Wir empfinden sie eben als so. Aber was ist schon nicht grausam? Man käme vom Hundersten ins Tausendste, wenn man darüber nachdächte. Wenn ich ahnungslos durch den Wald latsche, dann zertrete ich sicher ein paar Ameisen. Ich erschlage hin und wieder sogar absichtlich Fliegen. Und wenn ich eine Maulwurfsgrille köpfe, bin ich da auch grausam?
Ich definiere grausam, indem ich Tätigkeiten derart bezeichne, deren Ausübung nicht direkt zu meinem Lebenserhalt beiträgt. Fleisch zu essen betrachte ich nicht als grausam (pssst, fisalis, psssst!!!!!!!!!! Aber echt jetzt!!!), Schnecken zu ermorden hingegen schon.
Wenn ein Vogel nun eine Igelpfote herumschleppt, mag das grauslich sein, aber doch nicht grausam. Letztens fand der Hund meiner Kusine unter der Hecke einen toten Feldhasen. Er hat ihn stolz durch den Garten geschleift. Vermutlich hat ihn ein Auto überfahren und er konnte ich gerade noch unter unserem Zaun durchschleppen; seine Augen waren herausgefressen, die Rippen aufgebrochen und ein Bein fehlte. Mir kam das nicht grausam vor, ich war eigentlich sogar froh, dass das Fleisch schon angefressen war, somit hat's nicht gestunken.
Wenn der Kater mit der Maus spielt, habe ich schon ein wenig Probleme. Ich bin schließlich immer dazu übergegangen, die Maus zu erschlagen, damit sie es wenigstens nicht mehr spürt, wenn der Kater sie herumwirbelt. Aber dann saß er da und tippte die Maus an und war ganz enttäuscht, dass sie tot war. Seither lasse ich sie, versuche das schrille Quicken zu ignorieren, auch wenn ich am liebsten Mitschreien würde und denke mir, das war das Pech der Maus.
Denn warum sollte ich die Maus retten und die Schnecken nicht, obwohl sie doch bloß stumm sind? Nur weil ihr etwas Menschliches - die Stimme - anhaftet, muss die Maus nicht vom Lauf der Natur ausgenommen werden.
Allerdings habe ich vor 2 Wochen eine junge Amsel vor dem Kater gerettet. Er lag schon auf der Lauer und ich konnte ihn gerade noch im Sprung erwischen; damit die kleine Amsel Vorsprung hatte, ins nächste Dickicht zu gelangen. Ich habe lange nachgedacht, ob das in Ordnung war, ehe ich gestern genau jene Amsel, erkennbar an einer geknickten Feder, im Acker eine Mauswurfsgrille fangen sah.
Nachdenkliche Grüße,
Katrin