Astern - Schönheit und Fluch Teil II
Astern gehörten früher zu meinen Lieblingspflanzen: Die Palette ihrer wunderbaren Blautöne von zartestem Silber bis zu fast magischem Tiefblau, Reichblütigkeit in einer ansonsten eher tristen Jahreszeit sowie ihre Wüchsigkeit und Vitalität übten eine sehr große Anziehungskraft aus. Die üppige Schönheit konkurrenzstarker Wucherastern hat aber ihren Preis, den man m. E. kennen sollte bevor man ihnen verfällt...
Schon im "alten", kleinen Garten hatte ich festgestellt, daß einige Sorten dazu neigten, ihre Nachbarn zu be- und, ohne gärtnerisches Eingreifen, zu verdrängen. Meist handelte es sich bei den betreffenden Sorten (später auch deren Sämlingen) um hell lilablaue, ungefüllte und besonders kleinblütige von Höhen ab 1 bis 1,3 Metern. Ein paar Weiße waren auch darunter. Die besonders geliebten Mittel- und Dunkelblauen hatten es da schon sehr schwer, dieser Konkurrenz stand zu halten.
Einige Jahre später gab es dann den Beginn eines mehrere tausend Quadratmeter großen und anfangs noch fast leeren Gartens auf lehmigem Boden in sonniger, freier Lage. Genug Platz, dachte ich damals, um nicht nur den besonderen Lieblingen (bzw. deren Resten) ein wieder besseres Gedeihen zu ermöglichen sondern auch den weniger geliebten, hellen Wucherastern endlich ihr volles Potential zuzubilligen.
In den ersten ein, zwei Jahren war alles auch noch wunderbar: Der leere Garten wurde sehr schnell üppiger und die herbstliche Asternblüte war prachtvoll. "Für die Vögel", die alles gefressen haben außer Asternsaaten, ließ ich die abgeblühten Exemplare in den ersten Wintern ungeschnitten, was ein sehr großer Fehler war: Schon ab dem zweiten Jahr tauchten überall Sämlinge auf, vorzugsweise in kleineren Pflanzen mit besonders großen Bedürfnissen bezüglich ausreichendem Licht und konkurrenzfreier Basis.
Darunter, zugegeben, teilweise wirklich hübsche Exemplare, die ich "natürlich" nicht eliminierte und die sich durch immense Ausläuferbildung und weitere Sämlinge genauso schnell verbreiteten wie ihre Stammeltern.
Ab dem dritten Jahr war ich dann immerhin schon schlau genug, "theoretisch" alle Astern schon im Herbst bodeneben zurück zu schneiden. In der Praxis gab es im Herbst aber genug andere, wichtige Arbeiten und nie genug Helfer. So konnte sich zumindest ein Teil der Astern über weitere Winter ungehemmt vermehren.
Es widerstrebte mir schon immer, vitale Pflanzenschönheiten zu kompostieren. Versuche, die Überzähligen zu verschenken, endeten aber meist damit, daß genau die schlimmsten Wucherer die wenigsten Abnehmer fanden - und daher bleiben durften.
Irgendwann waren es dann ca. 800 bis 1000 Quadratmeter, die mit Wucherastern bedeckt waren. Von den Resten der "besonderen" war kaum noch ein Stängelchen vorhanden. Stattdessen keimten, zu spät entdeckt, inmitten des Asterndschungels immer mehr Ackerwinden, Brennesseln, Brombeeren und Bäume, die ebenso rasant wuchsen wie ihre "Gastgeber". Konkurrenzschwache, kleinere Pflanzen hatten im Asterngewirr kaum noch Überlebenschancen, bei ihnen gab es deshalb leider viele Verluste.
Die Asternflut dagegen konnten weder sehr nasse noch sehr trockene Jahre eindämmen. Auch das Abdecken weiter Bereiche mit Folie bremste sie nur wenig aus.
Schon lange konnte ich mich deshalb an ihrer herbstlichen Pracht nicht mehr so begeistern wie manche Gartenbesucher denn ich wußte, daß den wenigen Wochen in Schönheit ein ganzes weiteres Jahr an Ärger und schwerer Arbeit folgen würde:
Es macht keine Freude, immer wieder Asternausläufer und -Sämlinge aus Gehölzen und anderen Stauden zu entfernen, die ohne solche aufwändigen Maßnahmen keine Chance hätten. Es ist kein Spaß, jedes Frühjahr über niederliegende, zähe. matschige Asterntriebe zu klettern um darunter nach eventuell überlebenden anderen Pflanzen zu suchen und es ist sehr kräftezehrend, alljährlich fünfzig bis hundert volle Schubkarren lehmbehaftete Asternwurzeln über ein weitläufiges Gelände zum Komposthaufen zu karren (irgendwann hatte ich keine andere Wahl mehr).
Die Wucherastern waren einer der Gründe, die für mich die Auflösung dieses ehemaligen, großen Gartens einigermaßen erträglich machten: Zumindest von den anstrengenden Versuchen, sie einigermaßen in Schach zu halten, bleibe ich in Zukunft verschont und erfreue mich stattdessen in dankbarer Erleichterung an ihrem Anblick in anderen Gärten.
- Wer der Asternverführung - verständlicherweise! - trotz solcher Erfahrungen nicht widerstehen kann, sollte, zwecks Vermeidung eigener ähnlicher, zumindest folgende Vorsichtsmaßnahmen beachten:
Pflanzabstände zwischen verschiedenen Astern von mindestens 1,5 Metern einhalten, zu konkurrenzschwächeren, kleineren, lichthungrigen, anderen Pflanzen mindestens (!) von zwei Metern.
Astern rechtzeitig abschneiden, das heißt bei Sorten/Arten, die sich versamen, spätestens wenn ca. die Hälfte der Blüten schon braun ist.
Horste von Wucherastern (solchen mit starkem Ausbreitungsdrang) konsequent mindestens (!) einmal im Jahr, besser öfter, auf maximal den Anfangsumfang reduzieren. Bis zur Blütezeit haben sie auf guten Böden den Herbstumfang (oder mehr) dann wieder erreicht.
So oder so wünsche ich allen noch viel Freude mit ihren wilden und zahmen Astern - und bitte viele weitere Fotos zum Mitfreuen!