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Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen? (Gelesen 22297 mal)

A rose is a rose is - Erfahrungen, Pflege und Schnitt von Rosen
Historische Rosen, Strauchrosen, Kletterrosen, Wildrosen ...

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KarinL
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

KarinL » Antwort #60 am:

Hortulanus,bei Deinem Beitrag habe ich das ungute Gefühl, es wird dort in wohlgesetzten Worten für den Rausschmiß unserer Vergangenheit plädiert. Weitgehend alles vernichten, weil es sich doch nur um Kunstprodukte handelt, ist genauso extrem, wie alles, was jemals geschaffen wurde, aufzubewahren.Wie viele andere schon gesagt haben, Selektion findet statt, täglich, z.B. wenn hier zu bestimmten Pflanzen (Rosen) geraten wird, ist das Selektion; wenn aufgrund von Wetter, Krankheiten, "Betragen" der Pflanzen etc bestimmte Pflanzen leben oder weiterleben dürfen, andere dagegen nicht, ist das Selektion. Genauso betreibt ein Züchter Selektion, wenn er aus seinen zig Sämlingen den einen auswählt, mit dem er weiter arbeitet. In diesem Sinne wird im Pflanzenreich seit der Mensch seßhaft geworden ist, ausgesucht, selektiert. Und dagegen hat auch niemand etwas einzuwenden, solange diese Art der Selektion nicht einer Vernichtung gleichkommt.Problematisch wird die ganze Geschichte dann, wenn irgendein kaum bekannter, fast geheimbündlerisch wirkender Club von "Experten" sich dazu aufschwingt, dem Volk (hier den Rosenverwendern) zu sagen, was "gut" ist, also für das Volk selektiert.Hier betrifft es die Rosen oder soll es demnächst betreffen, aber für ein solches Vorgehen gibt es zig Beispiele aus anderen Gebieten, die sich in der Regel nicht gerade positiv auswirken oder ausgewirkt haben. Ich denke, jeder kennt genug davon.Ich zumindest will mir nicht von irgendeiner Expertenkommission sagen lassen, was gut und richtig für meinen Garten (und für mich) ist, man kann darüber diskutieren, meinetwegen endlos, aber entscheiden will ich selbst, ich lasse mich eben nicht gern "beglücken".Mir geht die inzwischen hier geführte Diskussion etwas am Thema vorbei, das ganz einfach lautet:Rosarien sollen in ihrer Vielfalt durch Sichtungskommissionen aus welchen Gründen auch immer beschnitten werden. Können und wollen wir Rosenfreunde damit leben ja oder nein. Eine einfache Frage, die keine philosophischen Gedankenkringel benötigt, sondern Antworten auf die Fragen:1) wer steckt dahinter?2) was soll damit bezweckt werden?3) was können/sollen wir tun?Vielleicht wäre es besser, die ganze Diskussion abzubrechen, bis Raphaela Genaueres sagen kann.Grüße Karin
Hortulanus

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Hortulanus » Antwort #61 am:

Pflücke dir die Sünde ab von meinen Rosenlippen(Hafis, Persischer Dichter)Wie das, die Rose kein Abstraktum? Sie ist es als Sinnbild für höchste Tugenden, für Liebe in jeder Form zu allen Zeiten gewesen („Es ist ein Ros entsprungen“, „Rose, oh reiner Widerspruch, Lust...“, „Maria, geheimnisvolle Rose...“ und last not least:“... die Zeit, die ich für meine Rose verloren habe, macht meine Rose so wichtig.")Alle diese Zitate meinten keine konkrete Rose, sondern das Ideal dieser Pflanze. Das Wort „Klischee“ in diesem Zusammenhang zu benutzen, käme einer Entwürdigung gleich. Es geht wohl nie um einen Abklatsch, eine phantasielose Nachbildung, eine stereotype Beschreibung, sondern um eine idealtypische Erinnerung, die alle Gefühle, die Rosen im Laufe ihrer Kulturzeit ausgelöst haben, beinhalten. Nicht nur ihr Duft, nicht nur ihre Farben, nicht nur die Form ihrer Blütenblätter. Wenn wir die Lippen einer Frau als Rosenlippen beschreiben, hilft doch jedem das Abstraktum, unsere Begeisterung zu verstehen. Oder denkt da wer an „Gloria Dei“?Nun scheint die Ansicht zu bestehen, wer den Rosen nicht verfallen sei, könne ihren Zauber erst gar nicht empfinden. Für wie arm wird unsere Sensibilität für Schönheit mit dieser Bemerkung gehalten? Muss man erst einer unstillbaren Sehnsucht anheimfallen, um Rosen zu bewundern? Kann man nicht etwas für traumhaft und „vollkommen“ halten, ohne es gleich besitzen zu wollen oder ihm sein Gärtnerleben zu weihen respektive unersättliche Rosarien zu fordern? Oder ist etwa gar die weitgehend kritiklose Liebe gemeint, die aufgrund ihrer Leidenschaft auch die dunklen Seiten des Objekts negiert?Ich für meine Person finde Rosen (in diesem Fall das Konkretum) bezaubernd schön. Eine betaute Rosenblüte (wieder ganz konkret) an einem Frühsommermorgen IST vollkommen. Dass sich meine Rosenbegeisterung (Abstraktum) in Grenzen hält, hat andere Gründe, die aber wieder sehr konkret sind.Aber womöglich sollten nur Nebelschwaden erzeugt werden, so nach dem Motto, wer nicht für mich oder meine Meinung ist, hat eigentlich gar keine Ahnung von Rosen oder das Rosenherz auf dem falschen Fleck. Soweit ich in der bisherigen Diskussion mitbekommen habe, geht es doch primär darum, ob wie auch immer zusammengesetzte Institutionen das Recht haben sollen, Rosensorten (ggf. auch andere Zierpflanzen) wegen Mängel auszugrenzen und sie somit in Vergessenheit fallen zu lassen, im Extremfall sogar der Vernichtung zu überantworten. Hier prallen unterschiedliche (auch ethische) Standpunkte aufeinander. Speziell auf Rosen bezogen (weil es bei dieser Zierpflanzenart so extrem sichtbar wird) hat die Fraktion für „Lebenlassen“ immer noch nicht erklärt, warum sie dem Rosarium eine derartige Selektion untersagen möchte, den Züchter aber gewähren lässt. Der Züchter reagiert auf Käuferwünsche oder kreiert sie. Auf diesem Weg geht er über unzählige „Rosenleichen“. Sollen nun die Rosarien Refugien für Fehlzüchtungen werden, in der frommen Hoffnung, irgendeine der künftigen Käufergenerationen könnte ja mal Gefallen an der zur Zeit „Unverkäuflichen“ finden? Aber vielleicht ist ja nur eine selektive Lebensbejahung gewollt? Begrenzt nur auf Rosen, die irgendwann einmal Eingang in die Literatur genommen haben? Das wäre eine nostalgiegesteuerte Selektion. Liebe GrüßeHortuROSE, du thronende, denen im Altertumewarst du ein Kelch mit einfachem Rand. Uns aber bist du die volle zahllose Blume, der unerschöpfliche Gegenstand. In deinem Reichtum scheinst du wie Kleidung um Kleidung um einen Leib aus nichts als Glanz; aber dein einzelnes Blatt ist zugleich die Vermeidung und die Verleugnung jedes Gewands. Seit Jahrhunderten ruft uns dein Duft seine süßesten Namen herüber; plötzlich liegt er wie Ruhm in der Luft. Dennoch, wir wissen ihn nicht zu nennen, wir raten ... Und Erinnerung geht zu ihm über, die wir von rufbaren Stunden erbaten. (Rilke)
Raphaela

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Raphaela » Antwort #62 am:

Da inzwischen andernorts zumindest die Frage 1 schon offengelegt wurde, obwohl dadurch mehrere hier aufgeführte Chancen zur Abwendung der diesbezüglichen Selektionskriterienpläne nun hinfällig sind, können wir uns damit jetzt auch eingehender beschäftigen.Zitat aus einem mir vorliegenden Protokoll:"The Chairman said that this was the stage at which the WFRS President’s letter must be considered in the light of his desire that the committee take the lead role in defining under what conditions a cultivar deserves ‘historical or botanical protection and preservation’."- Bedeutet im Klartext, daß nicht jedes Kultivar historischen oderhistorischen Schutz und Bewahrung verdient.Der Weltrosenverband ist keine homogene Gruppe, es gibt dort auch Leute, die möchten, "that all the ‘interesting’ old roses should be preserved" (was wieder zu der Frage führt: Was bedeutet "interessant"?), allerdings gibt es auch starke Strömungen, die (zu diesem Punkt liegt mir ein Gedächtnisprotokoll vor) z.B. meinen,ein großer Teil der Alten Rosen sei "rubbish", der, nachdem er einmal datentechnisch dokumentiert sei, auf den Müll gehöre oder die "did not agree with saving roses with a high propensity to disease."Es sollen, wie ich es verstanden habe, Kriterien entwickelt werden, die später zu einer Art "Positivliste" derjenigen Rosen führen sollen, die als "wichtig", "interessant", "wertvoll in historischer oder botanischer Hinsicht" und nach den Wünschen mancher auch "widerstandsfähig" eingestuft und in den nationalen Rosensammlungen stehen sollen.Der Umkehrschluß lautet für mich: Alle, die dann nicht in dieser Liste stehen, sollen da auch nicht mehr stehen. Diese Befürchtung wird von vielen anderen geteilt.Frage 2) Wie gesagt, der WFRS ist nicht homogen, wahrscheinlich gibt es bezüglich dieser Selektionskriterienliste eine Allianz von Menschen und Gruppen mit unterschiedlichen Interessen und Ambitionen, die in diesem Punkt zusammenkommen, aber aus unterschiedlichen Motiven gespeist werden.Geschäftliche Interessen spielen in manchen Fällen wahrscheinlich eine genauso große Rolle wie persönlicher Ehrgeiz in anderen.Es gibt verschiedene mögliche Antworten auf die Frage "Cui bono?"Zu Frage 3) würde ich sagen: Wir tun ja schon was: Wir denken nach und tauschen unsere Gedanken aus, finden dabei weitere Argumente und lernen Gegenargumente kennen. Das ist eine sehr gut Vorbereitung auf öffentliche Auseinandersetzungen auf anderen Ebenen, sollten sich diese nicht vermeiden lassen.Der andernorts vorgebrachte Ansatz, sich in einem der dem WFRS angeschlossenen Vereine zu organisieren, finde ich in diesem Zusammenhang nicht weiterführend. Die Strukturen sind auf internationaler und nationaler Ebene in den meisten Fällen ähnlich hierarchisch aufgebaut. Der VDR z.B. ist eine gute Sache und leistet in der Breite wichtige und nützliche Arbeit. Ich bin dort selbst Mitglied und wir arbeiten mit Einzelpersonen und/oder auf regionaler Ebene sehr gut zusammen.Aber der VDR hat andere Interessensschwerpunkte und man kann von ihm nicht Dinge erwarten, die er von seiner Struktur her nicht leisten kann.Es ist für viele sicher lohnend, VDR Mitglied zu werden, aber wenn man das mit der Zielsetzung tut, dadurch Einfluß auf Entscheidungen nationaler oder internationaler Verbandsgremien nehmen zu können, wird man eine Enttäuschung erleben.Das sieht vielleicht in 20 oder auch schon in 10 Jahren anders aus, aber relativ kurzfristig ist das sicher weder möglich noch realistisch.Was können wir noch tun? - Hoffen, daß die diplomatischen Versuche nun, unter erschwerten Bedingungen, trotzdem noch was bringen können und für den Fall, daß das nicht möglich ist, Überlegungen anstellen, welche anderen Ansätze es geben kann. Einer davon ist,wie ich schon auf Rareroses angedacht habe, sich Gedanken um weitere Unterstützung der bestehenden großen Sammlungen zu machen. Es ist immer sinnvoll, mit der Überreichung von Protestnoten und Unterschriften auch Alternativvorschläge zu machen.Die Diskussion fängt ja gerade erst an und es ist m.E. ganz wichtig, die Gedanken und Argumente erstmal in der vertrauten Muttersprache zu formulieren und zu ssammeln, bevor man sich in die englischsprachige Diskussion stürzt, die in diesem Fall dann stattfinden muß.
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KarinL
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

KarinL » Antwort #63 am:

Hortulanus,es geht nicht darum, einem Rosarium zu verbieten, sich die Rosen auszusuchen, die es pflanzen möchte, auch diese Selektion wird tagtäglich durchgeführt und entspricht in etwa der Selektion die jeder, der eine Rose für seinen Garten kauft, ebenfalls durchführt. Es geht darum, daß irgendein Experte einer Rose ein Bepperle aufklebt: "Du Rose bist gut, weil gesund oder grünkariert oder sonst etwas und darfst leben und Du blaugestreifte Rose bist schlecht, dich schmeiße ich in den Müll der Geschichte, weil ich großer Zampano nunmal blaugestreifte Rosen nicht mag"Jeder macht das, jeder sucht sich seine Rosen aus, ob Privatmensch, Züchter oder Rosarium, aber keiner davon beansprucht Diktatur.Lassen wir die "Experten" ihre Empfehlungslisten erstellen, sind zumindestens die öffentlichen Gärten bald sehr viel ärmer, warum, hat Raphaela schon gesagt.Als nächstes kommt dann irgendein anderer Teilbereich der Tier- und Pflanzenwelt dran, bis alles uniform ist, schöne Aussichten.Grüße Karin
Tolmiea
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Tolmiea » Antwort #64 am:

Raphaela, stehen eure Umzugsgedanken denn noch? Stell dir vor ein eigenes Rosarium für die (raus)gefallenen Rosen ;)..........So wie hier beschrieben zu „verfallen“ sei es Pflanzen, Menschen oder Ideen, ist bei aller Passion, allem Engagement anscheinend nicht mein Ding. Hortulanus und auch Wächter bringen mein Mass der Dinge, zumindest bei den Rosen :), recht gut auf den Punkt.liegrü g.g.g.
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KarinL
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

KarinL » Antwort #65 am:

Danke Raphaela!und liebe GrüßeKarin
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Thomas_I
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Thomas_I » Antwort #66 am:

Jeder macht das, jeder sucht sich seine Rosen aus, ob Privatmensch, Züchter oder Rosarium, aber keiner davon beansprucht Diktatur.
Hallo Karin,das ist aber ja genau der Punkt. Jeder selektiert. Ob wir in unseren eigenen Garten oder die Rosarien für die Öffentlichkeit. Was nicht ins Programm passt oder nicht gesund ist fliegt raus. Auch ohne das es eine schwarze Liste gibt. Nur wird darüber in der Öffentlichtkeit nicht diskutiert.Im Gegensatz dazu glaube ich auch nicht das sich die Verantwortlichen von einer solchen Liste beeindrucken lassen. Wer würde sich schon freiwillig von seinen Lieblingen trennen. Vor allem wenn sie1. dort ins Programm passen2. gesund sind3. selten sindViele Grüße Thomas
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KarinL
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

KarinL » Antwort #67 am:

Es geht doch gar nicht um die Passion z.B. für Rosen, die nicht zuläßt, da0 auch nur irgendeinem jemals existenten Röslein dieser Welt ein Stachel gekrümmt wird, sondern um den diktatorischen Anspruch, über die Meinung vieler Leute zu bestimmen oder sie zumindest zu beeinflussen. Für mich sind solche Bestrebungen schlicht faschistoid.Grüße Karin
Raphaela

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Raphaela » Antwort #68 am:

Hortulanus, da haben wir uns wohl überschritten, sorry.Das Wort "Klischee" kommt eigentlich aus dem Druckbereich und meint eine feststehende Form, ist also nicht eigentlich abwertend gemeint.Was ich damit zum Ausdruck bringen wolltte, ist, daß ein Klischee oder ein Ideal immer nur einen verallgemeinerten Gesamteindruck einer Gattung oder einer Gruppe von Gegenständen darstellt, wie man sie allgemein erkennt oder sich vorstellt, wie sie sein sollte . Was fehlt, ist die individuelle Ausprägung. "Die Rose" gibt es darum eigentlich nicht wirklich, es gibt immer nur "eine Rose". Und da gibt es, wie bei allen anderen Pflanzen, Kunstwerken, Briefmarken, etc, eine unglaubliche Vielfalt.Natürlich kann jeder Mensch sich an Duft und Schönheit von Rosen erfreuen, aber nur diejenigen, die sich mehr mit dem Thema beschäftigen, legen Wert auf die Vielfalt und freuen sich auf immer weitere Entdeckungen von und Erlebnisse mit der Vielfalt.Menschen, die in diesem Sinne keine echten Liebhaber sind, sind vielleicht mit der Existenz von 10 oder 50 verschiedenen Rosen zufrieden, oder auch nur mit einer einzigen.Ich kann verstehen, wenn jemand beispielsweise denkt: Es gibt sowieso schon mehr im Handel, als ich je in meinen Garten pflanzen kann, der Rest interessiert mich eh nicht.Es gibt ja auch einen verständlichen Hang zur Vereinfachung: Das Leben ist so vielschichtig, kompliziert und unüberschaubar, die Reizüberflutung ist so groß, da sind viele eben nicht bereit zu verstehen, warum andere alles noch komplizierter machen wollen, indem sie soviel Vielfalt wie möglich erhalten wollen.Aber eine Welt mit weniger Vielfalt auf allen Gebieten wäre mit Sicherheit eine ärmere Welt. Was die Sämlingssselektion betrifft, so bekommt man davon als Außenstehender ja schlicht und einfach nichts mit. Es gibt aber genug Rosenliebhaber, die in ihren Gärten auch aussortierte Sämlinge, derer sie zufällig habhaft werden konnten, stehen haben und sich daran erfreuen.Ein schönes Beispiel habe ich letzten Sommer erlebt: Ein Rosenzüchter war zu Besuch bei Deibles in Ostholstein. Frau Deible wies ihn auf eine wunderschöne Rose hin und sagte, daß das ja wohl nicht die Griseldis sei, als die sie sie vor Jahren von ihm bekommen hatte.Er stand ziemlich fassungslos vor dieser Rose und fragte dann, ob er davon Reiser mitnehmen könne, es handelte sich nämlich um einen Sämling, den er damals aus modischen Erwägungen aussortiert hatte, dessen letztes Exemplar aber, aufgrund einer Verwechslung mit der Mutterpflanze, bei Deibles gelandet war. Er war sehr, sehr froh, daß eine glückliche Fügung die endgültige Vernichtung dieser Sorte verhindert hat und wird sie nun in einigen Jahren unter dem Namen "Gisa" (als Ausdruck des Dankes gegenüber der Bewahrerin) in den Handel bringen.Wenn man sich überlegt, unter welchen Kriterien Sämlinge selektiert werden, zum Beispiel im Hinblick auf die Transport- und Lagerfähigkeit von Blüten, dann ahnt man, daß sehr viel Schönes dabei vernichtet wird.Wer zudem noch jede einzelne Pflanze als Lebewesen empfindet, der bedauert das ganz außerordentlich.Ich oute mich z.B. als jemand, der auch Mitleidskäufe in Bezug auf Pflanzen tätigt und immer versuchen wird, für jede Pflanze, die nicht oder nicht mehr in den eigenen Garten paßt, einen guten Platz zu finden.Vielleicht bin ich ein sentimentaler Idiot aber ich stehe dazu ;-)Das Argument "wenn man nicht alle Rosen/Katzen/Hühner/Kinder retten kann, warum sollte man dann einzelne oder eine Gruppe retten?" ist mir schon oft in anderen Zusammenhängen begegnet. Dazu sage ich: Jedes Einzelschicksal zählt, jede Sorte oder Gruppe zählt, weil ein Tropfen auf dem heißen Stein besser ist als gar nichts und weil auf Dauer viele Tropfen zusammen kommen. Das bedeutet natürlich nicht, daß ich nun ein Verbot der Sämlings-Selektion bei Rosenzüchtern fordern würde. Aber zumindest die Sorten, die schon eingeführt wurden, sollten uns erhalten bleiben und wer darüberhinaus irgendwo einen Sämling retten kann, der hat mein vollstes Verständnis (und manchmal, sehr viel später, vielleicht auch den Dank des Züchters ;-))
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KarinL
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

KarinL » Antwort #69 am:

Thomas,ich denke, daß mit einer "Positivliste" folgendes passieren wird:-öffentliche Rosarien werden aus Kostengründen gezwungen, sich von dem teuren,pflegeintensiven "Müll" zu trennen-viele Privatleute werden sich an die Empfehlungen halten, denn wer will schon ein "Mimöschen" im Garten. Da gleichzeitig zumindest in Deutschland die Gärten immer kleiner werden, läuft das auf die "10 meistgekauften" Rosen hinaus, die man dann überall bis zum Überdruß sieht. Ähnliches sieht man doch im Bereich der Gehölze.Sinnvoll fände ich für öffentliche Gärten in Zeiten der Geldknappheit eine Spezialisierung: z.B. wer schon große Bestände an modernen Rosen hat, könnte das weiter ausbauen und Strauch- , historische und Wildrosen an andere Gärten abgeben, die in diesem Bereich schon eine größere Sammlung aufzuweisen haben. Außerdem könnte man klimatische Gegebenheiten stärker berücksichtigen, z.B. der Frankfurter Palmengarten gäbe sein Rosen-Kaltgewächshaus (sehr teuer) auf und transferiert die dort wachsenden Rosen nach Südfrankreich, wo sie die Winter auch ohne Gewächshausschutz überstehen.Es gibt viele Möglichkeiten, zu straffen, umzuorganisieren, aber einfach eine Positivliste erstellen, ist zwar für die Initiatoren vermutlich die simpelste, in den Auswirkungen wohl die schlechteste aller Lösungen.Grüße Karin
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Thomas_I
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Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Thomas_I » Antwort #70 am:

Hallo Karin,"teuren pflegeintensiven Müll", wie du so schön sagst, werden sie auch jetzt aus Kostengründen aussortieren.Und was uns private Rosenfreunde betrifft, so glaube ich nicht, daß sich hier viel ändern wird. Die Rosenschulen die nicht auf eigene Züchtungen spezialisiert sind, werden weiterhin das vermehren was der Kunde verlangt. Und die Freunde alter Rosen, welche doch ständig mit den Kopf in irgendwelchen Rosenbüchern stecken, werden sich nicht mit einem Standartprogramm abspeisen lassen. Da heißt es doch auch "Kunde ist König". Grüße Thomas
Hortulanus

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Hortulanus » Antwort #71 am:

Wir nähern uns der Quadratur des Kreises. Aus der bisherigen Diskussion ergibt sich, dass bewusste oder unbewusste Selektion offenbar nicht vermeidbar ist, sie wird sogar (notgedrungen) in irgendeiner Form, sei es durch den Züchter oder durch sorten-/artenbegrenzte Rosarien (weil es für diese die Gefahr der Unattraktivität und damit des Untergangs oder – was fast gleichbedeutend wäre – des Desinteresses birgt), akzeptiert, soll aber, bitte schön, nicht durch eine Institution mittels Positiv-Listen erfolgen bzw. durch ein Alte-Herren-Diktat (wird von mir nur so als Bild gewählt).Aha, sagt da der Rosenliebhaber ohne tiefe Leidenschaft. Es geht also primär nicht um die anfangs bemühte Ethik, sondern um Machtfragen. „Ich lass mir von denen doch nicht vorschreiben...“Die Beispiele über beinahe untergegangene Rosensorten lassen sich beliebig fortführen auch in anderen Zierpflanzenbereichen. Es gibt ein wunderbares Buch im Ulmer Verlag über verloren gegangene Gartenschätze, das beim Lesen den heißen Wunsch aufkommen lässt, ach hätte man doch, ach wäre doch. Aufwachen! Es kann nicht alles erhalten werden. Jeder mag sich und soll sich in seinem Umfeld bemühen, kann beispielhaft wirken. Es könnte eine weltumspannende Kette von Rosenliebhabern entstehen, die ihre Schätze ins Internet stellen. Die kommunikativen Voraussetzungen waren nie so hervorragend wie heute. Dann wäre doch den Bestrebungen der „Lebenlassen-Fraktion“ umfänglich Rechnung getragen.Aber ein Rosarium, oftmals eine nur durch die Öffentliche Hand lebensfähige Institution, muss sich in irgendeiner Form beschränken. Es würde mich interessieren, welchen Erfolg der Spendenaufruf eines Rosariums in, sagen wir mal, Santiago de Chile hätte, das aus allen Nähten platzt und dringend umliegendes Gartenland aufkaufen muss. Wenn die Chilenen vielleicht noch das Glück des ersten Bittstellers haben, geht Alma Ata aber mit Sicherheit leer aus. Noch ein Wort zur Vergangenheit: Mir geht es weder um die historischen Rosen noch um die modernen Varianten, sondern nur um die Grenzen des Möglichen. Ich lebe wie jeder von uns mit mindestens einem Bein in einer sehr vielfältigen Vergangenheit, wozu auch die Gartenkultur zählt. Wenn ich das Vergehen von Gebäuden, Kunstschätzen, Zierpflanzen und literarischen Werken, um nur einiges zu nennen, als einen wesentlichen Teil unseres Lebens hinnehme, oft nicht ohne tiefe Trauer, heißt das noch lange nicht, dass ich bereit bin, unsere (? jeder hat eine individuelle) Vergangenheit rauszuschmeißen.Liebe GrüßeHortu
Raphaela

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Raphaela » Antwort #72 am:

In sehr spezialisierten Rosarien oder Sammlungen wäre es aber z.B. leider nicht möglich, sich z.B. zu einer kleinen Diskussionsrunde zu treffen, um schwerpunktmäig einige Francofurtanas, Albas und Remontantrosen zu studieren...
Raphaela

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Raphaela » Antwort #73 am:

Thomas, bis jetzt wird nichts "aussortiert". dem stehen z.B. Biodiversitätsabkommen und Satzungen entgegen.Darum sollen ja auch erstmal Datenbestände möglichst vieler Privatsammlungen gesammelt werden. Nach dem Motto: was es da gibt, braucht es hier nicht mehr zu geben. - Nur, daß so natürlich sehr große Gefahren entstehen, wie weiter vorne schon genauer erläutert.
Raphaela

Re:Brauchen wir die großen Rosen-Sammlungen?

Raphaela » Antwort #74 am:

Natürlich steht außer Frage, daß die schon vorhandenen, großen Sammlungen platzmäßig am Ende ihrer Kapazitäten sind und dort keine weiteren Rosen (oder zumindest kaum noch weitere) hineinpassen.Für neue Züchtungen braucht man neue Rosarien.Es gibt keinen Grund, die Bestände auszutauschen. - An eine generelle Verminderung ist ja auch m.W. nirgends gedacht. Einige Leute möchten nur, aus welchen Gründen auch immer, wirtschaftliche spielen sicher eine große Rolle dabei, die Zusammensetzung der Bestände mittel- oder langfristig scheinbar bedeutend verändern.
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