Gestern rief mich eine langjährige Freundin und Berufskollegin an. Sie entzürnte sich sehr, da immer mehr halbherzige Journalisten, Buchautoren und andere Zeitgenossen aus dem Boden schießen und sich mit dem Titel "Gärtner" bekleiden, weil dies gerade "in" ist, diese Berufsbezeichnung aber nicht das Geringste mit der Realität zu tun hätte. Sehr viele Leute anderen Berufes bezeichnen sich innerhalb kürzester Lern- und Einlesezeit als Rosenexperten, Gartenexperten, etc. und schreiben ein Buch, was der Verlag als wunderbar für "jeden Gärtner geeignet" bezeichnet.
Sie meinte zu Recht, ein Gärtner sei ein hoch spezialisierter Beruf und hätte eine fundierte, dreijährige Ausbildung mit anschließender Weiterbildung zum Meister oder Ingenieur, es wäre fehlplaziert und fast schon "gegen die Berufsethik", wenn sich jeder so mir nichts, dir nichts damit schmückt.
Was sich in mir sträubt, ist jedoch die Tatsache, dass sämtliche obige Personen (nennen wir sie "Halbgärtner") auf der anderen Seite entscheidend für die Verbreitung und Vermarktung unseres Hobbys mit beitragen. Ich überlasse es gerne dem freien Markt, zu entscheiden, wer gut oder wer schlecht ist. Und es gibt ja sehr viele positive Beispiele auch!
Das auf den ersten Blick Oberflächliche und einfach gehaltene ist für Lischen Müller manches Mal besser geeignet, soferne dies richtig rüberkommt. Mehr noch als bei manchem Spezialisten, der Meinung war ich schon immer. Sich deswegen gleich "Gärtner" zu nennen, ist ein anderes Thema. Früher war der Gärtner vielerorts ein Paria, wo zwischen dem Adligen und ihm eine hohe Hecke stand. Heute ist dies zum Glück etwas anderes. Mir jedenfalls widerstrebte es in der Vergangenheit auch öfters, wenn Leute sich ein Fachgebiet herauspicken und sich vor dem Publikum als die großen Tausendsassas aufführen.
In der Medizin spricht man sehr schnell von Scharlatanerie, auch wenn es sich um wirksame Methoden handelt. Nur beim Gärtner ist anscheinend alles erlaubt.
Und nicht jeder ausgebildete Gärtner/Florist/Gartenbautechniker/Dipl.Ing kommt seinem Beruf in dem Maße nach, wie es jedoch allgemein gewünscht wird. Das ist leider die andere Realität! Meine Großmutter hat Gärtnerin auf der damaligen Gartenbauschule Bonn/Bad Godesberg gelernt. Ich habe noch ihre ganzen Schulbücher von Anno 1912. Wenn dies die heutigen Lehrlinge sehen und lernen müssten...
Wie steht ihr zu dieser ganzen Situation?
PS. Was völlig anderes ist dagegen die Bezeichnung "Hobbygärtner"! Und die sind oft fachlich wesentlich versierter als viele Berufsgärtner. Das sieht man hier im Forum deutlich!