Ich würde das auch nicht so verbissen sehen. Ja, Götterbäume sind wüchsig und breiten sich stark aus, aber es sind halt Pioniergehölze, und deren Eigenart ist nun einmal, brachliegende Flächen möglichst schnell zu besiedeln. Erlen und Weiden breiten sich ungehemmt an Fließgewässern aus, Pappeln und Spitzahorn keimen in jeder Ritze, und Birken wachsen nicht selten in Mauerfugen alter Gebäude. Trotzdem käme niemand auf die Idee, einen Feldzug gegen sie zu starten, und das liegt sicher nicht nur daran, dass sie als einheimische Gehölze zählen, der Götterbaum hingegen nicht.
"Einheimisch" ist sowieso ein dehnbarer Begriff, auch Mammutbäume, Ginkgos, Douglasien und Amberbaum wuchsen hier vor der Eiszeit, gelten heute aber als "fremdländisch". Wir alle haben in den vergangenen Sommern gesehen, dass zahlreiche Bäume sowohl in den Städten als auch in den Wäldern sehr gelitten haben oder sogar abgestorben sind, während man den "Exoten" die Hitze und Dürre kein bisschen ansah. "Überrannte" Naturschutzgebiete sehe ich gerade bei Gehölzen eher nicht, da ist so manche Staude deutlich invasiver.
Die mitteleuropäische Flora ist (sicher auch eiszeitbedingt) ohnehin relativ artenarm, und wenn heute Neophyten einwandern, ob nun natürlich oder durch Menschen verursacht, ist das letztendlich nur der umgekehrte Effekt des vorherigen Aussterbens. Ja, selbstverständlich muss man gerade den menschengemachten Teil im Auge behalten und ggf. begrenzen, aber die Natur ist im ständigen Wandel, und man wird den Status Quo nie vollständig erhalten können. Jedenfalls wird heute wohl kaum jemand noch bewusst Götterbäume anpflanzen wollen, aber wo niemand ihre Ausbreitung einschränkt, werden sie sich eben eine Nische suchen.