@Hyla: Da ging es um die Beize von Maissaat mit einem Neonikotinoid.
Ja, da kam es zu Schäden. Weil das Beizmittel falsch eingesetzt wurde und beim Ausbringen der Maissaat staubte.
Die regelungen wurden daraufhin verschärft.
Aber: Das war schon damals nicht bestimmungsgemäßer Einsatz des Pflanzenschutzmittels.
So etwas gehört abgestellt, kann aber nicht die Entscheidungsgrundlage für die Zulassung sein.
Man lässt auch Autos zu, obwohl manche damit illegale Rennen fahren.
Bestimmung der Grenzwerte, dass wäre wirklich interessant.
Ich versuchs mal in aller Kürze und beschränke mich auf die Bewertung für den Schutz des Menschen und das gängigste Verfahren in der EU (es gibt kompliziertere, die lassen wir hier mal weg, das Grundprinzip bleibt dasselbe):
Wenn all diese Studien, die für die (Wieder)zulassung eines Pflanzenschutzmittels gefordert werden, nachgewiesenermaßen und in entsprechender Qualität vorliegen (was die Fachbehördewn zweier EU-Mitgliedsländer in z.T. jahrelanger Kleinarbeit prüfen), identifiziert man diejenige unerwünschte Wirkung, die bei der niedrigsten Dosis in Langzeitstudein auftritt. Und die zugehörige Dosis, bei der das nicht mehr passiert. Letzteres nennt sich NOAEL (No observed adverse effect level).
Das sind meistens Daten aus Tierversuchen. Daten aus Studien am Menschen (Probandenstudien, Erfahrungen am Arbeitsplatz, Untersuchungen in der Allgemeinbevölkerung) fließen in diese Betrachtrung mit ein, reichen aber meist nicht aus.
Stellt sich bei der Prüfung der Daten heraus, dass der Stoff als schädlich für Fortpflanzung und Entwicklung, erbgutschädigend oder ohne Wirkungsschwelle krebserregend ist oder (neuerdings zusätzlich) das Hormonsystem schädugt, hat sich die Zulassung erledigt. Der Stoff ist raus.
Ansonsten: Ausgehend von diesem NOAEL wird mithilfe von Extrapolationsfaktoren eine Dosis abgeleitet, die so angesetzt ist, dass Menschen auch adnn keinen Schaden nehmen, wenn sie dieser Dosis ein Leben lang ausgesetzt wären. Dabei werden diese Faktoren so angesetzt, dass sie auch den Schutz empfindlicher Personengruppen (Säuglinge, Kleinkinder, Schwangere, Menschen mit Vorerkrankungen) einschließen.
Die angewendeten Extrapolationsfaktoren sind nicht beliebig oder irgendwie aus der Luft gregriffen, sondern beruhen auf langjährigen Erfahrungen und Auswertungen zum Thema "Wie übertragt man Daten von Tierversuchen auf den Menschen und wie berücksichtigt man empfiundliche Personengruppen?).
Der so abgeleitete ADI (acceptable daily intake) gilt, wie gesagt, für die gesamte Bevölkerung.
Auf Basis dieses ADI leitet man mithilfe von Anbauversuchen dann Höchstmengen des betreffenden Stoffes ab, die in Lebensmitteln maximal enthalten sein dürfen, ohne dass der ADI überschritten wird.
Diese Höchstmengen werden von der Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Überschreitungen kommen gelegentlich vor, dann wird die Ware beanstandet.
Bei der Bewertung muss man berdenken: der ADI gilt für die Lebenszeit. Eine kutzfristige gelegentliche Überschreitung soll nicht sein, ist aber gesundheitlich keine Katastrophe.
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Dann gibt es für immer mehr Stoffe eine weitere Kontrolle: das so genannte Human-Biomonitoring. Dabei bestimmt man die Menge eines Stoffs oder eines seiner Abbauprodukte im Urin (meist) oder in Haaren oder Blut.
Aus der Ausscheidung kann man auf die Zufuhr rückschließen und damit beurteilen, ob diese gesundheitlich bedenklich ist oder nicht.
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Wer mag, kann sich z.B. hier weiter informieren:
Human-Biomonitoring für Europa (HBM4EU) – erste Einblicke in die Ergebnisse der Initiative.
Bei solchen HBM kommt fast immer heraus, dass der betrachtete Stoff im Urin nachweisbar ist, der Mensch den also zuvor aufgenommen hat. Das ist bei der Empfindlichkeit der heutigen Analytik auch nicht weiter verwunderlich.
Entscheidend ist: Die Belastung mit diesem Stoff liegt in der Regel um Größenordnungen unter dem Bereich, ab dem es gesundheitlich bedenklich würde - also bei PSM weit unterhalb des ADI.
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Es gibt Stoffe, wo das nicht so ist, z.B. perfluorierte Verbindungen wie PFOS und PFOA - das ist gerade ein großes Thema und ein Problem für die Wasserwerke, das uns alle noch betreffen wird.
Aber das sind keine Pflanzenschutzmittel und gehört nicht hierher.