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Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten (Gelesen 7943 mal)

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thuja thujon
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Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

thuja thujon » Antwort #30 am:

hemerocallis hat geschrieben: 11. Okt 2017, 20:41man bekommt den Eindruck, daß die Macht des Konsumenten eher im Bereich 'Geiz ist Geil' eingesetzt wird.
Ich versuche soweit es geht Bio zu meiden. Hier stellen diejenigen um, die die Biofähigen Gemüsekulturen können ohne allzugroß investieren zu müssen. Die spritzen und düngen dann nur noch mit natürlichen Stoffen, kassieren höhere Förderprämien und höhere Preise dafür, die Flächen verkommen oft und die Betriebe werden spezialisierter und größer. Verstehe das nachhaltige daran nicht, wills nicht unterstützen.
Deswegen gibts die kg-Packung Bio-Möhren nur, wenn die 2kg Packung konventionell nicht da ist oder die Hälfte weggeschmissen werden würde.

Warum nicht konsequent bio? Weil ich mich abwechslungsreich ernähren möchte, nicht nur von dem, was unter Biobedienungen produzierbar ist.

Warum nicht geiz ist geil? Lieber regional und teilweise Selbstversorger, wenn Lust drauf auch die Qualitätsstufe obendrüber. Qualität muss man geniessen können, wirds zuviel immer nur Superqualität, verliert man auch den Bezug. Ich esse auch mal Belana aus dem Discounter wenn die Annabelle aus dem Garten durchgekeimt ist. Man weiß ja wie das Kartoffeljahr war, was die Kartofelbauern wie draus gemacht haben und kennt dementsprechend die Kücheneigenschaften.

Reis gibts auch trotz Arsen und Cadmium. Abwechslungsreich zählt für mich mehr.

Nudeln bevorzugt eine Marke vom Elsass, die haben irgendeine andere Weizensorte mit mehr Aroma und die Nudeln quellen weniger.
Wenns nichts explizites oder deftiges gibt, dann gerne auch andere Nudeln. Die Qualität ist über die Jahre recht konstant, man weiß, was man kauft und erlebt so nur bei neuen Marken größere Überraschungen.
Namen der Mühle oder der Produzenten lassen sich vielleicht noch rausfinden, interessiert mich aber nicht. Wichtiger wäre mir die verwendete Weizensorte und die Fruchtfolge und Kulturführung statt nur eine Hausnummer von Landwirtschaftsbetrieb. Dann gerne auch nicht regional, Hartweizenanbau ist in der Pfalz ja doch nur Nische, geht woanders besser. Hier überwiegt schon das Gemüse für den innerdeutschen Export.
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hymenocallis

Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

hymenocallis » Antwort #31 am:

thuja hat geschrieben: 11. Okt 2017, 21:21
hemerocallis hat geschrieben: 11. Okt 2017, 20:41man bekommt den Eindruck, daß die Macht des Konsumenten eher im Bereich 'Geiz ist Geil' eingesetzt wird.
Ich versuche soweit es geht Bio zu meiden. Hier stellen diejenigen um, die die Biofähigen Gemüsekulturen können ohne allzugroß investieren zu müssen. Die spritzen und düngen dann nur noch mit natürlichen Stoffen, kassieren höhere Förderprämien und höhere Preise dafür, die Flächen verkommen oft und die Betriebe werden spezialisierter und größer. Verstehe das nachhaltige daran nicht, wills nicht unterstützen.
Deswegen gibts die kg-Packung Bio-Möhren nur, wenn die 2kg Packung konventionell nicht da ist oder die Hälfte weggeschmissen werden würde.

Warum nicht konsequent bio? Weil ich mich abwechslungsreich ernähren möchte, nicht nur von dem, was unter Biobedienungen produzierbar ist.

Warum nicht geiz ist geil? Lieber regional und teilweise Selbstversorger, wenn Lust drauf auch die Qualitätsstufe obendrüber. Qualität muss man geniessen können, wirds zuviel immer nur Superqualität, verliert man auch den Bezug. Ich esse auch mal Belana aus dem Discounter wenn die Annabelle aus dem Garten durchgekeimt ist. Man weiß ja wie das Kartoffeljahr war, was die Kartofelbauern wie draus gemacht haben und kennt dementsprechend die Kücheneigenschaften.

Reis gibts auch trotz Arsen und Cadmium. Abwechslungsreich zählt für mich mehr.

Nudeln bevorzugt eine Marke vom Elsass, die haben irgendeine andere Weizensorte mit mehr Aroma und die Nudeln quellen weniger.
Wenns nichts explizites oder deftiges gibt, dann gerne auch andere Nudeln. Die Qualität ist über die Jahre recht konstant, man weiß, was man kauft und erlebt so nur bei neuen Marken größere Überraschungen.
Namen der Mühle oder der Produzenten lassen sich vielleicht noch rausfinden, interessiert mich aber nicht. Wichtiger wäre mir die verwendete Weizensorte und die Fruchtfolge und Kulturführung statt nur eine Hausnummer von Landwirtschaftsbetrieb. Dann gerne auch nicht regional, Hartweizenanbau ist in der Pfalz ja doch nur Nische, geht woanders besser. Hier überwiegt schon das Gemüse für den innerdeutschen Export.


Danke für diese ausführliche Darstellung.

Es erklärt sehr anschaulich, warum nachhaltige, artgerecht und umweltschonend produzierte Lebensmittel in Deutschland vom Konsumenten wenig nachgefragt werden. Der Faktor Gewöhnung an eine geringe Produktqualität und eine - nun wie kann man das politisch korrekt ausdrücken? - knauserige Einstellung sich selbst gegenüber sorgen wohl zusätzlich dafür, daß sich der Handel so wenig um eine entsprechende Produktverfügbarkeit in diesem qualitativ hochwertigen Segment bemüht.

In Österreich wird Bio-Anbau zumeist mit nachhaltigen Produktionsmethoden betrieben - die Produzenten lassen sich umfangreich kontrollieren - Transparenz ist ein wichtiger Faktor bei der Vermarktung und ermöglicht höhere Absatzmengen und -preise. Abwechslungsreiche Ernährung ist durch das breite Angebot im Bereich Bio/artgerecht/regional/nachhaltig kein Problem - vorausgesetzt man will (bzw. kann) sich diese Qualität leisten. Erfreulicherweise wird hier Geiz immer noch als unerwünschte Charaktereigenschaft gesehen - und Großzügigkeit geschätzt.
bristlecone

Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

bristlecone » Antwort #32 am:

hemerocallis hat geschrieben: 11. Okt 2017, 21:58
Der Faktor Gewöhnung an eine geringe Produktqualität und eine - nun wie kann man das politisch korrekt ausdrücken? - knauserige Einstellung sich selbst gegenüber sorgen wohl zusätzlich dafür, daß sich der Handel so wenig um eine entsprechende Produktverfügbarkeit in diesem qualitativ hochwertigen Segment bemüht.


Ich stimme Thujathujon zwar, aus anderen Gründen, eher in vielen Punkten nicht zu, aber dass auf die von ihm beschriebene Weise Lebensmittel in "geringer Produktqualität" bekommt und "knauserig sich selbst gegenüber" wäre, erschließt sich mir wirklich nicht.
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Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

thuja thujon » Antwort #33 am:

hemerocallis hat geschrieben: 11. Okt 2017, 21:58nachhaltige, artgerecht und umweltschonend produzierte Lebensmittel
Davon hat wohl jeder andere Vorstellungen. Wenn einer was macht ists ok, wenn er zuviel davon genau gleich macht, ists der Teufel.
Natur will kleinräumig verschachtelte Lebensräume, deswegen bin ich teilweisse Selbtsversorger in Intensivstkultur.
Viel verschiedenes ressourcenschonend und regionaler geht nicht.
Klappt wunderbar, Abwechslung ist Trumpf. Lieber 1 ha Gartenanlage als 1 ha Biokarotten.

Warum 1A-Ware geringe Produktqualität ist, würde ich gerne verstehen können.
Qualität ist doch messbar, im Gegensatz zu knauserig, Geiz usw.
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Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

Waldmeisterin » Antwort #34 am:

bristlecone hat geschrieben: 11. Okt 2017, 22:14
hemerocallis hat geschrieben: 11. Okt 2017, 21:58
Der Faktor Gewöhnung an eine geringe Produktqualität und eine - nun wie kann man das politisch korrekt ausdrücken? - knauserige Einstellung sich selbst gegenüber sorgen wohl zusätzlich dafür, daß sich der Handel so wenig um eine entsprechende Produktverfügbarkeit in diesem qualitativ hochwertigen Segment bemüht.


Ich stimme Thujathujon zwar, aus anderen Gründen, eher in vielen Punkten nicht zu, aber dass auf die von ihm beschriebene Weise Lebensmittel in "geringer Produktqualität" bekommt und "knauserig sich selbst gegenüber" wäre, erschließt sich mir wirklich nicht.


Nun, ich wollte hier eigentlich nicht mitschreiben, da ich immer mehr den Eindruck gewinne, dass es in diesem Thread nur darum geht, aufzuzeigen, dass die Österreicher alles viel besser machen als die Deutschen.
Aber wir essen sehr gerne den Bergkäse von Aldi, nix bio, recht preiswert, aus Österreich. Leider schmeckt der einfach großartig, viel besser, als der Bergkäse, den meine Nachbarin ab und zu aus ihrem Bioladen mitbringt. Im Gegensatz zu Thujathujon würde ich beim Kauf dieses Käses lieber einen österreichischen (oder gar tschechischen, wäre noch regionaler) Bergbauern unterstützen und auch deutlich mehr zahlen, aber die Produktqualität überzeugt mich halt. Und das nicht, weil ich als blöde Deutsche hier in meiner Großstadt hocke, und einfach nicht weiß, wie guter Bergkäse zu schmecken hat. Wir haben schon viele kleine Käsereien besucht, dort guten bis köstlichen Käse verkostet, aber der Aldi-Käse ist einfach der beste Käse, den ich hier kriegen kann. Oder zumindest der, der mir am besten schmeckt.
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Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

Rieke » Antwort #35 am:

hat geschrieben: 1. Jan 1970, 01:00Es erklärt sehr anschaulich, warum nachhaltige, artgerecht und umweltschonend produzierte Lebensmittel in Deutschland vom Konsumenten wenig nachgefragt werden.


Ganz so einfach ist es nicht. In Süddeutschland gibt es z.B. die Supermarktkette Tegut mit sehr vielen Bioprodukten und regionalen Produkten, REWE hat mittlerweile auch regionale Produkte und bei anderen Supermarktketten findet man sowas auch zunehmend. Ohne entsprechende Nachfrage würden die Supermärkte diesen Aufwand nicht betreiben. Oder ein anderes Beispiel: Werder-Tomaten (für Ortsfremde: aus der Nähe von Potsdam) findet man in der Tomatensaison auf jedem Wochenmarkt in Berlin und die werden gekauft, obwohl sie deutlich teurer als Discounter-Tomaten sind.

Ich möchte auf noch etwas anderes hinweisen: regional heißt nicht automatisch umweltfreundlich. Lange gelagerte regionale Äpfel haben eine schlechtere Ökobilanz als frisch geerntete aus Neuseeland.
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Re: Biodiversität und artgerechte Tierhaltung - die Macht des Konsumenten

thuja thujon » Antwort #36 am:

In der Pfalz gibts einen Betrieb, der macht Radieschen. Viel Radieschen.
Für mich regional. Liegt das Bund in Hamburg aus, ists nimmer regional.
Unterstützen weil regional, naja, nicht wirklich, aber der ist trotzdem wichtig für die Region hier.
Was edeka unter Regional versteht, Freiburg ist nicht regional für mich. Äpfel vom Bodensee anstatt die vom Nachbardorf auch nicht.

Bei regional kenne ich idealerweisse die Leute mit ihren Methoden und kanns mir somit aussuchen, ob ich es auch unterstütze, wenn im Weinberg auch Feldsalat wächst oder nicht.
Ob das richtig ist? Feldsalat wächst hier mittlerweile in der Böschungsbefestigung im Rheinhafen. Was soll ich davon halten? Der gehört dort nicht hin.
Wenn der Feldslat bei mir im Garten versagt, dann möchte ich weder den der gleich blüht aus der Hafenböschung, noch den vergilbten vom Weinberg, sondern dann kauf ich in gottes Namen halt den vom Acker 1km weiter oder später im Winter den aus dem Tomatenhaus, damit ich weniger putzen muss und die auch über Winter was zu tun haben und Geld verdienen.

Ich denke, je intensiver und spezialisierter ein Betrieb, desto eher hat er zB Rückstände und Ressourcen im Griff. Praktisch das Gegenteil von Gartenselbstanbau oder Hochbeetkultur. Da misst keiner Nitrat, Benzpyrene, Schwermetalle und Co.
Ist halt die Frage auf was man mehr Wert legt.
Rückstandsfrei essen, Kulturlandschaft erhalten, wenig Arbeit beim verarbeiten oder viel Schutzverpackung mit noch mehr Siegeln zugekleistert um sich ja vom Konvizeugs abzugrenzen oder frisch aus dem Garten. Kann im Rahmen ja jeder entscheiden wie er will.

Wenns mir um den Geschmack geht, das ist meistens der Fall, achte ich zB auf die Feldsalatsorte. Wenn man sie vom Garten kennt, lernt man auch Feldsalatsorten in der Packung im Laden zu unterscheiden. Baron schmeckt nun mal intensiver als Vit, wenn er gut gewachsen ist gehts auch mit Putzaufwand. Frage ich auf dem Wochenmarkt nach der Sorte und wie es gelaufen ist, können die es mir nicht beantworten, da im Gemüsegroßmarkt auch nur selbst eingekauft. Das ist dann für mich ein Argument, warum ich den deutlichen Mehrpreis vom Wochenmarkt nicht bezahlen möchte.
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