Die betreffenden Anleitungen stammen von Rebschulen bzw. sonstigen Verkäufern und dienen letztlich nur der Verkaufsförderung. Letztlich sind solche Anleitungen nur ein Einstieg in die Problematik. Auch in Fachbüchern, wie z.B. "Rebschnitt"
https://www.amazon.de/Rebschnitt-Weintrauben-Tafeltrauben-richtig-schneiden/dp/3800175835/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1482234598&sr=8-1&keywords=rebschnitt behandelt man nur den Rebschnitt von Keltertrauben und betont dann, dass man Tafeltrauben auch so erziehen kann oder kopiert nur ein paar Sätze in so eine Kurzanleitung.
Rund 80 ... 90 % solch eines Buches sind kaum direkt auf Tafeltrauben übertragbar, aber man lernt einige Grundlagen, wie Reben funktionieren und das muss man selbst auf die eigenen Reben sinngemäß übertragen.
Ein Manko aller solcher Bücher besteht darin, dass die Autoren nie selbst Tafeltrauben angebaut haben oder nur mitteleuropäische Sorten, die ähnlich kultiviert werden können.
Es gibt jedoch bei osteuropäischen Tafeltrauben Besonderheiten, von denen solche Autoren noch nie gehört haben. Das weiß ich, weil ich mit einigen diskutiert habe.
Besonderheiten sind z.B.:
- oft eine sehr viel höhere Wuchskraft und diese muss man beim Rebschnitt berücksichtigen, damit man nicht in Wasserschossern erstickt
- oft eine sehr viel höhere Fruchtbarkeit und damit ein sehr viel höherer Ertrag in kg pro Quadratmeter Laubwand
- damit die Trauben und Beeren groß und aromatisch sowie reif werden, müssen pro Traube ca. 40 große Blätter auf Haupttrieben vorhanden sein. Damit dies erreicht werden kann, muss der Ertrag stark begrenzt werden, das Spalier höher werden als bei Keltertrauben und der Abstand der Reben in der Reihe deutlich größer sein als bei Keltertrauben.
- Bei Keltertrauben kann man mit der Kellerreitechnik (nach der Lese) noch viel korrigieren, aber das geht bei Tafeltrauben nicht. Tafeltrauben müssen auch eine 1A-Optik haben und so schmecken, wie man sie erntet und das bedeutet auch, dass die Tafeltrauben sehr viel gesünder sein müssen als Keltertrauben. Einige wenige ungesunde Beeren pro Traube Tafeltrauben machen diese zumindest für den Verkauf unbrauchbar, aber bei Keltertrauben kommen noch Trauben in den Bottich, bei denen ich mich ekeln würde. Um das zu kaschieren, spricht man dan bei diesem Matsch von Edelfäule. Igitt.
Fazit: Beim Rebschnitt und den folgenden Laubarbeiten muss man bei Tafeltrauben einiges anders machen als bei Keltertrauben. Ich hatte noch nicht erwähnt, dass der Schnitt auch abhängig von den Unterlagen, dem Klima, dem Boden und dem Mikroklima ist und das bedeutet auch, dass der Rebschnitt und die Laubarbeiten in Weinbaugegenden etwas anders ist als in weniger begünstigten Standorten.