Es ist schon wirklich erschütternd, die aktuellen Bilder zu sehen. Das gesamte Areal, das für uns immer Dreh- und Angelpunkt während unserer Aufenthalte war, ist praktisch vernichtet. Lange hatten wir damals überlegt, ein uns zum Kauf angebotenes Grundstück mit Wohn- und Ferienhaus in Las Norias zu erwerben, oder alternativ ein Haus zwischen El Paraiso und Las Manchas, letztendlich aber dann doch stattdessen das Haus in der südlichen Eifel gekauft, in dem ich nun lebe. Obwohl beide Grundstücke (bisher) knapp außerhalb des Lavaflusses liegen, haben zahlreiche Bekannte inzwischen alles verloren. Sicher, ein Teil der Schäden wird von den Versicherungen übernommen werden, aber die Existenzen sind teilweise dennoch dahin. Was man vor zwanzig Jahren mit der Energie eines damals 30-jährigen aufgebaut hat, das baut man mit 50 nicht mehr neu. Mal abgesehen davon, dass verfügbares/bezahlbares Bauland auf unbestimmte Zeit nun wohl auch Mangelware sein wird auf der Insel. Es heißt ja, dass es Jahrzehnte dauern wird, bis die nun vom Lavafluss betroffenen Gebiete wieder nutzbar gemacht werden können, da ist das Freilegen der verschütteten Straßen wohl das kleinste Problem.
Ich kann mich gut daran erinnern, als man Ende der 90er Jahre begann, die vom 1971er Ausbruch in Ödland verwandelten Areale wieder zu erschließen und Anfang der 2000er Jahre überall im Westen zwischen Las Manchas und El Paso gebaut wurde. Klar, das Wissen um den Vulkan und mögliche Folgen war allgegenwärtig, dass war auch uns damals bewusst, da beide Grundstücke unmittelbar in oder neben den Lavagebieten lagen. Aber der Mensch entscheidet ja irgendwo zwischen Emotionen und wirtschaftlichen Beweggründen nicht immer in erster Linie rein vernunftorientiert, sonst wäre Los Angeles nicht besiedelt und es würden keine Atomkraftwerke am Rande der Eifel stehen.
Wie dem auch sei... mich nimmt das Geschehen auf La Palma gerade sehr mit, auch aus ganz privaten Beweggründen, hängen doch so viele Erinnerungen an dem am schlimmsten betroffenen Gebiet. Mein Mann hat viele Jahre auf den Kanaren gelebt und für mich waren die Zeiten, die wir dort verbrachten, speziell auf la Palma, ein wertvoller Ausgleich zum beruflichen Stress. Seit mein Mann im Alter von nur knapp über 50 Jahren, viel zu früh und völlig unerwartet, verstorben ist, hatte ich oft daran gedacht, eine Zeit lang auf die Insel zu entfliehen und erst einmal dort zu bleiben, um meine Gedanken zu sortieren... was aber an Corona und meiner momentanen Arbeitssituation scheiterte. Und nun ist alles anders... gemeinsam gelebte Erinnerungen, bzw. die Orte des Geschehens, sind unter Asche begraben, ausgelöscht. Wie muss es erst für die sein, die wirklich alles verloren haben, die Häuser, in denen sie zum Teil geboren wurden, Orte wo sie groß wurden und ihre Jugend verlebten. Die Resultate von jahre- wenn nicht jahrzehntelanger Arbeit, das Herzblut das da hinein gesteckt wurde, zusätzlich zu sämtlichen Ersparnissen. Solche Schäden kann keine Versicherung ausgleichen. Und die Angst, das Trauma, dass sich etwas Vergleichbares wiederholen könnte, die bleibt auch. Aber ich will nicht lamentieren, wurde nur gerade so von Gedanken und Gefühlen überwältigt, als ich aktuelle Bilder von Todoque - oder was davon übrig ist - sah.