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Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 07:47
von Rieke
Die Maisäcker hier (Berliner Stadtgutflächen, langfristig verpachtet) sehen ziemlich übel aus. Ausgelaugter Boden, mickriger Mais und noch dazu pflügt der Landwirt jedes Jahr die Spazierwege unter bzw. bei den Waldflächen so nah wie irgend möglich an die Bäume. Für einen Waldrand bleibt da kein Platz mehr. Bis vor einigen Jahren hat er sehr, sehr zeitig im Frühjahr die Gülle ausgebracht, lange vor Vegetationsbeginn. GG hat mal Grundwasseranalysen unter einem ähnlichen Acker in Brandenburg gesehen. Das war noch in 80 m Tiefe mit Fäkalbakterien belastet.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:17
von Staudo
Der Mais hat momentan erhebliche Probleme. Trockenheit und Herbizideinsatz setzen ihm zu. ;) Das mit den Flächen ärgert mich auch. Zum einen hat niemand das Recht, Spazierwege über fremdes Land anzulegen, zum anderen wissen die Bauern sehr genau, wo die Grundstücksgrenzen sind und dank GPS gibt es auch keine Ausreden mehr.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:47
von Chica
Wenn die Böden jetzt endlich hin sind wäre es doch genau der richtige Zeitpunkt um mehrjährige Wildpflanzen einzusäen und Fördermittel mit abzugreifen. In einigen westlichen Bundesländern gibt es solche Äcker: Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen sowie NRW. Ich weiß nur nicht, ob 330 bis 900 € Förderung je Hektar ausreichend sind. Manchmal wünschte ich mir ich wäre Landwirt und damit Herr über einige Hektar Boden 8). Schaut Euch doch einmal
hier die Ackerfotos an, blühende Malven und Feldhasen! Ich habe hier hinter meinem Grundstück auch so einen Fitzelacker. Der liegt brach seitdem die Luzerne nicht mehr gemäht wird. Warum kann man da nicht so eine Mischung einsäen? Ich glaube so eine Biogasanlage gibt es hier um die Ecke.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:50
von thuja thujon
In Brandenburg mit den großen Betriebsgrößen ist es evtl üblich den 2ten GPS Teil für die Genauigkeit zu haben, hier im Südwesten sind die für die kleinen Betriebe (35ha ist groß) oft schon zu teuer. Der nächste Unterschied ist das hier eher Körnermais angebaut wird, fast kein Silomais. Körnermais braucht es wärmer, und die viele Biomasse kommt zurück aufs Feld als Humusquelle.
Hier wird Mais oder Weizen gerne angebaut weil es die Gemüsefruchtfolgen auflockert, also eine Gesundungsfrucht, die auch noch geld bringt und nicht so viel Arbeit macht. Also nicht viel Pflanzenschutz und keine Beregnungsrohre verlegen usw.
Das mit den Fkalbakterien in 80 Meter Tiefe: der Eintrag dürfte eine Weile her sein, bis Wasser oder Gülle in 80 metern Tiefe ankommt, vergehen ein paar Jahrzehnte. Evtl noch ein Relikt der Rieselfelder um Berlin zu DDR Zeiten.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:56
von Staudo
Chica hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:47Wenn die Böden jetzt endlich hin sind wäre es doch genau der richtige Zeitpunkt um mehrjährige Wildpflanzen einzusäen und Fördermittel mit abzugreifen.
Mache es wie Frauenschuh.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:56
von thuja thujon
Staudo hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 06:37Bursche hat geschrieben: ↑31. Mai 2023, 23:58Was für Herbizide werden da eingesetzt? In wie fern unterscheiden die sich zu Glyphosat?
Das weiß ich auch nicht, lässt sich durch googeln aber herausfinden. Vermutlich sind sie komplexer aufgebaut als Glyphosat und weniger intensiv hinterfragt. Früher war Mais eine Hackfrucht, musste also ebenso wie Rüben und Kartoffeln gehackt werden. Im Unkraut wächst Mais nicht.
Es gibt verschiedene, man wählt hauptsächlich nach der Leitverunkrautung aus. Die bekanntesten sind noch Triazinabkömmlinge, die HPPD-Hemmer und noch ein paar andere mehr.
Was beim Mais erforderlich ist, ist die Wirkung über den Boden über 4 Wochen hinweg, also später auflaufende Unkräuter werden auch noch mit erfasst. Das ist notwendig, weil Mais in der Jugendphase kein Unkraut verträgt, er setzt dann fast keine Kolben an. Durch den späten Reihenschluss kommt auch noch viel licht auf den Boden, was das Unkraut wachsen lässt. Das ist nicht wie beim engen Stand von zB Weizen, der so stark beschattet, das Unkraut unten eher an Lichtmangel stirbt.
Glyphosat ist ein ganz anderes Werkzeug. Unselektiv und spritzt man um reinen Tisch zu machen, damit man säen kann bzw gegen Wurzelunkräuter. 1 Woche später keimt es da schon wieder.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 08:57
von Staudo
thuja hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:50Das mit den Fkalbakterien in 80 Meter Tiefe: der Eintrag dürfte eine Weile her sein, bis Wasser oder Gülle in 80 metern Tiefe ankommt, vergehen ein paar Jahrzehnte. Evtl noch ein Relikt der Rieselfelder um Berlin zu DDR Zeiten.
Seit Kaiserzeiten. ;)
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 09:13
von partisanengärtner
Staudo hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:17Der Mais hat momentan erhebliche Probleme. Trockenheit und Herbizideinsatz setzen ihm zu. ;) Das mit den Flächen ärgert mich auch. Zum einen hat niemand das Recht, Spazierwege über fremdes Land anzulegen, zum anderen wissen die Bauern sehr genau, wo die Grundstücksgrenzen sind und dank GPS gibt es auch keine Ausreden mehr.
Ganz so klar ist das nicht immer. Es gibt reichlich alte Wege auf fremdem Land die wegen ihrer langen Existenz geduldet werden müssten.
Das sind dann Wegerechte die nicht einfach durch Unterpflügen verschwinden. Das sie auch als Spazierwege genutzt werden ist ein Kolateralnutzen.
Nichtsdestotrotz werden auch solche Wegerechte missachtet.
Da müsste man anzeigen, aber auf dem Land wird sowas auch mal außergerichtlich in Selbstjustiz geregelt. (Eigene Erfahrung)
Sowas endet meist erst nach dem Tod oder Wegzug eines Kontrahenten.
Meist ein natürlicher Tod. ;) 8)
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 11:08
von Rieke
thuja hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:50Das mit den Fkalbakterien in 80 Meter Tiefe: der Eintrag dürfte eine Weile her sein, bis Wasser oder Gülle in 80 metern Tiefe ankommt, vergehen ein paar Jahrzehnte. Evtl noch ein Relikt der Rieselfelder um Berlin zu DDR Zeiten.
Die Fäkalbakterien waren unter einer Ackerfläche im Südosten Brandenburgs, da war weit und breit kein Rieselfeld. Und die Versickerung war schnell genug, daß die Bakterien noch lebensfähig waren, was ich bei Brandenburger Eiszeitsanden auch nicht so verblüffend finde. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Fäkalbakterien, d.h. E. coli oder Coliforme, im Grundwasser mehrere Jahrzehnte überleben.
Ich wollte immer mal in alten Karten nachsehen, ob die Wege dort eingezeichnet sind. So, wie sie mit anderen Wegen verknüpft sind, halte ich das für wahrscheinlich.
Hier ein Bild von der Situation im März 2020, noch ungepflügt:
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 11:10
von Chica
Ich glaube was man heute als Landwirt braucht um mit gutem Gewissen seine Arbeit verrichten zu können ist ein gewisses Maß an Innovationsbereitschaft und Pioniergeist, die Bereitschaft einfach mal über den Tellerrand zu schauen. Ich habe schon mehrere Sendungen mit zufriedenen Landwirten gesehen, die einfach moderne, neue (eigentlich uralte, nur angepasst) Wege der Ackerbewirtschaftung gehen und damit glücklich und mit sich im Reinen sind. Die sahen auch nicht verhungert aus. Der Klimawandel wird sowieso irgendwann jeden dazu zwingen.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 11:12
von Chica
Staudo hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:56Chica hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 08:47Wenn die Böden jetzt endlich hin sind wäre es doch genau der richtige Zeitpunkt um mehrjährige Wildpflanzen einzusäen und Fördermittel mit abzugreifen.
Mache es wie Frauenschuh.
Dazu bin ich nicht (mehr) leidensfähig genug. Es muss einfachere Wege geben.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 11:17
von Rieke
Auf dem Bild ist die Situation nach dem Pflügen. Leider habe ich keine älteren Bilder. 2006 oder 2007, als wir da zum ersten Mal gelaufen sind, war der Weg zweispurig. Nach dem Pflügen ist nur noch der Trampelpfad neben dem eigentlichen Weg erhalten. Auf dem Bild bekommt man auch einen Eindruck von der Größe des Ackers. Die anderen Äckern in der Nachbarschaft, die zu dem gleichen Betrieb gehören, werden genauso bewirtschaftet.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 11:57
von Hyla
Zur Durchwachsenen Silphie kann ich berichten, daß hier ein Versuchsfeld umgepflügt wurde.
Wir hatten gehofft, daß durch den Anbau von Alternativen andere Grünpflanzen zur Energiegewinnung angepflanzt werden könnten und das kleine Feld beobachtet. Anscheinend sind da aber derart viele Wühlmäuse drin gewesen, daß sich das nicht gelohnt hat. :-X
Ich glaube, es war fünf Jahre mit Silphie bepflanzt. Die Pflanzen waren über mannshoch und haben üppig geblüht, Insekten waren aber annähernd null zu sehen. Irgendwas muß bestäubt haben, denn Samen waren reichlich dran, die versprochenen üppigen Insektenschwärme blieben aber aus. Schmetterlinge bis auf vereinzelte Exemplare Fehlanzeige.
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 12:06
von Asinella
Hyla hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 11:57Ich glaube, es war fünf Jahre mit Silphie bepflanzt. Die Pflanzen waren über mannshoch und haben üppig geblüht, Insekten waren aber annähernd null zu sehen. Irgendwas muß bestäubt haben, denn Samen waren reichlich dran, die versprochenen üppigen Insektenschwärme blieben aber aus. Schmetterlinge bis auf vereinzelte Exemplare Fehlanzeige.
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Na ja, irgendwo müssen die Insekten ja erst mal herkommen und sich entwickeln. Die Blüten alleine helfen nicht, die brauchen sie erst als Adulte.
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Hier im Nachbardorf gibt es auch seit 5-6-Jahren ein kleineres Versuchsfeld. Das sieht zumindest im Vorbeifahren recht gut aus
Re: Landwirtschaft Dein unbekannter Nachbar.
Verfasst: 1. Jun 2023, 12:11
von Gartenplaner
Chica hat geschrieben: ↑1. Jun 2023, 11:10Ich glaube was man heute als Landwirt braucht um mit gutem Gewissen seine Arbeit verrichten zu können ist ein gewisses Maß an Innovationsbereitschaft und Pioniergeist, die Bereitschaft einfach mal über den Tellerrand zu schauen.
….
Der Klimawandel wird sowieso irgendwann jeden dazu zwingen.
So sieht’s aus.
Letztes Jahr hab ich interessiert den Bericht über einen Landwirt bei uns zur Kenntnis genommen, der angefangen hat, Quinoa anzubauen.
Und trotz Dürre sehr erfolgreich damit ist.
Zumal Quinoa bei Veganern begehrt ist, eine win-win-Situation auf vielen Ebenen.