
News: Problem bei der Anmeldung? Bitte Mail über das Kontaktformular ganz unten!
Frage zu Glyphosat (Gelesen 799595 mal)
Moderatoren: Nina, Phalaina, cydorian, partisanengärtner, AndreasR
- Herr Dingens
- Beiträge: 3913
- Registriert: 18. Mär 2011, 18:02
-
- Beiträge: 7763
- Registriert: 15. Dez 2003, 07:00
-
Saartal, WHZ 7b, 245m ü. NN, toniger Lehmboden
Re: Frage zu Glyphosat
OT:
. (Ende OT)Auch von mir herzlichen Dank, Bristlecone, für die nachvollziehbare, einleuchtende Erklärung
.
...Deretwegen ...
Nö: Der Duden erlaubt beidesDaniel - reloaded hat geschrieben: DereNtwegen. *Klugscheißermodus und OT aus*


"Eine Gruppe von ökologischen Hühnern beschloss, jenes Huhn zu verbannen, das goldene Eier legte, weil Gold nicht biologisch abbaubar sei." Aus: Luigi Malerba, "Die nachdenklichen Hühner", Nr. 137
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
"Wer für alles offen ist, kann nicht ganz dicht sein." (NICHT von Kurt Tucholsky)
Re: Frage zu Glyphosat
Mir ist das zu anstrengend.
"Glyphosat (zum Glück lässt sich das Wort leicht auswendig lernen) ist krebserregend!" ist viel einfacher zu erfassen. 


„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
-
- Beiträge: 9813
- Registriert: 8. Apr 2015, 19:47
- Kontaktdaten:
-
Raue Ostalb, 6b, Tallage 500m üNN
Re: Frage zu Glyphosat
Zu Hülf...Zum zweiten: Wenn man bei einem krebserzeugenden Stoff nichts weiter über seine Wirkungsweise weiß, nimmt man aus Vorsorgegründen selbstverständlich an, dass es keine Wirkungsschwelle gibt. Hat man Daten zum Wirkungsmechanismus, so muss man genau prüfen, ob der diese Annahme stützt oder ob - und da legt man die Hürde hoch - der Wirkungsmechanismus hinreichend sicher einen Schwellenwert aufweist - und damit dann auch die dadurch hervorgerufene Krebsentstehung.Letzteres ist z.B. der Fall beim Acetaldehyd, einem Abbauprodukt von Alkohol (das u.A. für den Kater mitverantwortlich ist): Dr Stoff ist eindeutig krebserzeugend (auch nach IARC), aber erst in Konzentrationen, die das betroffene Gewebe bereits deutlich schädigen. Ist die Konzentration so niedrig, dass keine Gewebeschädigung entsteht, ist auch kein nennenswertes Krebsrisiko vorhanden (Übrigens: Auch Acetaldehyd kommt in Spuren natürlicherweise in unserem Stoffwechsel vor.).



Wohl war!Ziemlich vertrackt, das alles.
WühlmausGrüße
"Das Schiff ist sicherer, wenn es im Hafen liegt. Aber dafür wurde es nicht gebaut." Paulo Coelho
"Das Schiff ist sicherer, wenn es im Hafen liegt. Aber dafür wurde es nicht gebaut." Paulo Coelho
Re: Frage zu Glyphosat
wie unterschiedlich der Toxikologe die Sache doch sieht, gegenüber dem Molekulargenetiker.Ziemlich vertrackt, das alles.

“I love science, and it pains me to think that so many are terrified of the subject or feel that choosing science means you cannot also choose compassion, or the arts, or be awed by nature. Science is not meant to cure us of mystery, but to reinvent and reinvigorate it.”
— Robert M. Sapolsky
— Robert M. Sapolsky
- Daniel - reloaded
- Beiträge: 2480
- Registriert: 31. Mai 2005, 20:02
Re: Frage zu Glyphosat
@ Wühlmaus: Solange dir klar ist, das Acetaldehyd nicht Acetylen bzw. Ethylen (das eigentliche "Reifegas") ist, ist alles bestens.Für pearls Text muss ich erstmal richtig wach werden. 

Was man über mich sagt(e):
Ich habe den Jargon eines Bauarbeiters, die Abgeklärtheit und Resolutheit einer Puffmutter und den Charme einer Drahtbürste...
(In Erinnerung an die Zeit im Wohnheim der Meisterschule)
Ich habe den Jargon eines Bauarbeiters, die Abgeklärtheit und Resolutheit einer Puffmutter und den Charme einer Drahtbürste...
(In Erinnerung an die Zeit im Wohnheim der Meisterschule)
Re: Frage zu Glyphosat
Ja, das ist auch nicht etwas, das man statt der Morgenzeitung liest.Zu Pearls richtiger Bemerkung, dass Toxikologen und Molekularbiologen unterschiedlich an die Sache rangehen: Das Gebiet der Toxikologie, das sich mit Stoffen zu dem Zweck befasst, sie wie jetzt Glyphosat hinsichtlich Gefahren und Risiko zu bewerten, nennt sich regulatorische Toxikologie. Darunter fällt grob gesagt alles, was irgendwie von praktischer Relevanz für die Lebenswelt und Umgebung ist.Man steht dabei meist in einem Spannungsfeld zwischen der Notwendigkeit einerseits, einen Stoff bewerten zu müssen, weil er verwendet wird und Menschen damit in Kontakt kommen, er in der Umwelt vorkommt, beim Braten entsteht oder oder oder, und andererseits der Problematik, dass man oft nicht allzu viele Daten über diesen Stoff hat.Der strenge Wissenschaftler sagt dann: Ich begebe mich ins Labor und starte eine Forschungsprogramm. Fragt mich in 10 Jahren wieder. Gesetzgeber und Öffentlichkeit sagen: So lange wollen und können wir nicht warten. Deshalb geht man wie folgt vor:Für Stoffe, die produziert und eingesetzt werden, gibt es gesetzliche Vorgaben, was für diesen Stoff vom Hersteller an Daten mindestens vorgelegt werden muss, damit der Stoff in der EU überhaupt im Einsatz sein darf.Einen Überblick gibt das BfR auf dieser Seite, die ich schon mal zitiert hatte. Das ist übrigens nur für den Bereich der Humantoxikologie, für die Umwelttoxikologie gibt es einen eigenen umfangreichen Katalog.Für Pflanzenschutzmittel gibt es eigene gesetzliche Regelungen, für Chemikalien auch. In den Anforderungen an den Datensatz gibt es Gemeinsamkeiten. Wer sich mehr dafür interessiert, google nach Biozidrichtlinie, Pflanzenschutzmittel und REACH.Die besagten Studien müssen vom Hersteller vorgelegt werden. Die Studien sind nach bestimmten Richtlinien, die die OECD festgelegt hat, und nach den Standards der Guten Laborpraxis (GLP) durchzuführen.Aus diesen Studien erhält man Informationen unter Anderem darüber, wie giftig der Stoff akut ist, was passiert, wenn der über einen kürzeren Zeitraum, einen längeren Zeitraum oder lebenslang den Versuchstieren verabreicht wird, welche Organe betroffen sind, welche Veränderungen man dort sieht usw. usf.Um zu Pearls Bemerkung zurückzukommen: Über die Mechanismen, wie eine Wirkung zustande kommt, bekommt man zwar eine Vorstellung - das im Detail zu untersuchen kann aber Aufgabe eines Forschungsteams über viele Jahre sein. So lange kann man nicht warten.Deshalb bedient sich die regulatorische Toxikologie vieler Konventionen und Standardvorgehensweisen, die sich durch die langjährige Praxis mit vielen Stoffen bewährt haben. Dazu zält z.B. die von mir genannte Annahme, dass ein krebserzeugender Stoff keinen Schwellenwert hat, und dass Tumoren, die beim Tier infolge einer Exposition mit diesem Stoff auftreten, grundsätzlich auch beim Menschen auftreten können.Bei Stoffen, die keinen Krebs erzeugen, kann man in der Regel Schwellenwerte angeben. Werden die unterschritten, besteht keine gesundheitliche Gefährdung, auch bei lebenslang erfolgender täglicher Aufnahme in dieser Höhe. Dieser Schutz schließt auch empfindliche Personengruppen ein.Aber er schützt nicht immer und in jedem Fall alle: Hauptsächlich bei Stoffen, auf die manche allergisch reagieren, ist es sehr schwierig bis unmöglich, wirklich jeden zu schützen. Weil viele auf Äpfel allergisch reagieren, werden Äpfel nicht aus dem Handel genommen. Ein Stoff in Kosmetika u.U. schon, wenn zu viele allergisch auf den reagieren. Aber den Stoff ganz wegzulassen, könnte auch übertriebene Vorsicht sein. Allergene sind ein schwieriges Feld.Aber zurück zu Glyphosat bzw. Pearls Anmerkung: Wenn man weitere Daten hat, so gehen die natürlich in die Bewertung mit ein. Je mehr man an Detailwissen hat, umso weniger ist man auf Standardvorgehensweisen angewiesen.
Re: Frage zu Glyphosat
Nachschlag: Erneut ein lesenswerter Beitrag von Ludger Weß in seinem Blog:Ein Stapel von Beweisen? Glyphosat und Krebsrisiko: "Wie man aus dieser Monographie, wie etwa ZEIT Online es tut, herauslesen kann „Ein Stapel von Beweisen spricht gegen Glyphosat„, bleibt rätselhaft, zumal die Autorinnen sich nicht die Mühe machten, mit sachverständigen Toxikologen zu sprechen. "Weß zitiert dort auch einen nicht frei erhältlichen Artikel der FAZ:„Glyphosat ist das Chlorhühnchen der Gentechnik“.
-
- Beiträge: 9813
- Registriert: 8. Apr 2015, 19:47
- Kontaktdaten:
-
Raue Ostalb, 6b, Tallage 500m üNN
Re: Frage zu Glyphosat
Dank an Pearl und Brislecone für diese Ausführungen. Ist aber anstrengende LeseKost 
Das ist das Ergebnis, wenn man müde ist, unaufmerksam liest und nicht richtig denkt :-\Immerhin ist Acetaldehyd ein wichtiger Aromastoff in vielen Apfelsäften 

@ Wühlmaus: Solange dir klar ist, das Acetaldehyd nicht Acetylen bzw. Ethylen (das eigentliche "Reifegas") ist, ist alles bestens.Für pearls Text muss ich erstmal richtig wach werden.


WühlmausGrüße
"Das Schiff ist sicherer, wenn es im Hafen liegt. Aber dafür wurde es nicht gebaut." Paulo Coelho
"Das Schiff ist sicherer, wenn es im Hafen liegt. Aber dafür wurde es nicht gebaut." Paulo Coelho
- häwimädel
- Beiträge: 3619
- Registriert: 23. Jul 2014, 22:04
- Winterhärtezone: 7a: -17,7 °C bis -15,0 °C
Re: Frage zu Glyphosat
Vielen Dank für die Diskussion und die Arbeit, die Ihr Euch macht, um das alles aufzudröseln.
Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. (Friedrich Schiller)
Re: Frage zu Glyphosat
Auf diesen Zug muss man offenbar aufspringen: SPD fordert Glyphosat-Verbot für Bayerns Felder. ::)Könnte man nicht Populismus bei Politikern verbieten?
Re: Frage zu Glyphosat
Ach, da nutzt ein Politiker einer Splitterpartei das Sommerloch, um in die Medien zu kommen.
„Am Ende entscheidet die Wirklichkeit.“ Robert Habeck
Re: Frage zu Glyphosat
Was ich noch nachreichen wollte, ist der Link auf die Klassifizierung von Stoffen hinsichtlich kanzerogenem Potential, die die IARC vorgenommen hat.Liste nach GruppierungListe alphabetischZur Erinnerung: Das ist eine reine Einstufung, ob der Stoff Krebs erzeugen kann (Gefahr).Zu Acetaldehyd:"Acetaldehyde associated with consumption of alcoholic beverages" - Gruppe 1 (kanzerogen beim Menschen)"Alcoholic beverages" - Gruppe 1 (kanzerogen beim Menschen)Acetaldehyd als isolierter Einzelstoff: Gruppe 2B (möglicherweise beim Menschen krebserzeugend) (Es gibt nur wenige epidemiologischen Studien, und die sind nicht eindeutig. Die Evidenz im Tierversuch ist unzweifelhaft.) In Gruppe 1 (kanzerogen beim Menschen) findet man auch übrigens Holzstaub.Wann findet ein Politiker den Mut, die krebserzeugende Tätigkeit des Sägens zu verbieten! Wäre das nicht ein Segen?
Re: Frage zu Glyphosat
Hier ein interessanter Artikel aus der Süddeutschen: http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/glyphosat-vergiftete-debatte-1.2591316 Da hat jemand etwas genauer hingeschaut.Gruß Ulli