Was für seltsame Klimmzüge der Ökoanbau zuweilen erforderlich macht, zeigt sich aktuell am Beispiel Kaliumphosphonat (=Kaliumphosphit).
Dieser Stoff war früher als Pflanzenstärkungsmittel im Öko-Landbau nach EU-Ökoverordnung zugelassen und wurde dort verbreitet eingesetzt, weil er als natürliches Produkt gilt (was so nicht stimmt, Phosphite kommen in der Natur praktisch nicht vor).
Inzwischen gelten diese Phosphonate (=Phosphite) als Pflanzenschutzmittel, weshalb sie nun gemäß EU-Ökokriterien nicht mehr im Ökoanbau verwendet werden dürfen. Am Stoff selbst und an der Wirkungsweise hat sich natürlich nichts geändert.
In diesem Jahr führt die Nässe im Weinbau zu massiven Problemen mit Falschem Mehltau. Kupfer half dagegen nicht, weil es mit dem Regen sofort wieder abgewaschen wurde.
Damit stehen im Ökoweinbau aktuell keine geeigneten Mittel zur Bekämpfung des Falschen Mehltaus zur Verfügung. Wer Kaliumphosphonat einsetzt, verliert die Biozertifizierung und darf auch Wein aus unbehandelten Flächen nicht als Bio vermarkten.
Anstatt daraus zur Einsicht zu gelangen, dass die Kriterien des Ökoweinbaus mit der künstlichen Trennung in natürlich/synthetisch und Pflanzenstärkungsmittel (erlaubt) und Pflanzenschutzmittel (verboten, mit Ausnahme von Kupfer und Schwefel) äußerst fragwürdig sind, kommt Harald Ebner, Bundestagsabgeordneter der Grünen und "Sprecher für Gentechnik- und Bioökonomiepolitik) zu dem Ergebnis, die Regierung ist Schuld.
Bemerkenswerter Titel seiner Mitteilung:
Bundesregierung lässt Öko-Winzer im Regen stehen.
"Jetzt rächt sich auf Kosten der Öko-Winzer, dass Minister Schmidt die Erforschung des alternativen Pflanzenschutzes sträflich vernachlässigt. Er hat im Rahmen des Nationalen Aktionsplans Pflanzenschutz (NAP) nur Worthülsen produziert, statt an einer sinnvollen Alternativ- und Reduktionsstrategie zu arbeiten. Die Betriebe brauchen jetzt unbürokratische Hilfe, damit sie nicht ihre gesamte Ernte verlieren."
Und weiter:
"Solange es keine Alternativen gibt, muss die Bundesregierung sich bei der EU für die Prüfung einer zeitlich und mengenmäßig begrenzten Zulassung von Kalium-Phosphonat im Öko-Weinbau einsetzen."
Wie gesagt, geistige Klimmzüge: "Wir sind total Bio. Aber Bio ohne Kupfer und ohne Phosphonate geht nicht. Deswegen müssen Kupfer und Phosphonate Bio sein."