https://www.gabot.de/ansicht/news/glyphosat-vollstaendiges-verbot-bis-ende-2020-388163.html
Zitat daraus:
"Das Zulassungsverfahren der EU, einschließlich der wissenschaftlichen Bewertung von Stoffen, sollte sich nur auf veröffentlichte, von Fachleuten geprüfte und unabhängige Studien stützen, die von den zuständigen Behörden in Auftrag gegeben wurden. Die EU-Agenturen sollten verstärkt werden, damit sie auf diese Weise arbeiten können. Sie bekräftigen ferner, dass alle wissenschaftlichen Belege, die die Grundlage für die positive Einstufung von Glyphosat und die vorgeschlagene Neuzulassung bildeten, angesichts des überwiegenden öffentlichen Interesses offengelegt werden sollten."
Das ist eine ziemliche Gemengelage.
Wie Sandbiene und ich schon mehrfach geschrieben haben, stützt sich das Zulassungsverfahren auf gesetzliche Regelungen.
Es wird nicht nur gefordert, bestimmte Daten vorzulegen, sondern diese auch in Studien zu erheben, die nach internationalen Richtlinien der OECD und gemäß GLP in dafür zertifizierten Laboratorien durchgeführt werden.
Natürlich kann man erstmal verlangen, dass nicht der Entwickler eines PSM (Biozids, Medikaments etc.) zu der Laborfirma geht und sagt, mach mal diese Untersuchung. Sondern, dass er - bildlich gesehen - seinen Stoff in eine Tüte packt, zu einer Behörde geht und der sagt: Hier ist ein neues Produkt, mach mal die notwendigen Tests.
Und die Behörde das dann anleiert und der Firma die Rechnungen schickt.
Wie viel Aufwand und wie viel Personal das wohl erfordern würde?
Sollte man Behörden wirklich mit Aufgaben betreuen, die eigentlich Sache der Firma sind?
Vielleicht wäre es möglich, die für die Zulassung zuständigen Behörden von vorn herein mehr in die laufenden Prüfverfahren im Rahmen einer Zulassung einzubinden. Dazu könnte Sandbiene vielleicht mehr sagen.
Auch die Offenlegung aller Daten ist eine auf den ersten Blick sympathische Forderung, zumal heute die technischen Voraussetzungen ja gegeben sind. Mit ein paar Mausklicks könnte sich dann jeder die Daten holen und darin lesen.
Wäre damit tatsächlich etwas gewonnen? Wer könnte diese Informationen sinnvoll bewerten? Doch wohl nur Fachleute.
Vielleicht wäre es sinnvoll, den Kreis der Fachleute im Zulassungsverfahren ab einer bestimmten Stufe zu erweitern und z. B. in einem Fachausschuss die Befunde zu diskutieren, dem auch Fachleute angehören, die nicht aus der Zulassungsbehörde stammen, vielleicht auch NGOs. Die haben sich allerdings derzeit durch ihre eigenen Kampagnen selbst fachlich so diskreditiert, dass daran momentan kaum zu denken ist.
Schließlich: "nur veröffentlichte Studien".
Klingt gut, ist aber auch nicht gut durchdacht. Eine Prüfung nach einem der oben erwähnten OECD-Protokolle und gemäß GLP hat einen Umfang von wenigen Dutzend bis zu mehreren hundert oder gar über tausend Seiten. Bei größeren Prüfungen sind tausende von Einzeldaten protokolliert.
Bei einer Kanzerogenitätsstudie, die über 2 Jahre läuft, wären das vier Dosierungen a 100 Tiere, von denen jedes einzeln bis in histologische Einzelheiten jedes Organs untersucht wird. Alle diese Daten stehen dann in dem Bericht gemäß OECD-Richtlinie.
Die sind von Fachleuten geprüft - die haben die Studie gemacht.
Wenn damit gemeint ist, dass die Daten in einem peer review geprüft werden, um dann in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht zu werden: Keine Zeitschrift würde so etwas veröffentlichen, viel zu lang, das sprengt jeden Rahmen.
Das gilt auch jede andere wissenschaftliche Arbeit - niemand veröffentlicht da haarklein alle Einzeldaten.
Also sind solche Veröffentlichungen stets Zusammenfassungen der Studien. Solcherart Veröffentlichungen gibt es auch von Firmenstudien zu PSM und anderen Stoffen, die nach OECD-Richtlinien durchgeführt wurden. IARC hat diese z.B. mit bewertet.
Und die Firmen sollten mehr davon auf diese Weise veröffentlichen. Dann müsste das IARC die auch bewerten und könnte sich nicht darauf zurückziehen, dass es diese Daten nicht kennte.
Allerdings, wie gesagt: Das sind stets wissenschaftliche Zusammenfassungen. Und damit würden sie nicht helfen gegen die Forderung, alle Einzeldaten öffentlich zugänglich zu machen.
(Und selbst wenn alle Einzeldaten zugänglich wären: Auch das schützte nicht vor der bloßen Behauptung, die Daten wären getürkt, weil eh alle unter einer Decke stecken. Wer sich einer Verschwörung sicher wähnt, lässt sich nicht auf diese Weise davon abbringen - gerade die Beobachtung, dass scheinbar alles in Ordnung ist, zeigt doch, wie raffiniert die da zu Werke gehen!)
So, das war jetzt ein ewig langer Text, den die wenigsten lesen werden. Schon gar nicht die, die eh schon alles besser wissen.
Da ist ohnehin jede Mühe vergeblich. Aber vielleicht gibt es ja ein paar andere, die sich noch unsicher sind, wie sie über all das denken sollen.
Unsicherheit ist gut - sie sorgt für Offenheit und ermöglicht kritisches Überlegen.
Den Don-Quichote-Orden hat Lene ja schon verliehen. Andere hier hätten ihn auch verdient.