Ich hatte vor dem Reiterpaß natürlich wieder schlaflose Nächte. Ich büffelte Theorie bis zum Umfallen. „Tara, Du machst den Reiterpaß und nicht die Prüfung zum Pferdewirt!“, stöhnte Birte, die ich unablässig löcherte. „Und Richter ist der Beneken. Das kann’s gar nicht geben, daß beim Beneken jemand den Reiterpaß nicht schafft!“
Das ganze sollte auch noch in Schwarz-Weiß stattfinden. Schwarz-Weiß! Immerhin mußten wir uns nicht tatsächlich eine teure Reitjacke und weiße Hosen kaufen – graue Hosen, weiße Bluse, schwarze Wolljacke ging auch. Es waren 32 Grad. Wenigstens richtige Reitstiefel hatte ich inzwischen.
Und ich hatte Galan, weil Birte mir ein zuverlässiges Pferd geben wollte. Ich habe Galan nie vorher und nie nachher geritten. Ein dunkler Brauner, den ich nicht mochte und der mich noch weniger mochte. Prima gelaufen. Heike hatte natürlich das Waldviech, der konnte gar nix passieren. Und Hans den Duplo.
Der Richter, ein zierlicher älterer Herr, begrüßte uns auf der Wiese unten am Fluß. „Ach, diesmal haben wir ja eine altersmäßig gut gemischte Gruppe“, rief er händereibend. In der Tat: Wir waren dreizehn - zehn unter elf, dann wir: 35, 41, 45.
Die praktische Prüfung klappte ganz gut, obwohl Galan sich als etwas weniger zuverlässig beziehungsweise die gegenseitige Abneigung als stärker erwies, als Birte erwartet hatte. Und weil Beneken alle Augen zudrückte. Blaurot geschwitzt war ich hinterher trotzdem wieder mal. Und die Reitstiefel hatten mir die Kniekehlen wundgescheuert.
Und ich bekam einen Anschiß von einem mir wildfremden Menschen: Es saß da auf einem dieser Regenschirmhocker ein sehr alter Herr. „Sie haben sich nicht vornübergeneigt!“, quengelte er. Der Greis sah aus, als sei er noch bei Caprilli selig in die Lehre gegangen. Ich schnaufte und sah ihn fragend an. Er deutete auf eine wirklich kaum erkennbare, also eigentlich wirklich nicht vorhandene winzige Bodenwelle: "Sie haben sich nicht vornübergeneigt!"
Dann die Theorie. Absolut nichts von dem, was ich wochenlang gebüffelt hatte, wurde abgefragt. Dafür sollte ich die Teile des Sattels benennen. Das hatte ich gar nicht gelernt, das beherrschte ich ja seit Kindheitstagen: „Blatt, Vorderzwiesel, Hinterzwiesel…“ begann ich selbstbewußt.
„Ja, so haben wir früher mal dazu gesagt“, meinte Beneken, und als ich noch verzweifelt überlegte, piepte schon die neunjährige Janine dazwischen, das blöde Gör: „Sattelkammer, Sattelkranz!“