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|1|11|Hier wird viel Unsinn geschrieben. (Staudo bei den Gartenmenschen)

Titel Wilde Wiesen
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Autor Thema: zu Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"  (Gelesen 23123 mal)

RosaRot

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zu Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« am: 13. Januar 2013, 11:59:04 »

Wurde eigentlich Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten" schon mal rezensiert? Erinnere mich irgendwie nicht. Lohnt sich das?

Edit: Die Frage und die folgende Diskussion wurden aus dem Thread "Zur Zeitschrift Gartenpraxis" auf Wunsch herausgenommen.
« Letzte Änderung: 15. Januar 2013, 15:54:09 von Garten-pur Team »
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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #1 am: 14. Januar 2013, 07:55:00 »

Wurde eigentlich Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten" schon mal rezensiert? Erinnere mich irgendwie nicht. Lohnt sich das?

Diese Rezension würd mich auch mal interessieren. Ich habe das Buch, und finde es..sehr speziell, mich würde nur mal ne Meinung dritter interessieren. Wär doch mal was für die GP.

Wer wählt die Bücher eigentlich aus, also sowas wie das "Lausbuch" z.B.?
« Letzte Änderung: 14. Januar 2013, 07:56:40 von Mediterraneus »
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sarastro

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #2 am: 14. Januar 2013, 14:27:50 »

Da würde mich viel eher die Meinung Dritter interessieren! Rezension bedeutet ja nicht immer eine subjektive Sichtweise.

Bei diesem Buch habe ich jedenfalls meine gewaltigen Probleme, wie übrigens schon einmal erwähnt. Die geschichtliche Abfolge der Pflanzenverwendung bis hin zur Jetztzeit ist eine sehr gelungene Zusammenfassung und dazu noch übersichtlich.

Wenn dann nur nicht diese höllisch abstrakten, viel zu theoretischen Kapitel der Strategietypen etc. wären, mit denen ein Praktiker recht wenig anzufangen weiß. Ich kann mich zwar hineindenken, aber macht es die Sache begreifbarer? Waren schon die Begriffe der Lebensbereiche und Standortkennzahlen für die Laien teilweise wenig nachzuvollziehen, so schießen diese Dinge den Vogel ab! Das Buch erinnert mich im Aufbau an ein Physikbuch aus der Oberstufe.

Wenn dir mit den Jahren die Lebensbereiche in Fleisch und Blut übergegangen sind, wenn man Staude XY vom Naturstandort her kennt und wer ihre Möglichkeiten im Garten ausgelotet hat, wer aufgrund ihrer Standortamplituden gewohnt ist, auszuloten, auszukitzeln, zu was bitte sind dann diese Abstrusitäten noch sinnvoll? Muss man hier unbedingt den Theorien eines Engländers oder Amerikaners nachhängen? Das ist meines Erachtens genau so an den Haaren herbeigezogen, wie dieser "New German Style". :( Oder nennt man diesen Vorgang eine Verwissenschaftlichung?

Oder sind solche Dinge etwa für einen armen Studenten sinnvoll, der ohne viel Vorahnung dies alles auch noch lernen muss? :o Unter Transparenz des für einen Anfänger ohnehin breiten und unübersichtlichen Staudensortimentes verstehe ich jedenfalls etwas ganz anderes. Vielleicht bin ich auch für so etwas nicht empfänglich. ;D ::)
Zitat

Vielleicht habe ich mich jetzt zu derb ausgelassen. Ich kenne allerdings Personen, die schimpfen noch ganz anders. Besonders einer, der aus dem selben Geburtsort kommt wie der Autor dieses Buches! ;D ;D
« Letzte Änderung: 14. Januar 2013, 18:05:22 von sarastro »
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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #3 am: 14. Januar 2013, 14:39:28 »

Das freut mich jetzt aber, dass ein Pflanzenprofi sowas sagt :D

Ich bin ja kein Fachmann, aber sehr interessierter Laie. Ich hab mir das Buch bestellt, drin gelesen..

...vorgeblättert...nächstes Kapitel angefangen..Bahnhof....weitergeblättert...Bahnhof...Verweise....Zitate..wenig Bilder........

.und kam mir vor, wie in einer wissenschaftlichen Arbeit an der Uni. Viel zu theoretisch und abstrakt, sorry!

 
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sarastro

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #4 am: 14. Januar 2013, 15:39:08 »

Und dies sagen auch einige Freunde von mir, die viel abstrakter zu denken gewohnt sind als ich! Einige legten dieses Buch bald auf die Seite und konnten nun gar nichts damit anfangen. Ich kämpfte mich dagegen durch, um ein wenig mitdiskutieren zu können.

Was mich auch wunderte, dass der Autor in seinen Dankesworten von vielleicht einem Zuviel an botanischen Namen schrieb. Für mich sind es entschieden viel zu wenige! Denn mit mehr Staudenbeispielen samt Habitaten und Bepflanzungsbeispielen hätte man die Materie erst so richtig greifbar und auch spannend gemacht. Einzelbeispiele treffen oft nur ansatzweise.

Mit Diagrammen und abstrakten Kurven verkompliziert man unnötig unsere ureigenste Materie. Aber vielleicht lebt man in einer neuen Zeit, kann ja sein, dass über Richard Hansen vor 40 Jahren auch geschimpft wurde.

Aus der Sicht des Staudenverwenders hätte eine Neuauflage des "Hansen-Stahl" der Materie völlig Genüge getan, aufgemotzt durch "neuere" Staudenverwendung, von Klassikern wie Beth Chatto über Piet Oudolf, Wolfgang Oehme bis hin zu wirklich super Ausnahmekünstlern wie Derek Jarman.

Dass dieses Buch von Norbert Kühn nun als das Maß aller Dinge auserkoren wurde und z.B. auf der BOKU als "Standardstudienbibel" für die Studenten herangezogen wird, sei nur am Rande bemerkt. Mir fällt eben immer wieder auf, dass auf den Unis neben der gültigen Lehre eine Leere an Pflanzenkenntnis vorherrscht, um es mal polemisch auszudrücken.
« Letzte Änderung: 14. Januar 2013, 18:09:24 von sarastro »
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pearl

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #5 am: 14. Januar 2013, 15:44:21 »

Wurde eigentlich Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten" schon mal rezensiert? Erinnere mich irgendwie nicht. Lohnt sich das?

Diese Rezension würd mich auch mal interessieren. Ich habe das Buch, und finde es..sehr speziell, mich würde nur mal ne Meinung dritter interessieren. Wär doch mal was für die GP.


danke sarastro und Mediterraneus und RosaRot! Sehr erhellend!

Ich muss zugeben, dass ich im Oktober in Weihenstephan sämtliche Vertreter dieser Sorte Fachrichtung geschwänzt habe. Irgendwie interessiert mich akademischer Overkill oder deutsche Pingeligkeit genauso wenig wie ...

Egal! Gut zu wissen welche Werke man sich sparen kann. ;) :D
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sarastro

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #6 am: 14. Januar 2013, 17:55:41 »

Naja, was für den einen nicht passt, kann dem anderen gefallen. Ich kenne durchaus auch Leute, die dieser neuen Theorie der Strategieanpassung etc. etwas abgewinnen können. Ich habe mir das Buch gleich gekauft und gründlich durchstudiert. Meine Ansicht dazu habe ich kund getan. Es gibt sicher auch andere Meinungen, die durchaus ihre Berechtigung haben und auch nachzuvollziehen sind.
« Letzte Änderung: 14. Januar 2013, 17:56:41 von sarastro »
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Jonas Reif

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #7 am: 14. Januar 2013, 23:56:58 »

Da würde mich viel eher die Meinung Dritter interessieren! Rezension bedeutet ja nicht immer eine subjektive Sichtweise.

Bei diesem Buch habe ich jedenfalls meine gewaltigen Probleme, wie übrigens schon einmal erwähnt. Die geschichtliche Abfolge der Pflanzenverwendung bis hin zur Jetztzeit ist eine sehr gelungene Zusammenfassung und dazu noch übersichtlich.

Wenn dann nur nicht diese höllisch abstrakten, viel zu theoretischen Kapitel der Strategietypen etc. wären, mit denen ein Praktiker recht wenig anzufangen weiß. Ich kann mich zwar hineindenken, aber macht es die Sache begreifbarer? Waren schon die Begriffe der Lebensbereiche und Standortkennzahlen für die Laien teilweise wenig nachzuvollziehen, so schießen diese Dinge den Vogel ab! Das Buch erinnert mich im Aufbau an ein Physikbuch aus der Oberstufe.

Wenn dir mit den Jahren die Lebensbereiche in Fleisch und Blut übergegangen sind, wenn man Staude XY vom Naturstandort her kennt und wer ihre Möglichkeiten im Garten ausgelotet hat, wer aufgrund ihrer Standortamplituden gewohnt ist, auszuloten, auszukitzeln, zu was bitte sind dann diese Abstrusitäten noch sinnvoll? Muss man hier unbedingt den Theorien eines Engländers oder Amerikaners nachhängen? Das ist meines Erachtens genau so an den Haaren herbeigezogen, wie dieser "New German Style". :( Oder nennt man diesen Vorgang eine Verwissenschaftlichung?

Oder sind solche Dinge etwa für einen armen Studenten sinnvoll, der ohne viel Vorahnung dies alles auch noch lernen muss? :o Unter Transparenz des für einen Anfänger ohnehin breiten und unübersichtlichen Staudensortimentes verstehe ich jedenfalls etwas ganz anderes. Vielleicht bin ich auch für so etwas nicht empfänglich. ;D ::)
Zitat

Vielleicht habe ich mich jetzt zu derb ausgelassen. Ich kenne allerdings Personen, die schimpfen noch ganz anders. Besonders einer, der aus dem selben Geburtsort kommt wie der Autor dieses Buches! ;D ;D

Hallo Sarastro & alle anderen,

das Buch wurde bereits in der Gp 10/2011 durch Volkmar Seyfang rezensiert.

Als jemand, der Norbert Kühn über Jahre hinweg als prägenden Professor kennengelernt hat, fällt die Bewertung des Buches natürlich etwas anders aus.

Die große Stärke von Kühn ist die plausible Verkettung und Zusammenfassung historisischer wie aktueller Pflanzenverwendungsströmungen sowie pflanzenökologischer und -soziologischer Ansätze in der Pflanzenverwendung. Dies gelang ihm in seinen Vorlesungen schon sehr gut, und auch im Buch ist dies wieder gelungen. Am Buch ist vielleicht zu bemängeln, dass viele aufschlussreiche Bild-Beispiele, die man in den Vorlesungen zu sehen bekam, aufgrund den Begrenzungen eines Buches nicht enthalten sind.
Die wirkliche Novität im Buch stellen die Strategietypen dar, die von Kühn "konzipiert" wurden. Er grenzt sich damit von Grime ab, bzw. betrachtet diese selbst als eine Weiterentwicklung, die verwendungsorientierter sein soll.
Nach dem letzten Satz könnte man jetzt eine ganzen Sack von Diskussionen aufmachen: Sind die Strategietypen verwendungsorientiert (Nutzen sie mir, um eine "gute" Pflanzung zu planen?)? Handelt es sich wirklich um eine Weiterentwicklung? Welche Bedeutung hat die CSR-Theorie von Grime für die Pflanzenverwendung? Wie hoch war der Nutzwert der Hansen-Lebensbereiche (damit meine ich nicht die Vereinfachung von Sieber)? Welchen Sinn haben theoretische Ansätze in der Pflanzenverwendung überhaupt?
Die Frage ist so vielschichtig und kompliziert, dass ich sie mir nicht traue selber zu beantworten. Fakt ist jedoch, das sie beabsichtigen, uns die Pflanzenwelt verständlicher zu machen. Und je theoretischer sie werden, umso mehr entfernen sie sich von der Pflanzenwelt zugleich. Die Natur lässt sich doch nie ganz systematisieren.

Um die Bedeutung und den Wert des Buches zu verstehen, sollte man es grundsätzlicher betrachten. Norbert Kühn ist einer von 2,5 Professoren in der Pflanzenverwendung an einer deutschen (theroetisch-wissenschaftlich orientierten Forschungs-)Universität, hinzu kommen noch einmal 5-8 Professoren an praktischer orientierten (Fach-)Hochschulen. Seit Jahren, wenn nicht schon gar Jahrzehnten, wird darum gestritten, ob die Landschaftsarchitektur, und damit verbunden auch die Pflanzenverwendung, eine Berechtigung an einer Universität haben. Dies versucht man mit wissenschaftlich-theoretischen Ansätzen in der Lehre und Forschung zu beweisen.
Ich möchte nicht darüber entscheiden, ob dies berechtigt ist, jedoch darauf verweisen, das es zwischen den Möglichkeiten, sich mit der Pflanzenverwendung auseinanderzusetzen, erhebliche Unterschiede zwischen Hochschulen und Universitäten bestehen, die heute für eine noch nie dagewesene Vielfalt an Ansätzen zur Verwendung von Pflanzen ermöglichen.

Das Buch setzt in diesem Sinn zumindest einen Meilenstein, als dass es zwischen Hansen&Stahl und Kühn kein vergleichbares Buch mit pflanzensoziologischem Hintergrund in D erschienen ist. Man sollte allerdings auch Bedenken, dass Kühn (ein ästhetisch sensibler) Theoretiker ist.

Dennoch stellen sich für mich Fragen:
- Ist eine solche Form des (Fach-)Buches heute noch angemessen und zeitgemäß?
- Wäre es nicht besser gewesen, je ein Buch über die Geschichte der Pflanzenverwendung und eines über ökologische Ansätze in der Staudenverwendung zu schreiben, dafür aber beide umfangreicher zu bebildern bzw. die Strategietypen vollständig darzulegen (inkl. einer vollständigen Zuordnung aller wichtigen Pflanzen zu den einzelnen Strategietypen sowie praktische Hinweise für die Umsetzung)?
- Für wen ist das Buch eigentlich geschrieben worden? Nur für Studenten?

und allgemein:
- Warum wird eigentlich der Staudenverwendung immer so viel Beachtung geschenkt, die nicht einmal ansatzweise die Gehölzverwendung oder die von Sommerblumen bekomme? Sollte man dies überhaupt so strikt trennen?

Gruß Jonas

PS. "New German Style" ist mitnichten ein trendiger Kunstbegriff, sondern die Umschreibung einer naturnahen Staudenverwendung unter Berücksichtung der Lebensbereichs-Therorie von Hansen in der 1980 und 1990er Jahren, die wesentlich durch Rosemarie Weise, Urs Walser und Hans Simon geprägt wurde (wurde von einem Engländer "erdacht"). Insofern habe ich auch Probleme mit einem anderen aktuellen Ulmer Buch (hier werden weder alle Protagonisten erwähnt noch ein richtige zeitliche Zuordnung vorgenommen).
« Letzte Änderung: 15. Januar 2013, 00:01:24 von gartenpraxis »
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pearl

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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #8 am: 15. Januar 2013, 00:20:39 »

"New German Style" ist von Stefan Körner für seine prachtvollen Staudenpflanzungen auf der Mainau belegt worden. Nach dem herausragenden Beispiel des Kreisels in Kassel. Bis zu dem Zeitpunkt gab es den dutch style in der angloamerikanischen Literatur und kein Bedarf in der deutschen Literatur einen Kunstbegriff aus der englischen Sprache zu verwenden. "New German Style" ist sozusagen das "Handy" und der "Bodybag" in der deutschen Gartenszene. ;D
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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #9 am: 15. Januar 2013, 07:17:33 »

"New German Style" ist von Stefan Körner für seine prachtvollen Staudenpflanzungen auf der Mainau belegt worden. Nach dem herausragenden Beispiel des Kreisels in Kassel. Bis zu dem Zeitpunkt gab es den dutch style in der angloamerikanischen Literatur und kein Bedarf in der deutschen Literatur einen Kunstbegriff aus der englischen Sprache zu verwenden. "New German Style" ist sozusagen das "Handy" und der "Bodybag" in der deutschen Gartenszene. ;D

Für mich hat die Pflanzung auf der Mainau sehr wenig mit New German Style zu tun.

Ich habe mit den Begrifflichkeiten wenig Probleme, wenn man sich über deren Herkunft bewusst ist. Mitte der 1990er Jahre (bis ca. 2000) gab es relativ klare, voneinander abgrenzbare Strömungen, die mehr oder wenig paralell existierten (New German Style etwas eher, Dutch Wave etwas später). Da diese von englischsprachigen Personen betitelt wurden, habe ich damit kein Problem:

New American Garden:
Hauptvertreter: Oehme & van Sweden, Petra Pelz; im gewissen Umfang auch Denis Dujardin (B)
Inspiriert durch: Roberto Burle Marx (Brasilien), Karl Foerster
Höhepunkt: 1990-2000
Merkmale: großflächige Einsatz von Staudenmonokulturen; kräftige, farblich teils sehr intensive Wirkungen; die in Frage kommenden Pflanzen sind stark eingeschränkte, da sie über eine lange Phase in der Vegetationsperiode gut aussehen müssen

Dutch Wave:
Hauptvertreter: Piet Oudolf, Henk Gerritsen, Ton ter Linden
Inspiriert durch: Niederländische Naturgartenbewegung, traditionelle Staudenverwendung in NL, D und GB
Höhepunkt: 1995-2005
Merkmale: Struktur und Texturreiche Staudenpflanzungen, die Farbigkeit ist eher zurückhaltend (tendeziell eher rote, rosafarbene und violette Töne, weiß, blau und ganz besonders gelb sehr zurückhaltend), Samenstände werden in die Gestaltung mit einbezogen, artenreich, üppig (viele Hochstauden), eher gärtnerisch-ästehtischer Ansatz

New German Style:
Hauptvertreter: Rosemarie Weise, Hans Simon, Urs Walser
Inspiriert durch: Friedrich Hansen, Willy Lange, sicherlich auch etwas durch Karl Foerster und Reinhold Tüxen
Höhepunkt: 1983-1995
Merkmale:Relativ konsequente Umsetzung der Lebensbereichs-Theorie von Friedrich Hansen, bekannt sind insbesondere Steppenartige Pflanzungen, der "reife Garten" stellt ein Idealbild dar, da hier eine gewisse Artenvielfalt bei überschaubarer Pflege existiert.


Nach 2000 haben sich diese Strömungen zunehmend vermischt bzw. neue entwickelt, die aber noch nicht so genau beschreibbar sind, dies gilt auch für einzelne Protagonisten, die sich zum Teil stark weiterentwickelt haben (z.B. Oudolf und Pelz).
Sicherlich gibt es bei den Präriepflanzungen von Cassian Schmidt oder den Mischpflanzungen des Arbeitskreises Pflanzenverwendung ihrer Wurzeln auch im "New German Style", jedoch sind diese auch sehr stark durch Grimes Ansätze beeinflusst bzw. orientieren sich starl an natürlichen Pflanzengemeinschaften (Schmidt).

Die Mainau-Staudenpflanzung enthält alle drei Strömungen, zusätzlich aber auch sehr tradionelle Elemente, die man schon von Karl Foerster kannte. Ich würde sie nicht als innovativ bezeichnen, sondern eher dem Publikum angemessen. Das ist durchaus positiv gemeint, da Bepflanzungen nicht immer auf diejenigen zugeschnitten sind, die sie auch nutzen (sollen).

PS. Ein kleines Kuriosum stellen die berühmten "Salbei-Felder" von Piet Oudolf dar (z.B. in Enköppping oder Chicago), die eher dem "New American Garden" ähneln. Allerdings bestand Oudolf darauf, dass die Samenstände nach der ersten Blüte nicht zurückgeschnitten werden und somit kein zweiter Flor "provoziert" werden sollte. Da gab es damals mit den Pflegekräften wohl einige Diskussionen (zumindest in Enköping).

PSS. Deshalb finde ich den Untertitel von Mascha Schachts Buch (von Karl Foerster bis New German Style) auch etwas unzutreffend, da Sie ja die (Leute hinter der) Staudenverwendung von 1900 bis heute und nicht nur bis 1995 beschreibt.
« Letzte Änderung: 15. Januar 2013, 07:43:27 von gartenpraxis »
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Norbert Kühns "Neue Staudenverwendung im Garten"
« Antwort #10 am: 15. Januar 2013, 07:32:25 »

Danke für diesen Überblick. Das ist der erste dieser Art, den ich hier lese, Diskussionen über den "New German Style" hatten wir im Zusammenhang mit dem Mainaubeet ja schon öfter. Demnach wäre der New German Style die älteste der von Dir erwähnten Strömungen. Kein Wunder, dass ich mich immer fragte, was daran "New" war, bin ich doch gärtnerisch mit diesem Stil irgendwie sozialisiert worden. ;D

Leider wurde damals die Planung des Mainau-Beetes als etwas unerhört Neues präsentiert, auf das inzwischen sogar die Engländer aufmerksam geworden seien und das als " New German Style" bezeichnet würde. Möglicherweise ein Missverständnis?
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« Antwort #11 am: 15. Januar 2013, 07:38:04 »

Danke für diesen Überblick. Das ist der erste dieser Art, den ich hier lese, Diskussionen über den "New German Style" hatten wir im Zusammenhang mit dem Mainaubeet ja schon öfter. Demnach wäre der New German Style die älteste der von Dir erwähnten Strömungen. Kein Wunder, dass ich mich immer fragte, was daran "New" war, bin ich doch gärtnerisch mit diesem Stil irgendwie sozialisiert worden. ;D

Leider wurde damals die Planung des Mainau-Beetes als etwas unerhört Neues präsentiert, auf das inzwischen sogar die Engländer aufmerksam geworden seien und das als " New German Style" bezeichnet würde. Möglicherweise ein Missverständnis?

Ja! Der Begriff "New German Style" wird definitiv mit Dingen in Verbindung gebracht, die nichts mit der ursprünglichen Defintion zu tun haben. Wenn ich mich jetzt nicht ganz täusche, stammt dies von Christopher Breadley-Hole aus der Mitte des 1990er Jahren (kann mich hier aber auch leicht täuschen). Die Mainau-Staudenpflanzungen gab es damals noch nicht, genauso wenig die Mischpflanzungen oder Cassian Schmidt Präriepflanzungen in Weinheim.

Um noch einmal den Bogen zur "Gartenpraxis" zu schlagen: Es gab ja in der Gp 2/12 einen Artikel über die Mainau-Staudenpflanzung. Im ursprünglichen Manuskript stand ein längerer Absatz über den "New German Style" von Stefan Körner. Da der Artikel bereits sehr lang war und Körner selbst zu dem Schluss kam, dass in der Mainau-Staudenpflanzung kein "New German Style" im ursprünglichen Sinn enthalten ist (oder nur sehr begrenzt), bat ich ihn, ein gesonderten Artikel über den "New German Style" zu schreiben. Leider ist er auf das Angebot nicht eingegangen und hat stattdessen an Cassian Schmidt verwiesen, der dies sicherlich besser darstellen könnte.

Leider ist es so, dass, wenn man sich mit solchen grundsätzlichen Definitionen "herauswagt", auch schnell angreifbar macht...
« Letzte Änderung: 15. Januar 2013, 07:50:21 von gartenpraxis »
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sarastro

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« Antwort #12 am: 15. Januar 2013, 07:41:17 »

"New German Style" ist von Stefan Körner für seine prachtvollen Staudenpflanzungen auf der Mainau belegt worden. Nach dem herausragenden Beispiel des Kreisels in Kassel. Bis zu dem Zeitpunkt gab es den dutch style in der angloamerikanischen Literatur und kein Bedarf in der deutschen Literatur einen Kunstbegriff aus der englischen Sprache zu verwenden. "New German Style" ist sozusagen das "Handy" und der "Bodybag" in der deutschen Gartenszene. ;D

Genau ab dieser Pflanzung kursierte dieser Begriff, erst seit der Mainau wurde dieser Begriff überhaupt geprägt, zu Walser/Simon/Weise-Zeiten war es schlichtweg eine "naturnahe, dekorative Staudenverwendung am Lebensbereich", um dies einmal vorsichtig zu umschreiben. Deswegen auch "New..."! Cassians Pflanzungen sind ästhetisch verfeinerte Präriegeschichten. Als "New German Style" könnte man noch am ehesten die Staudenmischpflanzungen bezeichnen, die sich von den anderen Stilrichtungen am deutlichsten abheben.
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Jonas Reif

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« Antwort #13 am: 15. Januar 2013, 07:53:42 »

"New German Style" ist von Stefan Körner für seine prachtvollen Staudenpflanzungen auf der Mainau belegt worden. Nach dem herausragenden Beispiel des Kreisels in Kassel. Bis zu dem Zeitpunkt gab es den dutch style in der angloamerikanischen Literatur und kein Bedarf in der deutschen Literatur einen Kunstbegriff aus der englischen Sprache zu verwenden. "New German Style" ist sozusagen das "Handy" und der "Bodybag" in der deutschen Gartenszene. ;D

Genau ab dieser Pflanzung kursierte dieser Begriff, erst seit der Mainau wurde dieser Begriff überhaupt geprägt, zu Walser/Simon/Weise-Zeiten war es schlichtweg eine "naturnahe, dekorative Staudenverwendung am Lebensbereich", um dies einmal vorsichtig zu umschreiben. Deswegen auch "New..."! Cassians Pflanzungen sind ästhetisch verfeinerte Präriegeschichten. Als "New German Style" könnte man noch am ehesten die Staudenmischpflanzungen bezeichnen, die sich von den anderen Stilrichtungen am deutlichsten abheben.


Bitte lies Dir noch mal die beiden vorigen Posts von mir durch, ich habe sie durch Edits noch am Ende ergänzt.
Mit den Begriffen ist das immer so eine Sache. "New German Style" war in der Fachwelt schon länger "bekannt". Nur weil man diesen jetzt sehr marketingwirksam für etwas nutzt hat das nicht zu bedeuten, dass man hier Deutungshoheit hat!
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« Antwort #14 am: 15. Januar 2013, 07:59:07 »

"Für wen ist das Buch eigentlich geschrieben worden? Nur für Studenten?"

Das ist der Punkt. Unsere Welt ist schon voller Theoretiker. Sowas braucht kein Mensch. Theoretiker und Garten/Natur, das passt nicht zusammen ;)
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