich ein nur dem Auge wohlgefälliges Stück Land oder möchte ich in meinem Garten auch Bienengesumse, Glühwürmchenleuchten, Käferkrabbeln... je nachdem richtet sich die Pflanzenauswahl und die Pflege.
Warum "oder"?Meine Samthortensie wird ebenso von Bienen besucht, wie die Hundsrose. Wieso sollen in meinem "Kunstgarten" mit überweigend fremden Gewächsen weniger Käfer krabbeln, als in heimischen Gefilden. Wird nicht ein Sommerflieder von Faltern stärker umgaukelt als jeder andere Blütenträger hiesiger Provenienz?
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 13:46
von Gart
Nicht dass jetzt da ein Missverständnis aufkommt: es geht mir - für einmal

- nicht um Umweltschutz an sich, sondern - wie klar vorgegebenen - um das Element "standortgerechtes Stück Natur" als Gestaltungelement. Der Gärtner schaut also, was in seiner Umgebung an naturnahen Pflanzengemeinschaften (noch) vorhanden ist, und versucht, das "nachzubauen". Die Absicht dahinter ist bei mir eine recht konservative: ein Stück Heimat im Garten. Klar schau ich drauf, dass möglichst viele Tiere davon profitieren, will aber nicht Hortensie oder Flieder verteufeln. Die passen einfach nicht in
dieses Konzept.
Re:Ein Stück Natur als Ziergarten
Verfasst: 14. Mai 2007, 14:29
von fars
Der Gärtner schaut also, was in seiner Umgebung an naturnahen Pflanzengemeinschaften (noch) vorhanden ist, und versucht, das "nachzubauen".
Wie das bei Durchschnittsgärten von 600 qm und weniger? Sollen in derartigen Gärten eine Naturwiese, der Waldsaum, der Magerrasen, die Flussaue und was sonst noch vorkommen?Oder tut es der Straßenrain alleine auch?