Zu Frage A: Mit Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) wird alles an neoplastischen Erkrankungen (Tumoren) des Lymphsystems bezeichnet, was kein Hodgkin-Lymphom ist. Letzteres lässt sich durch das Vorkommen spezieller Zellen charakterisieren.
Wie für praktisch alle Krebserkrankungen ist auch bei NHL bis heute nicht geklärt, was die letztendlichen Ursachen sind. Sicher gibt es da eine ganze Reihe unterschiedlicher Gründe.
Da spielen Erbanlagen eine Rolle, vor allem aber wohl Umwelteinflüsse der vielfältigsten Art.
Um solche Zusammenhänge zu untersuchen, bedient man sich epidemiologischer Studien. Da gibt es unterschiedliche Ansätze, ganz grob vereinfachend gesagt, vergleicht man zwei Gruppen, die sich in dem interessierenden Faktor X unterscheiden, und schaut, ob die betreffende Erkrankung in der Gruppe, die dem Faktor X ausgesetzt ist, häufiger auftritt.
Einfaches Beispiel: Lungenkrebs und Raucher oder Bauchfellkrebs und Asbest.
In den meisten Fällen ist es sehr schwierig, einen Faktor zweifelsfrei "herauszuschälen" und dann auch noch herauszufinden, ob der wirklich Ursache ist oder bloß ein Indikator.
Beispiel: Kaffeekonsum und Schilddrüsenkrebs. Es gibt Untersuchungen, die auf einen Zusammenhang hindeuten. Abgesehen davon, dass Schilddrüsenkrebs viele ganz andere Ursachen haben kann, könnte es sein, dass Menschen mit Schilddrüsenunterfunktion mehr Kaffee trinken, um halbwegs wach zu werden, und aufgrund dieser Unterfunktion später erst Knoten in der Schilddrüse bekommen und dann an Krebs erkranken. Der Kaffee ist dann bloß ein Indikator, aber nicht ursächlich.
Nach Auffassung der IARC könnte es einen möglichen Zusammenhang zwischen NHL und der Verwendung von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln geben. Diese Einschätzung wird von anderen Organisationen nicht geteilt.
Hauptproblem: Die Anwender von PSM verwenden nicht bloß Glyphosat, sondern auch andere PSM und viele weitere Stoffe. Man kann auch meist nicht genau klären, ob die Anwendung der PSM der Erkrankung vorausging oder die zum Zeitpunkt der Anwendung schon bestand.
Und solch ein Zusammenhang ist immer statistisch: Nicht jeder, der einem krebserzeugenden Agens ausgesetzt ist, erkrankt tatsächlich, und manche, die dem nicht ausgesetzt waren, erkranken dennoch.
Es ist daher schwer bis unmöglich, zwischen einer Krebserkrankung und einer Exposition gegenüber einem bestimmten Stoff einen hinreichend sicheren Zusammenhang herzustellen.
Im Falle der beruflichen Exposition gibt es die Situation, dass Krebserkrankungen als Berufskrankheit eingestuft werden, weil der Zusammenhang evident ist. Dann muss ein Arbeiter, der an diesem Krebs erkrankt und mit dem Stoff gearbeitet hat, nicht beweisen, dass er deshalb erkrankt ist, sondern man geht juristisch davon aus, dass dem so ist.
Das gilt aber nur für diesen speziellen Bereich.
Im konkreten Fall NHL und Glyphosat geht es eher darum, mit viel Öffentlichsarbeit Druck aufzubauen. Welche Firma will schon jahrelang immer wieder vor Gericht stehen, das gibt in der Öffentlichkeit ein sehr schlechtes Bild. Egal, wie der Prozess schließlich ausgeht.
Deshalb hoffen die Anwaltskanzleien in den USA in solchen Fällen auf Vergleiche, bei denen dann hohe Summen gezahlt werden und der Prozess eingestellt wird.
Von diesen Summen kassieren sie die Hälfte oder mehr, der Rest geht an ihre Mandanten. Die Kanzleien tragen häufig das Prozessrisiko, d.h. bei Ablehnung der Klage bekommen sie nichts. Also haben sie ein Interesse an dem Vergleich.
Interessant ist - was ich hier weiter oben auch schon geschrieben habe - dass Chr. Portier, der maßgeblich für die - isoliert dastehende - IARC-Bewertung verantwortlich ist, von zwei dieser Anwaltskanzleien über 100.000 Dollar bekommen hat. Mag sich jeder seinen Reim drauf machen.