Ich komme von einem Hof, der immer etwas später dran war als viele andere. Deshalb habe ich als Kind auch noch weitgehende Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln miterlebt.
Damals gab es neben dem Milchvieh samt Nachzucht und ein paar Mastbullen (Milch wurde nicht mehr selber verarbeitet, also kein eigener Käse und keine eigene Butter, beides kam von der Genossenschaftsmolkerei) noch 1 bis 2 Mutterschweine. Von den Ferkeln wurden jedes Jahr 3 aufgezogen und für den Eigenbedarf hausgeschlachtet, der Rest verkauft. Einen Eber hatten wir nicht. Die Sauen wurden besamt.
Wir hatten Geflügel (Legehühner, Hähnchen, Enten, Gänse, alles Eigenbedarf). Die Hühner und Hähnchen wurden als Eintagesküken, die Enten und Gänse mit ca. 1 bis 2 Wochen gekauft.
Dazu Fleischkaninchen. Meistens 6 Muttertiere + Nachzucht.
Das Futter für die Tiere wurde alles auf dem Hof erzeugt.
Eigenes Getreide wurde zum Mahlen in die Mühle gebracht und dann ein Teil des Mehls zum Bäcker gefahren. Der Bäcker hatte damals noch ein Brotbuch. Da wurde aufgeschrieben, wie viel Brot man geholt hat. Der Backlohn wurde dann nach kg abgerechnet. Das wurde dem Bäcker aber irgendwann zu umständlich. Nachdem seine alte Mutter verstorben war, die im Laden gearbeitet hatte und das Brotbuch führte, wurde das aufgegeben. Es waren eh nur noch 2 Bauern, die eigenes Mehl brachten.
Der Kartoffelacker war für den Eigenbedarf + für Pachtzahlung in Naturalien.
Zusätzlich zu den Kartoffeln gab es ein paar Reihen Feldgemüse für den Eigenbedarf, wie von Lisl beschrieben. Das hat meine Mutter wegen der ständigen Diebstähle irgendwann aufgegeben.
Am Haus war (und ist) ein Gemüse- und Obstgarten. Wir haben als Kinder jedes Jahr tagelang mit eingekocht und eingefroren.
All diese Arbeiten wurden nicht aus Faulheit, sondern aus Zeitmangel und wegen der schlechten Arbeitszeitentlohnung im Vergleich zum Zukauf nach und nach aufgegeben.
Wer heute in D Teilselbstversorgung betreibt, hat dafür doch eine ganz andere Motivation.
Die Freude am Gärtnern und der Tierhaltung. Das Gefühl, seine Freizeit sinnvoll zu investieren, statt vor der Glotze zu hocken. Der Erhalt von Wissen, Sorten und Rassen für zukünftige Generationen. Das Wissen, wo die eigenen Nahrungsmittel herkommen und was in ihnen steckt. Das Bestreben, den eigenen ökologischen Fußabdruck mögl. klein zu halten. Versorgungssicherheit im Krisenfall usw. usw.
Bei jedem liegen die Schwerpunkte etwas anders, letztlich ziehen wir aber alle am gleichen Strang.
Ich finde, wir Infizierten sollten das Interesse anderer am Thema nach Kräften fördern.
Dazu gehört für mich, neue Techniken und Materialien so einzuflechten, dass dem Hobby-Teilselbstversorger die Arbeit erleichtert wird. Wenn es mir z.B. irgendwann gelingt, ein 5 qm Möhrenbeet in 10 min so zu bestellen, dass bis zur Ernte der 25 kg Möhren keine weitere Arbeit anfällt (ich hoffe das zu erreichen), dann sollte es doch jeder Interessierte fertig bringen, den inneren Schweinehund zu überwinden und es auch mal zu versuchen. 