Seit Jahren berichte ich hier und auf Veranstaltungen einerseits von den extremen Schwierigkeiten der Schäferei, die so vielschichtig wie existenzbedrohend sind, wie ich ebenso davon berichte, wie ultimativ wichtig die Weidetierhaltung für die Artenvielfalt ist. Das ist aber nicht korrekt ausformuliert. Artenvielfalt ja, aber wir "produzieren" eben auch enorme Masse an Insekten und draus logisch folgend auch allen an diese Nahrung gebundenen. Wenn man das zu Ende denkt, an fast alle, deren Nahrung nicht selber aus Gras oder Holz besteht.
In unserer Region hat man mir oft genug gesagt, dass man a) entweder ganz viel für die Weidetierhalter tut (das meint Beratung in Förderprogrammen, die nicht die Bohne für uns Schäfer taugen) bzw. b) dass man eigene Beweidungsprojekte (Rinder, Ponys) hat, die unterstützt werden müssen bzw. c) dass das keinen Sinn hätte, weil das hat man schon mal versucht.
Die existenzbedrohenden Umstände erzeugen bei den Schäfern mittlerweile eine ungeheure Wut oder Frustration. Zumal von Seiten der Politik ja in geradezu lächerlicher Weise Artenschutz, Insektenschutz, Naturschutz, FFH-Gebiete als Ultra wichtig bezeichnet werden. Und gleichzeitig schaut man tatenlos dem Höfesterben zu. 2 Prozent weniger Schäfer pro Jahr, dto. Schafe.
Da praktisch kein Schäfer auf fetten Flächen ausschließlich hütet, fallen damit jährlich auch entsprechend naturschutzfachlich wertige Flächen aus der Nutzung raus. Entweder ganz raus, oder sie werden intensiviert, womit der ökologische Nutzen weg ist.
An der Uni Kassel hat man diese Zusammenhänge erkannt und gehandelt. Wie immer dieses Projekt ausgeht: Ich ziehe meinen imaginären Schäferhut davor es einfach gewagt zu haben! Viele, viele Jahre Vorbereitung, Geld vom Staat beantragen - in einer Größenordnung, dass daraus was werden kann und im Gegensatz zu so vielen anderen Projekten die Betriebswirtschaftliche Seite der Betriebe dabei mit im Fokus zu haben.
Es geht um bereits zerstörte Vermarktungsstrukturen (selbst die Größte Schäferei schafft es gerade einmal ca. 70 Lämmer pro Jahr direkt zu vermarkten), um die lächerliche Situation der Wolle (das schon oft erwähnte Abfallprodukt mit Sondermüllstatus), um die auf keinen Fall vermarktbaren Altschafe (weil - DANKE - auch dieser Schäfer sich weigert die Schafe lebend nach Drittländer zu verschiffen, was mindestens eine unvorstellbare Transport-Quälerei für die Tiere ist) und um die nicht... wie soll ich es beschreiben … keine belastbare Vermarktungsoption durch die Gastronomie.
Wie so viele habe auch ich mir gedacht: Was tönen die Verbraucher nicht alles: Sie wollen Fleisch aus guter Haltung, naturnah produziert, nachhaltig, klimaschonend... nur kaufen - nö.
Mangels Angebot sicher auch. Aber wie ich es schon ebenfalls häufiger schrieb: Lieber Verbraucher: Fragt doch AKTIV in Euren Metzgereien nach. Nach Lammfleisch aus der Region. Fragt doch mal bei Schäfereibetrieben! Noch gibt es sie. Immer weniger und immer weniger, die nicht ihre Lämmer en bloc an Händler verkaufen, die ins Ausland verkaufen, weil der Deutsche lieber das gefrorene, um die Welt gereiste, aber so schön günstige Fleisch aus Neuseeland kauft. Für den Preis kann der Deutsche Schäfer nicht produzieren.
Der Weltmarktpreis für Lammfleisch pro Kilo, liegt derzeit bei round about 2 €
Der besuchte Schäfer zieht wie wir durchs ganze Jahr. Er verbringt gerade mal die Lammzeit drinnen (übrigens auch nur wegen der Leute - die bei uns offensichtlich doch noch etwas Tierhaltungs-näher sind). Damit sind das Betreibe, die kontinuierlich N (Stickstoff) den Böden entziehen. Auch dies wurde breit dargelegt. Fleisch, das der Verbraucher doch aus Bodenschutzgründen begeistert kaufen müsste!
Die Muttertierprämie für Weidetierhaltung wurde gerade erst wieder abgelehnt. Die Schäferei wird dem Sterben ausgesetzt. Und mit ihr... auch das Sterben so vieler Arten. Politisch so gewollt, egal, was man proklamiert.
Ob es dieses Projekt schaffen wird eine Trendwende mindestens in dem Projektgebiet zu erreichen... bleibt abzuwarten. Aber wenigstens haben sich ein paar kluge Köpfe zusammen gesetzt und haben gehandelt. Dafür haben sie meinen allergrößten Respekt!