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Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 10:48
von frida
Wir haben alle gleich viel Zeit. Jeden Tag 24 Stunden. Und wir entscheiden, wofür wir sie einsetzen, geben die Prioritäten vor.
Ich teile fast alles, was Du gesagt hast, aber den obigen Satz empfinde ich doch als .... naja sagen wir aus priviligierter Perspektive gesprochen.Wer acht Stunden am Tag arbeiten muß, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen (und es gibt genug Menschen, die bei Stundensätzen von 7 oder 8 Euro nicht sagen können, Teilzeit ist ja viel netter), einen Arbeitsweg von einer Stunden hat und dann noch ein, zwei, drei Kinder zu versorgen hat - der hat weniger frei verfügbare Zeit als Paris Hilton etc.Die freie Wahl besteht doch oft nur theoretisch.Ansonsten geht es mir wie Dir, die im Garten arbeitend oder sinnierend verbrachte Zeit ist wunderbar. Das eigene Gemüse auch ;D

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 11:55
von kraut_ruebe
Wir haben alle gleich viel Zeit. Jeden Tag 24 Stunden. Und wir entscheiden, wofür wir sie einsetzen, geben die Prioritäten vor.
Ich teile fast alles, was Du gesagt hast, aber den obigen Satz empfinde ich doch als .... naja sagen wir aus priviligierter Perspektive gesprochen.
einspruch, euer ehren ;Ddu hast selbst die (tiefgreifende, konsequenzenreiche!) wahl, wieviel geld du ausgiebst und deswegen verdienen musst.ich habe meine arbeitszeit halbiert - von 50 auf 25 wochenstunden - weil es mir schlicht und einfach besser gefällt, zuhause im garten rumzuwerkeln als meinem job nachzugehen.klar langt es dafür nicht, ein wenig gemüse im garten selbst zu ziehen um mit wenig(er) geld auszukommen, da muss man schon konsequent alle lebensbereiche umstrukturieren und die folgen davon auch gerne tragen. das ist nichts, was man so mir nix - dir nix ins leben integriert, aber machbar ist das durchaus, auch wenn einem (wie mir) sämtliche privillegien fehlen. hätte ich dazu noch das eine oder andere privilleg, würde ich gar nicht arbeiten, doch das geht halt leider (noch) nicht.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 11:58
von Gart
na ja, frida meinte Leute, die 100 % arbeiten müssen, also bei denen schon 90 % nicht mehr geht, weil sie sonst verarmen.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:00
von kraut_ruebe
gart, du hast mich nicht verstanden ::)

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:01
von Gänselieschen
Tolles Thema Gart :)Genau diese Frage stelle ich mir immer wieder, mal konkret, mal ist sie nur so vorhanden. Warum die ganze Mühe?????Wächst das Gemüse gut, kann ich es nicht verbrauchen, schaffe die Ernte kaum und verteile es an sehr dankbare Nachbarn - die sich alle die Arbeit mit Gemüse sparen ;)Wächst es nicht, sondern gammelt, geht nicht auf, verunkrautet in Windeseile, dann komme ich mir immer vor wie ein Schildbürger.@ Landfrau, Du hast mir sehr aus dem Herzen gesprochen, klingt aber wirklich sehr aufwändig - bei den Ergebnisssen - wenn ich eine Sorte Zwiebeln in Bündeln aufhängen kann - bin ich schon ganz stolz.Ich weiß inzwischen, was bei mir lohnt und was nicht. Damit habe ich weniger Misserfolge. Habe sandigen Boden Berlin/Brandenburg, verwende so gut wie keine Chemie. Nur Mist und Kompost und Brennnesseljauche.Gut: Kartoffeln, Erbeeren, Buschbohnen, Tomaten, Möhren, Grünkohl (Grünspargel muss ich noch ein Jahr warten - sieht aber gut aus) Freilandgurken (erst ein Mal)Schlechter: Zwiebeln, sämtliche Kopfkohlarten, Salate, Wechselnde Erfolge: Radischen, Spinat, Stangenbohnen, Zuccinis, KürbisseGarnicht: Rote BeeteIch finde auch die Beschäftigung im Gemüsegarten irgendwie für mich passend - es ist immer was zu sehen, wenn ich was gemacht habe. Im Grunde ist das überall im Garten so, aber eben im Gemüse besonders. Ich versuche einen Bauerngarten zu gestalten, da wird durch die Blümelchen sowieso die Fläche für's Gemüse kleiner werden. Dann bekommen die Nachbarn halt weniger ;)L.G.Gänselieschen

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:30
von Landfrau
Hallo Frida,die freie Wahl ist ganz konkret.Es gibt jeden Tag die Wahl, aufzustehen und für andere Leute Geld zu verdienen (ein bisschen auch für sich) oder es zu lassen. Die Konsequenzen, die man dann zu tragen hätte (nicht bezhalte Stromrechnung) mag man nicht tragen wollen - aber das ist kein Zwang, das ist Güterabwägung. Was ist mir wichtiger?Wir haben die "Zwänge" zum gesellschaftskonformen Leben schon so sehr verinnerlicht, dass wir sie nicht mehr erkennen. Ich "muss" meine Stromrechnung nicht bezahlen, wenn ich bereit bin, die Konsequenzen zu tragen. Aber die Wahl ist allemal meine. Auch - hart gesprochen - die Entscheidung, ob ich meine Kinder vom Kindergarten abhole, ihnen Essen koche, ist jedesmal meine eigene freie. Man schiebt immer gern etwas vor "Ich muss jetzt....", natürlich, aber dies Müssen ist das Ergebnis einer bereits gefallenen Entscheidung. Wenn die Entscheidung unfrei ist, dann deshalb, weil man sie sich nicht bewusst gemacht hat. "Bei xyz gibt es den neuen abc, den musst (!) du haben". Ich "muss" jetzt gehen". Morgen "muss" ich wieder arbeiten - nein, muss ich nicht. Ich bin nur nicht bereit, die Folgen der Lebensänderung und des sozialen Abstiegs zu tragen.Ich "muss" wieder Unkraut jäten. Nein, muss ich noch lange nicht. Aber ich möchte die abschätzigen Blicke der Nachbarin in meinen Vorgarten nicht sehen. Und ich möchte nicht die nachlässigste, faulste Anwohnerin der Straße sein, über die am meisten gelästert wird - beispielhaft gesprochen.Gartengrüße, Landfrau

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:37
von Gart
Ach nein, so ist das eben nicht (mehr). Wenn du Stromrechnungen nicht bezahlst, ist das nicht einfach so, dass du keinen Strom mehr bekommst, sondern du landest vielleicht bald mal im Knast (wenn sich solche Problemchen häufen). Auch der moderne Selbstversorger kommt ohne Geld nicht aus, und so ist es denn wohl doch ein Privileg der Besitzenden, pseudoautark zu leben (mindestens einen ausgedehnten Acker, Wasser und gute Gesundheit brauchst du schon). Solange denn alles gut geht. Andernfalls musst du bereits wieder die Gesellschaft anzapfen, und da brauchts Kohle für, die Arme gerade nicht haben.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:38
von frida
einspruch, euer ehren ;Ddu hast selbst die (tiefgreifende, konsequenzenreiche!) wahl, wieviel geld du ausgiebst und deswegen verdienen musst.ich habe meine arbeitszeit halbiert - von 50 auf 25 wochenstunden - weil es mir schlicht und einfach besser gefällt, zuhause im garten rumzuwerkeln als meinem job nachzugehen.klar langt es dafür nicht, ein wenig gemüse im garten selbst zu ziehen um mit wenig(er) geld auszukommen, da muss man schon konsequent alle lebensbereiche umstrukturieren und die folgen davon auch gerne tragen.
Wer nur Stundenlöhne im Bereich von 7 oder 8 Euro verdient und nicht nur für seinen eigenen Hintern verantwortlich ist, sondern noch Angehörige mit versorgen muß, kann schlicht und einfach nicht Teilzeit arbeiten, auch nicht, wenn Lebensbereiche umstrukturiert werden. Es sei denn, man läßt von Vater Staat aufstocken.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:46
von frida
Hallo Frida,die freie Wahl ist ganz konkret.Es gibt jeden Tag die Wahl, aufzustehen und für andere Leute Geld zu verdienen (ein bisschen auch für sich) oder es zu lassen. Die Konsequenzen, die man dann zu tragen hätte (nicht bezhalte Stromrechnung) mag man nicht tragen wollen - aber das ist kein Zwang, das ist Güterabwägung. Was ist mir wichtiger?
Ich finde das ziemlich theoretisch. Klar kann ich meine Kinder barfuß zur Schule gehen lassen. Wenn ich das wirklich täte, stünde in Kürze das Jugendamt bei mir auf der Schwelle. Die Kinder wäre ich bald los, dann hätte ich noch mehr Zeit für den Garten. Zumal mich ja eh nix mehr in der ungeheizten Wohnung hielte.Aber mit einer ökonomischen Grundsicherung im Rücken lassen sich eben leichter Entscheidungen treffen wie Arbeitszeit reduzieren etc. - das ist das was ich daran "privilegiert" nenne.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 12:58
von pocoloco
..... meine Kinder barfuß zur Schule gehen lassen.
Nur ist die Realität weniger die Abwägung, ob meine Kinder mit oder ohne Schuhe zur Schule gehen, sondern vielmehr, ob in Nike´s o.ä., oder nicht. Und das es eine Menge mehr Zwänge gibt, denen man sich auch ohne seine Kinder zu verlieren entziehen kann, weißt Du auch, siehe Friedmunt Sonnemann. Auch wenn im Krankheitsfalle der Rahmen der Freiheit sicherlich sehr eng wird. :-\Nachtrag: aber man verbrähmt schon vieles mit "müssen", was eigentlich wollen ist.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 13:06
von frida
Nur ist die Realität weniger die Abwägung, ob meine Kinder mit oder ohne Schuhe zur Schule gehen, sondern vielmehr, ob in Nike´s o.ä., oder nicht....Nachtrag: aber man verbrähmt schon vieles mit "müssen", was eigentlich wollen ist.
Na klar. Aber ich bleibe dabei: mit einer ökonomischen Grundsicherung im Rücken muß man weniger müssen und kann mehr wollen oder eben auch lassen... die Entscheidungsfreiheit ist auch enorm größer, wenn man jung und gesund ist z.B.Und wer ist Friedmunt Sonnemann?edit: selbst gefunden, hier ist er: http://www.stuttgarter-nachrichten.de/s ... 2?_seite=1

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 13:16
von kraut_ruebe
mit einer ökonomischen Grundsicherung im Rücken muß man weniger müssen und kann mehr wollen oder eben auch lassen...
da hast du vollkommen recht - da ist jede entscheidung wesentlich einfacher.trotzdem: habe mut! wenn der erste schritt für ein besseres (gar nicht unbedingt nur finanziell gemeint) leben ein job mit höherem stundenlohn ist, dann gib die suche danach nicht auf. wenn du immer die augen danach offen hältst, wird sich eine chance ergeben.btw: der stundenlohn für teilzeitkräfte ist oft höher als der der vollzeitmitarbeiter.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 5. Jun 2007, 13:21
von pocoloco
....mit einer ökonomischen Grundsicherung im Rücken muß man weniger müssen und kann mehr wollen oder eben auch lassen...
Oder man verkauft seine Seele, ohne es zu merken.
Ich "muss" meine Stromrechnung nicht bezahlen, ...
Daher ist es auch weniger die Entscheidung, seine Stromrechnung nicht zu bezahlen, sondern auf den Strom zu verzichten, wenn man mag.
frida hat geschrieben:Und wer ist Friedmunt Sonnemann?
Sorry, ich dachte, Du wüßtest es noch, Du hast mir mal einen Zeitungsartikel über ihn zukommen lassen. :D

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 6. Jun 2007, 08:04
von Margit
Ich bin Hobbygärtnerin geworden, als mir meine Eltern vor 4 Jahren das erste Beet zu Verfügung gestellt haben. Mittlerweile bearbeite ich den ganzen Gemüsegarten meiner Eltern, habe dafür andere Hobbies aufgegeben, weil ich am liebsten meine Freizeit im Garten verbringe.Natürlich freut es mich auch nicht, wenn wieder mal liebevoll vorgezogene Pflänzchen irgendwelchen Untieren zum Opfer fallen, aber irgenwas bleibt ja immer für uns Menschen auch noch übrig. Am meisten freut mich das experimentieren auf diesem Stück Land. Ich kann dort anbauen was ich will, ich bin ein kleiner König in seinem Reich.Voriges Jahr waren es viele bunte Kartoffelsorten, heuer sind es viele neue "alte" Tomatensorten, und zum erstem Mal auch Kürbisse. Ich bin neugierig wie alles gedeihen wird und freue mich jeden Tag aufs Neue auf meinen Garten.

Re:Gemüseanbau - mehr Frust als Lust?

Verfasst: 6. Jun 2007, 08:07
von olitor
Ich gebe Landfrau auch recht.Jeder kann entscheiden wie er leben möchte. Ob in der Großstadt zu einer Wahnsinnsmiete und trotzdem 1h Fahrtweg zur Arbeit oder hier auf dem Land wo es sehr viele Bauernhöfe preiswert zu kaufen gibt und man wie Landfrau einen erheblichen Teil seines Lebensmittelbedarfes selbst erzeugen kann, gesünder und einfacher leben kann. Man muß nicht nur wollen sondern auch tun. Gruß Christa