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Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 07:49
von phloxfox
Und wieder sind wir mitten drin..... ::)Zuchtziele: Die Nichtzüchter überschätzen den menschlichen Anteil an einem Sämling. Programme entwickeln sich allmählich anhand des Boden- und Pflanzenmaterials, was man hat, weniger die Pflanzen anhand eines von Anfang an gefassten Plans. Die Kreuzungspläne, die ich an Winterabenden mache, um mich zu amüsieren, verwirkliche ich allenfalls durch Zufall. Ich gehe morgens durch den Garten und sehe eine schön blühende und sehr kräftige Pflanze, die als Mutterpflanze taugen könnte. Ich sehe mich um und finde eine andere mit hübscher Blüte, die dazu passen könnte. Was dann herauskommt, bestimme ich nicht. Der einjährige Sämling, den ich oben gepostet hatte, ist ein Produkt der Natur, nicht meiner züchterischen Ambitionen. Ob er das Zuchtziel "Super-Gartenpflanze auch auf magerem Boden" verwirklicht, wird sich erst zeigen. Für mich war dieses Jahr die Fragestellung, womit kreuzen? Passendes habe ich nicht, also tat ich den Pollen auf Trim Work (fast weiß mit Zähnen) mit dem Vorsatz eventuell zurückzukreuzen (Schicksal solche Pläne s. o.).
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 07:53
von Mediterraneus
Es ist immer wieder amüsierlich, wie Nicht-Züchter meinen den Züchtern die Richtung ihres Tuns weisen zu müssen
Kommt halt drauf an, wer die gezüchteten Teile dann auch kauft und in seinen Garten setzt ;)Wenn es allerdings nur eigene Befriedigung des Züchters ist, eine nach seinen Zielen gezüchtete Pflanze als Einzelstück wie einen Picasso zu besitzen, dann finde ich solche Zuchtziele durchaus ok.Ich vermute allerdings, dass man den Picasso lieber meistbietend verkaufen (und vervielfältigen) möchte.Ich persönlich habe lieber eine rundum schöne Pflanze, die zu mir und meinem Garten passt (und das sind meist solche Pflanzen, die garantiert keinem aktuellen Zuchtziel entsprechen). Und in meinem Garten guck ich bei einer Pflanze nicht nur auf die Blüte. Ein Garten nur mit Blüten ohne Grün drumrum sähe aus wie eine blumenbestreute Straße nach der Fronleichnamsprozession. Auf den ersten Blick hübsch, aber irgendwie tot :-\Meist sind für mich das gute Sorten, die schon Jahrzehnte oder länger immer wieder auftauchen und die es aus diesem Grund auch heute immer noch gibt. Pflanzen, die irgendeinen Charme versprühen, wo das Blattwerk vielleicht eine Tönung hat, die perfekt zur einer grazilen Blüte passt.Sowas vermiss ich ehrlich gesagt hier ein bißchen (also strengt euch mal an

)Viel Buntes, Protziges und Neumodisches verschwindet wieder vom Markt und aus den Gärten. Und auf ein Neues.Das gilt jetzt nicht nur für Taglilien. Bei anderen Pflanzen ist das selbstverständlich auch so (Iris, Rosen, Clematis etc.).Aber Meinungen sind ja gottseidank verschieden, und die Geschmäcker auch. Und das ist auch gut so.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:25
von hymenocallis
Für mich haben allerdings irgendwelche hippen Zuchtziele, die in Amerika gerade favorisiert werden (oder worden sind), keinerlei Wert - in Europa nachzumachen, was dort vorgemacht wird/wurde, find ich nicht so spannend.
Ich verstehe Deine Bemerkung in diesem Zusammenhang nicht.
Es ging um die Anmerkung, daß 'runde' Blütenformen so oder so aussehen müssen/sollen und Sämlinge, wenn sie den Idealen, die in Amerika dafür festgelegt werden, nicht entsprechen, weggegeben werden - zumindest kamen die Beschreibungen so bei mir an. Waren sie denn anders zu verstehen?
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:28
von hymenocallis
Wenn jemand nicht sehen lernen kann, ob eine Blüte objektiv gut ist, und sie nur wertvoll findet, weil sie dem öffentlich bekannt gegebenen Zuchtziel des Züchters entspricht, hat er natürlich ein Problem mit der Bewertung und Einschätzung von Taglilien.
Du weißt aber, daß aufgrund dieser Haltung die ersten Spider und Ufos auf dem Kompost gelandet sind, weil sie nicht 'objektiv' gut waren.Diese sogenannte Objektivität ist Moden unterworfen; was gestern objektiv gut war, ist heute völlig überholt und was morgen objektiv gut sein wird, weiß heute noch niemand.Beispiel Symmetrie einer Blüte: wer weiß, ob sich nicht Trends etablieren, Blüten so asymmetrisch wie Orchideen es sind, zu züchten? Dann ist vielleicht plötzlich eine auffällige Asymmetrie objektiv gut?
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:35
von zwerggarten
meine idee ist, dass züchti mit guten augen und dem notwendigen gefühl für vergleichbare bewertungskriterien genau das / solche qualitäten auch außerhalb ihrer zuchtziele erkennen - und diese pflanzen nicht kompostieren, sondern z.b. befreundeten züchti mit anderen schwerpunkten abgeben.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:39
von hymenocallis
Das ist ja alles schön und gut, aber warum muss diese Diskussion dann immer in Unterstellungen ausarten "die Züchter" - wer auch immer hier dazu gehören mag und wer nicht - würden nach irgendwelchen obskuren - möglichst amerikanischen - Vorgaben züchten, die eigentlich ohnehin alle schund sind?
So habe ich das weder gemeint noch geschrieben. Viele amerikanische 'Vorgaben' find ich interessant und viele weniger. Was ich sehe, ist daß in Europa nur wenig Unverwechselbares gezüchtet wird.
Ist jetzt nur ein "guter" Züchter, wer total rebellisch "was anderes" macht oder ist der dann gar kein Züchter mehr, denn "richtige Züchter" machen ja schließlich nur den vorgegebenen Einheitsbrei nach? Diese Sticheleien kommen hier jedes Jahr so sicher wie das Amen in der Kirche, wenn gewissen Leuten nicht gefällt, was hier an Sämlingen gezeigt wird und immer sind "die Züchter" die Buhmänner. Ganz ehrlich, das nervt.
Ich komme aus der Wirtschaft und dem Marketing und Neueinführungen brauchen einen bestimmten Innovationsgrad, um wirtschaftlich erfolgreich vermarktet zu werden. Me-To-Produkte können nur erfolgreich vermarktet werden, wenn sie billiger produziert werden können. Aus meiner Sicht ist der Innovationsgrad bei der Bewertung von Sämlingen daher eines der sinnvollsten Kriterien. Würde man Patentschutz beantragen müssen, wären wohl viele Sorten plötzlich in rechtlicher Bedrängnis. Eine andere Perspektive zu haben und diese zu erklären, ist keine Stichelei.
Nahila hat geschrieben:Und ja, ich kaufe zb Samen von Kreuzungen mit bläulichen und/oder gemusterten Augen, weil es mir halt gefällt, völlig ungeachtet dessen ob es nun grade hipp ist in den Staaten oder sonstwo oder nicht. Und wenn ich mich damit dann des schnöden und wertlosen "Nachzüchtens" schuldig mache, dann soll es halt so sein ...
verdammt und ich wollte doch diesmal nix mehr dazu sagen
Das bedeutet - wenn ich Dich richtig verstehe, daß Dir auch egal ist, ob die Sämlinge mit den dort gezüchteten neuen Sorten mithalten können oder ihnen vielleicht sogar gleichen? Wie soll man denn dann einen Sämling bewerten, wenn nicht im Vergleich zu den schon verfügbaren Sorten? Irgendwie verstehe ich den Sinn dieses Threads nicht wirklich.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:48
von zwerggarten
dieser thread soll augen und geist schulen, die anwendung möglicher bewertungskriterien üben und vielfältige rückmeldung zu eigenen sämlingen erbringen - dachte ich.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 08:52
von sonnenschein
dieser thread soll augen und geist schulen, die anwendung möglicher bewertungskriterien üben und vielfältige rückmeldung zu eigenen sämlingen erbringen - dachte ich.
Genau! Und wäre damit auch für mich Nichthem-Züchter spannend.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:03
von Callis
dieser thread soll augen und geist schulen, die anwendung möglicher bewertungskriterien üben und vielfältige rückmeldung zu eigenen sämlingen erbringen - dachte ich.
Genau! Und wäre damit auch für mich Nichthem-Züchter spannend.
Genau in dieser Absicht habe ich den Thread eröffnet.

Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:07
von hymenocallis
Ein hehrer Anspruch.
Ich bin anspruchsvoll. Würde ich selbst züchten, dann nur etwas, was es noch nicht gibt. Was eh schon verfügbar ist, brauche ich nicht zu züchten, sondern kann es mir kaufen.
Da du selbst nicht züchtest, ist dir wohl nie der Gedanke gekommen, dass die Vielfalt zunächst rein aus Lust am Ausprobieren, aus Neugier "was passiert wenn?" entsteht.
Ich denke, das hat nichts damit zu tun, ob man züchtet oder nicht - ich bin ein grundsätzlich ergebnisorientierter Typ; Projekt- und Prozeßmanagement sind für mich beruflich wichtig und auch privat investiere ich meine Lebenszeit gerne ökonomisch.
Je länger man allerdings kreuzt, desto gezielter werden die Eltern im Hinblick auf bestimmte Merkmale gesucht. Nur leider ergeben excellente Eltern (wie bei den Menschen auch) nicht immer excellente Kinder. Und umgekehrt entstehen aus Zufallsbestäubungen manchmal besonders schöne Sämlinge.
Ist das denn am Anfang des Züchtens nicht auch schon möglich? Es gibt immerhin Datenbanken, aus denen die Eltern der schönen Kinder und auch ihre Nachkommen hervorgehen - mit ein wenig Recherche kann man wohl einiges über das Potential einzelner Sorten herausfinden und muß daher nicht völlig ins Blaue hinein kreuzen. Dadurch sollte sich der Outcome eigentlich signifikant verbessern lassen, oder hast Du da andere Erfahrungen gemacht?
Callis hat geschrieben:Es ist immer wieder amüsierlich, wie Nicht-Züchter meinen den Züchtern die Richtung ihres Tuns weisen zu müssen
Wer tut das wo? Ich denke, da hast Du mich wohl mißverstanden. Allerdings habe ich Probleme damit, Produzenten/Produktentwickler zu verstehen, die sich nicht nach den Kundenwünschen richten wollen.
Callis hat geschrieben:Welche amerikanischen Züchter geben denn deiner Meinung nach welche Trends vor und welche fallen in die Kategorie "me too?"
Gossard ist extrem innovativ, Doorakian gefällt mir auch gut, aber auch Huben, der sich 'bloß' damit abmüht, Sorten zu züchten, die in nördlicheren Regionen verläßlich remontieren, finde ich gut. Wer die Trends vorgibt, die mich nicht ansprechen (extreme Rüschen, 3D-Blütenformen, möglichst riesige Blauaugen) weiß ich mangels Interesse nicht - bei den Patterned Eyes sind momentan ja mehrere sehr heftig am Einführen. wer dem Tremd ursprünglich gestartet hat, hab ich nicht mitverfolgt. Wer in Amerika Me-To-Sorten züchtet weiß ich noch viel weniger - logischerweise. Bei den Europäern beeindruckt mich King noch am ehesten. In Amerika gibt es wenigstens Trends und Innovationen - ob sie einem gefallen, ist wieder eine andere Frage.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:08
von hymenocallis
Und wieder sind wir mitten drin..... ::)Zuchtziele: Die Nichtzüchter überschätzen den menschlichen Anteil an einem Sämling. Programme entwickeln sich allmählich anhand des Boden- und Pflanzenmaterials, was man hat, weniger die Pflanzen anhand eines von Anfang an gefassten Plans. Die Kreuzungspläne, die ich an Winterabenden mache, um mich zu amüsieren, verwirkliche ich allenfalls durch Zufall. Ich gehe morgens durch den Garten und sehe eine schön blühende und sehr kräftige Pflanze, die als Mutterpflanze taugen könnte. Ich sehe mich um und finde eine andere mit hübscher Blüte, die dazu passen könnte. Was dann herauskommt, bestimme ich nicht. Der einjährige Sämling, den ich oben gepostet hatte, ist ein Produkt der Natur, nicht meiner züchterischen Ambitionen. Ob er das Zuchtziel "Super-Gartenpflanze auch auf magerem Boden" verwirklicht, wird sich erst zeigen. Für mich war dieses Jahr die Fragestellung, womit kreuzen? Passendes habe ich nicht, also tat ich den Pollen auf Trim Work (fast weiß mit Zähnen) mit dem Vorsatz eventuell zurückzukreuzen (Schicksal solche Pläne s. o.).
Bei Dir züchtet also 'Zufall' oder Mutter Natur und Du freust Dich an den Ergebnissen, wenn sie gelungen sind. Evolution in kleinem Rahmen - ist das wirklich Züchtung?
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:15
von hymenocallis
dieser thread soll augen und geist schulen, die anwendung möglicher bewertungskriterien üben und vielfältige rückmeldung zu eigenen sämlingen erbringen - dachte ich.
Dann ist wohl eine Schulungsunterlage sinnvoll und notwendig - offenbar geht es ja um eine ganz bestimmte Sichtweise, die man als Laie nicht hat. Qualitative Kriterien kann man nachlesen (Farbstabilität, Öffnungsverhalten, Verzweigung, Knospenzahl etc.), aber die sieht man oft nicht auf einem Foto - optische Kriterien sind das Rätsel dieses Threads - zumindest für mich interessierten Laien (oder sind sie vielleicht bloß Geschmackssache und es ist eine 'Geschmackserziehung' nötig?)Warum sind also runde Blüten nur schön, wenn sie flach sind?Warum sind gleichmäßige flache Rüschen schöner als üppige wogende?Warum ist eine wächseren Substanz schöner als eine seidige?Bitte klärt mich auf - ich find die Eigenschaften nur unterschiedlich und nicht besser oder schlechter.
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:23
von zwerggarten
eine schulung bzw. übung muss ja nicht frontal erfolgen, viel schlauer ist es, eigene potenziale zu altivieren und einzubringen. ich brauche kein handout zum auswendiglernen, ich entwickle mich und meine kompetenzen lieber im gegenseitigen austausch. ein bisschen mit- und vorausdenken gelingt mir zum glück.

Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:25
von maliko
Gerade habe ich meinen ersten gebunkerten Pollen aufgepinselt. Und zwar auf den ausgewählten Partner, der eben nicht gleichzeitig blühen wollte.Also keine Zufallskreuzung, sondern mit Ziel – und mit einem riesigen Spass an der Sache.Partner und alle nötigen Infos, die ich geben möchte, damit mein Sämling dann von Euch beurteilt werden kann, vielleicht in 3 Jahren hier ?... – Bis dahin sind dann sicher alle Fragen geklärt und man kann mit der ursprünglichen Intension des threads fortfahren…maliko
Re:Hemsämlinge freundlich kritisch betrachtet
Verfasst: 29. Jun 2012, 09:26
von sonnenschein
Warum ist eine wächseren Substanz schöner als eine seidige?
Das zumindest kann ich dir momentan gerade aus eigener Anschauung sagen: die wächsernen sind erheblich regenfester und stabiler bei extremer Sonne.