Hier möchte ich noch ein paar erste Eindrücke zu den Sorten Bionda Patrizia, Paradis Myra und Paradis Utopia schildern. Diese Bäume wurden als Buschbäume auf M9 dieses Jahr im Frühjahr/Sommer gepflanzt und trugen ein paar Probierfrüchte, welche ich ausreifen ließ.
Bionda Patrizia:
Eine erste, gegen Mitte Oktober geerntete Frucht war von einigermaßen belanglosem Geschmack. Da Lubera schreibt, der Apfel brauche 1 bis 3 Monate nachreifen, damit er sein Aroma entwickelt, ließ ich den letzten Apfel bis 15. November hängen. Der Oktober war hierzulande ziemlich grauslig kühl und trüb gewesen, so dass ich ihm die Sonne der ersten Novemberhälfte gönnen wollte. Er ist also entgegen der Empfehlung im Katalog "am Baum nachgereift" und dann habe ich ihn frisch gepflückt verzehrt. Tatsächlich hinterließ die im November gepflückte Frucht einen sehr guten, frisch-saftigen und aromatischen Eindruck. Nachdem die Bionda-Serie als Alternative zu Golden Delicious (GD) gedacht ist, möchte ich den Apfel mit GD vom Hochstamm, gepflückt beim Bauern vergleichen: Der GD ist dieses Jahr für unsere Klimazone ungewöhnlich aromatisch ausgefallen, zumindest gilt dies für vollsonnig gereifte Früchte, welche einen leichten, rötlichen blush ausgebildet haben. Trotzdem ist der GD schwächer und flacher im Aroma als die Bionda Patrizia. Letztere ist näher am Pinova, säurereicher und saftiger als der GD, knackiger, in der Textur nicht so "schaumstoff"-mürbe wie der GD.
Wenn sich die im Katalog angegebene Lagerfähigkeit bis Januar bewahrheiten sollte, ist die Bionda Patrizia tatsächlich eine überlegenswerte Alternative zum GD.
Gesundheitlich war der Baum im ersten Standjahr unauffällig bis auf einen extrem starken Blattlausbefall - ziemlich der schlimmste Befall neben dem Gravensteiner unter den Äpfeln, was eventuell meiner "Bodenverbesserung" mittels Sand geschuldet ist. Die Ameisen nutzten gnadenlos ihre Chance neben den Bäumen Nester anzulegen.
Paradis Myra:
Ein Apfel geerntet am 15. November und frisch vom Baum weg verzehrt. Gemäß Katalog sollte man den Apfel Ende September ernten und dann zwischen November und März essen.
Mein Eindruck - ein süßer, schmackhafter Apfel - aromatisch und regelrecht etwas würzig. Geschmacklich geht er in eine ähnliche Richtung wie mein Yummy Alex, ist aber aromatischer als letzterer und mit deutlicherer Säure. Meine "Yummies" sind dieses Jahr sehr säurearm geraten (Sommerhitze? Späte Ernte Anfang November?). Der Myra ist auch fester, knackiger als der Yummy Alex, trotzdem noch gut zu kauen und saftig. Die im Katalog behaupteten Birnenaromen sind mir in der Kürze entgangen. Dazu müsste man den Apfel vielleicht wirklich lagern. Da der Yummy Alex in einem "normalen" Jahr im Naturlager bis Mai haltbar ist, würde ich dem Myra bei seiner Konsistenz eine mindestens ebenfalls so lange Lagerfähigkeit zutrauen. Das wäre von Unterlage M9 (der Yummy Alex ist wurzelecht) geradezu sensationell. Ebenso wie beim Yummy Alex könnte ich vom Myra ohne weiteres drei Äpfel hinterinander verzehren - hatte leider nicht so viele Myras. Zum Vergleich dazu würde ich "drei Brettacher hintereinander essen müssen" oder drei Ontarios als Zumutung empfinden. So nett diese Äpfel als Abwechslung sein mögen, von schwachwüchsiger Unterlage (der Brettacher) bzw. allenfalls mittelstarker Unterlage (der Ontario), bauen diese Äpfel jetzt im November meiner Meinung nach bereits ab und zeigen, dass sie bald mehlig werden.
Meine Meinung zu Paradis Myra -von der Würze sicherlich keine Zabergäurenette, aber wer auf "moderne" Aromen steht, dem könnte dieser Apfel schmecken; feinzelliger als Cripps Pink, aber vielleicht doch irgendwie ähnlich vom Zucker-Säureverhältnis und Aroma. Der Cripps hat einen stärkeren Anklang an Granny Smith.
Baumgesundheit war im ersten Standjahr völlig unauffällig.
Paradis Utopia:
"Braucht man so einen Apfel?", war mein erster Gedanke, als meinen ersten Utopia aß. Natürlich nicht, andererseits unter den all den resistenten Sorten war er doch recht harmonisch. Im Katalog steht hinter dem Aroma ein Ausrufezeichen. Hmm - Aroma hat er, saftig ist er auch und für einen Supermarktapfel wäre er außergewöhnlich gut. Vom Geschmack her würde ich wahrscheinlich die meisten meiner Re-Sorten gegen den Utopia eintauschen. Andererseits könnte man natürlich sagen, einfach ein moderner Apfel, wenn auch ein guter - insofern so außergewöhnlich wie ein Popsong unter 40 anderen in den Charts.
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Dies waren meine ersten Eindrücke bislang von den dieses Jahr gepflanzten Lubera Apfelsorten. Kann sein, dass ich den einen oder anderern noch richtig kennenlernen muss und eventuell meine Meinung ändern werde. Gemeinsam ist ihnen allen der "moderne" Charakter, die Süße, auch wenn Säure immer spürbar war und keiner so plattsüßlich wie "Gala" war. Jeden finde ich interessanter, als die totgelagerten Äpfel aus dem Markt. Alle Lubera-Sorten waren sehr, sehr saftig - bei der Bionda Marilyn spritzte beim Reinbeissen der Saft nur so aus dem Mund. Und wie beim Myra gesagt, ich hätte bei keiner der verkosteten Sorten Probleme, drei Äpfel hintereinander zu essen.
Zumal mich einige der historischen Apfelsorten auf schwacher / mttelstarker (?) Unterlage bisher eher enttäuscht haben, darunter meine "ABC-Äpfel" - Alkmene, Berlepsch und Cox Orange, welche heuer allesamt trocken und enttäuschend ausfielen. Die Lubera-Äpfel sind offenbar für den Erfolg auf schwächeren Unterlagen ausgewählt und konnten auch in einem schwierigen Jahr wie diesem schmackhafte, saftige Äpfel produzieren.
Und natürlich regen sie die Phantasie an, wie es wohl wäre, einen Ontario mit dem Redlove Era zu kreuzen, um einen großen, mürben Lagerapfel mit dem rotem Saft und dem Bonbon-Drops-Aroma des Redlove zu erhalten... .