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Der Pflanzenschutz und die Vorsicht (Gelesen 57478 mal)
Moderator: Nina
- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Das nicht alles genehmigt wird was hilft, weil es Auswirkungen jenseits der behandelten Kulturen hat, finde ich richtig. Bloß scheint es etwas aus dem Ruder zu laufen, grade im Hausgartenbereich mit den doch eher überschaubaren Auswirkungen. Was machen denn die Winzer, wenn es nichts mehr gegen den falschen Mehltau gibt?
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- thuja thujon
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Die Bios wollen jetzt das chemisch-synthetische Phosphonat zurück, weil es `Naturstoffcharakter´ hätte und ungiftig sei. Was auch immer Naturstoffcharakter sein soll, ich weiß es nicht als Chemiker, der über 15 Jahre neue Wirkstoffe für den Pflanzenschutz designd hat.
Früher durften sie es als Blattdünger einsetzen, dann wurde es rechtlich zu einem PSM, damit nicht mehr möglich im Bioanbau. Und die Forschungen zur Kupferreduzierung haben ergeben, dass es derzeit keine wirksamen, biologische Alternativen gibt.
Das mit dem ein lange problemlos benutzter Stoff wird zum PSM, das kann auch mit Natriumhydrogencarbonat passieren. Dann wäre die Anwendung als Grundstoff nicht mehr legal, also im Hobbygarten verboten, wenn die Firma nur eine Zulassung für den gewerblichen und nicht HuK-Bereich anstrebt. Dass Zulassungssystem ist leider so.
Früher durften sie es als Blattdünger einsetzen, dann wurde es rechtlich zu einem PSM, damit nicht mehr möglich im Bioanbau. Und die Forschungen zur Kupferreduzierung haben ergeben, dass es derzeit keine wirksamen, biologische Alternativen gibt.
Das mit dem ein lange problemlos benutzter Stoff wird zum PSM, das kann auch mit Natriumhydrogencarbonat passieren. Dann wäre die Anwendung als Grundstoff nicht mehr legal, also im Hobbygarten verboten, wenn die Firma nur eine Zulassung für den gewerblichen und nicht HuK-Bereich anstrebt. Dass Zulassungssystem ist leider so.
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- hobab
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Phosphonat hab ich doch schon 2020 oder so als Biomittel gelesen? Oder doch erst 22?
Und Luxusproblem: die Landwirschaft setzt in Deutschland etwa 65 Milliarden um, der Garten- Landschaftsbau ca 20 Milliarden (je nach Quelle auch nur über 10 M.), das ist im Vergleich auch kein Nischengeschäft. Klar ist Pflanzenschutz zentraler im Agrarsektor, aber auch im Gala-Bereich ist der nicht wegzudenken, der immerhin einen Großteil seines Geldes in Privatgärten verdient.
Alleine wenn ich an die Kastanienminiermotte denke die unendlich Kosten verursacht: als ich bei den ersten Versuchen hier die zu bekämpfen zusehen durfte, war eine Weile ein „Impfmittel“ im Gespräch. Der potentielle Hersteller zog sich sich zurück, als die Auflage kam, dass er garantieren müsse, dass nichts ins Grundwasser gelangt. Unmöglich zu garantieren, aber ich versteh auch den Gesetzgeber. Sowas müsste dann wirklich Fachleute entscheiden - wie hoch ist das Risiko? Wozu hat man die, wenn man denen nicht vertraut.
Jetzt leben wir halt mit den Kosten. Na gut, Kastanien braucht keiner unbedingt und es gibt, anders als bei Buchs, Ersatz. Bei Wein schwierig….
Und Luxusproblem: die Landwirschaft setzt in Deutschland etwa 65 Milliarden um, der Garten- Landschaftsbau ca 20 Milliarden (je nach Quelle auch nur über 10 M.), das ist im Vergleich auch kein Nischengeschäft. Klar ist Pflanzenschutz zentraler im Agrarsektor, aber auch im Gala-Bereich ist der nicht wegzudenken, der immerhin einen Großteil seines Geldes in Privatgärten verdient.
Alleine wenn ich an die Kastanienminiermotte denke die unendlich Kosten verursacht: als ich bei den ersten Versuchen hier die zu bekämpfen zusehen durfte, war eine Weile ein „Impfmittel“ im Gespräch. Der potentielle Hersteller zog sich sich zurück, als die Auflage kam, dass er garantieren müsse, dass nichts ins Grundwasser gelangt. Unmöglich zu garantieren, aber ich versteh auch den Gesetzgeber. Sowas müsste dann wirklich Fachleute entscheiden - wie hoch ist das Risiko? Wozu hat man die, wenn man denen nicht vertraut.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Wenn es jetzt massiv falscher Hopfenmehltau kommt und der Bieranbau in Deutschland gefährdet wäre, dann würde bestimmt ganz schnell was passieren: so muss ich halt den armen thuja mit Fragen nerven, hoffen das andere mitlesen und das Thema weiterdiskutieren und es irgendwann ohne ideologische Scheuklappen mal zu Entscheidungen kommt die Umwelt und Wirtschaftlichkeit gleichermaßen berücksichtigen: Amen!
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Die Indikationszulassung hat es teuer gemacht. Zu teuer.
Und Phosphonat ist noch kein Biomittel, da ist gerade mal im Herbst 24 der Antrag raus. 20 (oder so) war es noch als Inhaltsstoff von Düngern erlaubt.
Und das bestimmt ganz schnell was passieren würde, wenn eine Krankheit oder Schädling bei wichtigen Kulturen kommt, sei dir mal nicht so sicher, das ist jedes mal ein Kraftakt. Und §18 Zulassungen kann ja keine Strategie sein, mit der man planen kann. Deshalb funktioniert das auch oft nicht. Das betreffende Gemüse oder was auch immer wird dann eben nicht mehr angebaut. So lässt sich auch in D manches Obst nicht mehr produzieren. Zwetschge etwa.
Und Phosphonat ist noch kein Biomittel, da ist gerade mal im Herbst 24 der Antrag raus. 20 (oder so) war es noch als Inhaltsstoff von Düngern erlaubt.
Und das bestimmt ganz schnell was passieren würde, wenn eine Krankheit oder Schädling bei wichtigen Kulturen kommt, sei dir mal nicht so sicher, das ist jedes mal ein Kraftakt. Und §18 Zulassungen kann ja keine Strategie sein, mit der man planen kann. Deshalb funktioniert das auch oft nicht. Das betreffende Gemüse oder was auch immer wird dann eben nicht mehr angebaut. So lässt sich auch in D manches Obst nicht mehr produzieren. Zwetschge etwa.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Diskutiert als Mittel wurde es aber schon länger, von 2019 gibt es einen Artikel der erläutert, das der Einsatz als Pflanzenschutzmittel, als Düngerzusatz aber nur wenn fachlich sinnvoll Blattdünger verwendet werden kann, erlaubt ist.
Seit dem 1. Oktober 2013 sind Kaliumphosphonat und seit 1.2.2014 auch Dinatriumphosphonat als Pflanzenschutzmittel in der EU zugelassen. Ob das dann in Deutschland freigegeben wurde, weiß ich natürlich nicht.
Und Pflaumen - wer braucht schon Pflaumen: Bier ist was ganz anderes, da gibts Revolution, da stehen sogar die Deutschen auf…
Seit dem 1. Oktober 2013 sind Kaliumphosphonat und seit 1.2.2014 auch Dinatriumphosphonat als Pflanzenschutzmittel in der EU zugelassen. Ob das dann in Deutschland freigegeben wurde, weiß ich natürlich nicht.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Ja klar, das wurde freigegeben. Da es aber kein Naturstoff ist, nur für konventionelle. Und dann ists aus den Düngern verschwunden. Also nix mehr mit heimlich systemische Fungizide im Bioanbau spritzen.
Und wenn es Hopfen trifft, das wird ja politisch entschieden. Es muss nur noch einen Antragsteller geben. Oft die Ämter selbst. Dimethomorph ist weggefallen, durchaus ein Thema gewesen, was man ohne macht.
Und wenn es Hopfen trifft, das wird ja politisch entschieden. Es muss nur noch einen Antragsteller geben. Oft die Ämter selbst. Dimethomorph ist weggefallen, durchaus ein Thema gewesen, was man ohne macht.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Ziemlich irre das Ganze. Also sage ich den Kunden wenn sie fragen, was gegen den falsche Mehltau gemacht werden kann: Nix!
Letztes Jahr hatten wir in einer sicher 100qm Fläche Rosen erst echten, dann falschen Mehltau in einer sonst unempfindlichen Sorte….
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Die Antwort vom Amt ist verbrennen, wenn man eine Genehmigung vom Amt dafür bekommt.
Also was soll ich sagen, das Thema ist Frust pur, scheinbar für alle Beteiligten.
Den Kunden kann man auch sagen, dass 4 von 5 Parteien für ein Verbot von Glyphosat waren, ohne dass es einen fachlichen Grund dafür gab. 4 von 5 Parteien wollten auch mit Fake-News nichts zu tun haben. Der Kaffeemaschinenentkalker, Amidosulfonsäure, seit über 100 Jahren als Herbizid benutzt, ist in Deutschland nie erlaubt gewesen.
Also was soll ich sagen, das Thema ist Frust pur, scheinbar für alle Beteiligten.
Den Kunden kann man auch sagen, dass 4 von 5 Parteien für ein Verbot von Glyphosat waren, ohne dass es einen fachlichen Grund dafür gab. 4 von 5 Parteien wollten auch mit Fake-News nichts zu tun haben. Der Kaffeemaschinenentkalker, Amidosulfonsäure, seit über 100 Jahren als Herbizid benutzt, ist in Deutschland nie erlaubt gewesen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Gibt es eigentlich Zusammenarbeiten zwischen Chemikern und Biologen die sich mit Biotopen beschäftigen? Wenn die untereinander sich mal austauschen können, sind vielleicht die Ergebnisse solcher Zusammenarbeiten leichter für Laien zu akzeptieren. Die meisten, ich auch, haben wenig Ahnung von Chemie und wenn Gefahren von etwas nicht eingeschätzt werden kann, schürt das Ängste. Die waren ja auch nicht immer unberechtigt, aus egal welchen Gründen. Aber ich denke auch, das viel passiert ist in den letzten Jahrzehnten und dass das Pendel jetzt zu sehr in die Gegenrichtung schwingt. Es muss doch möglich sein Gefahren und die Bedürftnisse von Landwirtschaft und Garten irgendwie in ein vernünftiges Gleichgewicht zu bringen. Woher soll ich wissen, ob Amidosulfonsäure auf längere Zeiträume ausgebracht ein Problem werden könnte? Aber einfach nur auf Chemiker zu hören wäre mir da auch zu leicht, die haben ja auch nicht unbedingt die Qualifizierung Auswirkungen aufs Bodenleben zu erforschen. Du vielleicht, kann ich nicht beurteilen, aber allzu viele dürfte es da vermutlich nicht geben? Wie gut die Pflanzenschutzämter da aufgestellt sind, wüsste ich auch nicht, nach Grundlagenvorschung im großen Stil klingt das, was ich höre nicht. Kannst du das einschätzen?
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Natürlich gibts Zusammenarbeit zwischen Chemikern und Biologen bzw Ökotoxikologen. Wenn es um zB Boden und Auswaschung ins Grundwasser geht, da ist die Anhaftung an den Boden, KOC-Wert, Wasserlöslichkeit und die Abbaugeschwindigkeit entscheidend. Deshalb gibts zB auch Mittel, die auf drainierten Flächen nicht angewendet werden dürfen oder andere Aufwandmengen bei verschiedenen Bodenarten haben. Den Handlungsspielraum in der EU gibt dazu die ECHA her. Die legt fest, wie schnell ein Mittel abgebaut sein muss, wie lipophil es sein darf, damit es sich nicht im Fettgewebe anreichern kann usw, da gibt es noch dutzende weitere Eigenschaften die ein Molekül bzw dessen Metaboliten haben muss, damit es Zulassungsfähig ist.
Die Pflanzenschutzämter (JKI) beschäftigen sich nicht damit, da stehen die agronomischen Eigenschaften im Vordergrund. Ökotoxikologie ist ein Thema für das Bundesministerium für Risikoeinschätzung bzw das BVL prüft auch Messwerte, die im Labor ermittelt werden können wie chemische Kennzahlen.
Die Pflanzenschutzämter (JKI) beschäftigen sich nicht damit, da stehen die agronomischen Eigenschaften im Vordergrund. Ökotoxikologie ist ein Thema für das Bundesministerium für Risikoeinschätzung bzw das BVL prüft auch Messwerte, die im Labor ermittelt werden können wie chemische Kennzahlen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Klingt soweit ja alles sehr vernünftig und gut durchdacht - aber wer entscheidet wie hoch die Messlatte gehängt wird? Da gibt es ja keine objektive Kriterien ab wann was zu giftig ist. Vermutlich kann man sich im Vorfeld auf was einigen, muss dann anpassen und wer entscheidet am Schluß? Passiert es wirklich das die Experten sagen, ein Mittel könnte zugelassen werden und das Ministerium verbietet es trotdem (RoundUp ist da vielleicht ein Extrembeispiel und hoffentlich nicht typisch?). Sorry für die Fragen, die für dich natürlich schon tausend mal durchgekaut wurden, aber ich denke den meisten hier sind die genauso unklar wie mir und so oft gibt es ja nicht die Chance das mal zu kommunizieren. Und es ist dir ja offensichtlich auch wichtig.
Werden die Mittel alle aus der Zulassung genommen, weil sie so unglaublich giftig sind (sind viele zweifellos, aber die Bedingungen wann die wo eingesetzt werden dürfen sind ja extrem dünnmaschig), oder sind die Messlatten einfach viel zu hoch angesetzt? Oder ist das im Prinzip gut geregelt, aber übereifrig gehandhabt: ich würde gerne verstehen wie es so weit kommen konnte, das es kein Mittel mehr für beispielsweise falschen Mehltau gibt, während Weinanbau kaum noch möglich sein wird ohne solche Mittel.
Hat jetzt nicht direkt was mit dem Thema zu tun, indirekt geht es natürlich nur darum. Aber wenn jemand einen neuen Titel hat?
Werden die Mittel alle aus der Zulassung genommen, weil sie so unglaublich giftig sind (sind viele zweifellos, aber die Bedingungen wann die wo eingesetzt werden dürfen sind ja extrem dünnmaschig), oder sind die Messlatten einfach viel zu hoch angesetzt? Oder ist das im Prinzip gut geregelt, aber übereifrig gehandhabt: ich würde gerne verstehen wie es so weit kommen konnte, das es kein Mittel mehr für beispielsweise falschen Mehltau gibt, während Weinanbau kaum noch möglich sein wird ohne solche Mittel.
Hat jetzt nicht direkt was mit dem Thema zu tun, indirekt geht es natürlich nur darum. Aber wenn jemand einen neuen Titel hat?
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Es gibt durchaus Kriterien, die relativ global akzeptiert werden, ab wann was giftig ist oder nicht (GHS). In der EU ist das sehr klar. Es geht aber nicht nur um akute Tox, sondern auch chronische, oder Mehrgenerationen, also wenn jemand sein Leben lang täglich so und so viel von einer Substanz aufnimmt, was machen die Nachkommen von dem usw. Da gibts sehr vieles was sicher ausgeschlossen werden muss, und in der EU gibt es dazu die schärfste Gesetzgebung weltweit, zusätzlich Sicherheitsfaktor 100 usw.
Und wenn dann alle Wissenschaftler einig sind, geben sie ihre Feststellung ab, das EU Parlament stimmt darüber ab, ist hier frei ins einer Entscheidung, kann aber verklagt werden, wenn es keinen Grund gibt, es nicht durchzuwinken. Wenn sich das Parlament nicht einigen kann, kann die Kommission im Alleingang entscheiden. Für die Wirkstoffe. Die Produkte, also die Mittel, die sind Sache der Staaten, also deshalb ist Glyphosat ja nicht verboten, aber durch die Anwendungsverordnung in D für das meiste nicht erlaubt.
Wenn die Wirkstoffe zugelassen sind, werden sie kontinuierlich beobachtet und wenn sich etwas findet, was vorher nicht bekannt war, dann wird die Zulassung widerrufen. zB kann Trifluoressigsäure ein Aubbauprodukt sein. Das hat lange nicht interessiert, weil es biologisch nicht aktiv ist, also nicht relevant. Jetzt hat man es aber als relevant eingestuft, weil es sich nicht weiter abbaut und in der Trinkwasseraufbereitung Mehrkosten verursachen kann, die die Trinkwasserversorger aber nicht übernehmen wollen. Die Pflanzenschutzindustrie macht deswegen keine Moleküle mehr mit CF-Gruppen, die ein Kohlenstoffatom als Nachbar haben. Die restliche Industrie wie Pharmaindustrie, Textilhersteller oder Pfannenhersteller setzen auch Fluorhaltige Stoffe ein, was die machen, ob die sich beschränken, kann ich aber aktuell nicht sagen. Also wenn relevante Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt gefunden werden, werden die erstmal dem Pflanzenschutzmittel zugeschrieben und es gibt Anwendungsverbote oder Mengenbeschränkungen. Wenn die relevanten Abbauprodukte wie zB beim Glyphosat auch aus Waschmittel, dass jeder zuhause einsetzt, entstehen können, wird man allein durch die Beschränkung des Pflanzenschutzmittels den Stoffeintrag in die Umwelt aber nicht verhindern können.
PS: Mittel gegen falschen Mehltau gibt es noch einige. Der aktuell beste Wirkstoff auf dem Markt ist Oxathiapiprolin. Mehr oder weniger ungiftig, aber mit 15g pro Hektar (das ist etwa ein Salzkorn aus dem Streuer pro Quadratmeter) hochwirksam auf Oomyceten wie die falschen Mehltaus, Braunfäule usw.
Also schwer vorstellbar, dass es generell keine Mittel mehr gegen falsche Mehltaus gibt. Das ist einer der Grundpfeiler bei den Fungiziden. Auch schwer vorstellbar, das Mittel gegen echte Pilze komplett wegbrechen, zB Azole, die gegenüber falschem Mehltau keine Wirkung haben.
Im Hausgarten gibts gegen falsche Mehltaus Ortiva, Azoxystrobin. Mittlerweile sehr alt und hat den Zenit längst überschritten, es sind zahlreiche Resistenzen bekannt. Nachfolger sind dann Mittel mit zB Oxathipiprolin, die aber erstmal keine Zulassung für Zierpflanzen haben. Das kommt in der Regel erst 10-15 Jahre nach den ersten Zulassungen in den großen Kulturen. Aktuell eine der neueren ist in Zwiebeln.
Schau dir mal die Vorträge an:
https://www.dlr.rlp.de/Gemuesebau/Aktue ... dVortraege
Und speziell den letzten: https://www.hortigate.de/publikation/96 ... z-konkret/
Und wenn dann alle Wissenschaftler einig sind, geben sie ihre Feststellung ab, das EU Parlament stimmt darüber ab, ist hier frei ins einer Entscheidung, kann aber verklagt werden, wenn es keinen Grund gibt, es nicht durchzuwinken. Wenn sich das Parlament nicht einigen kann, kann die Kommission im Alleingang entscheiden. Für die Wirkstoffe. Die Produkte, also die Mittel, die sind Sache der Staaten, also deshalb ist Glyphosat ja nicht verboten, aber durch die Anwendungsverordnung in D für das meiste nicht erlaubt.
Wenn die Wirkstoffe zugelassen sind, werden sie kontinuierlich beobachtet und wenn sich etwas findet, was vorher nicht bekannt war, dann wird die Zulassung widerrufen. zB kann Trifluoressigsäure ein Aubbauprodukt sein. Das hat lange nicht interessiert, weil es biologisch nicht aktiv ist, also nicht relevant. Jetzt hat man es aber als relevant eingestuft, weil es sich nicht weiter abbaut und in der Trinkwasseraufbereitung Mehrkosten verursachen kann, die die Trinkwasserversorger aber nicht übernehmen wollen. Die Pflanzenschutzindustrie macht deswegen keine Moleküle mehr mit CF-Gruppen, die ein Kohlenstoffatom als Nachbar haben. Die restliche Industrie wie Pharmaindustrie, Textilhersteller oder Pfannenhersteller setzen auch Fluorhaltige Stoffe ein, was die machen, ob die sich beschränken, kann ich aber aktuell nicht sagen. Also wenn relevante Abbauprodukte von Pflanzenschutzmitteln in der Umwelt gefunden werden, werden die erstmal dem Pflanzenschutzmittel zugeschrieben und es gibt Anwendungsverbote oder Mengenbeschränkungen. Wenn die relevanten Abbauprodukte wie zB beim Glyphosat auch aus Waschmittel, dass jeder zuhause einsetzt, entstehen können, wird man allein durch die Beschränkung des Pflanzenschutzmittels den Stoffeintrag in die Umwelt aber nicht verhindern können.
PS: Mittel gegen falschen Mehltau gibt es noch einige. Der aktuell beste Wirkstoff auf dem Markt ist Oxathiapiprolin. Mehr oder weniger ungiftig, aber mit 15g pro Hektar (das ist etwa ein Salzkorn aus dem Streuer pro Quadratmeter) hochwirksam auf Oomyceten wie die falschen Mehltaus, Braunfäule usw.
Also schwer vorstellbar, dass es generell keine Mittel mehr gegen falsche Mehltaus gibt. Das ist einer der Grundpfeiler bei den Fungiziden. Auch schwer vorstellbar, das Mittel gegen echte Pilze komplett wegbrechen, zB Azole, die gegenüber falschem Mehltau keine Wirkung haben.
Im Hausgarten gibts gegen falsche Mehltaus Ortiva, Azoxystrobin. Mittlerweile sehr alt und hat den Zenit längst überschritten, es sind zahlreiche Resistenzen bekannt. Nachfolger sind dann Mittel mit zB Oxathipiprolin, die aber erstmal keine Zulassung für Zierpflanzen haben. Das kommt in der Regel erst 10-15 Jahre nach den ersten Zulassungen in den großen Kulturen. Aktuell eine der neueren ist in Zwiebeln.
Schau dir mal die Vorträge an:
https://www.dlr.rlp.de/Gemuesebau/Aktue ... dVortraege
Und speziell den letzten: https://www.hortigate.de/publikation/96 ... z-konkret/
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Puh, sehr komplex - vielen Dank für die lange Antwort. Das ich keine Mittel mehr finden konnte, lag vielleicht an einer endlos langen, aber schon zwei Jahre alten Exceltabelle mit angeblich allen relevanten Mitteln. Da fand ich nichts - bei Raiffeisen aber dann eben doch etwas.
Ein sehr interessantes Thema, aber jetzt hab ich genug genervt. Bin aber froh Ansprechpartner zu haben, Pflanzenschutzamt und Pur - das ist schon eine Hilfe! Der rasche Wandel der Zuslassungen und das wieder vom Marktnehmen überfordert mich etwas, der Pflanzenschutz ist ja im Galabau zwar wichtig, aber nicht zentral - allzu viel Zeit kann man da auch nicht reinstecken. Ich hätte gerne mal ein paar Crashkurse im Thema und was mich sehr freuen würde, auch einen Austausch über den Gebrauch von Nützlingen.
Ein sehr interessantes Thema, aber jetzt hab ich genug genervt. Bin aber froh Ansprechpartner zu haben, Pflanzenschutzamt und Pur - das ist schon eine Hilfe! Der rasche Wandel der Zuslassungen und das wieder vom Marktnehmen überfordert mich etwas, der Pflanzenschutz ist ja im Galabau zwar wichtig, aber nicht zentral - allzu viel Zeit kann man da auch nicht reinstecken. Ich hätte gerne mal ein paar Crashkurse im Thema und was mich sehr freuen würde, auch einen Austausch über den Gebrauch von Nützlingen.
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Re: Der Pflanzenschutz und die Vorsicht
Bei Nützlingen ist es vielleicht Zielführender eine offene Nützlingszucht im Gartenbau zu machen. zB Saubohnen säen, damit Blattläuse schon früh in der Saison da sind, damit die Marienkäfer, Florfliegen, Schlupfwespen usw. schon eine gut aufgebaute Population haben, bis die relevanten Blattlausarten auftreten. Ich denke das bringt im Freiland mehr als Nützlinge auf der Papierkarte per Post zu beziehen.
Ansonsten, nein, du nervst ja nicht, also mich zumindest nicht. Schon x-mal durchgekaut, aber das ist man gewohnt. Es interessiert halt doch irgendwo und ja, gerade für Gartenbau ist die Welt da eine ganz andere, das habe ich jetzt auch für mich mitgenommen. Auch weil ich im November im Kurs gesessen habe und da kommt man dann mit Citrus-Laubholzbockkäfer und anderen Quarantäneschaderregern, die wohl mehr in der Transportbranche bekannt sein sollten als im Hobbygarten. Und praktisch habe ich da auch meine Meinung. Zumindest wenn man im Urlaub fleißig Oleanderstecklinge mit Feuerbakterium einsammelt. Also ja, da verstehe ich dann, warum man bei Zierpflanzen auf sowas hinweist, wenn die Gärtner da in vielen Gärten unterwegs sind, vorderste Front sozusagen. Und eh nix gegen den Mehltau an der hochanfälligen Rose gemacht werden kann, die ja ein Andenken an die Oma, also nicht ersetzbar ist. Da braucht man dann nicht mehr über Ortiva und Resistenzmanagement oder IP reden.
Ansonsten, nein, du nervst ja nicht, also mich zumindest nicht. Schon x-mal durchgekaut, aber das ist man gewohnt. Es interessiert halt doch irgendwo und ja, gerade für Gartenbau ist die Welt da eine ganz andere, das habe ich jetzt auch für mich mitgenommen. Auch weil ich im November im Kurs gesessen habe und da kommt man dann mit Citrus-Laubholzbockkäfer und anderen Quarantäneschaderregern, die wohl mehr in der Transportbranche bekannt sein sollten als im Hobbygarten. Und praktisch habe ich da auch meine Meinung. Zumindest wenn man im Urlaub fleißig Oleanderstecklinge mit Feuerbakterium einsammelt. Also ja, da verstehe ich dann, warum man bei Zierpflanzen auf sowas hinweist, wenn die Gärtner da in vielen Gärten unterwegs sind, vorderste Front sozusagen. Und eh nix gegen den Mehltau an der hochanfälligen Rose gemacht werden kann, die ja ein Andenken an die Oma, also nicht ersetzbar ist. Da braucht man dann nicht mehr über Ortiva und Resistenzmanagement oder IP reden.
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