Da ich mit dem alten Rebenangebot über die Jahre überwiegend leidvolle Erfahrungen gesammelt hatte, habe ich natürlich im Norden auch zu der These geneigt, Nachbars Wiese ist doch deutlich grüner.
Ich habe mir aus dem letzten Jahr noch Fotos angesehen, die von mir abgebildete Preobaschenie im zweiten Jahr mit zwischen ein bis eineinhalb Kilo Ertrag beginnt umzufärben und sah nach dem Pero-Anfall im Oktober letzten Jahres lediglich so aus:
Über ein Jahr mit einer langen Vegetationsperiode wie 2014 eine unproblematische Rebe so hinzubekommen, schafft jeder. Da gehört absolut gar nichts dazu. Eine im Oktober gut ausgereifte Rebe sieht anders aus.
Wenn man dann noch hier das trostlose Frühjahr 2015 mit Bodenfrost dazu nimmt, neige ich zu der Einschätzung, dass die Rebe hier so unproblematisch ist, wie für den norddeutschen Raum zugeschnittene Apfelsorten wie Herbstprinz, Gravensteiner, Signe Tillisch. Einige Americano-Sorten mögen noch einfacher sein, aber die haben dann auch viel kleinere Gescheine. Mir erscheint sie im Umgang extrem einfach und das im feuchteren hinteren Teil des Gartens und in dem weniger unter Pilzdruck stehenden Vordergarten genauso. Sie steht zT in kalten Böden, bei denen ich die Nachbarrebe zu Ihrem Schutz wieder rauspflanzen musste. Die einzige JubNow/Preoprashenie, die bislang in 2015 wenig wächst, ist die direkt an der Straße an einem Stamm gepflanzte und da habe ich auch etwas die fehlende Luftfeuchtigkeit als negativen Faktor im Blick. Mir ist in Erinnerung, dass diese letztes Jahr bei besserer Feuchtigkeit ganz gut gewachsen war, immerhin war sie in einem Jahr auch auf 3 Meter 50 gekommen.
Was ich hier zu diesen Sorten sage, gilt für andere frühen Sorten von Jakob aus meiner Sicht genauso, Lora sehe ich zwar hier standortbedingt etwas später, aber trägt auch unheimlich gut, Kishmish Sarporoschje hat teilweise bis zu fünf Gescheine pro Trieb. Bulgaria Utsch. scheint auch ein Leistungswunder.
Und Sinilosi, die im Halbschatten ihre Gescheine ohne viel Laub sichtbar ausreift, ist für mich genauso eine positive Überraschung. Auch diese war Ende 2014 angeschlagen, und hat im zweiten Standjahr 50 standortbedingt verrieselte Gescheine, sie sieht aus wie eine Traubenkette.
Man sollte sich hier im Norden nur von der Vorstellung trennen, das Reben nur an einer geschützten Südwand gehen, die dann meist aus großen Terassenfenstern besteht oder für was anderes benötigt wird. Die Vorteile des Freistandes überwiegen bei mir zumindest deutlich. Eine schöne Hanglage wie Urmele hat hier ohnehin keiner. Bei den frühen Sorten steht auch keiner unter dem Druck, unbedingt noch vier, fünf Tage durch eine schützende Mauer herausholen zu müssen.
Dieses Jahr werden die selben Reben deutlich besser in den Winter starten, da kann man gespannt sein, was dann möglich ist. Ich hoffe, dass der erste Frost möglichst spät einsetzt. Gesundes Laub bis zum Frost scheint diesen frühen Sorten zu reichen, um die hier fehlende Wärme im Sommer auszugleichen. Allerdings, hierauf hat Dietmar ja schon hingewiesen, dass Fotosynthese Optimum liegt eben auch nicht bei sengender Sonne und 40 Grad, es vermindert sich ohnehin zum Herbst und ist wahrscheinlich bei den von uns gepflanzten Hybriden durchaus unterschiedlich.
Bei der Fotosynthese Leistung im Herbst sollte man ohnehin den Vorteil des Nordens sehen, dass die Blätter aus dem ersten Austrieb im September, Oktober hier im Regelfall weniger verschlissen sind. Vielleicht probiert hier ja jemand mal die frühen Sorten auch in einem noch maritimeren etwas nördlicheren Klima. Meiner Meinung nach müsste das gut klappen.Zu dem Bereich Wasser habe ich zu Keltertrauben (Ithakajournal 1/12) gelesen, dass bei Maximalerträgen in dichten Pflanzungen bis zu 900 Millimeter Jahresniederschlag durch die Reben produktiv genutzt werden können, ich denke, dass man aus der gänzlich anderen Ausrichtung bei Tafeltrauben wahrscheinlich noch mehr drauflegen könnte. Sonne kann man ja im Norden wenig herbeizaubern, aber Wasser ist ja beschaffbar und wasserspeicherfähige Böden haben wir hier zumeist. Luftfeuchtigkeit ist im Mikroklima auch oft regelbar. Es ist ja häufig sinnvoller, sich nicht auf seine Handicaps und Schwächen zu konzentrieren, sondern zu sehen, was hat man an positiven Standortbedingungen, und wie kann man die optimieren. Das ist meistens einfacher.
Bei Trauben mit einem SAT Wert von 2700 hilft einen das natürlich im Norden nicht weiter, aber bei 2200 und 2300 sieht das natürlich schon ganz anders aus.