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Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 12:36
von amarfio
Hallo an alle,leider habe ich ein dringendes Problem. Auf unserem Grundstück steht sehr nahe an der Grenze seit bestimmt mehr als sechzig Jahren ein Kirschbaum (veredelt), der zwar teils etwas alt wird und ausdünnt, aber gerade wieder sehr viele grüne Blätter und Kirschen trägt. Er ist deutlich mehr als fünf Meter hoch und misst in einem Meter Höhe immerhin zwei Meter Umfang.Nun hatte unser Nachbar (der diesen Baum noch nie sehr mochte) vor zwei Wochen die Idee, einen neuen Zaun - fast schon eine Mauer - zu errichten und er hätte den Baum gerne weggehabt, hat uns aber gerade jetzt im Zusammenhang mit dem Zaun versprochen, dass er ihn stehen lässt, wenn wir es möchten. Allerdings soll schon morgen abend auf seine Initiative hin jemand kommen, der über dem Nachbargrundstück sämtliche Zweige, auch dicke, abschneidet und eventuell sogar die Wurzeln kappt, damit das Fundament für den Zaun ordentlich steht. Wir hoffen, dass der Baum das alles aushalten würde, denn wir sehen nicht ein, dass wir für solche "niederen" Interessen einen Baum aufgeben sollen, an dem wir und auch die Vögel und Insekten noch so viel Freude haben und der schon länger da ist als alle, die um ihn herum wohnen: Meine Eltern leben seit fast fünfzig Jahren auf diesem Grundstück, der Nachbar ungefähr halb so lange.Dummerweise meinte nun ein Förster, den wir hinzugezogen haben, es handele sich um einen Grenzbaum, was die Sache bestimmt nicht einfacher macht (BGB § 923); wir wussten das über die ganzen Jahre gar nicht. Und nach seiner Meinung könne der Baum durchaus noch einige Jahre stehen bleiben, doch er würde nichts mehr daran schneiden... Wir haben auch zu keinem Zeitpunkt unser Einverständnis zum Entfernen des Baumes gegeben. Zudem wurde unsere Baumschutzsatzung vor vier Jahren dahingehend geändert, dass Obstbäume grundsätzlich nicht mehr geschützt sind.Nun habe ich auch im Namen meiner Familie verschiedene Fragen: Sieht jemand auch bei so einem Grenzbaum irgendeine Möglichkeit, dass wir den Baum so lassen können, wie er ist, etwa per Anwalt oder durch den Naturschutz? Das müsste natürlich bis morgen abend umsetzbar sein - aber immerhin hat uns der Nachbar noch vor zwei Wochen versprochen, dass der Baum bleiben darf, und uns geht das alles ohnehin viel zu schnell. Kann man den Nachbarn verantwortlich machen, wenn der Baum nach diesem Versprechen trotzdem gleich morgen wegmüsste (wegen der Standfestigkeit), und wer haftet für mögliche Schäden, wenn der Grenzbaum nach dieser Beschneidung irgendwann umkippt? Und hat jemand Erfahrungen mit Bäumen, denen nach einer Seite so viele Äste fehlen, können sie trotzdem noch gut überleben bzw. kann das die andere Seite eventuell noch stärken? Wegen der Wurzeln mache ich mir schon Sorgen, ich hoffe, sie können wenigstens bleiben.Ich wusste nicht genau, unter welches Thema ich mein Problem einordnen soll, aber ich hoffe auf ein paar Anregungen von Mitbenutzern dieses Forums - am besten noch heute, denn morgen könnte es zu spät sein... Mir und meiner Familie lassen diese Dinge seit Tagen keine Ruhe, vor allem dass ein Nachbar, der noch gar nicht so lange da ist, solche Rechte über ein Lebewesen haben soll, das vor uns allen da war. Die Natur zählt nichts mehr, solange es zu viele Leute gibt, die sie nicht schätzen.Vielen Dank für jeden Hinweis!amarfio

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 13:00
von Elro
Herzlich Willkommen hier bei uns im Forum.Leider kann ich Dir nicht viel weiter helfen. Gibt es nicht so etwas wie Bleiberecht wenn der Baum so lange steht? Immerhin hätte der Nachbar ja schon vor 25 Jahren sagen können der Baum müsse weg.Sowas ist schade.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 13:08
von Gartenplaner
Leider ein kompliziertes Thema, weil von Bundesland zu Bundesland und sogar manchmal von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich geregelt.Am besten bei der Gemeinde sich die notwendigen Informationen holen.Je nachdem kann ein Baum geschützt sein, wenn er mehr als 30 Jahre alt ist (inwiefern das auf Obstbäume zutrifft oder nicht, Gemeinde befragen), darf also nicht gefällt werden.Der Nachbar hat im Prinzip das Recht, die Äste über seinem Grundstück zu entfernen.Bei einem Obstbaum ist das aber wahrscheinlich eher weniger problematisch als bei anderen Bäumen.Ihr könntet einen Obstbaumschnitt-Experten zu Rate ziehen und vielleicht sogar eine Gesamt-Verjüngung für den Baum draus machen.Das würde den Baum auch wieder "ins Gleichgewicht" bringen, was die Astverteilung angeht.Grundsätzlich vielleicht erstmal keine Panik schieben - der Nachbar hat den Erhalt des Baumes ja zugesagt.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 13:20
von amarfio
Danke für die ersten Meinungen und für den Willkommensgruß! Ich bin noch unter 40 und werde das Forum sicherlich weiter beobachten bzw. nutzen.Ein Bleiberecht scheint es wohl nicht zu geben (allenfalls bei Menschen?) und für Obstbäume sieht es hier in der Tat schlecht aus. Uns stört wirklich kolossal, dass uns der Nahbar quasi vor vollendete Tatsachen stellen möchte und es ihm nicht schnell genug gehen kann, selbst in der Erntezeit; insofern hat er auch diesen "Baumbeschneider" bestellt, von dem wir gar nicht wissen, ob er gut ist. Er müsste zumindest etwas Sachverstand haben und so vorgehen, dass der Baum danach einigermaßen überleben kann. Man kann wohl nur abwarten, was passiert.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 13:38
von schwarze Tulpe
Bevor du dich ärgerst und sorgst, rufe schnell den Ombudsmann an. In nrw ist ein Schiedsmann zuständig. Da bekommst du gute Infos. Er übernimmt die Regelung. Kann man auch am Wochenende anrufen. Gibt es sicher in allen Bundesländern.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 14:27
von cydorian
Kirschbäume werden nun mal ungeschnitten riesig und Deutschland ist nun mal dicht bevölkert mit kleinen Grundstücken und eng aufeinanderhockenden Nachbarn. Dass ein ungehemmt wachsender Kirschbaum an der Grenze mal einem Nachbarn nicht gefällt, war wirklich abzusehen. Ihr nehmt ihm Raum und Licht, liefert ihm dafür herbfallende angepickte Faulkirschen. Es ist ausgesprochen rücksichtslos, an der Grenze Grossbäume zu pflanzen und darauf zu hoffen, dass die Nachbarn das immer dulden. Wir haben auch "Naturschützer" als Nachbarn, Riesenbäume an der Grundstücksgrenze wegen Natur und auf der anderen Grundstücksseite betonieren sie Flächen für die dritte Garage zu und vernichten damit rücksichtslos und radikal alles, was lebt. Dafür ist dann schon Platz, während das Baumvergnügen auf Kosten der Nachbarn zu gehen hat.Rechtlich habt ihr wahrscheinlich verloren. Ihr dürft den Baum sicher stehen lassen, aber Wurzeln wegen Mauerfundament und lange überragende Äste darf er entfernen. Ich würde bei dieser Gelegenheit mal auch jungere Äste in der Krone entfernen, die nach oben ragen, um ihn in der Höhe etwas zu begrenzen. Damit kommt er nach Wurzelverlust auch etwas mehr wieder ins Gleichgewicht zwischen Wurzel- und oberirdischer Holzmasse. Langfristig würde ich mir aber eher Gedanken über einen anderen Standort machen und eine neue Kirsche pflanzen.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 14:41
von fars
Wenn es denn ein "Grenzbaum" ist (= Stammbreite am Boden ragt über die Grundstücksgrenze ins Nachbargrundstück hinein), so gibt es dazu BGH-Urteile. Einfach mal googeln.Die rechtliche Situation ist eine Seite, die einer guten Nachbarschaft eine andere.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 14:45
von ratibida
Der Nachbar hat im Prinzip das Recht, die Äste über seinem Grundstück zu entfernen.
Wenn mich nicht alles täuscht, bezieht sich das aber nur auf Äste, die den Nachbarn an der Nutzung seines Grundstücks hindern. Also in etwa das, woran man sich den Kopf stößt bzw. was tiefer ist. Wurzeln dürfen, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, nur dann angerührt werden, wenn sie zerstörend wirken (Gehweg anheben zB) bzw. bei Baumaßnahmen (auch von Wegen) im Weg sind. Allerdings: Das sind Tipps der MSG-Rechtsberatung (aus dem Gedächtnis abgerufen), die auch nicht immer für alle Bundesländer/Gemeinden gleichermaßen gültig sind.Aus welchem Grund sollen eigentlich die Wurzeln raus? Will der Nachbar den Zaun auf einen durchgehenden Betonsockel setzen? Wenn lediglich Punktfundamente für die Pfosten nötig wären, bräuchten nur an diesen Stellen Löcher gegraben zu werden.Soll der Zaun genau auf der Grenze sitzen? In dem Fall würde es sich um eine Grenzbebauung handeln, und die kann der Nachbar mW nur in Abstimmung mit euch vornehmen. Genauer gesagt: Wenn er eine Grenzbebauung (Zaun, Hecke) fordert, könnt ihr euch dem nicht sperren, aber ihr habt ein Wörtchen dabei mitzureden, in welcher Form die Bebauung erfolgt, sprich wie in diesem Fall der Zaun aussieht und gesetzt wird. (Er könnte allerdings auch fordern, dass ihr die Hälfte der Kosten tragt ...) Vielleicht könnt ihr euch darauf einigen, dass zumindest in dem Abschnitt, wo dicke Wurzeln betroffen wären, lediglich Punktfundamente gesetzt werden?Du sagst, der Baum (2 m Stammumfang :o ) steht nah an der Grenze - wie nah steht er denn konkret? Wenn zwischen Stamm und Grenze noch Luft ist, finde ich die Einschätzung "Grenzbaum" eher merkwürdig - s. BGB: http://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__923.html Sollte die Einschätzung aber tatsächlich zutreffen, weil der Baum _auf_ der Grenze steht, hättet ihr wohl weniger gute Aussichten auf Erfolg bei der Baumrettungsaktion :-\ratibida(musste auch einen Baum rausmachen, als das Nachbargrundstück bebaut wurde, weil der schräg hing und beim Zaunbau gestört hätte - aber die Hecke ist geblieben, jawoll :D )

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 14:49
von ratibida
Die rechtliche Situation ist eine Seite, die einer guten Nachbarschaft eine andere.
Das ist sehr wahr. - Bei einem 60 Jahre alten Kirschbaum hätte ich den Verdacht, dass er ursprünglich mal nicht an der Grundstücksgrenze stand ... Da wird uns amarfio bestimmt noch was zu sagen. ratibida

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 15:06
von amarfio
Genau, da bin ich wieder. Der "Witz" ist:1. Der Baum stand mal mitten auf einem großen Grundstück, bis 1967 - zum Baubeginn unseres Hauses - die Grenzen gezogen wurden. Soweit ich weiß, wurde der Zaun sogar ein paar Zentimeter ins Nachbar-Grundstück gesetzt, damit der Baum ausgespart werden konnte. Die Sache mit dem Grenzbaum war deshalb für uns selbst nun eine Überraschung, aber es dürfte zutreffen.2. Der Nachbar hat am Anfang selbst noch Kirschen dort gepflückt, ohne uns zu fragen (und meine Großmutter war damals fuchsteufelswild); wegen des Grenzbaumes durfte er es wohl sogar, ohne es zu wissen. Und wirklich betroffen ist von den herabfallenden Kirschen bzw. dem Laub nur eine kleine Ecke seines Gartens, wo er bezeichnenderweise seinen Komposthaufen hingemauert hat... Darüber hinaus kann er sich nicht einmal über viel Schatten beschweren, das kann man gerade heute bei diesem sonnigen Tag schön beobachten. Der Nachbar hat nur leider eine sehr andere Vorstellung davon, wie ein Garten auszusehen habe.Die Wurzeln stören wohl wegen des Fundaments für den Zaun, in den sogar Steine eingearbeitet werden sollen; ziemlich massiv. Ich sehe auch nicht ein, warum sie deshalb dort wegsollen, aber er meint halt insgesamt, wenn an dem Zaun etwas passiert, weil der Baum mit seinen Wurzeln stehen bleibt, dann sei das unsere Verantwortung.Inzwischen haben wir die Auskunft, dass der Nachbar den Baum nicht entfernen darf, wenn wir es nicht wollen, dass er aber andererseits in seinem "Hoheitsgebiet" so viel schneiden darf, wie er will, ob der Baum danach noch stehen kann oder nicht. Und da es schon ein "Grenzbaum" ist, bin ich mir wirklich unsicher, wie viel noch bliebe, wenn man auf unserer Seite zum Ausgleich auch einige Äste wegnimmt.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 20:37
von Staudo
Schlucke die Kröte, sprich mich mit dem Nachbarn, entferne den Baum, so dies zulässig ist, und pflanze einen neuen. Fars hat Recht.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 21:18
von Amur
Oh direkt auf der Grenze. Das ist schwierig.Wenn die Einspuchszeit (12 Monate?) bei der Pflanzung an der Grenze vorbei sind, darf hier der BAum stehen bleiben. Kommt ja wohl öfter auch vor dass man so einen Nachbarbaum miterbt oder mitkauft und damit keine Einspruchsmöglichkeit mehr hat.Über die Grundstücksgrenze ragende Äste darf der Nachbar verlangen, dass sie entfernt werden ebenso darf er Wurzeln die auf sein Grundstück wachsen entfernen. Egal ob nötig oder nicht. Wenn der Nachbar nicht will, wirst du ihn langfristig nicht halten können. Baumschutzsatzungen schließen Obstbäume allgemein aus.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 22:35
von cydorian
darf hier der BAum stehen bleiben
Soweit ich verstanden habe, gab es an keiner Stelle irgendeine Forderung, den Baum zu entfernen. Es ging immer nur um Wurzeln und ein paar Äste, die ins andere Grundstück gehen.

Re:Rettung eines Kirschbaums an der Grundstücksgrenze

Verfasst: 1. Jun 2014, 22:51
von amarfio
Gerade lese ich die neuesten Einträge (danke an alle!) und da muss ich doch noch mal schnell schreiben. Nach unserer Auffassung ging es in der Tat nie darum, den Baum zu entfernen - aber der Nachbar hat tatsächlich gegen 19 Uhr noch einmal angerufen: Er habe wieder mit irgendwem darüber gesprochen und gehört, wenn der Baum direkt auf der Grenze stehe, dann dürfe er ihn auch wegmachen. Das zeigt nur wieder, wie der Nachbar wirklich gestrickt ist...Wir haben uns jetzt dazu entschlossen, die Grenze genau vermessen zu lassen, denn da gibt es in den Unterlagen einige Ungereimtheiten. Das ist zwar nicht billig, aber der Baum ist es uns wert und wir haben mal Gewissheit. Sollte es sich nicht um einen Grenzbaum handeln (und ich zweifele immer noch daran), dann hätte es der Nachbar tatsächlich schwer, selbst mit den Ästen und Wurzeln (BGB § 910: die Äste und Wurzeln müssten ihn bei der "Benutzung" seines Grundstücks "beeinträchtigen").