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Wuchsgesetze und Schnitt (Gelesen 8101 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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thuja thujon
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Wuchsgesetze und Schnitt

thuja thujon »

Hallo,
manchmal fallen mir Reaktionen von Bäumen auf, die auf den ersten Blick gegen die bekannten Wuchsgesetze verstoßen.
zB hatte ich letzten Winter eine einjährige Okulation eingekürzt, die ersten beiden Knospen nach der Spitzenknopse ausgebrochen, dann 4 Knospen nix gemacht und weiter unten gekerbt dass nicht nur 3-4 Triebe wachsen.

Ergebnis:
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Anschnitt kerben.jpg
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thuja thujon
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

thuja thujon » Antwort #1 am:

Im Detail siehe Anhang.

Ich kann das nun nachvollziehen warum das so ist, erwartete hätte ichs aber nicht.
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Anschnitt kerben Detail.jpg
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thuja thujon
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

thuja thujon » Antwort #2 am:

Auch bei Birne habe ich schon komisches beobachtet, hier hat fast der gesamte Austrieb nur auf der Sonnenzugewandten seite des Triebes stattgefunden.

Ich hätte gerne Erklärungen. Was sind eure Erfahrungen mit `Negativbeispielen´, wo die Baumreaktion doch eine andere war als erwartet?
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Birne Austrieb dem Licht entgegen.JPG
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willi2000
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

willi2000 » Antwort #3 am:

thuja hat geschrieben: 15. Nov 2018, 22:56
zB hatte ich letzten Winter eine einjährige Okulation eingekürzt, die ersten beiden Knospen nach der Spitzenknopse ausgebrochen, dann 4 Knospen nix gemacht und weiter unten gekerbt dass nicht nur 3-4 Triebe wachsen.


Das Ergebnis entspricht genau den Eingriffen die du gemacht hast, der Spitzentrieb treibt durch und die unteren Knospen werden zu Fruchtästen. Und Einkerbungen werden gerne mal überwachsen.

Ich verstehe also nicht, was du anderes erwartet hast?

Gruss,
willi2000
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

willi2000 » Antwort #4 am:

thuja hat geschrieben: 15. Nov 2018, 23:00
Auch bei Birne habe ich schon komisches beobachtet, hier hat fast der gesamte Austrieb nur auf der Sonnenzugewandten seite des Triebes stattgefunden.

Auch das ist typisch, Pflanzen wollen nunmal zum Licht (hat was mit der Energiegewinnung zu tun).
Daher beim Pflanzen die kräftigen Triebe immer auf die Schattenseite.

Gruss,
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cydorian
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

cydorian » Antwort #5 am:

Bei Birnen kenne ich es nur so. Der Wuchs richtet sich vor allem Anfang stärker nach den Lichtverhältnissen wie bei anderen Obstarten.
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555Nase
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

555Nase » Antwort #6 am:

Der Grundaufbau richtet sich nach der "Saftwaage". Kleine Abweichungen, durch Lichtverhältnisse o.ä., sind nicht dominierend. Abnormale Abweichungen können Gendefekte/Krankheiten sein ?
Gruß aus Karl-Chemnitz-Murx
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cydorian
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

cydorian » Antwort #7 am:

Das ist keine Konstante. Bei Birnen ist der Faktor Licht nur etwas stärker und durchaus nicht zu vernachlässigen, so meine Praxiserfahrung.
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thuja thujon
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

thuja thujon » Antwort #8 am:

willi2000 hat geschrieben: 16. Nov 2018, 22:50
thuja hat geschrieben: 15. Nov 2018, 22:56
zB hatte ich letzten Winter eine einjährige Okulation eingekürzt, die ersten beiden Knospen nach der Spitzenknopse ausgebrochen, dann 4 Knospen nix gemacht und weiter unten gekerbt dass nicht nur 3-4 Triebe wachsen.


Das Ergebnis entspricht genau den Eingriffen die du gemacht hast, der Spitzentrieb treibt durch und die unteren Knospen werden zu Fruchtästen. Und Einkerbungen werden gerne mal überwachsen.

Ich verstehe also nicht, was du anderes erwartet hast?
Dass die gekerbten Knospen die eigentlich kurze Fruchtspiese hätten werden sollen die komplette Energie obendrüber wegziehen hab ich nicht erwartet. Da ist fast die Apikaldominanz aufgehoben (als Kurve, nicht nur die oberste Knospe isoliert betrachtet). So sind die `ich sag mal Leitäste´ nur ne Blütenknospe, nichtmal ein Fruchtspieß, das darunter was hätte ein wenig gefördert werden sollen um 5-7 `ich sag mal Leitäste´ bis Fruchtspieße zu bekommen, die unteren 3 sind definitiv zu stark geraten und die 4 darüber definitiv zu schwach. So sind das keine 7 Seitentriebe...

Birne gegen Licht, manchmal ja, manchmal nein. Ich verstehe nicht warum. Kanns mir nur mit Sortenunterschieden erklären und das reicht mir nicht um dran zu glauben. Da spielt der Schnitt vom Vorjahr bzw Vitalitätsstatus wohl noch mit eine Rolle. Ich habs auch schon gesehen dass der Großteil in Richtung Schatten wachsen wollte, um dann fast sofort sehr steil als Rakete senkrecht in den Himmel zu gehen.
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thuja thujon
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

thuja thujon » Antwort #9 am:

@555Nase: die Existenz einer Saftwaage könnte ich durch dutzende Fotos widerlegen.
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555Nase
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

555Nase » Antwort #10 am:

@thuja, dann müßte aber eine Obstbücherverbrennung stattfinden. :o Die Beschreibung "Saftwaage" hab ich schon 1970 in diversen Obstbau-Büchern gelesen und in der Praxis an hunderten Obstbäumen erkennen- und nachvollziehen können. >>> z.B.
Gruß aus Karl-Chemnitz-Murx
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cydorian
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

cydorian » Antwort #11 am:

Biologische Systeme sind keine Maschinen mit exakt vorausberechenbaren Entwicklungen. Entsprechend sind Definitionen von Wuchs"gesetzen" immer nur statistische Annäherungen, mit Einzelfaktoren unterlegt. Je nach dem kann das mit weiteren Faktoren interferieren, so dass es manchmal aussieht wie wenn das schöne Wuchsgesetz oberflächlicher Quatsch ist.

Man könnte jetzt lange Texte schreiben und Faktoren nachspüren. Dass Birnen stark auf der Lichtseite ausschlagen sehe ich zum Beispiel vor allem auf der Obstwiese, die ein Südsüdwesthang ist. An den Seiten sind Gebüschzonen. Sonne kommt also Mittags und Nachmittags, Keine direkte Morgen- und Abendsonne. Der Lichtkontrast zwischen den Himmelsrichtungen ist gross. Bis zur Unsichtbarkeit weniger deutlich war der Effekt in anders wirkender Umgebung. Trotzdem: Steinobst und Äpfel zeigen auf derselben Obstwiese weniger stark eine Lichtseite wie Birnen.

Was machen wir daraus? Wuchsgesetze umstossen, Revolution? Neue, mehr Faktoren suchen bis alles wieder "passt"?
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Ayamo
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

Ayamo » Antwort #12 am:

Genauso ist es bei mir: Nahe am Garten ist ein Waldrand.
Insbesondere Birne - bei mir aber auch das Steinobst: Mirabelle, Reneklode - wachsen stark nach Südost, von wo das meiste Licht kommt. Wenn ich einen zukünftigen Leitast in eine andere Richtung formieren möchte, muss ich den zwei Jahre stäben.
Bei Apfel ist das tatsächlich "etwas" schwächer ausgeprägt, und auch bei einer Sauerkirsche, die eigentlich nur von Osten Licht bekommt.

Und:
Kerben nach Norden, um dort Fruchtholz zu bekommen, funktioniert eher schlecht.
Im schlechtesten Raum/ pflanz einen Baum/ und pflege sein!/ er bringt dir's ein. (J. L. Christ)                    (Stimmt das wirklich?)
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

willi2000 » Antwort #13 am:

555Nase hat geschrieben: 18. Nov 2018, 02:55
@thuja, dann müßte aber eine Obstbücherverbrennung stattfinden. :o Die Beschreibung "Saftwaage" hab ich schon 1970 in diversen Obstbau-Büchern gelesen und in der Praxis an hunderten Obstbäumen erkennen- und nachvollziehen können. >>>


Die Saftwaage ist eine Vereinfachung für Laien, die eigentlich nur den Spezialfall beschreibt, wenn alle Triebe gleichstark und gleich stark versorgt werden, also ein Zustand, der in der Natur nicht vorkommt. In guten Fachbüchern wie Friedrich, Fischer oder bei H.-T. Bosch findet man ihn deshalb auch nicht.
Ein anderer schwammiger Begriff, der gerne durch die Bücher geistert, ist das 'physiologische Gleichgewicht'. Hier wird ein Zustand postuliert, der eigentlich nicht definiert bzw. definierbar ist.

Gruss
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555Nase
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Re: Wuchsgesetze und Schnitt

555Nase » Antwort #14 am:

Selbst Maschinen haben Toleranzen, was sich im Lauf- und Effizienzverhalten äußert. Die eine Maschine geht früher-, die andere später kaputt, dennoch unterliegt jede Maschine den Gesetzen der physikalischen Mechanik. Es wäre törricht das Grundgesetz anzuzweifeln, nur weil sich einzelne Bauteile durch übermäßige Belastung verbiegen oder vorzeitig ausfallen.
An einem Obstbaum kann jeder rumschnippeln, wie er will (eine Maschine kann auch "zerschraubt" werden).
Das Grundgesetz der Obstbaumphysiologie ist nun mal ein physikalisches Gesetz der Kapilarität und Osmose.
Selbst wenn man dieses negiert, so richtet sich ein fachmännischer Obstbaumschnitt zu mindest an einer gedachten Saftwaage, alles andere wäre Rumschnippeln...die Pflanze wächst schon irgendwie weiter, sie kämpft ja ums Überleben, selbst als "Krüppel". Abweichungen biologischer "Normen" kann man beschwatzen, aber nicht alle aufzählen und zur Grundlage bezeichnen.
Gruß aus Karl-Chemnitz-Murx
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