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Pflanzen, die Wärme erzeugen und sich durch den Schnee schmelzen? (Gelesen 47376 mal)
Re:Können Schneeglöckchen heizen?
Ich gehe nachher mal buddeln.

„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Das Thema hatten wir schon mal, ich habe die Threads zusammengeschoben.
Siehe #2. Wenn die Schneeglöckchen sich da wirklich durchschmelzen müssten, wären sie schnell am Ende.Insgesamt dürften folgende Faktoren dafür verantwortlich sein, dass der Eindruck entsteht, die Schneeglöckchen schmölzen aus dem Schnee heraus:Schnee ist ein guter Isolator. Unter einen geschlossenen Schneedecke ist der Boden längst nicht so kalt wie ohne eine solche Decke. Oft ist der Boden unter einen dichten Schneedecke gar nicht oder bloß oberflächlich gefroren. Wenn der Boden einigermaßen wasserdurchlässig ist, wird er, selbst wenn die Temperatur unter den Gefrierpunkt sinkt, nicht zu einem einzigen festen Eisklumpen zusammenfrieren, sondern im noch lockere Bereiche aufweisen.Schneeglöckchen und andere Frühjahrsgeophyten sind daran angepasst, bereits bei niedrigen Temperaturen zu wachsen.Beim Wachstum teilen und strecken sich die Zellen, letzteres vor allem durch Wasseraufnahme in die Zellwände. Dabei wirken enorme Kräfte, die ohne Weiteres in der Lage sind, die Triebe in fester Erde voranzuschieben.Haben sie erst einmal den Erdboden und die Schnedecke durchbrochen, so erwärmen sich die im Vergleich zum Schnee dunkleren Triebe stärkere als der Schnee - mit der Folge, dass der Schnee um die Triebe herum taut und der dunkle Boden freigelegt wird. Dadurch verstärkt sich der Effekt dann von selbst.Hat schon mal jemand nachgerechnet, wie viel Zucker eine Pflanze verbrennen muss, um 1 Gramm Schnee zum Tauen zu bringen?
Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Danke. Mir ist übrigens eingefallen, dass sich unsere Solaranlage auch dick mit Schnee bedeckt trotz eisiger Lufttemperaturen tagsüber auf 0°C oder knapp darüber erwärmt hat. Demzufolge dürfte sich der von mir vermutete Effekt der solaren Aufwärmung von Pflanzenteilen auch im Schnee bemerkbar machen und zu der von Günther beschriebenen Höhlenbildung beitragen.[size=0]Der Garten ist noch dick verschneit und andere Sorgen habe ich derzeit nicht.[/size]

„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Schneeglöckchen nehmen Wärmeenergie sowohl durch Absorption von Strahlungswärme - sogar schon, bevor sie die Schneeoberfläche durchbrechen - als auch durch Wärmeübergang aus der Luft auf, sobald die Blätter freiliegen. Da Schneeglöckchenblätter nicht nur dunkler sind, sondern auch erheblich mehr Oberfläche besitzen als eine glatte Schneeschicht, ist auch die Wärmeaufnahme pro Flächeneinheit auf einer mit den Pflanzen bedeckten Fläche viel größer als auf einer schneebedeckten Fläche.
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
P.S.: Dass Schneeglöckchen nicht besonders viel Abwärme in Folge physiologischer Prozesse entwickeln können, sieht man schon daran, dass sie bei einem leichten Nachtfrost genauso mit Raureif bedeckt sind wie ihre Umgebung. 

Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Wieder eine Legende zerstört, Danke.P.S.: Dass Schneeglöckchen nicht besonders viel Abwärme in Folge physiologischer Prozesse entwickeln können, sieht man schon daran, dass sie bei einem leichten Nachtfrost genauso mit Raureif bedeckt sind wie ihre Umgebung.

„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Tote dunkle Teile unterm Schnee haben erfahrungsgemäß keine Höhlen um sich.Auch am dunklen Erdboden ist der Schnee primär angefroren - da ist, auch im Frühjahr, kein Spalt.
Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Momentan ist der Boden unterm Schnee aber offen.

Machen wir mal eine einfache Überschlagsrechnung (sorry, wenn ich mit Kalorien und nicht mit Joule rechne): Zum Schmelzen von 1 g Eis sind 80 cal erforderlich. Nehmen wir an, im Boden ist ein wenig Eis, und es liegt eine ganz dünne Schneedecke, dann sind 10 g Eis über der Zwiebel sicher keine unrealistisch große Menge. Dann wären 800 cal notwendig, um den Schnee zu schmelzen.Nehmen wir weiter vereinfachend an, die Wärme geht direkt vom Ort der Entstehung in den Triebspitzen ohne Verlust ausschließlich in den zu tauenden Schnee (und nicht seitlich und nach unten).Die vollständige Oxidation von Traubenzucker liefert pro Mol (180 g) 675 kcal an Wärme, oder 675 cal pro 180 mg.Dann sind 210 mg (0,21 g) Traubenzucker notwendig, um den Schnee zu schmelzen.Wenn es mehrere Nächte friert, müsste die Pflanze jedes Mal aufs Neue den Auftauvorgang starten. Da wäre die Zwiebel wohl schnell erschöpft, und für den Austrieb bliebe nichts mehr übrig.
Nach fünf Tagen im Schnee ist eine Schneeglöckchenzwiebel verschwunden. Jetzt wissen wir auch, warum.Staudo hat geschrieben:Wenn eine Schneeglöckchenpflanze komplett 5 Gramm wiegt und davon 80% Wasser sind, so bleibt 1 Gramm Trockensubstanz übrig. (Zahlen geschätzt)
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Hallo, Bristlecone,
. Und erklärt wohl auch, was ich hier beobachten konnte:- Vor dem großen Schnee hielten meine Schneeglöckchen sich noch vollständig verborgen, kein Spitzchen guckte aus dem Boden, nicht mal millimeterklein. - Dann kam der Schnee, geschlossene Decke, bis 25 cm dick; von Schneeglöckchen & Co. war erst recht nichts zu sehen. - Nach dem Abtauen - Temperaturen nur wenig über 0°C, aber Dauerregen, dadurch ging's stellenweise sehr flott (andernorts liegen immer noch klitschige Schneereste) - schauten die Schneeglöckchen plötzlich 5-7 cm hoch aus dem Boden. Undenkbar, dass sie das an einem einzigen Tauwettertag geschafft haben; sie müssen sich unterm Schnee aus dem Boden geschoben haben. Trickreich
. Faszinierend
.Schöne GrüßeQuerkopf
leuchtet ein... Insgesamt dürften folgende Faktoren dafür verantwortlich sein, dass der Eindruck entsteht, die Schneeglöckchen schmölzen aus dem Schnee heraus:Schnee ist ein guter Isolator. Unter einen geschlossenen Schneedecke ist der Boden längst nicht so kalt wie ohne eine solche Decke. Oft ist der Boden unter einen dichten Schneedecke gar nicht oder bloß oberflächlich gefroren. ... Schneeglöckchen und andere Frühjahrsgeophyten sind daran angepasst, bereits bei niedrigen Temperaturen zu wachsen.Beim Wachstum teilen und strecken sich die Zellen... Dabei wirken enorme Kräfte, die ohne Weiteres in der Lage sind, die Triebe in fester Erde voranzuschieben. ...



"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Faktum ist, daß z.B. Aronstabgewächse in ihren Blüten Temperaturen bis zu 30° über der Umgebungstemperatur haben, wenn ich mich recht erinnere.Keimende Gerste beim Mälzen muß belüftet werden, damit sie nicht zu heiß wird.Alle Lebewesen erwärmen sich und ihre Umgebung, das ist bei lebenden Organismen so. Kein Lebewesen kühlt durch seine Lebensprozesse sich bzw. die Umgebung ab. Bestenfalls bescheidene passive Abkühlung durch Wasserverdunstung gibts - das kann aber auch jeder nasse Fetzen.
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Noch mal zu den Hohlräumen unter dem Schnee:Also ich bin vorhin durch den Garten gegangen und habe eine Reihe von Beobachtungen angestellt. Erstens haben alle Objekte, die auf dem Schnee auflagen (sowohl Laub als auch kleine Steinchen), den Schnee um sich herum angeschmolzen und sind eingesunken - in Schattenlage. Zweitens erzeugen Zweige, die im Schnee eingeschlossen sind, um sich herum Hohlräume. Stängel, die den Schnee durchstossen, haben den Schnee um sich herum geschmolzen, so dass Röhren entstehen. Blätter von Leucojum jedoch, die ich mal ersatzweise für Schneeglöckchen beobachtet habe, erzeugen zum Teil ähnliche Röhren, aber an einigen der Blätter liegt der Schnee durchaus an, ohne hinwegzuschmelzen!
Ich habe Fotos gemacht und könnte die später mal hochladen. Fazit: die Sache mit dem Schnee ist ein fast rein physikalischer Effekt, die Wärmeabgabe in Folge biologischer Aktivität der Pflanzen spielt nur eine untergeordnete Rolle.

Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Solche Untersuchungen gibt es tatsächlich, steht auch in guten Büchern.Zusammengenommen beschreiben eure Beiträge die Sache doch sehr gut. Das Schneeglöckchen keinen Schnee schmelzen "wollen" ist klar. Genauso logisch ist doch, das atmende Pflanzenteile Wärme abgeben müssen, dass die Menge sehr gering ist ebenfalls (sonst bräuchte man keine vakuumisolierte Kanne um das zu belegen)Ich finde eine sehr schöne Disskussion, habe noch nie aus der Sicht über Schneeglöckchen nachgedacht....
Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
jetzt hab ich das auch begriffen
...glaub ich zumindest
. nur interessehalber...nennt man dieses verbrennen der energie während der nacht "zellatmung"?


z6b
sapere aude, incipe
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Ja.Die gibt es aber natürlich auch tagsüber.jetzt hab ich das auch begriffen...glaub ich zumindest
. nur interessehalber...nennt man dieses verbrennen der energie während der nacht "zellatmung"?
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Re:Pflanzen, die Wärme erzeugen???
Jede Zelle benötigt zur Aufrechterhaltung ihres Stoffwechsels einen Energieträger, um diesen zu "verbrennen". Dazu braucht sie (im allgemeinen) Sauerstoff <= Atmung. Der Prozess ist exotherm, das heißt, es wird Wärmeenergie freigesetzt. Alle Lebewesen, die keine Photosynthese betreiben, wie Pilze und Tiere, müssen sich diesen Energieträger durch Nahrungsaufnahme beschaffen, und nehmen dazu energiehaltiges organisches Material auf. Pflanzen nutzen jedoch die Sonnenenergie, um Photosynthese zu betreiben, erzeugen Zucker als Energieträger und speichern unter Umständen einen Teil der gewohnenen Energie in Form von Stärke, um sie zu einem späteren Zeitpunkt zu verbrennen. Wie unser Schneeglöckchen.Das heißt, insgesamt entziehen alle Lebewesen der Umwelt Energie - nur Pflanzen können hierzu eben die Sonne anzapfen. (Okay, manche exotischen Bakterien können auch Geothermie nutzen.)