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Birnenverfall (Gelesen 5017 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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Maiglöckchen1
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Re: Birnenverfall

Maiglöckchen1 » Antwort #15 am:

Mit den zwei Virutherm Unterlagen mit jetzt wohl korrigierter Wuchsstärke von 82/ 90% von K.) könnte man ja Sorten aufveredeln und schauen was passiert in Sachen Birnenverfall oder noch 10-15 Jahre warten, ob und wie die gerade angelegten Testpflanzungen - angeblich um 2000 Stück in I, Ö und D - sich entwickeln.
Hauptsache keine Kirchensaller Unterlage mehr, da darauf die Bäume wohl verkümmern. (Info Zeitschrift Obstbau, Jahresheft Pomologenverein) Möglicherweise sind alte Bäume auf selbstgezogenen Sämlingen veredelt worden und das heutige Klima macht bei Neupflanzungen mehr Stress als früher.
Wichtig erscheint mir nur, dass die Auswirkungen einer Plasmoseinfektion kaum im Wuchs und Ertrag manifestieren. Klar, die Infektion geht weiter aber das wäre ja tolerabel.

Zwei weitere schwachwüchsige Typen, im Wuchsbereich Quitte kommen jetzt nach zehn Jahren Evaluierung in S. Holstein in die obstbauliche Prüfung. Beide weisen keine Baumsymptome an diesem Standort auf, werden und bleiben aber infiziert. (laut mündlicher Mitteilung)
Pomologi
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Re: Birnenverfall

Pomologi » Antwort #16 am:

Maigl hat geschrieben: 30. Okt 2023, 14:40
Mit den zwei Virutherm Unterlagen mit jetzt wohl korrigierter Wuchsstärke von 82/ 90% von K.) könnte man ja Sorten aufveredeln und schauen was passiert in Sachen Birnenverfall oder noch 10-15 Jahre warten, ob und wie die gerade angelegten Testpflanzungen - angeblich um 2000 Stück in I, Ö und D - sich entwickeln.
Hauptsache keine Kirchensaller Unterlage mehr, da darauf die Bäume wohl verkümmern. (Info Zeitschrift Obstbau, Jahresheft Pomologenverein) Möglicherweise sind alte Bäume auf selbstgezogenen Sämlingen veredelt worden und das heutige Klima macht bei Neupflanzungen mehr Stress als früher.
Wichtig erscheint mir nur, dass die Auswirkungen einer Plasmoseinfektion kaum im Wuchs und Ertrag manifestieren. Klar, die Infektion geht weiter aber das wäre ja tolerabel.

Zwei weitere schwachwüchsige Typen, im Wuchsbereich Quitte kommen jetzt nach zehn Jahren Evaluierung in S. Holstein in die obstbauliche Prüfung. Beide weisen keine Baumsymptome an diesem Standort auf, werden und bleiben aber infiziert. (laut mündlicher Mitteilung)


Was genau sind denn die 2 neuen schwachwüchsigen Typen?
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Re: Birnenverfall

Maiglöckchen1 » Antwort #17 am:

Es waren wohl 20 Unterlagen, 100 Bäume. Daraus wurden zwei mir unbekannte Nummern zur weiteren Prüfung ausgewählt.
Schließlich möchte man in größerem Maßstab wissen, wie sich die gegenüber Quittenunterlagen und Co. bezgl. Wuchs, Ertrag, Fruchtgröße machen.
Also 8 Jahre warten und irgendein Bericht kommt raus und beim Baumschulkonsortium kann man die kaufen oder halt nicht, wenn andere Altbewährte besser sind.
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Re: Birnenverfall

Maiglöckchen1 » Antwort #18 am:

Immerhin wurden nicht nur die Erstergebnisse publiziert und dann Alles geschreddert, wie das so oft der Fall ist, sondern einige Wenige haben die Virutherms auf den Weg gebracht.
Schwachwüchsiges aus demselben Versuch ist halt viel höheren Anforderungen unterworfen. Trotzdem fand sich jemand, der zehn Jahre investiert hat. Doch wird es noch sicher weitere 8 ?Jahre dauern, bis ein Baumschulkonsortium eine Unterlage herausgibt oder halt nicht, wenn Altbewährtes in Summe besser ist.

Neu ist erstmals angetestet, mal sehen ob es wirklich etwas bringt. Wäre nicht das erste Mal, dass es nicht das hält was es vorgibt zu sein. (Jaspy Ferely, Docera 6, G16)
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Monti
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Re: Birnenverfall

Monti » Antwort #19 am:

Ich Zitere mal aus dem "Birnensorten - Auswahl und Verwendung"-Thema, wo die Diskussion ab Hier Richtung Unterlagen / Birnenverfall ging. Hier passt es meiner meinung nach besser hin. Jedenfalls der Teil zum Birnenverfall.
cydorian hat geschrieben: 21. Okt 2025, 21:12 [...]
Solange nicht klar ist, welche Unterlagen besser sind bei starker Wuchskraft, würde ich Pyrus calleryana nehmen.
meiby hat geschrieben: 23. Okt 2025, 11:15 Die Unterlage wählt man nach dem Boden aus. Krankheitsanfälligkeit (bei Birne insbesondere Feuerbrand und Birnenverfall/pear decline) Baumgröße, Kompatibilität mit Sorte spielen natürlich auch eine große Rolle.
Nach meinem heutigen Kenntnisstand würde ich auch Pyrus calleryana, Farold 87 für kleinere Bäume und wie angeregt für flacheren Boden eine Quittenunterlage nehmen.
Mostbirnensorten bieten sich an, wenn man nicht auf Saft allein setzt, sondern später u.U. Vielleicht auch Birnenwein, Birnenschaumwein oder Birnenbrand herstellen will. Tafelbirnensorten, aus denen man auch Saft, Smoothies würde ich aber nicht ganz ausschließen.
Bezugsquellen für Unterlagen Pyrus calleryana (Stahl), Farold 87 (Lodder) für kleinere Mengen mußt Du einfach nachfragen. Manche Baumschulen verwenden auch Pyrus caucasica oder die Refia-Unterlagen Virutherm.
Edelreiser von Mostsorten wie Bayerische Weinbirne, Gelbmöstler, Karcherbirne, Oberösterreicher Weinbirne, Nägelesbirne, Pastorenbirne, Pleiner Mostbirne, Palmischbirne, Sievenicher Mostbirne, Schweizer Wasserbirne, Champagner Bratbirne hat z.B. der Obstmuttergarten Rheinland
https://www.obstreisergarten.de/cms/

Weitere Edelreiser https://shop.baumschuleritthaler.de/sh ... 01792.html
Ich muss sagen, dass ich schon sehr verwundert bin, dass nun kommerziell Pyrus Calleryana Sämlinge als Unterlagen angeboten werden. Warum nun? Im Zusammenhang mit Birnenverfall habe ich nicht allzuviele Informationen dazu. Mein Kenntnisstand ist nur, dass Sämlinge der Pyrus Calleryana CV "Bradford" eine hohe Anzahl resistenter Nachkommen haben soll.
Nachkommenschaften mit einer hohen Zahl resistenter Genotyen:
– bestimmte Selektionen von P. communis
– P. calleryana cv. Bradford
– P. betulifolia
Quelle: Präsentation "Bekämpfung des Birnenverfalls mit Hilfe resistenter Unterlagen?" von Dr. Wolfgang Jarausch AlPlanta-IPR, Neustadt/W., Deutschland Dr. Bernd Schneider Prof. Erich Seemüller Julius Kühn-Institut, Dossenheim, Deutschland, leider online wohl nicht mehr verfügbar.
Bezugsquellen für Samen der Sorte Bradford habe ich aber nur in den USA gefunden. Ob die hierher versenden und ob die durch den Zoll gehen (und wenn nicht mit welchen Konsequenzen) weiß ich nicht.
Vor diesem Hintergrund frage ich mich aber von welchem P. Calleryana Cultivar diese Unterlagen abstammen. Ich kenne sonst keine Informationen zu möglichen Resistenzen. Auch zu weiteren Eigenschaften.
Generell würde ich es ja interessant finden, P. Calleryana cv. Bradford Sämlinge als Unterlagen zu ziehen. Aber genausogut könnte man Samen von Williams nehmen... Ich hoffe man versteht, was ich sagen will. Es ist, vor allem ohne genaue Informationen zur Herkunft weiterhin wie Lotto spielen.

Generell muss man mal das Thema Resistenzen bei Birnenverfall beleuchten, denke ich.
  • Lt. der oben genannten Quelle ist die Resistenz unter natürlichem Infektionsdruck (im Feld) unterschiedlich zwischen Nordamerkia und Europa. Die Kirchensaller gilt beispielsweise in Nordamerkia als resistent gegen Birnenverfall!
    Jarausch in o.g. Präsentation hat geschrieben: in Nord-Amerika (Westwood & Lombard 1982)
    –resistent:
    • Selektionen von P. betulifolia, P. elaeagrifolia, P. nivalis, P.
    pashia, P. syriaca, und P. communis cvs Kirchensaller, Old
    Home, Anjou, Bartlett und Winter Nelis
    • Selektionen von Quitte-Unterlagen (Cydonia oblonga) A und C
    • in Italien (Giunchedi et al. 1995) und Deutschland (Seemüller
    et al. 1986)
    – resistent:
    • Quitte-Unterlagen BA29 und CTS212 (nicht Quitte A und C !!)
    • P. communis cvs Bartlett, Conference und Abate Fetel (nicht
    cv. Kirchensaller !!)
    Pyrus Calleryana ist in USA nicht ausreichend tollerant gegen Birnenverfall! (https://ipm.ucanr.edu/agriculture/pear/ ... #gsc.tab=0)
  • Resistenzgene spalten sich in der Nachkommenschaft auf
Jarausch in o.g. Präsentation hat geschrieben: resistente und anfällige Genotypen wurden in der gleichen
Nachkommenschaft gefunden
– das Resistenz-Merkmal spaltet auf
  • Alle Arten haben Nachkommen die anfällig sind
Jarausch in o.g. Präsentation hat geschrieben:anfällige, schwach resistente und resistente Genotypen wurden in
allen Nachkommenschaften gefunden
– das Resistenz-Merkmal kann nicht einem bestimmten Taxa
zugeordnet werden
  • Fazit
Jarausch in o.g. Präsentation hat geschrieben:• Sämlinge können nicht als resistente Unterlagen genutzt
werden
• selektierte resistente Genotypen müssen vegetativ
vermehrt werden
Falls es jemanden Interessiert was meine Erfahrungen sind:
Ich habe auf einer Wiese die ich beernte eine Birnenunterlage die durchgetrieben ist und mittlerweile ein fruchtender Baum ist (Stammdurchmesser ca. 20 cm). Die Edelsorte (unbekannt) ist schon lange abgestorben. Der Stamm der Edelsorte (sehr alt, sicher > 150 Jahre, Durchmesser kann ich nicht sagen) lag vor 10 Jahren als ich dort angefangen habe neben der durchtreibenden Unterlage. Die Unterlage ist sehr vital, keinerlei Anzeichen von Birnenverfall oder sonstigen Krankheiten.
Mein Gedanke war: Mit Birnenverfall infiziertes Material auf die geernteten Wurzelschosser zu veredeln. Im Laufe der Jahre dann schauen, wie sie sich entwickeln.
Dazu habe ich Proben der mutmaßlich infizierten Spenderbäume zum LTZ gesendet für die PCR-Analyse auf Pytoplasmenbefall und musste leider merken, dass es enorm schwierig ist, überhaupt einen Befall nachzuweisen. (Schreibten auch die Fachleute). Also mache ich einfach experimentell weiter und lasse die Analyse bleiben.
Interessant: Unter den mutmaßlich infizierten Spendern war eine Schweizer Wasserbirne. Das war die einzige von 3 Bäumen, wo ein positiver Nachweis herauskam. Der Baum ist riesig, sehr alt und vital. Jedes Jahr noch ordentlich zuwachs, trotz Birnenverfall. Nur einzelne Äste zeigen vorzeitig rotgefärbtes Laub.

Wenn jemand neue Informationen, vor allem zu Pyrus Calleryana oder anderen Arten hat, bitte raus damit.
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Re: Birnenverfall

cydorian » Antwort #20 am:

Ein weites Thema, bei dem man noch viele Jahre in der Erkenntnisgewinnung bleiben wird, bevor belastbare Wege existieren.

Ich geh mal von ein paar leichter konsumierbaren Quellen aus.

https://agsci.oregonstate.edu/sites/ags ... w341-e.pdf
Eine 30 Jahre alte Übersicht zu Birnenunterlagen der Oregon State University. P. calleryana wird als tolerant gegenüber Birnenverfall eingeordnet. Das bezieht sich aber auf alles, Bradford soll nach neueren Studien resistent sein. P. serotina und ussuriensis zum Beispiel die ganze Art nicht, die seien hochanfällig. Die OHF-Unterlagen seien resistent.

https://treefruit.wsu.edu/web-article/pear-rootstocks/ hat eine schöne Grafik und zeigt die Wuchsstärke der Unterlagen an, für die Einordnung der gesamten Brandbreite.

https://gd.eppo.int/taxon/PHYPPY/download/datasheet_pdf Von 2023 über Birnenverfall, mit Weltkarte, Interessantes über die Biologie des Erregers (es gibt z.B. eine Variante, die sich weiter verbreitet) und etwas zu Unterlagen. Befallen wird auch Pfirsich, Kirsche, Ribes. In den USA gibts die Krankheit noch nicht überall.

Was weiter oben schon stand: https://www.fructus.ch/wp-content/uploa ... ickc-1.pdf Vielversprechender Titel "Mit neuen Unterlagen gegen Birnenverfall". Aber eher frustrierend. Nur zwei symptomfreie Unterlagen, Pyrus x michauxii 294 und Pyrus communis Typ Mosk 481, die seither als Virutherm-Unterlagen vermarktet werden. Liegen bei 80 und 90% Wuchskraft von Kirchensaller. Und sie sagen, nur ein PCR-Test schafft einen Nachweis.

Virutherm kann man immerhin leicht kaufen. Ist halt so eine "knapp Kirchensaller" Unterlage, langfristige Erfahrungen existieren auch nicht.
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Re: Birnenverfall

Monti » Antwort #21 am:

Man muss bei Birnenverfall-Resistenz eben immer den Kontinent mit betrachten. In den USA ist p. calleryana mal tolerant, mal resistent.
In Australien gilt jedenfalls die selektion D6 als Anfällig für Birnenverfall:
https://www.dpi.nsw.gov.au/__data/asset ... stocks.pdf

In einer anderen, im Netz nicht mehr auffindbaren Präsentation von Michael Petruschke mit dem Titel "Refia 1 und Refia 2, zwei neue Birnenunterlagen zur Bekämpfung des Birnenverfalls" Wird P. Calleryana (ohne genauere Angabe) als hoch anfällig beschrieben mit Verweis auf Versuche am KOB. Pyrus serrulata z.B. nicht.

Und nun wundert mich eben, dass ohne weitere Erkenntnisse plötzlich kommerziell p. calleryana Unterlagen angeboten werden. Vielleicht besser als Kirchensaller was Birnenverfall anbelangt aber sicher muss man die Herkunft des Saatgutmaterials hinterfragen. Von der Wuchsstärke auch schwächer als Kirchensaller, vergleichbar mit Bartlet/Williams-Sämlingen. Wurzelausschläge und das womöglich invasive Potential sollte man auch nicht unerwähnt lassen, wenn letztgenanntes hier nach D übertragbar ist.

Die öfter kritisierte schwächere Wuchsleistung bei den Virutherm Unterlagen kann ich nicht ganz nachvollziehen. 10 % sind jetzt nicht die Menge. Ob der Baum 12 m oder 10 m groß wird... Aber ich weiß auch nicht wie zuverlässig so eine Schätzung der Wuchsstärke ist und ob sich das auf die ausgewachsene Größe übertragen lässt.

Zum PCR: Das Problem ist dabei eben, dass die Phytoplasmen wohl extrem unterschiedlich verteilt sind im Pflanzenmaterial. Die besten Ergebnisse erhält man wohl mit den Fruchtstielen.
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Re: Birnenverfall

cydorian » Antwort #22 am:

Der Unterschiede sind vielleicht auch darauf zurückzuführen, dass unterschiedliche Stämme von Birnenverfall prävalent sind. Ursprung ist Europa, woanders wurde das nur eingeführt. Die werden sicher keine Versuche in den USA machen, wofür sie sich europäische Pathogene holen.

Zum PCR-Test: Die Detektionschancen hängen auch von der Jahreszeit ab, im Spätsommer am höchsten, dann auch am meisten Infektionen.
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