'Bailmer' ist also nicht vom Himmel gefallen aber was oder wer ist sie wirklich? An einen spontanen Sämling oder einen Sport, der ihr abweichendes Blühverhalten hervorgebracht hat, glaubt auch der Einführer der ENDLESS SUMMER-Serie nicht. Michael M. Dirr schreibt in seinem Buch "Hydrangeas for American gardens) (2004):
"I suspect it is an old potplant (greenhouse) cultivar, purchased by the homeowner, outplanted to the garden where this remontant (reblooming) trait was recognized." (S. 95)
Aber er lässt sich nicht weiter darüber aus, welche Sorten in Frage kommen würden. Bis auf die historischen Berichte über das abweichende Blühverhalten von 'Rosea' habe ich selbst biseher auch keine Quellen gefunden, die von einer Remontanz und der Blütenbildung an einjährigen Trieben bei einem Kultivar von Hydrangea macrophylla berichten, gefunden.
So stellt sich mir die Frage, ob das Erbgut von 'Rosea' sich hier wiederspiegelt. Dazu muss man einerseits wiisen, dass die historische Sorte, die aus einer Einführung aus Japan durch Charles Maries 1880 stammt neben 'Mariesii' (Maries 1880) und 'Otaksa' (Siebold um 1860) den genetischen Grundstock für die europäische Hortensienzüchtung bildete. Lemoine und Moulliere haben sie als erste für gezielte Kreuzungen genutzt und danach scheint mit ganz wenigen Ausnahmen kaum jemand etwas anderes in die Sorten von Hydrangea hortensis (gärtnerisch heute Hydrangea macrophylla) eingekreutzt zu haben. "Hydrangea hortensis" wurde zudem nicht unbedingt als Gartenpflanze gezüchtet sondern war historisch bis in die jüngere Vergangenheit vor allem eine (Wegwerf-)Pflanze für die Topfpflanzenproduktion. Winterhärte und Remontanz sind daher vermutlich nicht die obersten Züchtungsziele.
Während die Urahnen 'Mariesii' und 'Otaksa' offenbar dem Blühverhalten der botanischen Wildform Hydrangea macrophylla entsprechen und nur an "vorjährigen" Triebspitzen Blütenanlagen ausbilden, scheint dies bei 'Rosea' eben anders zu sein.
Lange Zeit wurde sie auch als "Hydrangea hortensis" bzw. Hydrangea macrophylla eingeordnet. Heute nimmt man jedoch an, dass sie eine alte japanische Kulturform (dort "Hime ajisai" genannt) ist, die von einer Unterart von Hydrangea serrata abstammt. Hydrangea serrata subsp. yezoensis ist als Wildform in Norden Japans (Hokkaido) mit langen kalten Wintern beheimatet, während die Wildvorkommen von Hydrangea macrophylla von der Pazifikküste des mittleren Japan mit deutlich milderem Klima stammen.
Blütenbildung an einjährigen Trieben also als evolutionäre Anpassung an rauhes Klima, wo die Triebspitzen in extremeren Wintern durchaus öfter abfrieren, die Pflanze sich jedoch trotzdem reproduzieren kann? Dies scheint mir durchaus eine plausible Erklärung zu sein.
Nur... wenn sich das Erbgut der Hydrangea serrata subsp. yezoensis 'Rosea' in den Blüheigenschaften von 'Bailmer' (ENDLESS SUMMER) wieder auftaucht, wie alt mag 'Bailmer' wirklich sein? Nach wie vielen Züchtungsgenerationen können solche genetischen Merkmale wieder auftauchen, wenn die Züchtungsziele eigentlich andere Schwerpunkte haben?