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Frage zu Glyphosat (Gelesen 802430 mal)
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Re: Frage zu Glyphosat
Der zwergvogel. ::)Damit sind wir immerhin andeutungsweise wieder beim Thema. :-\Ich geh mal lieber, bevor das Chaos hier noch größer wird. Das Thema des Threads war eigentlich Glyphosat. 

Re: Frage zu Glyphosat
Wäre es denn aus deiner Sicht eine mögliche Alternative, auf einem Teil der heutigen Fäche Intensivlandwirtschaft zu betreiben, dafür aber einen anderen Teil der Fläche aus der landwirtschaftlichen Nutzung weitgehend zu entlassen? Also nur noch insoweit zu bearbeiten, dass sie als Lebensraum und Refugium für solche Tiere und Pflanzen (und Pilze und andere Kleinlebewesen) infrage kommt, die auf offene Flächen angewiesen sind, wie sie in der historischen Kulturlandschaft weit verbreitet waren.Es ist offensichtlich, dass deutlich mehr und größere Räume vom Biozid-Einsatz freigehalten und mit weniger Nährstoffen befrachtet werden müssen, wenn die Lebens-Vielfalt der Landschaft gerettet werden soll. Das allein reicht aber nicht:Es braucht den bewussten und gezielten Verzicht auf eine vorrangig ertragsorientierte Flächennutzung in nennenswerten, wenngleich minderen Flächenanteilen.
- zwerggarten
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Re: Frage zu Glyphosat
guckt euch doch aus diesem anlass die ausgangsfrage von ginster noch einmal genau an, lasst sie euch so richtig auf der zunge zergehen... wunderbar, das ganze ot seitdem! 

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moin
"(…) die abstrakten worte, deren sich doch die zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches urteil an den tag zu geben, zerfielen mir im munde wie modrige pilze." hugo von hofmannsthal – der brief des lord chandos
moin
"(…) die abstrakten worte, deren sich doch die zunge naturgemäß bedienen muß, um irgend welches urteil an den tag zu geben, zerfielen mir im munde wie modrige pilze." hugo von hofmannsthal – der brief des lord chandos
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Re: Frage zu Glyphosat
Organic agriculture key to feeding the world sustainably eine Metastudie der Washington State University ist so betitelt und am 3. Februar 2016 publiziert worden. Parameter wie Bodengüte, Energieverbrauch, biologische Vielfalt, Wasserverschmutzung, Profit, Gesamtkosten, Einfluss auf das Ökosystem, Arbeitsplätze, Gesundheit am Arbeitsplatz, Pestizidbelastung, Qualität, und Ertrag werden gegenübergestellt. Die Grafik ist sehr hübsch bunt. Auch sehr anschaulich. Deutlich widerlegen die Fakten die Vorurteile.Fazit, die Ernährung der Weltbevölkerung wäre auch mit alternativen Methoden möglich, die noch nicht ausgeschöpft sind, weil die konventionelle Produktionsweise bevorzugt, begünstigt, gefördert wird, die politischen Entscheidungen dominiert und die Köpfe blockiert.
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Erich Kästner, (1933/46), Ein alter Mann geht vorüber
“Frei zu sein bedeutet nicht nur seine eigenen Ketten abzulegen, sondern sein Leben so respektvoll zu leben, dass es die Freiheit anderer steigert.“ Nelson Mandela
Erich Kästner, (1933/46), Ein alter Mann geht vorüber
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Re: Frage zu Glyphosat
Derzeit müssen konventionell wirtschaftende Landwirte ein Äquivalent von 5 % der von ihnen bewirtschafteten Ackerfläche als definierte "Ökologische Vorrangflächen" bereitstellen. Inhaltlich entspricht das dem was da oben beschrieben wird.Lerchenzorn: meinst du das oder meinst du weitere zusätzlich zu diesen 5 %?Es braucht den bewussten und gezielten Verzicht auf eine vorrangig ertragsorientierte Flächennutzung in nennenswerten, wenngleich minderen Flächenanteilen.
Die Landwirte bezahlen das. Die Verpflichtung wurde 2015 neu eingeführt. Die Beihilfezahlungen haben sich für konventionelle Betriebe nicht erhöht.Interessanterweise aber die Fördersätze für Ökobetriebe, obwohl die von der Anlage der ökologischen Vorrangflächen befreit sind.Staudo hat geschrieben:Wer soll das bezahlen?
gardener first
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Re: Frage zu Glyphosat
Ja. Danke dafür! Und nochmal einen Schritt zurück. Nämlich zu #1361, in dem Daniel ein paar Dinge zusammengefasst hat, die ich ganz, ganz wichtig finde (ich verkneif's mir hier, das exzellente Posting komplett zu zitieren, jede/r kann ja zurückblättern).Ich erlaube mir mal eine persönliche Anmerkung dazu. Als die Debatte um die Glyphosat-Neuzulassung begann, stand ich den Kampagneros, die dagegen waren, durchaus mit Sympathie gegenüber. Denn: - Herbizid im Privatgarten = mir unsympathisch, für mich persönlich unnötig, außer im allernötesten Notfall. - Landwirtschaft, die ohne Herbizid nicht kann = unsympathisch; "öko" mag ich aus dem Bauch raus lieber.- Monsanto = erster Glyphosat-Urheber = indiskutabel; die Methoden der Firma sind nicht nur "jenseits von Gut und Böse", wie Daniel es salomonisch formuliert hat, sondern z. T. widerwärtig bis terroristisch. (Wobei mir von Anfang an klar war, dass die Gleichsetzung von Glyphosat mit Monsanto nicht mehr stimmt, weil Monsantos Patente auf den Stoff längst ausgelaufen sind.) Von dieser grundsätzlich sympathisierenden Basis aus habe ich diverse Anti-Glyphosat-Kampagnen-Texte gelesen. Allerdings – langjährige Gewohnheit – mit stetem Check/ Gegencheck dessen, was dort geschrieben stand. Und war blitzschnell vor Zorn auf dem Baum. Zum Beispiel deshalb:Ich finde, bristle, Du warst heute - wieder mal - sehr geduldig.![]()
Beim Check/ Gegencheck stieß ich auf mehr Beispiele gleichen Typs: Die Kampagneros mach(t)en Glyphosat verantwortlich für praktisch alles, was Folge von Landwirtschafts-Chemie sein könnte. Aber ohne je zu hinterfragen, ob die fiesen Effekte vom Glyphosat selbst oder – nach Datenlage viel wahrscheinlicher – von anderen, parallel angewendeten Stoffen ausgelöst wurden/ werden. In der Kampagnero-Darstellung läuft's ausschließlich aufs pöse Glyphosat raus – beim Check/ Gegencheck sieht die Welt viel frag-würdiger aus. Mein Zorn wuchs. Zorn auf eine Kampagne, die komplexe Vorgänge grauenhaft versimpelt, rationale Differenzierung niederbügelt und nicht mal vor wissenschaftlichem Etikettenschwindel zurückschreckt, wie er sich z. B. in der ominösen "Studie" über Glyphosat in der Muttermilch findet. Zorn auf eine Kampagne, die dem eindeutigen, schlichten Feindbild zuliebe wichtige Details völlig ausblendet (Beispiel: Glyphosat-Einsatz zur Sikkation/ Ernteerleichterung ist anders zu bewerten als Glyphosat-Einsatz zur Unkrautunterdrückung und im Dienst der pfluglosen = erosionsmindernden Kultur). Zorn auf eine Kampagne, die unter dem Etikett "öko" Volksverdummung krassester Art betreibt (oder sollte es man es sogar "Volksverhetzung" nennen?). Der Zorn hat mich bewogen, mich intensiver ins Thema einzulesen, von laaangen Bundestags-Enquete-Protokollen über x Zeitungsartikel bis zum Thread hier (nochmal danke an Brissel für die vielen informativen Links und Argumentationen). Die Konsequenzen: - Ich sehe den Wirkstoff, um den es geht, mittlerweile ziemlich entspannt (den Einsatz zur Sikkation ausgenommen, darüber müsste man m. E. nochmal sorgsam nachdenken). - Die Kampagnen gegen den Wirkstoff hingegen sehe ich nur noch mit tiefer Verachtung: Wenn die Argumente für die eigene Position so dürftig sind, dass man um massive Faktenverdrehungen nicht herumkommt, sollte man besser die Klappe halten. "Öko" ist derlei Demagogie gewiss nicht. An meiner persönlichen Antipathie gegen Herbizide im Privatgarten hat sich dennoch kein Jota geändert. Nur im nötesten Notfall würde ich selber sowas einsetzen. Aber wenn es denn mal sein muss, dann bitte was, das gut untersucht ist – und nicht frisch auf den Markt geschmissenes, noch unerforschtes Krams, dessen einziger Vorzug es ist, nicht "Glyphosat" zu heißen. Die politische Dimension ist nochmal was anderes: Welche Landwirtschaft wollen wir haben, um so viel Artenvielfalt wie irgend möglich zu erhalten? Zurück zur kleinräumigen Felderwirtschaft, wie sie bis zum 19./ frühen 20. Jahrhundert gängig war, führt kein Weg. Aber was lässt sich heute, in Zeiten großflächiger Intensiv-Agrarkultur, für Artenvielfalt tun? (Die Kampagneros suggerieren, dass ein Glyphosat-Verbot alle Übel heile - noch ein Punkt, der mich auf die Palme bringt: Der Verlust an Biodiversität, der mittelbar durch Herbizide in der Landwirtschaft entsteht, ist nur ein kleiner Teil dessen, was moderner Ackerbau der Artenvielfalt antut.)Daniel - reloaded hat geschrieben:… Das per se böse Glyphosat verursacht Missbildungen an Ungeborenen, wird in einer dieser Reportagen gesagt. Wenn man sich mal damit befasst, was da noch so auf die Plantagen gesprüht wird, findet man schnell heraus, dass das überwiegend Substanzen sind, von denen bekannt ist, dass sie das Kind im Mutterleib oder die Keimzellen schädigen können. Deshalb sind diese Mittel hier lange entsprechend gekennzeichnet oder verboten ...
"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
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- lerchenzorn
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Re: Frage zu Glyphosat
Es scheint mir die einzige Möglichkeit, das salbungsvolle Geschreibe in Gesetzen und Programmen ansatzweise in Realität zu verwandeln. Die, die es machen, schalten extensive Teilflächen in die sonstige Schlagbewirtschaftung mit ein. Das ist sinnvoller als stillegen, muss aber auch durch Fördermittel ausgeglichen werden. Geförderte Brachen mit Mindestpflege waren hier im Osten nach der Wende ebenfalls eine große Entlastung des Naturhaushalts, aber mit begrenzter Wirkung für den Artenreichtum.(Von reinem "Prozessschutz" halte ich in unseren Breiten nicht sehr viel. Die Ergebnisse sind mehr als bescheiden.)@staudo: Es wird doch schon bezahlt. Nur die bestellte und zugesagte Ware - höhere landschaftliche Vielfalt - wird fast nie geliefert. Aber das hatten wir schon und uns genauso im Kreis gedreht wie diese Diskussion um´s Glyphosat.@sandbiene: Der Gesetzgeber hat auf den anhaltenden Verbrauch von Landwirtschaftsflächen ganz entschieden reagiert: Maßnahmen des Naturschutzes sollen sich aus Land- und Forstwirtschaftsflächen gefälligst raushalten und da nicht auch noch was abschneiden. (§ 15 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz)Wäre es denn aus deiner Sicht eine mögliche Alternative, auf einem Teil der heutigen Fäche Intensivlandwirtschaft zu betreiben, dafür aber einen anderen Teil der Fläche aus der landwirtschaftlichen Nutzung weitgehend zu entlassen? Also nur noch insoweit zu bearbeiten, dass sie als Lebensraum und Refugium für solche Tiere und Pflanzen (und Pilze und andere Kleinlebewesen) infrage kommt, die auf offene Flächen angewiesen sind, wie sie in der historischen Kulturlandschaft weit verbreitet waren.Es ist offensichtlich, dass deutlich mehr und größere Räume vom Biozid-Einsatz freigehalten und mit weniger Nährstoffen befrachtet werden müssen, wenn die Lebens-Vielfalt der Landschaft gerettet werden soll. Das allein reicht aber nicht:Es braucht den bewussten und gezielten Verzicht auf eine vorrangig ertragsorientierte Flächennutzung in nennenswerten, wenngleich minderen Flächenanteilen.

- lerchenzorn
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Re: Frage zu Glyphosat
@Floris: Diese x Prozent ökologische Vorrangflächen wurde durch die den Landwirten eingeräumten Wahlmöglichkeitenso aufgeweicht, dass der Effekt für die Artenvielfalt gegen Null geht. Sie können auch durch Maßnahmen eingelöstwerden, die bisher im Rahmen der guten fachlichen Praxis selbstverständlich waren. Da haben die großen Bauern-verbände und Frau Aigner nichts anbrennen lassen in den Verhandlungen.
Re: Frage zu Glyphosat
Sehe ich nicht so, bei uns wird die Verpflichtung in weit überwiegendem Maß durch Brachflächen erbracht, dann folgen Saumstreifen und Zwischenfruchtanbau.Es gibt sogar Stellen die das koordinieren um ein einigermaßen sinnvolles Mosaik dieser Maßnahmen in die Landschaft zu bekommen und nicht alles auf unproduktiven Flächen im Mittelgebirge zu konzentrieren. Ob es daran liegt, dass wir eine Grüne Landwirtschaftsministerin Haben? Die Landwirt sehen dabei vor allem die Anlage von Blühflächen als Imagewerbung an, einige zumindest.
gardener first
Re: Frage zu Glyphosat
lerchenzorn, wie wäre es denn unter den von dir angerissenen Aspekten mit einem größeren und geförderten Anteil ökobiologischen Landbaus, der dann auch die immer sehr heikle Frage der Pflege von Kulturlandschaften einschließt? Möglicherweise auch eine größere Unterstützung von lokalen Projekten wie Erhalt von Streuobstwiesen oder artenreichen Feldgehölzinseln. Obstsaftbetriebe und Imkerei. In England schafft der National Trust auf großen Flächen Lebensräume mit Artenvielfalt. Dank einer hohen Grundbesteuerung mit anschließenden Schenkungen der grundbesitzenden Aristokratie. Unsere Adeligen sind irgendwie in der Beziehung sehr rückständig, wie mir scheint. Auch der Grundbesitz der beiden Kirchen wird nicht im Sinne einer Nachhaltigkeit genutzt. Leider.
“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
— Robert M. Sapolsky
Re: Frage zu Glyphosat
Darüber hätte ich mir weniger Sorgen gemacht, da der Naturschutz Böden nicht zerstört.@sandbiene: Der Gesetzgeber hat auf den anhaltenden Verbrauch von Landwirtschaftsflächen ganz entschieden reagiert: Maßnahmen des Naturschutzes sollen sich aus Land- und Forstwirtschaftsflächen gefälligst raushalten und da nicht auch noch was abschneiden. (§ 15 Abs. 3 Bundesnaturschutzgesetz)

Re: Frage zu Glyphosat
Das ist historisch so gewachsen. Dort, wo die besten Böden waren, gab es die reichsten Güter und die reichsten Güter könnten sich die ersten Fabriken leisten. Auch deshalb lagen Kerne der Industrialisierung in Mitteldeutschland und in Schwaben. Ansonsten stimme ich Querkopf vorbehaltlos zu. Und obwohl ich weiß, dass die in Deutschland zugelassenen Pflanzenschutzmittel sachgerecht angewendet unbedenklich sind, verwende ich sie in meinem Gemüsegarten nicht. 

„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck