Das stimmt nicht. Es gab das Synthesewerk in Schwarzheide und das Stickstoffwerk in Piesteritz und obendrein wurde auch importiert. Sogar Glyphosat war verfügbar.
Zu DDR-Zeiten lief das Patent von Monsanto auf Glyphosat noch. Ich glaube nicht, dass da größere Mengen aus den USA importiert wurden, wo doch die DDR immer klamm bei Devisen war. Nur mit der BRD und Österreich gab es ein großes Handelsvolumen.
Im Synthesewerk Schwarzheide wurde hauptsächlich Polyurethan hergestellt, das Basis für sehr modifizierbare Kunstoffe, Lacke und Schäume war und ist. Es gab auch eine kleine Fertigung von Pflanzenschutzmitteln.
Das Stickstoffwerk in Piesteritz stellte Stickstoffdünger her und macht das heute noch.
Der Einsatz von synthetischen Mineraldüngern und Pflanzenschutzmitteln in der DDR hatte aber bei weitem nicht so einen Umfang (pro ha), wie gegenwärtig.
Kurz nach der Wiedervereinigung wurden ausgewählte landwirtschaftliche Flächen der ehemaligen DDR und der alten Bundesländer auf Belastung durch Pflanzenschutzmittel untersucht. In den nunmehr neuen Bundesländern wurden Proben u.a. in Bitterfeld genommen, in den alten Bundesländern im damals am wenigsten belasteten Gebiet bei Nürnberg. Das Ergebnis überraschte: Selbst das dreckigste Gebiet in den neuen Bundesländern wies eine deutlich geringere Belastung auf als das Sauberste in den alten Bundesländern. Dieses Ergebnis passte der Politik nicht in den Kram. Die Aussage, dass die Landwirtschaft in der DDR praktisch Bio war, stimmt also, da der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nur sehr gering war, von Mineraldünger auch. Außerdem exportierte die DDR alles in den Westen, was nicht niet- und nagelfest war. Ein großer Teil des Sortiments mit der Marke Privileg wurde in der DDR hergestellt. Wertmäßig war aber der Export der Mineralöl- und Grundstoffindustrie höher als alles andere, da sich hier der wachsende Rückstand bezüglich technischem Niveau der Produkte der DDR nicht so stark auswirkte und die DDR-Produkte den gleichen Standard wie im Westen hatten. Für den Erlös einer Westmark musste die DDR 4 bis 6 DDR-Mark bei Konsumgütern aufwenden, dagegen bei Grundstoffen war die sogenannte Devisenrentabilität deutlich besser und außerdem konnte man ein großes Handelsvolumen viel leichter erzielen als bei den vielen kleineren Produkten. So wurde z.B. ein großer Anteil des in der DDR produzierten Benzins und Dieselöls, sowie chemische Grundstoffe bzw. chemische Massengüter in die BRD exportiert. Die Herstellung von Stickstoffdünger in Piesteritz bedeutet also nicht, dass der Löwenanteil auch in der DDR eingesetzt wurde. Dazu kam, dass die Sowjetunion den Erdölpreis an das Weltniveau gekoppelt hat (mit einer zeitlichen Verschiebung), so dass auch zunehmend mehr dorthin exportiert werden musste, um die Rohstoffimporte bezahlen zu können. Die DDR war einer der größten Hersteller von Werkzeugmaschinen weltweit, aber praktisch keine Maschine fand den Weg in DDR-Betriebe. Nahezu alles ging in den Export. So war es in Piesteritz auch.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Gegend um Bitterfeld war aber stark belastet durch Rückstände aus der Chemieproduktion und die Gegend um Freiberg mit Schwermetallen. Umweltschutz war damals kein praktisches Staatsziel.