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Mostbirnenschätze (Gelesen 38241 mal)

Obstgehölze, Beerensträucher und Wein (Veredlungen, Unterlagen, Schnitte und Selektionen) sowie Staudenobst (Erdbeeren)

Moderator: cydorian

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cydorian
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Re: Mostbirnen

cydorian » Antwort #45 am:

pistachio hat geschrieben: 3. Dez 2020, 18:05
Braucht man diese dazu oder ist das deren einzige Verwendung.


Braucht man nicht. Ich hatte die "Luxemburger Mostbirne" dafür, das ist eine ihrer typischen Verwendungsarten. Man kann sie aber auch dörren oder für Most verwenden. Dann sollte man sie aber "schwitzen lassen". Wie das geht, wusste früher jeder. Wer es heute noch kann, wird damit reich, wie Jörg Geiger :-)
Wer mal wissen will, was man alles so aus den Birnen machen kann, sollte unbedingt dort mal vorbei. Eigentlich nichts geheimes und keine neuen Sachen, aber da Wissen und Bäume verloren gingen, sticht er mit seinen Produkten heute weit heraus.
Amur
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Re: Mostbirnen

Amur » Antwort #46 am:

Also die Schweizer Wasserbirnen hatte ich mal auf nem Grundstück der Verwandtschaft das ich bewirtschaftete. Nomen es omen. Wässrig und Aromalos aber meist hoher Ertrag und viel Ausbeute.

Ich selbst hab ne Champagner Bratbirne die aber schon seit jeher kränkelt. Dieses Jahr gabs mal etwas Ertrag der zum Apfelsaft teilweise beigemischt wurde. Muss dazu sagen dass ich nur Saft so zum wegtrinken mache und da ein paar Nachbarn mit versorge. Ich mache nix ein, da mag ich den eingekochten Saft nicht so sehr. Da die Äpfel im September eh noch nicht die Säurebomben sind, mochten manche lieber den reinen Apfelsaft (gefallene Boskop, Rote Sternrenette z. t. übrig gebliebene James Grieve) ohne die Bratbirne. Gerbsäure hatte sie eh eher wenig.
Dazu hat dieses Jahr die Oberösterreicher nennenswert getragen. Aber aufgrund ihrer Lage (eingezwängt zwischen einer Solitärfichte und Wald), dem Wetter (wir hatten einen eher kühlen trüben Oktober) und dem für den Baum reichlichen Ertrag waren die Zuckerwerte sehr schlecht. Sie werden dann trotzdem vor allem zum Brennen kommen. Wo sie sich erstaunlich gut machen ist im Druckfass in Mischung mit dem Bittenfelder. Die einen eher süss und wenig Säure (auch nicht übermässig Gerbsäure erstaunlicherweise) und der andere richtig hart in der Säure bei ganz brauchbarem Zuckergehalt geben im Druckfass mit der bleibenden Süsse eine richtig gute Mischung.

Mal sehen wie der Schnaps wird.
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lord waldemoor
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Re: Mostbirnen

lord waldemoor » Antwort #47 am:

für schnaps nehme ich meist die heimischen hirschbirnen oder rote williams
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Rüttelplatte
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Re: Mostbirnen

Rüttelplatte » Antwort #48 am:

cydorian hat geschrieben: 3. Dez 2020, 18:23
pistachio hat geschrieben: 3. Dez 2020, 18:05
Braucht man diese dazu oder ist das deren einzige Verwendung.


Braucht man nicht. Ich hatte die "Luxemburger Mostbirne" dafür, das ist eine ihrer typischen Verwendungsarten. Man kann sie aber auch dörren oder für Most verwenden. Dann sollte man sie aber "schwitzen lassen". Wie das geht, wusste früher jeder. Wer es heute noch kann, wird damit reich, wie Jörg Geiger :-)
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Lass uns bitte nicht dumm sterben, rück die Adresse raus oder gib uns Rezepte etc. ;D
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pistachio
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Re: Mostbirnen

pistachio » Antwort #49 am:

jetzt wird s munter
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Sven92
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Re: Mostbirnen

Sven92 » Antwort #50 am:

Habe gerade in meinem Thread "Heimat für rares" über unsere Mostbirnen neupflanzungen geschrieben.
Hier in der Schweiz altbekannt und sehr beliebt ist zb. die gelmöstler Birne. Sie gibt einen wunderbaren Saft und ebenfalls einen guten Schnaps.
Wie Cydorian schon geschrieben hat geht es mit den alten Bäumen bergab, neue wurden längere Zeit nicht gepflanzt.... Wer will schon Mostbirnen?
Ich denke eine Thematik mit der man sich mehr auseinander setzen sollte.
ringlo

Re: Mostbirnen

ringlo » Antwort #51 am:

Hier im Saarland (Weiskirchen) gibt es eine
Mostbirnenallee

Foto Saarbrücker Zeitung
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cydorian
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Re: Mostbirnen

cydorian » Antwort #52 am:

Amur hat geschrieben: 3. Dez 2020, 18:29
Also die Schweizer Wasserbirnen hatte ich mal auf nem Grundstück der Verwandtschaft das ich bewirtschaftete. Nomen es omen. Wässrig und Aromalos aber meist hoher Ertrag und viel Ausbeute.
[/quote]

Die Sorte erreicht im Schnitt 55° OE, dieses Jahr schaffte sie über 65° OE. Für Mostbirnen ist das trotzdem nicht viel. Aber du würdest sehr überrascht sein, wenn du unseren Saft kennen würdest, der hat erstaunlich kräftiges Birnenaroma. Heisser Sommer, kein Überbehang, Reifeverzögerung wegen Trockenheit. Als Gärmost ist sie reinsortig zu säurearm, aber gut. Kein Kopfschmerz- und Alkoholknochen.

[quote author=Rüttelplatte link=topic=68136.msg3597860#msg3597860 date=1607016848]
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Jörg Geiger wie gesagt. Hier: https://www.manufaktur-joerg-geiger.de
Leider versteigt er sich immer heftiger in Modequatsch. Der tausendse Gin, die Hoffnung auf "Cider" als neue Mode, Streichung heimischer Begriffe zugunsten englischen Mist, aufgespritetes Mixzeugs, ständig neue Flaschenformen, viel zu viele Logos von idiotischen Lifestyleorganisationen, Bonuspunktequark. Probier die Birnenschaumweine in Flaschengärung, das war der Anfang und ist der wertvolle Kern, den Rest kannste ignorieren.
Wild Obst
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Re: Mostbirnen

Wild Obst » Antwort #53 am:

In Bad Boll gibt es auch einen Mostbirnenlehrpfad
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dmks
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Re: Mostbirnen

dmks » Antwort #54 am:

Im sogenannten "Straßenbegleitgrün" wurden hier vor einigen Jahren etliche Bäume gepflanzt. (Wenig befahrene Straße, entlang verwildernder Obstanlagen) Sorte kann ich nicht sagen....vermute allerdings "Kirchensaller". Es liegen massenweise Birnen unten - zur freien Verwendung!
Heute war gut!
Morgen - sehen wir dann.
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hunsbuckler
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Re: Mostbirnen

hunsbuckler » Antwort #55 am:

ich habe selbst 3 Mostbirnen-Hochstämme bei mir gepflanzt.Ob ich die Früchte jemals verwerten werde?Noch tragen die nicht,aber gut möglich dass ich sie nicht oder nur zum Teil verwerten werde.
Andererseits gehe ich mal davon aus dass sie nach der Erziehung auch nicht so viel Schnittpflege brauchen werden wie so manche Apfelsorte.Also warum soll ich sie neben Speierling und Elsbeere nicht auch pflanzen?Der Art-Erhaltung zuliebe....
Waldschrat

Re: Mostbirnen

Waldschrat » Antwort #56 am:

Dieses Jahr durfte ich erstmals Früchte eines Baumes kosten, den ich vor etlichen Jahren mal von Manfred Hans als ???, benannt auch als 'Mostmariechen' erworben hatte. Extrem lecker. Der Baum selbst bräuchte wohl allerdings schnittkundigere Besitzer (wächst als schmaler Spargel in den Himmel), aber das ist ein anderes Thema.
Isatis blau
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Re: Mostbirnen

Isatis blau » Antwort #57 am:

In den letzten beiden Jahren hatte ich kaum Äpfel für Saft, dafür trug meine Oberösterreicher Massen. Birnensaft hat schon Aroma, gemischt mit Quittensaft war er genial lecker, unvergoren und vergoren.

Traditionell wird hier Birne zum Apfelsaft gemischt, mir persönlich schmeckt das auch besser.
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Monti
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Re: Mostbirnen

Monti » Antwort #58 am:

cydorian hat geschrieben: 3. Dez 2020, 17:41
Die letzten Zeugnisse dieser einstmals grossartigen Kultur gehen gerade schnell unter oder sind schon weg. Birnenverfall, Abgänge, keiner keiner kennt sie, verschwunden und aus.

Ein paar Sorten habe ich selbst oder ich mische bei Freunden mit, die auch Mostbirnen haben. Mit den Früchten mach ich Saft, Hutzelbirnen, nutze sie als Kochbirne, Schnaps. In dieser Häufigkeitsfolge. Dieses Jahr zum Beispiel 200l Saft aus schweizer Wasserbirnen. Schmeckt saugut, braucht aber noch Säure. Wasserbirne mit Zitrone ist herrlich. Paulsbirne als Kochbirne, ein Freund hat Champagner Bratbirne und macht Birnensekt draus, aus sehr gerbstoffreichen Sorten hab ich mal Schnaps gebrannt.


Dem kann ich nur zustimmen!

Bei uns gibt es fast mehr Mostbirnen als Äpfel. Wohl deshalb, weil die Birnbäume älter werden und beides kaum nachgepflanzt wurde und wird. Mit den Sorten ist es schwierig, zumindest mir fällt die Bestimmung schwer.
Das mit dem schwitzen lassen, weißt du genaueres dazu? Bis zu welchem Grad lässt man schwitzen? Ich versuche ja zur Hochreife zu pressen. Dann sind die Birnen oft innen schon teigig. Wenns nicht zu viel ist geht das gut. Wenns zu viel ist, wirds mit dem Pressen problematisch. Unreif sind sie zu Herb und der Saft zu trüb.
Informationen gibts nicht viel wie du schreibst. Auch in alten Büchern von Böttner oder Lucas ist nichs spezielles zu finden.

-Schnaps hab ich dieses Jahr auch aus Birnen brennen lassen. Zwei Sorten gemischt, keine Ahnung welche. Die eine war schon anfang September reif, das meiste schon teigig. Vom Geruch war die Maische und der Brand super. Mal sehen wie er sich nach der Lagerung entwickelt hat. Mengenmäßig lohnt es auf jeden Fall.

-Saft aus Schweizer Wasserbirne, Kirchensaller Mostbirne und einer unbekannten, recht Gerbstoffarmen Birne ist hervorragend geworden. Hab ca. 50 l gepresst, das meiste Bag-in-Box mit dem Einkochtopf abgefüllt. Säure ist sehr wenig drin, sollte man evtl. noch was zugeben. Wenn man aber jemandem den "Mostbirnensaft" anbietet sind alle sehr überrascht wie gut er ist.

-Gelée aus dem Saft ist auch super, sehr aromatisch! Säure muss zugegeben werden. Geliert aber gut.

-Most mache ich seit ettlichen Jahren, meist in Druckfässern. Problematisch bei reinem Birnenmost ist oft die Klärung. Vor allem Gerbstoffreiche Birnen, nicht 100 % reif machen Probleme. Beim diesjährigen (80% Birne gemischt, 20 % Apfel) war es auch wieder so, obwohl die Birnen reif waren. Gelatine letztenendes geholfen, muss aber auch nicht immer gut gehen. Nun ist er halbtrocken im Druckfass, leicht, süffig.
Es ist empfehlenswert den frisch gepressten Saft erst einmal in einem Fass ein paar Stunden oder auch einen Tag sedimetieren zu lassen. Der Trub enthält viele Gerbstoffe die so abgetrennt werden können.
Schaumwein ist bisher an zu viel Trub gescheitert. Von den 20 L vom letzten Jahr habe ich nach einem Jahr Lagerung 5 L halb klaren Most gewinnen können, der Rest war dick-geleéartige Masse. Fast zu wenig für ein Experiment.
Der reine Birnenmost vom letzten Jahr im Druckfass war reif, das Aroma ist super, schön kräftig fruchtig. Aber trüb ist er immernoch. Eine Gelatine-Schönung hat ca. 30-40 % Bodensatz gegeben, der Rest ist immernoch trüb. Filtern wäre die Lösung ist aber bei so starker Trübung problematisch.
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Re: Mostbirnenschätze

cydorian » Antwort #59 am:

Hab die zwei Mostenbirnenthreads zusammengeführt. Mittlerweile bin ich weiter mit Experimenten und Erkenntnissen, aber nicht unbedingt weiser :-)

Was Geiger gemacht hat, ist noch etwas mehr wie die klassischen Methoden. Er wendet das Verfahren an, das so ähnlich auch bei adstringierenden Kakis mit einer Nacherntebehandlung durchgeführt wird: Durch Lagern der Früchte in CO2 werden die Tannine wasserunlöslich und damit für den Geschmack unwirksam. Dazu packt der die geschüttelten Birnen in geschlossene Tanks, sie veratmen den Sauerstoff, geben CO2 ab und auch Ethylen.

Klassisch hat man geschüttelte, angeschlagene Birnen in Säcken warm gelagert, bis sie bräunten, dann erst gepresst. Sie faulen nicht so schnell und was wirklich faulig ist, sortiert man aus. Es findet eine enzymatische Umwandlung statt, die die Gerbstoffe reduziert. Die flotte, saubere und weniger Aromen erzeugende dritte Methode ist die übliche Getränketechnik, Zugabe gerbstoffbindender Mittel in den gerbstoffhaltigen Saft, Kopplung an Gerbstoffe die zu Boden sinken. Das hab ich auch schon gemacht, die Methode ist gut bei Säften von Mostbirnen, die man anschliessend sterilisiert um sie unvergoren abzufüllen. Damit kann man gerbstoffhaltige Mostbirnen zu alkoholfreiem Saft verwerten, wenn man keinen Gärmost, Schnaps, Hutzelbirnen will.
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