Erdkröte, ich hatte es vielleicht irgendwo gelesen, aber habt ihr es schon mal mit einer Box versucht? Und zwar nicht so ein lüttes Transportding, sondern eine große Gitterbox? Mir kam die Idee, weil ihr ja seinen Raum eh begrenzt und er vielleicht darin Sicherheit finden kann, vielleicht auch noch eine Decke darüber, damit es höhlenartig ist. Manchmal hilft es auch einen Kauknochen mitzugeben, dann ist der Hund beschäftigt und schläft irgendwann. Wir haben das mit Motte wirklich Stück für Stück geübt.
Chap hatte Angst vor dem Alleinsein, wirklich, wir mussten immer aufpassen, dass er nicht zufällig irgendwo eingesperrt war, sonst ist er völlig ausgeflippt. Und die Zerstörungsaktionen hatte ich ja schon beschrieben, da half nicht mal die Gesellschaft der anderen Beiden. Ich hatte es bei ihm auch mit der Box versucht, damit er einfach einen Ruhepunkt hat, einen Rückzugsort - und damit er lernt, dass dort keine Interaktion stattfindet. Der Hund wurde in der Box völlig panisch, wollte das Teil zerlegen und zerbeißen, ich musste den Test sehr schnell beenden. So lange er bei uns war (6 Jahre) hat er sich nicht mal ein geliebtes Leckerchen aus der Box geholt. Chap wurde auch bei mir im Haus eine ganze Weile mit Schleppleine so angeleint, dass er nicht an die Treppe kam und die Katzen frei nach oben gehen konnten (Katzen waren monatelang ein beliebtes Jagdobjekt). Die erste Autofahrt war auch so ein Ding, ich holte den Hund ab, musste ihn ins Auto tragen, anleinen und dann saß er bei meiner Tochter auf dem Schoß - innerhalb der 15 Minuten Fahrt war sie völlig nassgespeichelt. Aber.. er liebte meine Tochter von Anfang an, das war beidseitig echt Liebe auf den 1. Blick - auch wenn ich die gesamte Arbeit hatte.
Chap kam aus einer Arbeitslinie, wurde in Hannover in einer 2-Zimmer Wohnung mit 5 Personen gehalten. Wir vermuten, dass er die meiste Zeit im Bad eingesperrt war, denn Tür zu im Bad war lange Zeit ganz schlimm. Er hatte mit 6 Monaten ganz weiche Fußballen, kannte draußen nix, war unglaublich nervös und fixierte Autos, Radfahrer und sprang auf jeden Bewegungsreiz an. Die Vermutung liegt nahe, dass er nur zum Erledigen des Geschäfts rauskam, mehr aber nicht.
Der Hund hat bei mir in den ersten 2 Wochen fast nicht geschlafen (ich auch nicht). Er hatte knallrote Augen, war nervös, nervöser, gereizt, überreizt, völlig neben der Spur. Das war wirklich schlimm für alle. Ich hatte ihn ziemlich am Anfang auf einen Spaziergang mit anderen Hunden mitgenommen, danach habe ich ihn ca. 2 Wochen nur noch auf dem Hof laufen lassen um ihn überhaupt mal an das "draußen" zu gewöhnen. Das war einfach zu viel für ihn. Nach der 1. Woche saß ich heulend im Flur und rief meine Bekannte ab, dass sie den Hund abholen soll, er würde die Katzen jagen und hier lägen alle Nerven blank, ich war total fertig. Allerdings hatte sie auch keinen Platz und so musste Chap bleiben.
Ich glaube das war der Zeitpunkt an dem ich dann einen Plan gemacht habe, wie ich das Zusammenleben verbessern und ihm helfen kann. Balu war eine sehr große Hilfe, da er ein sehr souveräner und geduldiger Hund war. Chap hat sich ihm von Anfang an direkt angeschlossen und suchte sehr viel körperliche Nähe - darum ist es für uns umso unverständlicher, dass irgendwann die Prügeleien losgingen.
Also kam die Schleppleine im Haus - er lag im Flur, konnte die Katzen sehen, aber nicht ran. Das dauerte 3 Monate, nach einem Hunderrennen fiel der Hund einfach im Wohnzimmer um und die Katzen konnten ihn das erste Mal in Ruhe beschnüffeln
er hat nur noch gepennt und damit änderte sich diese Situation. Er konnte sich dann frei bewegen. Autos fixieren - Ablenkung, das klappte sehr gut. Gezielte Auslastung, das klappte auch gut. Viel körperliche Bewegung (ich ging eh viel mit den Hunden), so 2 Stunden Laufen, perfekt. Chap war übrigens von Anfang an sehr gut abrufbar und klebte an mir.
Insgesamt war er ein sehr anstrengender Hund, der oft nicht entspannen konnte - vor allem die Zeit des Leinenzwangs war hier immer schlimm, weil das Laufen am Rad auch so ein Problem war (das konnten ich dann aber auch irgendwie mit ihm hinkriegen), Chap konnte sich nicht einschätzen und wäre bis zum Umfallen gelaufen. Hätte ich ihn allein gehabt, dann wäre die Arbeit intensiver und effektiver ausgefallen, aber auch so haben wir viel erreicht. Ich könnte echt Romane schreiben, allerdings habe ich erst nachdem er weg war, gemerkt wie sehr wir durch ihn eingeschränkt waren. Trotzdem fehlte er mir sehr
Aber ich bin froh dass er ein tolles Zuhause bekommen hat, ich habe viele Leute besucht und mit vielen gesprochen, damit er wirklich an den richtigen Platz kommt, so lange blieb er bei uns. Es war für alle die richtige Entscheidung und der neue Halter konnte sehr gut auf der Vorarbeit aufbauen.