Danke für den sehr interessanten Beitrag, biotekt.Ich hatte mich auch mal mit diesem Thema, selbstredend sehr laienhaft, beschäftigt, da unser 4-stöckiges Stadthaus (Denkmalschutz!) durch Fassadenbegrünung (Efeu) beschädigt worden war.
Hallo Fars,Keine falsche Bescheidenheit - viele Verfasser von entsprechenden Bauauflagen oder Förderer in Worten (mitunter auch Taten) haben offenbar noch nicht einmal vergleichbare Erfahrung....
Das geschah weniger durch die Haftwurzeln, als vielmehr durch unter dem Grünbewuchs nicht erkennbare Mauerschäden und durch das Einwandern von Efeuranken in das Dachgebälk, was zu Anhebung einzelner Querbretter führte.
Schäden in sensiblen Bereichen (dazu zählen "Materialwechsel" aller Art) sind häufig, wenn diese überwachsen werden. Das sicherste Mittel zur Vermeidung von Schäden im Übergang zum Dach ist eine Fasdsadenbepflanzung, die diesen Bereich des Bauwerkes sicher nicht erreicht (Wuchshöhe).
Nun wirst du zu Recht einwenden, dass Efeu für einen verputzten Altbau von 1903 ja auch ungeeignet sei. Nun, der nachbarliche Fassadenbewuchs, eine Clematis montana, fachmännisch durch gespannte Edelstahlseile an Abstandshaltern in die Vertikale geleitet bedrängt uns nun ebenfalls und führt, ähnlich wie beim Efeu, zu einer Verdeckung unserer Fassade und damit einer Unkontrollierbarkeit von Verputzschäden.
Ich persönlich halte überhaupt nichts von rankenden Pflanzen an Seilen, solange diese unidirektional vertikal angeordnet sind. Augfrund der geringen Haltbarkeit und Länge vieler Ranken lässt sich auf dieser Grundlage nur mit regelmäßiger Pflege ein höherer Fassadenbewuchs aufbauen und übersichtlich halten (kontrollieren). "Fachmännisch" ist in D leider schwierig - die Kunden sind viel zu anspruchslos. Viele stören sich auch nicht an einem Ergebnis, das ich weitestgehend als "schäbiges Totholzgewirr" ansehe. Derartiges hat im Urwald seine Berechtigung - an Fassaden m.E. nicht!
Vor diesem Hintergrund habe ich persönlich die Nase voll von Fassadenbegrünung und überlege schon, wann und wie ich dem mir sehr sympathischen Nachbarn zumuten soll, seinen Clematis-Wildwuchs Einhalt zu gebieten.
Vielleicht hättest du ihm letztlich einen Gefallen getan, wenn du bereits im 2. Jahr nach Pflanzung auf die Erfordernis von Schnitt und ggf. Leitung hingewiesen hättest....
Um die von dir erwähnte Hubbühne wird er nicht umhin kommen. Teurer Spaß.
Jein..... Für einen alleine ist das oft teuer und in Städten leider auch meist sehr umständlich weil die Zufahrt, bzw. die benötigte Standfläche erst einmal von parkenden Fahrzeugen befreit werden muss. Auch wenn man gebührenpflichtig (i.d.R. beim Ordnungsamt) eine Sondernutzung beantragt und für Absperrung (Halteverbote) sorgt, darf man nicht davon ausgehen, dass man damit Erfolg hat....Da sich dieser ganze Aufwand für eine einzige Fassadenbegrünung selten rechnet, bedarf die kostengünstige Pflege höherer Begrünungen der Kooperation mehrerer Hausbesitzer mit entsprechendem Bedarf. Die Förderung von Fassadenbegrünung durch Kommunen könnte günstig optimiert werden, wenn sie z.B. organisatorisch hierfür Hilfestellungen anböten.
In meiner, wiederum laienhaften Vorstellung eignet sich Fassadenbegrünung nur bei Gebäuden aus Naturstein- oder Ziegelmauerwerk (von öffentlichen Gebäuden, bei denen es ja nie auf die Folgekosten ankommt mal abgesehen; Steuerzahler blecht ja).
Das will ich so nicht stehen lassen, aber heute auch nicht vertiefen. Öffentliche Gebäude könnten und sollten eine Vorbildfunktion haben - schon allein weil es für diese eigentlich ein kompetentes "Gebäudemanagement" geben sollte. Und letztendlich ist ein jährlicher Pflege- und Kontrollgang an einer Begrünung bis etwa 20 m Höhe auch nicht zwingend sehr viel teurer, als die Pflege gleich großer Blumenrabatten in der Waagerechten. Auch innerstädtische Baume wachsen nicht "für lau"...
Der kostenträchtige Pflegeaufwand bleibt aber auch da, sofern es sich nicht um das kleine Einfamilienhäuschen handelt, bei dem ich nur die Leiter anstellen muss.
Und wer hindert den Besitzer eines höheren Gebäudes, seine Fassadenbegrünung auf maximal 6 m Höhe zu begrenzen oder nur einigermaßen erreichbare Fassadenbereiche zu begrünen?
Abgesehen von dem wunderschönen Baustil: Könnte es nicht einen tieferen Sinn haben, dass die der Schönheit so sehr aufgeschlossenen Italiener fast völlig auf eine Fassadenbegrünung verzichtet haben? Wie du sehr richtig angemerkt hast, was das kein totaler Verzicht. Das Grün-Bedürfnis wurde in Innenhöfen, Hauseingängen, Loggien etc. ausgelebt.
Längst nicht nur - und das gilt fast überall wo die vergleichsweise kleinen Städte sich ausweiten und durch den Verkehr an Lebenqualität verloren haben. (Im Süden ist letzteres u.a. aufgrund relativ vieler Zweiräder - die heutzutage etwas "zivilisierter" klingen, nicht ganz so problematisch...)Die historischen Gründe für fehlendes öffentliches Grün - u.a. ein Bewässerungsproblem - und die historischen Lösungen (Gärten in fußläufiger Entfernung) verlieren an Bedeutung und längst hat das innerstädtischen Grün (auch an öffentlich sichtbaren Fassaden) an Bedeutung gewonnnen.
Auch wir haben die "Grünfrage" wie die Sieneser, Florentiner oder Venezianer gelöst, in dem wir einen kleinen Garten hinter dem Haus angelegt haben.
Diese Option ist in den typischen engen historischen Städten des Mittelmeerraumes kaum gegeben. Sie wiesen i.d.R. einen Versiegelungsgrad der Baugrundstücke von 100% auf. Lediglich öffentliche Plätze und evtl. bedeutsame Straßen waren überhaupt zur Begrünung geeignet.
Hier ein Bild von einer interessanten Mauerbegrünung, die ich in Oberitalien häufiger angetroffen habe. Es handelt sich offenbar um eine Ficus-Art, die sich wie ein Pelz über die Mauer legt. Sie wird wohl jährlich regelrecht geschoren.
Sehr viel besser (im Sinne von unbedenklich) als Efeu ist ein haftwurzelkletternder Ficus auch nicht.... Schon garnicht auf solchen historischen Mauern mit hohem Lehmanteil, die eigentlich einen Putz tragen sollten....Ich sehe schon, dass mein neuester Vortrag mit dem ganz und gar nicht werbeträchtigen Thema "Typische Mängel und Schäden begrünter Fassaden" auch baldmöglichst allgemein zugänglich sein sollte. Ich werde mich bemühen, dass kurzfristig zu schaffen, aber jetzt muss ich raus auf's Gerüst am Privathaus und Fassadenbegrünungen abnehmen. Ich habe die Durchführung einer Wärmedämmung verschoben bis der Winterschnittmöglich ist - aber jetzt wird es Zeit, dass der Maler bei besserem Wetter ungehindert arbeiten kann....GrüßeTB