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Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 13:20
von Hawu
Moin,
die Wurzeln unserer Linde haben die Platten der Einfahrt unserer Nachbarn angehoben. Die Einfahrt besteht aus zwei Reihen Platten, dazwischen Rasen. Aus diesem Rasen schaute eine Wurzel schon oben raus und wurde durchs immer wieder Überfahren beschädigt.
Nun lassen die Nachbarn die Einfahrt neu machen und der Plan ist, den vorderen Bereich mit Kies/Sand (das rötliche Gemisch, mit dem auch die Gehwege gemacht werden) abzudecken und dort auf Platten zu verzichten.
So weit so gut.
Nun haben die Arbeiter die dickste Wurzel (ca 8-9cm breit, wie tief sie geht, weiß ich nicht) beim Abtragen des Rasens noch zusätzlich schwer beschädigt und die Rinde von einem Stück der Oberseite der Wurzel abgeschält.
Entdeckt habe ich das zufällig. Als ich es mir genauer anschaute und überlegte, ob es nicht vielleicht besser sei, eine so stark verletzte Wurzel glatt abzusägen, kam der Chef.
Der will mir weismachen, dass die Wurzel a) noch völlig intakt sei und b) die Rinde beim ausgraben einfach abgebröselt sei, weil sie schon trocken sei (ist sie natürlich nicht). ???
Ich vermute, sein Problem ist, dass er so eine dicke Wurzel nicht absägen darf (Baumschutzverordnung). Darum leugnet er einfaach die Beschädigung.
Mein Problem ist jetzt, dass ich nicht weiß, was mit einer so stark beschädigten Wurzel passiert, wenn man sie einfach wieder einbuddelt.
Kann das überwallen? Staunässe ist dort nicht zu erwarten. Oder fault das zwangsläufig.
Die Stelle ist ca 2,5m vom Stamm der Linde entfernt.
Was würdet ihr tun?
(Ich bin grad so sauer und hilflos - wer Tippfehler findet, darf sie behalten, wenn was unverständlich ist, bitte nachfragen.)
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 13:30
von monili
Also spontan würde ich sagen glatt absägen.
Mit Deiner Vermutung was den Chef betrifft hast Du - glaube ich - recht. Ich glaube auch, dass er sich zusätzlich vor Schadenersatzansprüchen Deinerseits fürchtet die Du jetzt natürlich hast.
Die Schäden am Baum nach einer Wurzelverletzung sieht man oft erst nach Jahren.
Du könntest Dir den Baum von einem Baumprüfer anschauen lassen.
Das heißt, Baustelle sofort einstellen so lange bis der Baumprüfer da war.
Nichts verändern und Schaden sichern, damit die Firma nicht sagen kann Du hast hinterher noch was an den Wurzeln gemacht. Schaden fotografieren zusammen mit einer aktuellen Tagszeitung auf der man das Datum sieht (so werden Beweise gesichert)
Wäre überlegenswert, denn wenn Du den Baum nach ein paar Jahren wegen des Wurzelschadens fällen lassen musst kommen einen Haufen Kosten auf Dich zu.
Aber stell doch erst mal ein paar gute Fotos des Schadens und des gesamten Baumes ein!
lg monili
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 13:51
von lonicera 66
Wie sieht es denn mit der Standfestigkeit aus, wenn so eine dicke Wurzel gekappt wird?
Ich wäre auch für einen Sachverständigen, der den Schaden und die Folgen einschätzen kann.
Der Handwerker hat einen Schaden verursacht und sollte mMn auch dafür geradestehen.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:34
von partisanengärtner
Ohne Not würde ich die nicht kappen. Wenn sie nicht weiterhin beschädigt wird gehe ich von einer erfolgreichen Überwallung aus.
Zumindest wenn sie nur geschält aber nicht gebrochen ist.
Vielleicht einen Schutz drauflegen der langsam verrottet und der Wurzel eine ungestörte Heilung ermöglicht. Im bereits durchwurzelten 'Bereich wird ein Neutrieb sehr lange brauchen bis er wieder die alte Haltefunktion erreicht, wenn überhaupt.
Beweissicherung ist aber eine gute Idee.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:42
von Hawu
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:43
von Piccolairis
Ich hoffe das Nachbarschaftsverhältnis war vor diesem Vorfall gut und bleibt es danach auch noch.
Ich bin jetzt keine studierte Juristin, aber was das Netz eben per Google auf die Schnelle raus warf, führte zu dieser Rechtsanwaltsseite hier :
Klick mich Intesant ist ja dabei folgendes:
"quote"
Zwischen Nachbarn kommt es gelegentlich zu Streitigkeiten wegen Pflanzen, welche auf bzw. in der Nähe der Grundstücksgrenze stehen. Streitigkeiten können etwa entstehen wegen einer Grenzhecke, wegen grenznahen Bäumen oder wegen Pflanzen, welche über die Grundstücksgrenze wachsen.
Gelegentlich kommt es vor, dass die Wurzeln von einem Baum eines Nachbarn über die Grundstücksgrenze reichen und sich auf dem Nachbargrundstück ausbreiten. § 910 BGB gibt dem Nachbarn, auf dessen Grundstück sich die Wurzeln eines fremden Baumes ausbreiten, das Recht zur Selbsthilfe. Die Norm lautet:
§ 910 Überhang
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.
(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.
Für den Fall, dass eine Störung des eigenen Grundstücks vorliegt, kann der Nachbar nach einer Fristsetzung die Wurzeln abschneiden und diese behalten. Die Norm ist ein Ausdruck davon, dass Nachbarn grundsätzlich keine Störungen dulden müssen, welche vom Nachbargrundstück ausgehen und sich dagegen (gegebenenfalls auch im Rahmen der Selbsthilfe) zur Wehr setzen können. Es findet somit gerade keine Prüfung der Zumutbarkeit bzw. Verhältnismäßigkeit statt. Eine solche Störung des Grundstücks kann etwa vorliegen, wenn die Wurzeln den Grundstückseigentümer beim Rasenmähen stören oder eine Stolperfalle im Garten sind.
Eine interessante Entscheidung hat nun das Landgericht Frankenthal getroffen (LG Frankenthal, Urt. v. 11.08.2021, Az. 2 S 132/20). Demnach besteht das Selbsthilferecht auch dann, wenn bei einem Zuschnitt der Wurzeln ein Absterben des Baumes droht. Natürlich ist ein Zuschnitt nur insoweit erlaubt, als dass von den Wurzeln eine Störung ausgeht und es dürfen auch nur die Wurzeln zugeschnitten werden, von denen die Störung ausgeht.
Das Urteil zeigt, dass das Selbsthilferecht sehr weitgehend ist. Es zeigt auch, dass jeder Nachbar selber dafür verantwortlich ist, dass von seinem Grundstück keine Störungen ausgehen. Er kann sich somit später nicht darauf berufen, dass der Zuschnitt der Wurzeln unzumutbar ist.
Gegebenenfalls sind jedoch naturschutzrechtliche Vorschriften zu beachten, insbesondere dann, wenn es zu einem Absterben des Baumes führen können. Dies gilt es immer im Einzelfall zu prüfen.
"quote" Wenn dein Nachbar dich nicht entsprechend vorher von seiner Baumassnahme informiert hat, ist er genauso in der Pflicht - er hätte dich vorher über die Baumassnahme informieren und dir eine entsprechende Frist setzen müssen. weil er derjenige war, der das Unternehmen für die Einfahrtspflasterung beauftragt hat. Wiederum darf eine Auftragsfirma aber nicht einfach ohne Rücksprachen mit Baumbesitzer sowie dem Grundstücksbesitzer (hier der Nachbar) "Eigentum" beschädigen.
Wenn es nun zu Streitikeiten kommt, kann man vorher ja auch die
Schiedsstelle der Stadt/Gemeinde mit einbeziehen und gucken, was die Satzung zu diesem Thema sagt. Jetzt gleich einen Ziviprozess vor Gericht anzustreben halte ich im Moment für zu aufwendig - das Gericht will da Beweise sehen, um gescheite Urteile fällen zu können, und dann sollte man sich auch über die Kosten solcher Verfahren im Klaren sein.
Die Linde war sicher nicht erst seit letzter Woche so groß :( - es ist mit aller Wahrscheinlichkeit wohl davon auszugehen, das sie gefällt werden wird - wenn nicht jetzt , dann eben viel später, wenn sich der Wurzelschaden am Baum selbst bemerkbar macht.
Irgendwie ist das alles grad nicht so schön für dich - ich kann voll verstehen das du sauer bist.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:50
von Hawu
Nein, mit dem Nachbarn gibt es überhaupt keinen Streß. Er hatte sich ja dafür dafür entschieden, die Wurzeln, die die Platten hochgedrückt hatten, mit Kies/Sand zu überschütten, um den Baum zu schützen. Er ist auch frustriert, dass die Wurzeln jetzt so beschädigt wurden.
Die Frage ist jetzt halt nur, was für den Baum am besten ist.
@Partisanengärtner
was würdest du als verrottbaren Schutz über die Wurzel legen?
Denkst du, dass meine Fotos als Beweissicherung ausreichen?
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:51
von monili
Also, dass es hier um den Nachbarn geht hätte ich jetzt nicht so verstanden.
Eher um das, was die Baufirma angestellt hat.
Meiner Meinung nach ganz eindeutig bei den Bauarbeiten passiert.
Hast Du überall im Sand gegraben? Nicht, dass da noch ein paar beschädigte Wurzeln auftauchen.
Vielleicht gibt es ja einen Baumsachverständigen hier im Forum der was dazu sagen kann.
Ansonsten: schau ob Du am Freitag einen Baumprüfer bekommst. Die Kosten dafür kannst Du der Firma von der Rechnung herunterstreichen wenn herauskommt dass der Schaden durch die Bauarbeiten entstanden ist - wovon ich ausgehe.
Vielleicht ist es das beste, Du suchst gleich einen gerichtlich beeideten Sachverständigen - nicht jeder Baumprüfer ist das.
lg monili
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 14:57
von Staudo
Wir haben Juni, die Bäume sind voller Leben. Der Baum wird die Beschädigung problemlos überleben. Ich würde mich ärgern und es dabei bewenden lassen.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 15:14
von Hawu
So, ich kann sowas wie Entwarnung geben.
Nachbar hat mit der Firma telefoniert. Die schicken morgen einen Baumgutachter (Fachagrarwirt für Baumpflege und Baumsanierung).
Außerdem werden die Wurzeln jetzt mit Vlies abgedeckt, so dass sie bis morgen nicht autrocknen.
Und bevor Kies draufkommt wird generell auch mit Schutzvlies abgedeckt.
So wie es aussieht, war der Vorarbeiter hier vor Ort das einzige Problem. Der hat meinem Nachbarn jetzt auch gestanden, dass er es war, der die tiefe Scharte in die zweite Wurzel gehauen hat (die, die unter Sand versteckt war). Darum wollte er uns wohl weismachen, es sei nix passiert. Kinderkram.
Aber solange der Firmenchef vernünftig ist (und danach sieht es wirklich aus) wird es keine weiteren Probleme geben. Hoffe ich.
Danke für eure Antworten und Einschätzungen! Die waren wirklich beruhigend.
Ich war mir nicht sicher, wie gut Wurzeln verheilen können, denke aber, wenn ein Fachmann sich das anschaut, die Wundränder sauber abschneidet, dann wirds schon gut gehen.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 15:20
von monili
Hmmm... Firma schickt einen eigenen Gutachter.... bei sowas bin ich immer sehr skeptisch.
Jedes Gutachten hat einen Spielraum... und ich fürchte, dass die Firma den Gutachter deswegen beauftragt hat um die Firma schadlos zu halten....
lg monili
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 15:27
von Hawu
Der Gutachter wird von der Firma beauftragt. Er hat eine eigene Firma hier ganz in der Nähe. Dem würde ich jetzt keine Gefälligkeitsgutacheten unterstellen.
Davon hätte er ja auch nichts. Selbst falls er sagen würde, die Wurzel sei nicht zu retten, würde halt ein Antrag bei der Behörde gestellt und die Wurzel dann abgesägt.
Es geht hier ja nicht um große Werte, sondern um die fachlich richtige Versorgung der Beschädigungen.
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 15:39
von monili
Naja, Gefälligkeitsgutachten hab ich damit nicht gemeint. Sondern eher um den Spielraum den es in jedem Gutachten gibt.
Aber vielleicht geht ja eh alles gut, ich wünsche Dir auf jeden Fall alles Gute!
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 16. Jun 2022, 15:41
von Hawu
Danke. :)
Re: Beschädigte Wurzel - schneller Rat tut Not!
Verfasst: 17. Jun 2022, 08:55
von Bristlecone
Ich habe einen befreundeten Baumpfleger gebeten, mal einen unverbindlichen Blick auf diese Seite zu werfen.
.
Der Beschreibung nach hält er es für besser, die Wurzel von Hand freizulegen
und sie dann im gesunden und unverletzten Bereich mit einer scharfen Handsäge
zu durchtrennen. Man könnte dann den Bereich vor der gekappten Wurzel noch
mit feiner Erde, die mit Kompost angereichert wurde, einpacken, damit sich dort
dann wieder schnell feine Wurzeln bilden können.
.
Das ist natürlich nur eine erste Einschätzung anhand von bildern und Beschreibungen und kann eine Vor-Ort-Einschätzung nicht ersetzen.
Mal sehen, was der Ortstermin ergibt.